Eine Geschichte von Mut, Spaß und dem Preis, den man dafür zahlt

id Software hat mit Rage viele neue und insgesamt sehr mutige Schritte gewagt. Sie bedienen das erste Mal auch Konsolen, starten eine neue Marke in einem für...

von - Gast - am: 12.10.2011

id Software hat mit Rage viele neue und insgesamt sehr mutige Schritte gewagt. Sie bedienen das erste Mal auch Konsolen, starten eine neue Marke in einem für sie neuen Setting, nutzen mit der id-Tech 5 eine neue Technologie, erhöhen den künstlerischen Aufwand immens und erweitern das Gameplay zu einem interessanten Genremix. Dieser Mut wird durchaus belohnt, aber er hat auch einen Preis, den man bei der neuen Technik dafür zahlen muss.

Die Geschichte und deren Erzählweise

In Rage startet der Spieler in einer Zukunft, in der die Welt durch einen Asteroideneinschlag verändert ist. Er überlebte dieses Szenario in einer Arche, einer Kapsel, die es erlauben sollte, im Tiefschlaf einige Zeit zu überdauern. In der zukünftigen und zerstörten Welt wird er zwar helfend aufgenommen, muss sich aber weitergehendes Vertrauen erarbeiten und einen Platz in der dortigen gesellschaftlichen Ordnung im wahrsten Sinne des Wortes erkämpfen.
In dieser Welt gibt es Siedler, diverse Clans von Mutanten, eine autoritäre Regierung und einen Widerstand.

Die Erzählweise dieser Geschichte ist relativ typisch für id-Spiele und unterscheidet sich von typischen Rollenspielen oder Adventures. Wie in Doom oder Quake ist man nicht der Held, der einer Prophezeiung folgend zum Retter der Welt mutiert und gottgleich in das Finale schreitet. Er ist ein Teil der Welt, ein Soldat, ein Instrument. In mehreren Dialogen wird klar gemacht, dass er austauschbar ist, dass es ähnliche wie ihn vorher gab und wieder geben wird und dass allein seine Taten und Entscheidungen ausmachen, wohin er gehört und wie man ihm begegnet. Er wird natürlich auch bewundert für seine Siege bei den Autorennen oder für erfolgreiche Einsätze, aber durch den Wechsel von einer Siedlung zu 2 jeweils größeren Städten, beginnt die Arbeit jedesmal von vorn. Diese Erzählweise ermöglicht es, die erdrückende Hoffnungslosigkeit dieser Endzeitvision besser darzustellen und lässt den Spieler auch mal zweifeln, warum man all diese schmutzigen Arbeiten überhaupt so bereitwillig erledigt.

Allerdings ist diese Sichtweise nicht konsequent durchgezogen. Durch die im Helden eingepflanzten Nanotriten und einen eingebauten Defibrillator ist er sehr mächtig und lebt das auch aus. Hier wurde eine Chance nicht genutzt und es wäre ein wenig mehr Dramatik möglich gewesen. Dennoch überzeugt die Geschichte und gibt ausreichend Anreiz, das Spiel zu jeder Zeit fortsetzen zu wollen.

Spielmechanik

Wie in einem klassischen Gothic-Rollenspiel erfüllt man Aufträge, um von einer Siedlung in eine Stadt zu gelangen, dem Widerstand vorgestellt zu werden oder dem Bürgermeister zu gefallen. Dabei erfüllt man relativ lineare Missionen, fährt Autorennen und sammelt hilfreiche Objekte zum Aufbessern von Waffen, für Auftraggeber oder zum Verkauf. Mit dem Geld kann man bis zu vier Fahrzeuge, die Waffen und die Ausrüstung verbessern.

Das klingt sehr nach einem Rollenspiel, ist es aber nicht. Rage bleibt die meiste Zeit ein Shooter und vereinfacht die Rollenspielelemente genauso wie die Autorennen, die man fahren kann. Das hat einige Vorteile, denn diese Elemente wirken nie aufgesetzt und ziehen einen dadurch nicht aus der Welt. Man vergibt keine unrealistisch wirkenden Erfahrungspunkte auf Eigenschaften, man besucht keine Statistiken, sondern man rüstet den Anzug, die Waffen oder das Fahrzeug auf. Sämtliche aufzuwertenden Eigenschaften wirken also real und glaubwürdig. Ebenso wertet man die Waffen auf, indem man ein Zielfernrohr, einen Laserpointer oder neue Munition im Laufe des Spiels erhält. Man bekommt Baupläne, um hilfreiche Maschinen, Munition oder Medizin zu basteln. Dabei sind zum Beispiel die bewaffneten Spinnenroboter oder die automatischen Geschütztürme äußerst hilfreich in hektischen Kämpfen.

