Observation im Test - Atmosphäre-Hit mit Ladehemmung

Der SciFi-Thriller Observation besticht mit dichter Atmosphäre und einer beklemmend gut erzählten Geschichte. Spielerisch wandelt sich die Odyssee hingegen schnell in eine Tortur im Weltraum.

Observation - Test-Video zum Sci-Fi-Abenteuer mit Rollentausch Video starten 6:14 Observation - Test-Video zum Sci-Fi-Abenteuer mit Rollentausch

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Was für eine erfrischende und unverbrauchte Idee: Im SciFi-Thriller Observation des schottischen Indie-Studios No Code übernehmen wir die Rolle von SAM (nicht verwandt oder verschwägert mit HAL). SAM ist die Computerintelligenz an Bord der internationalen Raumstation »Observation«.

Nach einem Zwischenfall scheint die Astronautin Dr. Emma Fisher die einzige Überlebende zu sein und wir ihr einziger Ansprechpartner. Die Lebenszeichen der restlichen Crew sind nicht zu orten - was die Solarpanels zerstört hat: unklar.

Gemeinsam mit Emma sollen wir nun herausfinden, was vorgefallen ist. Wie aus dem Nichts erscheinen daraufhin grelle geometrische Symbole, die von einem ohrenbetäubenden Lärm begleitet werden und Mensch wie Maschine außer Gefecht setzen.

Als Stations-Computer SAM der Raumstation »Observation« versuchen wir, der Astronautin Dr. Emma Fischer auf der Suche nach ihrer Crew zu helfen. Als Stations-Computer SAM der Raumstation »Observation« versuchen wir, der Astronautin Dr. Emma Fischer auf der Suche nach ihrer Crew zu helfen.

Als Emma unser Betriebssystem neu startet - stilecht mit Bootsequenz im Ascii-Grafiksatz - verrät uns ein Scan, dass nicht nur wichtige Teile der Station, sondern auch ein Großteil unserer Programmierung zerstört wurde. Ein findiger Trick der Entwickler, uns so nach und nach in die einzelnen Systeme der Station einzuführen und den Check der eigenen Routinen als (gut gemachtes) Tutorial zu tarnen.

Körperloser Weltraum-Voyeur

Die Tatsache, dass wir nicht Emma, sondern eine körperlose Intelligenz spielen, sorgt für spielerische Innovation: Als Bordcomputer haben wir Zugriff auf alle fest installierten Kameras. Per Tastendruck wechseln wir zwischen den Modulen hin und her, um Emma bei ihrer Mission zu begleiten.

Diese stellt uns fortlaufend typische Computer-Anfragen, die wir dann mit Hilfe unserer internen Module beantworten. »Sam, wieso geht die Verbindungsluke zu Modul UNC-04 nicht auf?« oder »Sam, überprüfe die Werte des Fusions-Reaktors in Modul 3«.

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So komplex es auch klingen mag, dass wir eine künstliche Intelligenz spielen: Das Lösen dieser Aufgaben funktioniert dabei ähnlich simpel wie in einem Point-and-Click-Adventure. Um die gewünschte Luke für Emma zu öffnen suchen wir beispielsweise mit der Kabinenkamera nach einem Dokument im Crew-Quartier.

Der handschriftliche Aufschrieb zeigt uns die Überbrückungscodes, also zoomen wir ran und scannen das Papier. Einen Kamerawechsel später blicken wir erneut auf die Luke und verbinden unsere Software mit dem Schließmechanismus der Tür. Daraufhin erwartet uns ein banales Minispiel, bei dem wir die auswendig gelernten Schlangenmuster des Dokuments auf ein Raster einzeichnen.

Diese Aufgaben bieten wenig bis keine spielerische Herausforderung und wirken im Kontext einer Raumstation selten wirklich sinnig. Wie eine clevere Intelligenz fühlen wir uns dabei jedenfalls nicht.

Planlos 9 from Outer Space

Die Mechaniken, die uns Emma bzw. das Spiel nach und nach aufgibt, sind optisch ansprechend und kreativ umgesetzt. Mal fangen sie den Charme alter DOS-Oberflächen ein oder erinnern an frühe Windows 3.11-Software. Die eigentliche Puzzle-Mechanik kommt dabei aber nie über ein simples Anklicken von ein paar Schaltflächen oder das korrekte Einstellen von gefundenen Zahlencodes hinaus.

