Jeder von uns kennt es: Die Bahn ist mal wieder unpünktlich, der Zug überfüllt. Der Shuttle-Bus zum Flughafen steckt im Verkehr fest und dann fällt auch noch der Flieger aus. Und wo bleibt überhaupt das beim chinesischen Versandhändler bestellte Päckchen? Der moderne Mensch weiß: Mobilität ist Segen und Fluch gleichermaßen.
Transport Fever 2 erlaubt es, die Seite zu wechseln und als Verkehrsmanager alles besser zu machen. Gelingt es euch, ein gewinnbringendes Verkehrsnetzwerk aufzubauen, das sinnvoll Nah- und Fernverkehr mit der Luft- und Schifffahrt verknüpft? Und das dann auch noch für wirtschaftlichen Aufschwung sorgt, indem ihr Industriebetriebe und Städte mit ausreichend Gütern beliefert? Denn genau an diesem Grundprinzip von Transport Fever hat sich auch in Teil 2 nichts geändert. Und erneut können wir hierbei die Verkehrsgeschichte von 1850 bis in die Gegenwart erleben, wofür uns zwei Spielmodi zur Verfügung stehen: ein Kampagnenmodus sowie das freie Spiel.
Von der Transsib nach Malle
Der Kampagnenmodus schickt uns in drei Kapiteln mit insgesamt 18 Missionen auf eine Reise um die Welt - die 150 (Spiel-)Jahre lang dauert. So sind wir zum Beispiel am Bau der Transsibirischen Eisenbahn am Ende des 19. Jahrhunderts beteiligt, wir müssen in den 1960er-Jahren Mallorca fit für den Massentourismus machen , oder wir übernehmen 1990 die Deutsche Bahn, um die Verkehrsprojekte der Deutschen Einheit zu verwirklichen. Die Missionen sind abwechslungsreich und dienen vor allem als eine Art Tutorial, mit dem wir die unterschiedlichen Spielmechaniken kennen- und das Handwerkszeug erlernen können.
Hat man diese Mechaniken jedoch einmal verstanden, werden manche der Missionen schnell eintönig und sind vor allem von Warterei geprägt. So muss man fast immer eine bestimmte Zahl an Waren irgendwohin transportieren, um die Missionsziele zu erfüllen. Wenn die Infrastruktur dafür erst mal gebaut, die Fahrzeuge gekauft, die Linien eingerichtet sind, dann heißt es oft nur noch abwarten. Verstärkt wird dieses Problem dadurch, dass wir in den Missionen in der Regel Unsummen an Geld zur Verfügung haben, so dass das Lösen der Aufgaben kaum Tüftelei oder Nachdenken erfordert.
Über den Autor
Stephan Bliemel ist auf YouTube als Steinwallen bekannt und betreibt dort einen Kanal über Spiele mit historischem Hintergrund. Neben Videos zu vielen anderen Titeln findet ihr dort auch Infovideos und Let's Plays zu Transport Fever 2: youtube.de/steinwallen.
Spaß machen hingegen viele der einfallsreichen Nebenmissionen, die man optional erledigen kann. So sollen wir etwa im Norden Mallorcas einen breiteren Sandstrand aufschütten, denn die österreichischen Touristen dort sind neidisch auf die Deutschen, die sich in Palma breit gemacht haben. Wenn uns das mit Hilfe des Terraforming-Tools gelungen ist, müssen wir im Anschluss daran 20 deutsche Touristen aus Palma dorthin bringen, damit die schüchternen Österreicher etwas in Stimmung kommen… Ach so, hatten wir schon erwähnt, dass die Entwickler aus der Schweiz kommen?
Frei auf der Insel
Das eigentliche Herzstück von Transport Fever 2 ist allerdings ohnehin das freie Spiel. Und hier lassen sich auch die meisten Neuerungen finden. Neben den beiden schon bekannten Kartentypen, der gemäßigten und der trockenen Klimazone, können wir uns nun auch in einer tropischen Umgebung austoben. Das macht nicht nur optisch einen Unterschied, sondern dieser Landschaftstyp ermöglicht es uns auch erstmals, auf Inseln zu spielen.