Geld verdient man durch das Verkaufen von gefundenen Gegenständen, durch Autorennen, Arena-Kämpfe in einer makaberen TV-Show und durch das Zerstören von Banditenfahrzeugen im Ödland.
Die Kernmechanik ist aber ein Shooter und diese ist nahezu perfekt und spürbar auf Spaß getrimmt. Die Waffen wirken glaubwürdig, ihre Wirkung am Gegner sind leicht überzogen, aber dadurch effektvoll inszeniert. Die Gegner geraten ins Straucheln, werden zurückgeworfen oder bei ihrem Angriff gehemmt. Sie bewegen sich dabei anders, wenn man sie an anderen Stellen trifft.

Die Waffenauswahl ist abwechslungsreich und es macht häufig Sinn, zu anderen Waffen zu wechseln. Während die Shotgun in der Nähe sehr effektiv ist, macht die Pistole mit Zielfernrohr oder eine Sniper auf Distanz Sinn, Projektilwaffen wirken am besten in mittlerer Distanz und die Armbrust mit 4 verschiedenen Munitiosntypen ist für technisch experimentierfreudige Spieler eine wahre Freude.
Auch dieser Shooter wagt den Trick mit der automatischen Selbstheilung, um das Gameplay zu vereinfachen. Dabei dienen die für den Cryoschlaf benutzten Nanotriten und der eingebaute Defibrillator für die nötige Erklärung dieses Phänomens.
Die Gegner sind flink, klettern and Wänden entlang, erklimmen Höhenunterschiede, ducken sich im vollen Lauf bei Beschuss, suchen bei Bedarf Deckung und weichen aus. Sie werfen Granaten, Bumerangs oder Brandgeschosse. Sie reagieren auf Beschuss und geraten auch mal ins Straucheln. Dadurch wirkt die KI extrem glaubwürdig.

Die Autorennen sind relativ einfach aber machen durch die 3 Modi trotzdem Spaß. Man kann normale Rennen fahren, bewaffnete Rennen und einen Version, in der man Punkte durch das Einsammeln von leuchtenden Beacons erhält. Außerdem kann man bei den freien Fahrten im Ödland einige Belohnungen für Sprünge erhalten, Banditen zerstören und zusätzliche Gegenstände finden.
Die Steuerung mit Maus und Tastatur funktioniert perfekt und im Detail sehr ausgefeilt.

Präsentation


Die Präsentation ist beispielhaft. Die Bewohner des Ödlands wirken alle einzigartig, wurden sehr gut vertont und sind sehr detailliert dargestellt. Man sieht Sommersprossen auf der Haut, Falten in der Stirn und die Bewegungen wirken real. Einige Bewohner bewegen sich frei, andere warten auf uns und wenige kämpfen auch mal kurzzeitig an unserer Seite.
Die Fahrzeuge wirken wie aus den Mad Max Filmen und sind detailliert ausgearbeitet.
Die Welt ist sehr hübsch und detailliert bemalt. Überall sind Kritzeleien, Poster, Schmutz, Wasserspuren, Fußspuren oder Reifenspuren in die Texturen gemalt. Aus der Nähe wirken Texturen häufig aber etwas gering detailliert.
Das Design der Welt ist absolut erhaben. Überall sind glaubwürdige, fantasievolle und auch technische Geräte, Gebäude und Objekte mit unterschiedlichen Graden an Zerstörung zu finden. Man glaubt teilweise in einem Fantasy-Spiel zu sein und dann wieder mitten in einer Sci-Fi Geschichte.
Die Missionsgebiete sind abwechslungsreich und sehr detailliert modelliert. Insbesondere der hohe Grad an zerstörten Umgebungen erforderte den Künstlern einiges an Arbeit ab.

