1973 kam es im Zuge eines Banküberfalls in Stockholm zu einem Geiseldrama. Fünf Tage lang waren vier Bankangestellte in der Gewalt der brutalen Räuber, bis sie endlich frei kamen. Allerdings hatten sie nach ihrer Befreiung keinen Hass auf die Geiselnehmer.
Vielmehr baten sie um Gnade für die Täter und besuchten sie im Gefängnis. Die irrationale emotionale Bindung an jemanden, der einem Gewalt antut, nennt man demnach Stockholm-Syndrom; und es ist ein Begriff, der sich hervorragend zur Beschreibung der Beziehung zwischen den Spielen von From Software und ihren Millionen Fans weltweit eignet.
Bevor nun Empörung aufkommt: Ich selbst liebe die Spiele Hidetaka Miyazakis und habe sie seit Demon's Souls ausnahmslos durchgespielt. Trotzdem beschleicht mich jedes Mal, wenn ein neuer Titel des Ausnahmestudios erscheint (wie aktuell Sekiro: Shadows Die Twice), ein seltsames Gefühl: Die Verbissenheit, mit der - jedes. einzelne. Mal! - der hohe Schwierigkeitsgrad als unverrückbare Essenz der Spiele verteidigt wird, kommt mir, nun ja, ein kleines bisschen irrational vor.
Ich will nun hier allerdings nicht die endlose Diskussion um Schwierigkeitsgrade, Zugänglichkeit und Eliten-Denken weiterführen - sondern ein wenig am Heiligenschein kratzen. So makellos, wie man in seinem Stockholm-Syndrom glaubt, sind nämlich auch die Spiele From Softwares nicht.
Warum der Tod in Sekiro und Dark Souls so eine große Rolle spielt - From-Software-Report
Der Autor
Rainer Sigl schreibt und spricht seit mehr als zehn Jahren für verschiedene Medien über Spiele, darunter der österreichische Jugendkulturradiosender FM4, die Tageszeitung Der Standard, Golem.de, das Games-Bookazine WASD und das von ihm ins Leben gerufene Gameskulturblog Videogametourism.at. Bei GameStar Plus macht er sich über Feinheiten und Gemeinheiten diverser Spiele Gedanken. Und widerspricht auch mal unseren GameStar-Testern.
Ist Sekiro zu schwer? Planet Japan
Japan, die Heimat von From Software, ist, so weit das Klischee, ein spezielles Land. Noch spezieller ist seine Rolle als bedeutendes Geburtsland der Videospielindustrie, und es fällt nur allzu leicht, dies in einer globalisierten Entertainment-Branche zu vergessen.
Die Soulsborne-Spiele boten bislang europäische mittelalterliche Mythen beziehungsweise, in Bloodborne, ein ebenfalls sehr europäisches Setting in einer düsteren Version des 19. Jahrhunderts: Deren Handlung, Motive und Ikonografie müssen dem japanischen Publikum in demselben Ausmaß »exotisch« vorgekommen sein, wie es das japanische Mittelalter von Sekiro nun für den internationalen Markt ist.
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