Das ist spielerisch ein echter Gewinn (und eine Herausforderung), weil es auf diesen Karten nun die Notwendigkeit gibt, Boote und Flugzeuge sinnvoll einzusetzen. Passend dazu wurden dem europäischen und amerikanischen Fahrzeugset von den Entwicklern nun auch eine Sammlung asiatischer Fahrzeuge hinzugefügt - so sind insgesamt über 100 neue Modelle im Spiel integriert.
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Allerdings unterscheiden sich die Landschaftstypen ansonsten wenig voneinander. Auf allen Karten sind die gleichen 16 Ressourcen vorhanden, und auch die Siedlungen in den neuen Tropen wirken wie biedere mitteleuropäische Kleinstädte. Das ist besonders unverständlich, da es in den Kampagnenmissionen eine viel größere Auswahl an Ressourcen und Gebäuden gibt. Dort treffen wir auf Silbererz, Whisky, Kriegsmaterial und viele weitere Waren. Warum dürfen wir diese nicht auch im freien Spiel transportieren? Hier wurde unverständlicher- und unnötigerweise Potenzial verschenkt.
Großartig ist aber weiterhin die eigentliche Substanz des Spiels: die Simulation der Transport- und Wirtschaftskreisläufe. Mittelpunkt all unserer Überlegungen sind die Städte. Wir möchten, dass sie wachsen, denn je größer die Städte sind, umso mehr Personen und Waren müssen transportiert werden. In Transport Fever 2 ist es jetzt stets sehr nachvollziehbar, warum Städte wachsen oder eben auch nicht. Ein wichtiges Kriterium ist der Anschluss an andere Ortschaften, damit die Bewohner dort einkaufen oder arbeiten können.
Noch wichtiger ist jedoch die Versorgung der Stadt mit bestimmten Gütern. Wenn eine Stadt zum Beispiel. den Gütertyp "Waren" benötigt, sind eine gute Vorplanung sowie zahlreiche Investitionen nötig, bevor diese Waren in die Stadt geliefert werden können. Zuerst suchen wir nach einer günstig gelegenen Warenfabrik. Damit diese auch Waren produzieren kann, benötigt sie die Rohstoffe Plastik und Stahl, die wir zur Fabrik liefern müssen. Stahl wiederum bekommen wir aus einer Stahlfabrik, die allerdings vorher mit Kohle und Eisenerz beliefert werden muss. Plastik hingegen ist ein Produkt, das aus Öl hergestellt wird, das aber zunächst aus Rohöl zu raffinieren ist.
Um am Ende Waren zu bekommen, bewegen wir vorher also stolze sechs Vorprodukte über die Karte. Mit welcher Streckenführung und mit welchen Fahrzeugen kommen wir dabei möglichst effizient zum Ziel? Diese Kernfrage müssen wie bei Transport Fever 2 immer wieder beantworten, und es ist äußerst befriedigend, wenn am Ende alle Linien ineinandergreifen und unser Transportnetzwerk harmoniert. Erstmals stehen uns neben Zügen, LKWs und Schiffen übrigens auch Frachtflugzeuge zur Verfügung - die Inseln, da war doch was.
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Bescheidene Städter
Neu ist in Transport Fever 2 auch, dass jede Stadt nur zwei Güter benötigt. Das wirkt auf den ersten Blick merkwürdig - warum braucht die eine Stadt Nahrung und die Nachbarstadt nicht? Nach längerem Spielen erschließt sich uns aber auch der Grund für diese Regel. Denn dadurch ergeben sich weitaus interessantere Überlegungen: Wenn nicht jede Stadt alles abnimmt, müssen wir viel intensiver nachdenken und planen, welche Routen sich auf welche Weise am effizientesten verwirklichen lassen.
Dennoch vermissen wir in diesem System etwas Dynamik. Sollte eine Kleinstadt, die nach hundert Jahren zu einer Metropole gewachsen ist, nicht irgendwann einen neuen Bedarf anmelden? Das täte dem Spielverlauf sicher gut, weil dann auch im später im Spiel noch einmal ganz neu geplant und umgebaut werden müsste.
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