Star Wars: Rebel Assault - 120 Mark für eine Stunde Spiel

Star Wars: Rebel Assault war 1993 unfair, ließ sich miserabel steuern und bot nur eine Stunde an Spielinhalten - zum Vollpreis. Und trotzdem: Fans und Kritiker liebten den Rail-Shooter. Heute wäre das wohl leider undenkbar, glaubt Christian Schneider.

Heute wäre der Shitstorm vorprogrammiert: Ein etabliertes Entwicklerstudio veröffentlicht ein 60 Euro teures Spiel mit so wenig Gameplay-Inhalten, dass man nach einer Stunde alles gesehen hat. Obwohl es natürlich niemand in 60 Minuten von Mission 1 bis 15 schafft, weil die Steuerung zum fluchen nervös und der Schwierigkeitsgrad oft unfair ist.

1993 war das egal, Star Wars: Rebel Assault von LucasArts kassierte bei deutschen Spielemagazinen Traumwertungen und verkaufte sich selbst und die noch neuen CD-Rom-Laufwerke wie geschnitten Brot. Zusammen mit dem Grusel-Adventure The 7th Guest gilt Rebel Assault als der Hardware-Kaufgrund Nummer eins für die neue Technologie im PC.

Dass das Spiel dahinter streng genommen nicht sonderlich gut war, spielte keine Rolle, denn Rebel Assault bot etwas, das heute nicht mehr möglich scheint: Einen unglaublichen und doch sofort erlebbaren Technik-Sprung, der für viele Spieler ohne Vorwarnung kam und deshalb umso mehr wirkte.

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Damals gab es keine Trailer im Internet, keine öffentlichen Forendiskussionen monatelang vor und nach dem Release, keine ständig verfügbaren Mitschnitte von ersten Vorführungen wie jetzt beispielsweise bei den VR-Brillen. Abgesehen von der Presse gab es kaum Möglichkeiten, die Spieler zu erreichen, außer durch das Spiel selbst. Und wer Rebel Assault vor mehr als 20 Jahren spielte, erzählte seinen Freunden nicht, dass es schwer war, oder unfair, oder spielerisch flach.

Irrationale Euphorie

Wer Rebel Assault damals spielte und wie ich zum Beispiel zwei Joysticks daran verlor und beim Spielen ewig fluchte, erzählte seinen Freunden trotzdem nur und aus voller Überzeugung: »Ihr müsst dieses Spiel spielen, das könnt ihr euch nicht vorstellen, es ist als würde man Krieg der Sterne nachspielen. Und es sieht aus wie im Kino!« Ob ein Spiel mit so wenig Inhalt so teuer sein darf, stand nicht zur Debatte. Die Qualität der Erfahrung stellte jedes quantitative Gegenargument in den Schatten.

Wie bei Battlefront dient der Beggar's Canyon auch bei Star Wars: Rebel Assault als Übungsgelände. Wie bei Battlefront dient der Beggar's Canyon auch bei Star Wars: Rebel Assault als Übungsgelände.

Mir fehlt diese irrationale Begeisterung heute manchmal bei neuen Spielen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Spiel heute aussehen müsste, damit eine ganze Generation aus dem Staunen nicht mehr herauskommt, obwohl es zu teuer, zu kurz, zu unfair und viel zu schlecht zu steuern ist. Klar, bei Crysis haben wir auch in erster Linie wegen der Grafik gestaunt, aber eigentlich war der Rest des Spiels auch sehr gut, sonst hätte es keine so guten Wertungen kassiert - siehe Ryse, wo diese Rechnung nicht mehr aufging. Oder auch Rebel Assault 2, das drei Jahre nach dem ersten Teil fast eins zu eins das Original kopierte und dafür deutlich abgestraft wurde.

Ich fürchte, dass das Medium Spiel schon zu etabliert und abgeklärt ist, um nochmal eine dermaßen verklärte Euphorie zu beschwören. Vielleicht geht es aber jüngeren Spielern, die nicht die Erfahrung von über 30 Jahren Spielegeschichte mitschleppen, heute doch noch manchmal so. Ich würde es ihnen wünschen. Schließlich muss es doch Liebe sein, wenn man gegen jede Vernunft wie Feuer und Flamme für ein Spiel ist. Und so geht es mir bei Rebel Assault - zum Glück.

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Über den Autor

Christian Fritz Schneider arbeitet seit acht Jahren für GameStar und GamePro und leitet heute die News-Redaktion der Webseiten. In seiner Freizeit macht er Let's Plays mit den Kollegen Daniel Feith, Michael Obermeier und Martin Le für ihren YouTube-Kanal GameTube und wenn noch Zeit bleibt, zeigt er auf GrummelFritz alte Klassiker oder vergessene Perlen, von C&C bis Heart of Darkness.

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