Reform des EU-Urheberrechts - Netzaktivisten befürchten Zensur durch Uploadfilter

Bevor am 20. Juni das EU-Parlament über die geplante Copyright-Richtlinie entscheidet, wird erneut scharfe Kritik daran geäußert. Viele befürchten, dass sie Zensur zur Folge hat.

Das Europäische Parlament entscheidet in dieser Woche über die geplante Copyright-Richtlinie. Das Europäische Parlament entscheidet in dieser Woche über die geplante Copyright-Richtlinie.

Die neue Urheberrechtsrichtlinie, über die ein Ausschuss des EU Parlaments in dieser Woche abstimmt, sieht sich unter anderem aufgrund von Upload-Filtern starker Kritik ausgesetzt. Ihre Gegner befürchten, dass sie die Redefreiheit im Internet untergraben könnte. Befürworter sehen sie dagegen als besseren Schutz vor Urheberrechts-Verletzungen an und argumentieren, dass sie für eine faire Verteilung von Geldern sorgen würde.

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Eine der zentralen Neuerungen: Betreiber von Plattformen, die auf nutzergenerierte Inhalte setzen (zum Beispiel Youtube), werden verpflichtet, diese Inhalte auf eventuelle Urheberrechtsverstöße zu prüfen. Dabei müssen sie entweder die Erlaubnis zur Verbreitung der Inhalte vom jeweiligen Rechteinhaber einholen oder aber die geschützten Inhalte von ihrer Plattform entfernen.

Hier kommen die sogenannten Upload-Filter ins Spiel, die in Artikel 13 der Richtlinie festgeschrieben sind: Über diese sollen die Webseitenbetreiber von vornherein verhindern können, dass überhaupt urheberrechtlich problematische Inhalte auf ihrer Plattform hochgeladen werden. Außerdem verpflichtet sie die Richtlinie zum Nachweis, dass entsprechende Inhalte nach erfolgtem Hinweis auf eine Urheberrechtsverletzung vollständig gelöscht oder der Zugang gesperrt wurden.

Nicht-kommerzielle Webseiten wie Wikipedia sollen neben Internetprovidern und Cloud-Anbietern nicht in die Upload-Filter-Pflicht genommen werden. Stattdessen zielt Artikel 13 vor allem auf Social-Media-Plattformen und Webseiten ab, die ihre Gewinne mit der Verbreitung nutzergenerierter (und potenziell urheberrechtlich geschützter) Materialien machen.

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Darüber hinaus sieht Artikel 11 der Richtlinie eine Art »Link-Steuer« vor. Dementsprechend muss jeder, der ein Snippet einer journalistischen Online-Publikation nutzen will, zunächst eine Lizenz von dem jeweiligen Verleger der Publikation einholen. Damit würden beispielsweise Link-Previews in Sozialen Netzwerken eine solche Lizenz erfordern.

Warum wir die Richtlinie brauchen: Das sagen die Befürworter

Die Befürworter des Richtlinien-Entwurfs begründen ihren Vorstoß mit den Vorteilen für die Urheber von Forschungsinhalten und Kunstwerken. Dementsprechend begrüßt beispielsweise die GEMA, dass die »Rolle von Online-Plattformen in der digitalen Wertschöpfungskette« angesprochen werde. Auf der Webseite der Organisation heißt es dazu:

"Mit der Nutzung kreativer Inhalte generieren Internetplattformen erhebliche wirtschaftliche Erlöse. Davon profitieren bisher vor allem Plattformbetreiber, die sich darauf berufen, selbst keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung vorzunehmen bzw. unter das Haftungsprivileg für Hostprovider zu fallen. So wird eine Lizenzierung der Inhalte entweder gänzlich verweigert oder die Plattformbetreiber bezahlen lediglich deutlich unter der Marktüblichkeit liegende Vergütungssätze »auf freiwilliger Basis«. Diese Plattformen treten darüber hinaus in direkte Konkurrenz zu den zahlreichen lizenzierten Anbietern von digitalen Inhalten (Content Provider) wie z.B. Spotify oder Deezer. Das verzerrt den Wettbewerb und senkt den Wert von kreativen Inhalten im Online-Bereich allgemein ab. [...] Vor diesem Hintergrund zielt der Richtlinienvorschlag der Kommission auf eine Konkretisierung ab, unter welchen Bedingungen Online-Plattformen eine Verpflichtung zur Vergütung der Rechteinhaber trifft."

Konkret betonen die Befürworter der Richtlinie in ihrer Gesamtheit die Vorteile des Copyright-Acts für die Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen (Upload-Filter, Artikel 13) sowie das Einkommen von europäischen Verlagen (Link-Steuer, Artikel 11).

Mit den Upload-Filtern dürfte vor allem die Musikindustrie gegenüber Youtube gestärkt werden, da diese Plattform im Vergleich zu (kostenpflichtigen, aber lizensierten) Anbietern wie Spotify eine deutlich geringere Vergütung für die urheberrechtlich geschützten Inhalte an ihre Schöpfer ausschüttet. Demgegenüber soll es die Link-Steuer ermöglichen, zusätzliche Gelder für Verlage von Webseiten wie Google, Facebook, Twitter und Pinterest abzuschöpfen.

Zensur bedroht das offene Internet: Das sagen die Kritiker

Allerdings birgt die Copyright-Richtlinie laut ihren Kritikern auch eine Reihe von Problemen und Gefahren, die insbesondere Internet- und Bürgerrechtsaktivisten sowie Sicherheitsexperten hervorheben.

So befürchten unter anderem Mitglieder der Electronic Frontier Foundation (eff) und der Civil Liberties Union for Europe, dass sich das eigentlich offene Internet in ein »Werkzeug der Überwachung und Nutzerkontrolle« verwandeln könne (via Heise). Eine Petition gegen die Reform des Urheberrechts auf Change.org wurde bisher über 170.000 Mal unterzeichnet.

Besonders häufig wird der Upload-Filter kritisiert. Die Netzaktivistin Julia Reda schreibt beispielsweise auf ihrer Webseite: »Unsere Freiheit, Medien hochzuladen und links zu teilen und uns auf diese Weise online auszudrücken, ist bedroht.«.

Die dem Upload-Filter zugrunde liegende Software könne nicht zwischen Urheberrechtsverletzungen und dem legalen Gebrauch bestimmter Inhalte im Rahmen von Parodien (beispielsweise Memes) unterscheiden. Die mögliche Folge: Legale Inhalte werden vom Netz genommen.

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Darüber hinaus wird befürchtet, Artikel 13 könne das Einfalltor für potentielle Überwachungstechnologien sein. Die Kosten für entsprechende Filterfunktionen, die laut EU etwa 900 Euro monatlich betragen sollen, könnten an wenige US-Firmen ausgelagert werden - die dann Zugriff auf das Nutzerverhalten von EU-Bürgern im Internet hätten.

Artikel 11 sieht sich ähnlichem Unmut ausgesetzt: Aktivisten verweisen darauf, dass ähnliche Gesetze in Deutschland und Spanien bereits mehr oder weniger gescheitert seien, während Journalisten keinerlei finanzielle Vorteile von der Link-Steuer erhalten hätten.

Gleichzeitig gehen Kritiker davon aus, dass Verbreiter von Fake-News und Propaganda auf die Monetarisierung von Snippets verzichten könnten, was möglicherweise zu einer verstärkten Sichtbarkeit dieser Inhalte in den sozialen Medien führen würde.

Die EU wird am 20. Juni über den Richtlinien-Entwurf entscheiden. Aktuell soll es im Parlament eine knappe Mehrheit für das Gesetz geben.

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