Die häufigen Minispiele sehen mit ihren 80er-Jahre- Benutzeroberflächen zwar witzig aus, sind spielerisch aber arg banal und nur selten eine echte Herausforderung. Die häufigen Minispiele sehen mit ihren 80er-Jahre- Benutzeroberflächen zwar witzig aus, sind spielerisch aber arg banal und nur selten eine echte Herausforderung.

Grundsätzlich wäre der niedrige Schwierigkeitsgrad und die damit verbundene Zugänglichkeit zu begrüßen, wenn dadurch die Geschichte und die Atmosphäre des Spiels in den Vordergrund rücken würden. Was aber nicht der Fall ist, denn die Such- und Rätselpassagen nehmen einen Großteil der rund fünfstündigen Spielzeit ein.

Die beklemmende Enge der Raumstation und das minimalistische Sounddesign haben uns dagegen ab der ersten Sekunde in ihren Bann gezogen. Die aufkeimende Begeisterung für die Erzählung und die Stimmung wird allerdings immer wieder durch den stets gleichen Rhythmus aus Umgebung absuchen, kombinieren und mechanischem Minispiel torpediert.

Die Raumstation sieht klasse aus, was aber nicht viel hilft, wenn wir den gleichen Raum dutzenfach absuchen müssen. Die Raumstation sieht klasse aus, was aber nicht viel hilft, wenn wir den gleichen Raum dutzenfach absuchen müssen.

Es ist uns mehrere Male passiert, dass wir über 20 Minuten planlos die immer gleichen Räume der Station penibel abgesucht haben, ohne das Objekt von Emmas Begierde zu finden. Die in den Zwischensequenzen gekonnt aufgebaute Spannung und Dramatik wird so meist im Keim erstickt.

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Da es stets nur eine richtige Lösung und nur einen Pfad gibt, um die Geschichte voranzutreiben, sind solche zähen Phasen des Leerlaufs eher die Regel als die Ausnahme. Wir hätten uns ein dynamisches Hilfesystem gewünscht, damit Emma uns als SAM in solchen Situationen stärker in die richtige Richtung schubst.

Moonwalk für Anfänger

SAM ist zwar körperlos, für Ausflüge ins All lässt sich die KI jedoch auf handliche Space-Drohnen transferieren, die in klassischer First-Person-Steuerung eine freie Bewegung im Raum ermöglichen. Spielerisch bietet aber auch diese Perspektive keine Abwechslung zur gewohnten Kamera-Ansicht - allerdings sorgen die Flugsequenzen für ein zusätzliches Frustpotenzial, denn es ist ein Leichtes, sich auf der Station zu verlaufen.

So realistisch Observation auch das Aussehen einer echten Raumstation einfangen mag, ein wenig mehr Abwechslung in den unterschiedlichen Flügeln der Station hätten bei der Orientierung geholfen.

Bei den Ausflügen ins All steuern wir eine kleine Drone. Bei den Ausflügen ins All steuern wir eine kleine Drone.

Waffen oder Werkzeuge stehen uns als fliegende Knutschkugel übrigens nicht zur Verfügung. Mit der Boost-Funktion können wir lediglich an genau einer Stelle im Spiel ein Lüftungsgitter aus den Fugen heben. Ansonsten überwiegt auch hier die Dreifaltigkeit der Monotonie: Objekt finden, mit System verbinden und Minispiel absolvieren. Dass wir dabei nicht scheitern können, sorgt für einen zusätzlichen Spannungsabfall.

Observation bietet einen erfrischend innovativen Ansatz und punktet mit einer überzeugenden und dichten SciFi-Atmosphäre. Mechanisch bleibt das interaktive Story-Experiment jedoch zu oft auf dem Niveau eines Wimmelbildspiels im All hängen, bei dem man nach dem Finden des gesuchten Objekts zur Strafe auch noch ein fades Schieberätsel lösen muss.

Schade, dass der Erzählfluss und die spannende Geschichte um die mysteriösen Zeichen aus dem All ständig von unserem kläglichen Versuch, eine künstliche Intelligenz zu simulieren, unterbrochen werden. Wir überlassen die Kontrolle der KI das nächste Mal dann doch wieder dem Computer und schauen stattdessen lieber noch einmal »2001: Odyssee im Weltraum« an.

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