Stand strong, stand together: Hackett out

Nachdem ich ME3 eine halbe Stunde gespielt hatte und einige Asynchronitäten, Ruckler und manch unfertig erscheinendes Detail festgestellt hatte, dachte ich mir: Oh, mein Gott, da war die Marketing-Abteilung mal wieder schneller als die Produktion.
Doch nach einer weiteren halben Stunde war ich überzeugt.

Mass Effect 3 erlebe ich als eine filmreife Inszenierung einer SciFi-Geschichte, unterbrochen von Spieler-Aktionen, sprich: ballern.
Mittlerweile habe ich 24 Stunden ME3 gespielt und davon, vermute ich, etwa 12 Stunden zugeschaut, interessiert und begeistert zugeschaut und zugehört.
Die Entwickler von ME3 machen dem Namen des Spiels alle Ehre, denn ich habe noch kein PC-Spiel gespielt, welches in solch einem großen Umfang, solch einem Ausmaß von guter alter handwerklicher Film- und Schauspielkunst getragenen Cutscenes lebt.
Dramaturgie, Dialoge, Mimik und Gestik der Akteure sind das Herz von ME3.
Die Geschichte und die Inszenierung sind ME3.
Die Entwickler nutzen natürlich die Möglichkeiten der modernen Technik, um ein möglichst beeindruckendes Ergebnis abzuliefern, was die Grafikdetails betrifft.
Ich sehe zwar ME3 hier nicht ganz vorne im Vergleich zum Beispiel zu Crysis 2, doch es ist ganz ordentlich. Auch das Design der Innen- und Aussenumgebung verleitet in manchen Momenten dazu zu verweilen und sich erst mal umzuschauen.
Was mich sehr beeindruckt hat, sind jedoch die Emotionen, die schauspielerische Leistung, die mittels Motion-Capturing erstellt und transportiert werden, das Design der Figuren, die Farbgebung der Figuren und insbesondere die Darstellung und Ausarbeitung der unterschiedlichen Charaktere.
Herz, Schmerz, Liebe, Wut, Trauer.
Ein Augenaufschlag, ein hämisches Grinsen, ein zarter Kuss, perfekt inszeniert und präsentiert.
Die Produzenten nehmen sich Zeit, um emotionale Momente zu zeigen.
Da ist der intellektuelle, ironische und zynische Garrus, da ist der brachiale Grunt, da ist die melancholische und liebenswerte Tali, der abgedrehte und doch zu respektierende Mordin.
Und noch einige andere Figuren und Akteure, die jeder ihren eigenen Stil, Charakter und Intellekt haben.
Wie immer versuche ich das Spiel im Original zu spielen und es lohnt sich auch hier, denn die professionellen
Schauspieler schaffen es mit ihrer Stimme, den künstlichen Figuren Leben zu geben.
Was nützt jedoch eine Stimme, wenn der Text schlecht ist?
So nicht bei ME3.
Ausgefeilte Dialoge, eine herrliche Sprache (mein persönlicher Favorit ist die Sprache bzw. der ironische Text von Garrus) lassen gerne zuhören.

Es gibt viele herausragende Momente, Szenen, Dialoge.
Zwei möchte ich herausstellen:
1. Im zweiten Drittel steigt Sheppard mit Liara ins Bett.
Hört sich platt an, ist auch platt geschrieben, aber die Inszenierung ist so was von schön gemacht, filmreif, liebevoll, zärtlich, ruhig, dezent und keineswegs sexistisch.
2. Auch im zweiten Drittel bezeugt Garrus Sheppard seiner Freundschaft.
Ohne Pathos, ehrlich, überzeugend und kraftvoll.

Trotz ihrer Unterschiede, ihrer ehemaligen Konflikte, ihren unterschiedlichen Ansichten oder Interessen haben die Figuren eines gemeinsam: Sie kämpfen gegen die Reapers.
Und da kommt der Käufer, der Spieler ins Spiel.

In einer großen Anzahl von Missionen, die wie gesagt die Cutscenes unterbrechen oder umgekehrt, gilt es die Gegner umzunieten.
Das hat man schon besser gesehen, mehr als Durchschnittskost ist das nicht nach heutigen Standards.
Auf der anderen Seite konnte man vor ein paar Jahren von solchen Spielen nur träumen.

Neben den üblichen kontinuierlichen Skill- und Waffen-Upgrades überzeugen die vielfältigen und unterschiedlichen Leveldesigns.

ME3 ist ein Spiel-Film.

Die Entwickler haben erfolgreich und überzeugend sehr viel ihrer Ressourcen in die Herstellung der Figuren und Charaktere, der Dramaturgie, der Sprache und des Motion-Capturing investiert.

Ein umfangreiches massiges Spiel, welches sein Geld wert ist.