Mafia II ist eine Tragödie.

Mafia II ist eine Tragödie.Damit ist nicht unbedingt die Story um den Mafia-Azubi Vito Scarletta gemeint, die ebenfalls nicht arm an Dramen ist. Wer sich auf...

von GROBI75 am: 31.08.2010

Mafia II ist eine Tragödie.

Damit ist nicht unbedingt die Story um den Mafia-Azubi Vito Scarletta gemeint, die ebenfalls nicht arm an Dramen ist. Wer sich auf sein Schicksal einlässt, der erlebt eine erstklassig gestaltete Karriere im Mobster-Millieu der 40er und 50er Jahre.
Auch wenn die Macher die schnurgrade Geschichte predigen und mit Inszenierungen im großen und kleinen Rahmen die Vorteile einer stringenten Erzählweise zweifellos herauszuarbeiten wissen, bleiben mehr Parallelen mit einem GTA IV als mit einem beliebigen Tunnel-Shooter. Mafia 2 ist ebenfalls Gangster-Epos pur. Es fühlt sich genauso an. Spielt sich genauso. Allerdings ist Nico Bellic zugänglicher. Vitos Motive variieren ständig, hat anfänglich zwar noch moralische Beweggründe, ist aber im Grunde doch nur ein Yuppie. Ihm bieten sich einige überzeugende Momente, wenn seine Loyalität gefragt ist. Er reflektiert sein Handeln und erweist sich als reifer als sein bester Freund Joe, aber Mafia 2 ist eigentlich zu episodenhaft, um wirklich Empathie mit seinem Helden zu vermitteln. Im grossen Vorbild 'Good Fellas' ist es als Film eingängiger die Abwärtspirale eines Mafia-Emporkömmlings zu 'geniessen', anstatt selbst Hand anzulegen am Untergang seiner Spielfigur. Man erlangt nachhaltig beeindruckende Einblicke ins aufregende Gangsterleben, Genre-Kundige sollten aber keine Überraschungen erwarten. Agiert wird streng nach Klischee, ans Herz wächst also einem trotz herausragendem Acting niemand. Ausser vielleicht Vitos Nächste wie seine Schwester. Die ganz normalen Leute eben.

Das ist aber nicht sonderlich problematisch. Mafia 2 spielt sich einfach phantastisch und motiviert immer wieder mit spannenden Missionen, netten Story-Wendungen und einer verschwenderisch detailverliebten Ausstattung. Wer schon immer mal 'Untouchables' oder 'Road to Perdition' selbst erleben wollte: herzlich Willkommen! Schon die Stadt rechtfertigt das Abenteuer. Empire City nimmt einen sofort gefangen, denn die Stadt lebt! Passanten wuseln durch die Gegend, es gibt ständig spezielle Situationen, spezielles Verhalten zu beobachten. Tages- und Jahreszeiten lassen die Stadt immer wieder in neuem Licht erstrahlen und Nachts sieht sie einfach umwerfend aus! Welcher Filmfreund kennt nicht den Bildauschnitt der mächtigen Brooklyn Bridge aus Leones 'Es war einmal in Amerika'? Von solchen Ausblicken wird man öfters verwöhnt. Um den unumgänglichen Vergleich mit GTA zu bemühen: Nico Bellic ist bei mir durch seine Stadt nur gerannt, Vito dagegen spaziert.

Handwerklich wurde hier wirklich Spitzen-Arbeit geleistet! Liberty City ist dagegegen der große Gag. Dicke Cops, Pisswasser-Plakate, unförmige Gestalten die sich steuern wie ein Sattelschlepper. Mafia 2 mach eigentlich alles besser, was für mich bei GTA IV gehakt hat. Die Figuren sind realistisch und präziser zu Steuern, die Weitsicht ist ständig vorhanden ohne aufploppende Wolkenkratzer o.ä., und die Shootouts sind weitaus brachialer!
Das Geballer hat mir fast am besten gefallen. Da ist auch der PhysX-Hype nachzuvollziehen. Mit ein paar Tricks ist das Partikel-Gewitter auch auf schwachen Rechnern zu stemmen und damit geht's dann richtig zur Sache. Spielerisch ändert sich nix und diese PhysX-Goodies sind mir aus 'Batman' oder 'Mirror's Edge' bekannt, aber erst Mafia 2 kitzelt den Sinn heraus. Was da an Trümmer durch die Gegend fliegen grenzt zwar zuweilen ans Lächerliche, aber macht schon einiges her...

Dass OpenWorld nur Element und nicht Prinzip ist machte mir Anfangs kein Problem. Hier offenbart sich aber die eigentliche Tragik von Mafia 2, denn was einem an Liebe zum Spiel und zur Thematik entgegen springt, wird von der Veröffentlichungspolitik mit Füssen getreten. Es gibt viele Anzeichen zu vermuten, dass das Spiel insbesondere in seinenen OpenWorld-Aspekten komplett beschnitten wurde, um diese häppchenweise als DLCs kostenpflichtig nachzureichen.
Das Spiel ist absolut großartig, gar keine Frage! Aber es fühlt sich so an, als bekäme man die Mona Lisa als Bravo-Starschnitt. Dem Game kann man nichts vorwerfen. Es fühlt sich rund an und es gibt keine Stelle an der ich etwas vermissen würde. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus verständlich, aber es ist einfach nur unwürdig. Mafia 2 könnte in seinem vermuteten Umfang GTA IV mit einem Handstreich zu Seite fegen und sich selbst ein Denkmal setzen. Nun dümpeln die Wertungen in 80er-Regionen und man zieht sich abermals den Unmut der gesamten Käuferschaft auf sich. Die Masche könnte auch von den Protagonisten selbst stammen - im Spiel wird gutes Zeug auch gerne gestreckt. Aber sie erlangen zumindest die Erkenntniss, dass sich Verbrechen nicht lohnt. In diesem Fall bin ich mir leider nicht so sicher.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(2)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.