Technik

id Software nutzt ihre neue Tech 5 Engine. Diese ist technisch recht anspruchsvoll und vor allen Dingen anders, als die anderen. Hier wird nicht mehr mit den immer gleichen gekachelten Texturen gearbeitet, sondern es kann von den Künstlern frei auf einer riesigen Textur gemalt werden. Um diese riesige Textur zu speichern, wurde sie in diversen Detailstufen extrem komprimiert. Im Spiel werden diese Daten dauernd geladen, dekomprimiert und auf die Modelle gezeichnet. Dabei ist das andauernde Dekomprimieren so aufwändig, dass mehrere Rechenkerne dafür benötigt werden. Wenn möglich, hilft sogar die Grafikkarte dabei (CUDA). Allerdings gibt es da Probleme bei den ATI-Karten, während dieses Transcoding auf Nvidia-Karten besser zu funktionieren scheint.

Der Vorteil dieser Technik ist die Freiheit der Künstler, sich mit Texturdetails ausgiebig austoben zu können. Der Nachteil ist, dass die Auflösung der Texturen im Vergleich zu gekachelten Texturen sinkt und das ständige Nachladen der Texturen bei schnellen Bewegungen sichtbar werden kann.
Abgesehen von der Optik läuft es sehr flüssig, sowohl zu Fuß als auch im Fahrzeug. VSync lässt sich seit dem ersten Patch im Spiel einstellen genauso wie der Texturcache oder das Filtern der Texturen.
Im Grunde ist die Technik perfekt für die einfache 720er HD Auflösung, aber wirkt streckenweise etwas altbacken auf höher aufgelösten PC-Monitoren.

Fazit

Rage ist wegen dem Setting, des Gameplays und der Liebe zum Detail ein sehr gutes Spiel geworden, im Kern ein Shooter mit Anleihen von RPG und Racing. Dabei wird versucht, niemals aus der Welt aussteigen zu müssen. Die Immersion wird durch das Erzählen der Geschichte aus der Sicht des Heldens genauso erhöht, wie durch das Verbessern glaubwürdiger Eigenschaften von Fahrzeug, Waffen oder Anzug.
Viele Elemente wurden zugunsten des Spaßfaktors vereinfacht (Selbstheilung, einfache Fahrzeugphysik, Abkürzungen zum Ausgang am Ende einer Mission). Dennoch wirkt die Welt selbst sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet.
Technisch stellt es vom Detailgrad der Modelle und der Abwechslung der Texturbemalung einen Meilenstein dar, wirkt aber aus der Nähe etwas gering aufgelöst. Auf schwächeren Systemen ist das Nachladen der Texturen sichtbar.
Wer einen unterhaltsamen Singleplayer-Shooter sucht, kann mit Rage kaum etwas falsch machen. Allerdings sollten ATI-Kunden vorsichtshalber noch etwas warten, da es dort noch Probleme mit den Treibern und dem Transcoding der Texturen gibt.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: viele Details und Abwechslung bei den Modellen
  • Sound: gute Effekte, tolle Musik, perfekte Sprecher
  • Balance: ansteigende Schwierigkeit, nie unfair
  • Atmosphäre: sehr glaubwürdige und detaillierte Endzeit
  • Bedienung: perfekte Shooter Steuerung, Rennen ok
  • Umfang: 15 Stunden Spielzeit, Genremix
  • Leveldesign: lineare Level, Abkürzungen am Ende, offenes Ödland
  • KI: flink, weicht aus, sucht Deckung, klettert
  • Waffen & Extras: perfekt umgesetzte und abwechslungsreiche Waffen
  • Handlung: Soldat und Instrument anstatt Überheld
  • Grafik: aus der Nähe etwas wenig aufgelöste Texturen
  • Sound: keine
  • Balance: durch Selbstheilung und bei Rennen etwas leicht
  • Atmosphäre: zu wenig Dramatik
  • Bedienung: Menüs bedienen sich etwas zäh
  • Umfang: weitere Nebenmissionen wären möglich gewesen
  • Leveldesign: während Missionen nur wenig am Rand zu sehen
  • KI: keine
  • Waffen & Extras: keine
  • Handlung: zu wenig Dramatik

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(3)
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