PC-Spiele werden immer größer - Woher kommt der Platzbedarf?

Heute passt kaum ein neues Spiel noch auf eine Blu-ray, geschweige denn eine DVD. Aber welcher Teil eines Spiels nimmt eigentlich so viel Platz auf der Festplatte ein und warum steigt die Menge an Daten stetig an?

Warum brauchen Spiele immer mehr Platz auf unseren Festplatten? Die Antwort darauf scheint leicht: Die Grafik wird eben immer besser und Spiele dadurch immer hardwarehungriger.

Allerdings entwickelt sich die Grafik heute bei weitem nicht mehr so schnell und signifikant weiter, wie früher. Echte Quantensprünge in Sachen Optik sind eher eine Seltenheit geworden, es scheint eine Art Obergrenze erreicht zu sein. Stattdessen sind Details wie Gesichtsanimationen, Lichteffekte oder Schattendarstellung in den Mittelpunkt gerückt.

Wo zum Beispiel im Abstand von lediglich fünf Jahren zwischen Half-Life (1998) und Call of Duty (2003) ein extremer Fortschritt in Sachen Grafik erkennbar war, ist heute der optische Sprung von einem GTA 5 oder Battlefield 4 zu Titeln wie Far Cry 5 oder Ghost Recon Wildlands kein allzu großer - auch wenn dazwischen ebenfalls fünf Jahre liegen.

Download statt Disc

Trotzdem wächst der Hunger nach Speicherplatz immer stärker an - Systemvoraussetzungen von 60-100 Gigabyte (oder Patches mit über 20 GB) sind heute keine Seltenheit mehr. Das liegt zum einen daran, dass das Geschäft mit den Downloads boomt und langsam aber sicher den Einzelhandel ablöst.

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Das trifft insbesondere auf PC-Spieler zu, bei PS4 und Xbox One gehören die Disc-Verkäufe noch immer fest dazu. Durch Steam, Uplay, Origin & Co. ist der PC aber weitestgehend unabhängig von physischen Datenträgern geworden. Wer sich erinnern kann, wann er zuletzt das CD-Laufwerk seines Rechners überhaupt geöffnet hat, möge bitte die Hand heben.

Im Umkehrschluss bedeutet diese Verschiebung zum rein digitalen Markt, dass sich Entwickler nicht mehr zwangsläufig an Speicherlimitierung der Datenträger halten müssen. War es früher für jedes Studio noch unumgänglich, die finale Version seines Spiels auf eine CD-ROM mit maximal 700 MB oder eine Dual-Layer-DVD mit 8,5 GB zu quetschen, bringt der Download grenzenlose Freiheit.

Breitbandprobleme

Das kann allerdings auch schnell zum Problem werden, wie viele Spieler in ländlicheren Regionen mit schlechter Internetversorgung aus eigener Erfahrung wissen. Und selbst in vielen deutschen Großstädten ist "flächendeckende Breitbandanbindung" noch heute eine exotische Wortkombination.

Zwar verspricht die Große Koalition, das umstrittene Vectoring aufzugeben und Glasfaser stärker zu fördern, bis wirklich überall gigabitfähige Netze liegen, wird es aber wohl immer noch einige Jahre dauern. Und bis dahin bedeutet ein Spiele-Release für viele User erst einmal quälende Warterei, bis die Daten endlich aller heruntergeladen sind. Zudem bedeutet der steigende Platzbedarf auch die Notwendigkeit, mit immer größeren Festplatten und SSDs nachzurüsten.

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Texturen sind schuld

Aber was genau verbraucht denn den ganzen Platz nun? In einem Wort: Texturen. Die sind zwar natürlich nicht allein schuld an den großen Datenmengen, machen aber neben Audiodateien und Videos meistens den Löwenanteil aus.

Einige moderne Titel wie Battlefront 2 bringen fotorealistische Oberflächen ins Spiel, mithilfe von Photogrammetrie. Einige moderne Titel wie Battlefront 2 bringen fotorealistische Oberflächen ins Spiel, mithilfe von Photogrammetrie.

Das Problem: Texturen werden immer größer und komplexer, hochauflösende Oberflächen sind überall in Spielen im Einsatz, heutzutage will niemand mehr verwaschene oder matschige Strukturen anschauen müssen. Von der Kleidung der Charaktere, über Fels- und Baumstrukturen bis hin zu ganz banalen Dingen wie Hauswänden - für alles braucht es Texturen. Und deren Umfang wächst exponentiell an.

