Seite 4: Spiele vor Gericht - Klagen und Urteile aus der Spielebranche

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Ein zweifelhafter Kreuzritter

Der US-Anwalt Jack Thompson hatte sich auf Klagen gegen Spielefirmen spezialisiert. Der US-Anwalt Jack Thompson hatte sich auf Klagen gegen Spielefirmen spezialisiert.

Weil Justitia nie von alleine tätig wird, braucht sie Menschen, die ihre Maschinerie am Laufen halten. Einer davon ist der US-Anwalt Jack Thompson, eine der schillerndsten Figuren im gerichtlichen Kampf gegen Computerspiele. Thompson hat sich im Laufe der Jahre einen Namen als eine Art »Kreuzritter gegen ein verderbtes Medium« gemacht – mit zunehmend rabiaten Methoden und einer letztlich überraschenden Konsequenz.

Die ersten Sporen verdiente sich Thompson im Kampf gegen Rap-Musiker, deren Musik er für sittenwidrig hielt; von da war es offenbar ein kleiner Schritt hin zu Computerspielen, und bald hatte sich der Jurist einen Namen als berüchtigter Prozessierer erarbeitet. Thompsons Masche: In den meisten Fällen vertrat Thompson Familien und Freunde von Opfern, deren Mörder mit Computerspielen in Verbindung gebracht wurden. Die Hersteller zerrte er vor Gericht. So verklagte er 1999 mehrere Spielfirmen, weil ein 14jähriger zwei Jahre zuvor in einer Schule in Kentucky drei Mitschüler erschossen hatte. Den Umgang mit der Waffe, behauptete Thompson, hätte der Mörder aus Spielen wie Doom und GTA gelernt. 2004 führte er einen Mord auf das Spiel Manhunt zurück, 2006 verband er anderen Fall mit GTA: Vice City. In allen Prozessen winkten die Richter am Ende ab. Es sei »ein zu weiter Sprung vom Schießen in Videospielen zum Schießen auf Menschen«, urteilte der Vorsitzende aus Kentucky.

In den eigenen Reihen wurde Thompson anfangs durchaus für seinen Einsatz gegen Gewalt und Freizügigkeit in Computerspielen gelobt. Doch mit ruppigen Angriffen auf Spieledesigner und -konzerne und verbalen Entgleisungen verursachte er zunehmend Kopfschütteln. Zum Lieblingsfeind wurden ihm früh die GTA-Macher von Rockstar, die er als »Soziopathen« beschimpfte und höheren Mächten ausgeliefert sah: »Gott ist derzeit nicht besonders gut auf Rockstar zu sprechen. « In einem Brief an den Anwalt des Take-2-Chefs Strauss Zelnik beschimpfte er dessen Mutter, den Präsidenten des amerikanischen Videospieleverbands verglich er mit Saddam Hussein. Hinterher bat er um Verzeihung: »Ich muss mich bei Saddam Hussein entschuldigen. « In Microsofts Flugsimulator sah er ein »Trainingsprogramm für Terroristen«.

Thompsons verbale Amokläufe (Kritiker schmähte er schon mal als Feiglinge und Idioten) kosteten ihn seine Reputation, sein Verhalten schließlich auch den Job: Am 25. September 2008 entzog ihm ein US-Gericht die Anwaltslizenz und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 43.675 US-Dollar. Thompson wurde Fehlverhalten im Amt in 27 Fällen vorgeworfen, unter anderem Falschaussagen, Drohungen, Beleidigungen und mehrfache Missachtung des Gerichts. Frühestens in zehn Jahren kann er sich wieder auf eine Lizenz bewerben, und auch das nur auf indirektem Wege: Ein Mitglied der Anwaltskammer muss sich für ihn aussprechen. Dass das jemals passieren wird, scheint unrealistisch.

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