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Hinzu kommt, dass die Komprimierung Texturen äußerst schwierig ist. Denn es können dabei leicht Artefakte entstehen, wie man sie zum Beispiel aus niedrig aufgelösten Videos kennt. Das Ver- und Entpacken von Texturen ohne Qualitätsverlust ist ein rechenintensiver Vorgang, der für normale Spiele-PCs in der Regel gar nicht machbar ist. Daher landen die hochauflösenden Texturen meist genau so auf der Festplatte der Spieler, wie sie im Studio entworfen wurde.

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In modernen Spielen kommen für eine einzige Oberfläche sogar mehrere Texturen auf einmal zum Einsatz und treiben damit das Datenvolumen nochmals in die Höhe. Indem sogenannte Normal Maps über die vorhandene Grundtextur gelegt wird, erzielen die Entwickler einen höheren Detailreichtum und realistischere Schatten. Obendrauf kommen dann oft noch Specular Maps, die für Glanzeffekte und farbliche Highlights sorgen.

Außerdem werden die darunter liegenden Meshes ebenfalls immer komplexer. Diese Gitternetze legen die Form von Objekten im Spiel fest, auf denen die Texturschichten schließlich landen. Dabei arbeiten Entwicklerstudios mit immer detaillierteren Formen und höheren Texturauflösungen, um ein immer schärferes Gesamtbild zu erzeugen und treiben so den Platzbedarf durch die Decke.

Große Welt, kleines Spiel?

Die Größe der Spielwelt oder der Umfang an Content ist entgegen der weitverbreiteten Meinung, nicht immer repräsentativ für den Speicher, den ein Spiel am Ende auf der Festplatte belegt. So verbraucht etwa Doom mit 55 GB weitaus mehr Platz als The Witcher 3 mit 35 GB, obwohl der streng lineare Shooter natürlich keine Open Wold mit zahllosen NPCs, Quests, Nebenaktivitäten und frei erkundbaren Städte bietet.

Auch wenn man eine riesige Welt gerne mit großen Platzbedarf assoziiert, werden gerade in Open-World-Spielen wie Ghost Recon: Wildlands viele Objekte und vor allem die platzfressenden Texturen recycelt. Das Modell eines Baumes oder eines Charakters, wiederholt sich vielfach und verbraucht deshalb keinen zusätzlichen Platz. In vermeintlich kleinen Spielen wie z.B. NBA2k17 oder Rainbow Six: Siege verfügt jeder Charakter über ein einzigartiges und sehr detailliertes Modell und nimmt daher zusätzlichen Speicherplatz ein.

Ein weiteres Beispiel dafür ist Skyrim, dessen große Spielwelt zum Release lediglich etwas mehr als 7 GB einnahm und selbst die Skyrim: Special Edition verbraucht mit 12 GB nicht besonders viel Platz. Für die neu aufgelegte Fassung, wurden aber auch keine Texturen überarbeitet, die Frischzellenkur setzte sich hauptsächlich aus neuen Shadern und Effekten zusammen.

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Zeit ist Platz

Aber auch abseits der riesigen Texturen, müssen Entwickler beim Thema Datenvolumen oft schwierige Entscheidungen treffen und abwägen zwischen Datenvolumen, Leistung, grafischer Qualität und dabei den Zeitfaktor berücksichtigen. So bestehen im Falle von Titanfall rund 35 der insgesamt 48 GB aus nicht komprimierten Audiodateien - und das hat Performance-Gründe, wie Digital Foundry im Interview mit Respawn erfuhr.

Hätten die Entwickler sie komprimiert um Platz zu sparen, müsste die CPU der Spieler das Entpacken im laufenden Spiel übernehmen. Lags und Ruckler auf schwächeren Dual-Core-Systemen wären die Folge und die Systemvoraussetzungen für Titanfall wären wohl deutlich höher ausgefallen.

Letztlich ist die Platzfrage aber auch immer eine Zeitfrage. Denn wenn Entwickler mehr Ressourcen in starke Kompression investieren würden, ließe sich die Größe von Spielen wahrscheinlich durch die Bank deutlich reduzieren. Doch das kostet Zeit und kaum ein Studio würde seinen nur Titel verschieben, um ein paar Gigabyte einzusparen - vor allem nicht heutzutage, wo schnelles Breitbandinternet zum Standard gehört, oder sagen wir: eigentlich zum Standard gehören sollte.

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