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Wer ein Freund guter Geschichten ist, sollte dann doch seine Zeit dem Vorgänger von Schlacht um Mittelerde 2 opfern. Denn auch eine bombastische Inszenierung...

von - Gast - am: 09.09.2010

Wer ein Freund guter Geschichten ist, sollte dann doch seine Zeit dem Vorgänger von Schlacht um Mittelerde 2 opfern. Denn auch eine bombastische Inszenierung kann über die offensichtlichen Schwächen der Handlung im Speziellen und des Spiels im Allgemeinen nicht hinwegtäuschen.

The Campaigns of Light and Darkness

In J.R.R. Tolkiens Lebenswerk, dem „Herrn der Ringe“, werden Schlachten erwähnt, die sich zur Zeit des Ringkrieges im Norden Mittelerdes zugetragen haben sollen. Orks aus Dol Guldur zogen gegen Lórien und die Menschen des Ostens belagerten den Berg Erebor. Auch die Hallen Thranduils versuchten die Orks einzunehmen. Schlussendlich besiegten die freien Völker ihrer Belagerer und machten die Festung Dol Guldur dem Erdboden gleich.
Für einen Kriegsschauplatz, der im Buch nur am Rande erwähnt wurde, bot sich deshalb enormes Potential dar. Einer spannenden Handlung sollte eigentlich nichts im Weg stehen. Doch das Ergebnis brachte einen wie so oft auf den nüchternen Boden der Realität. EA schuf zwei leblose Kampagnen, welche den Namen „Story“ gar nicht verdienen. Anstatt eine logisch zusammenhängende Geschichte zu erzählen verkommt die „gute“ Kampagne zur Aneinanderreihung von Schlachten in, auf oder neben Sehenswürdigkeiten im Norden Mittelerdes. Für dieses Schaulaufen nimmt EA absurde Details in Kauf, wie vollkommen frei erfundene Belagerungen Mithlonds oder Bruchtals. Die Helden der Kampagne bleiben blass und allgemein sind beide Kampagnen äußerst kurz geraten.
Die „böse“ Kampagne ist ein schlechter Witz. Gleich zu Beginn, als Tutorial, erobert man Lórien und setzt dann die Interrailreise fort, welche man in der ersten Kampagne begonnen hat. Als besonderes Highlight dieser wahrlich bösen Kampagne sticht die Mission im Auenland hervor, die außer langweiligem Abschlachten von Hobbits nichts bietet. Zu Schluss ertönt Sarumans Stimme feierlich, obwohl man gerade seinen Gefolgsmann Grima Schlangenzunge getötet hat. Am Ende bleibt vom Krieg in Norden nur eine große Enttäuschung übrig. Die Männer und Frauen von EA waren anscheinend überfordert mit der Aufgabe eine selbständige Geschichte zu kreieren.

Elves, dwarfs and goblins

In Schlacht um Mittelerde 2 dreht sich alles um die alten Völker der Elben und Zwerge. Die Elben vertrauen im Spiel auf ihre tödlichen Bogenschützen und können auch auf ein starkes Arsenal an mächtigen Helden zurückgreifen. Die elbische Architektur aus Buch und Film wurde von den Entwicklern hervorragend umgesetzt und auch die Einheiten hinterlassen einen, sowohl optisch als auch spielerisch, guten Eindruck. Man wundert sich nur, wo eben jene Elbenkrieger aus den ersten zwei Filmen abgeblieben sind. Die Zwerge dagegen hinterlassen ein zwiespältiges Bild: Einerseits bilden sie ein guten Gegensatz zu den anderen Fraktionen im Spiel. Sie sind defensiv ausgerichtet, haben starke Belagerungswaffen und wenige Helden. Andererseits erinnert ihr Design manchmal mehr an etwaige Comics. Die Tatsache, dass Zwerge Streitwägen fahren, ist sowieso ein Novum in der „Herr der Ringe“ Fanszene. Zu guter Letzt bleiben noch die Menschen des Westens übrig, da man sich bei EA kurzer Hand entschlossen hatte Gondor und Rohan zusammenzupacken. Durch diese Symbiose entsteht eine eher skurrile Fraktion mit abstrus viel Helden, die eigentlich nur an den äußersten Rändern etwas mit Rohan gemein hat.
Für die böse Seite kommen die Goblins als eigenständige Fraktion ins Spiel. Mit Abstand die schwächste neue Fraktion, bedingt durch schwache und leblose Helden, kaum Eliteeinheiten und selten originellen Designeinfällen. Isengard und Mordor spielen sich fast wie im ersten Teil und haben deshalb auch nichts an ihrem alten Charme (Stärken und Schwächen) verloren.

The War of the Ring

Für den zweiten Teil ihrer Strategieserie in Mittelerde entwickelte EA einen neuen, taktischeren Spielmodus, den Ringkrieg. Dieser erinnert stark an das beliebte Brettspiel Risiko, indem man rundenweise Truppenkontingente über eine Weltkarte marschieren lässt und bei Aufeinandertreffen mit dem Feind Schlachten ausführt. Desweiteren baut man Gebäude mit spezifischen Fertigkeiten auf der merkwürdig unschön geratenen Landkarte von Mittelerde.
Das Spielsystem geht leider nicht auf. Zwar kann man die Schlachten automatisch auswürfeln lassen, doch dieses System erweist sich als höchst unfair. Man ist also dazu verdammt jede einzelne Schlacht selbst auszutragen, was auf die Dauer eine einschläfernde Wirkung nach sich zieht. Wer also taktischen Tiefgang im HDR Universum sucht, sollte einen weiten Bogen um den Ringkrieg – Modus machen und sich stattdessen einmal die gelungenen Modifikationen der Total War Reihe anschauen. „Lotr: Total War“ oder das jüngere „Third Age: Total War“ sind wirklich gelungene und bessere Umsetzungen eines ähnlichen Konzepts.

Graphics

Obwohl SuM 2 bereits über vier Jahre auf dem Markt ist, hinterlässt die Grafik des Spiels einen guten Eindruck. Die Physik – Effekte sind beeindruckend und die zahlreichen Spezialkräfte sind fast allesamt spektakulär: Der Wächter vom See bricht plötzlich aus dem Boden hervor und packt Freund und Feind. Ein Balrog macht die elbische Festung nieder, während ein mächtiges Erdbeben das Lager der Orks erschüttert. In keinem anderen Strategiespiel der letzten Jahre bereitet einem die Engine solch Freude. So bleibt einem der liebenswürdigen Retrolook anderer Spiele dieses Jahrganges erspart, Schlacht um Mittelerde 2’s Grafik wirkt zeitgemäß.

Skirmish

Der stärkste Modus des Spiels sind sicherlich die einfachen Gefechte, sowohl offline als auch im Multiplayermodus. Eine sinnvolle Neuerung zum Vorgänger ist der freie Basisbau mit den damit verbundenen strategischen Herausforderungen. Wie es sich für ein ordentliches RTS gehört, warten die Fraktionen mit unterschiedlichen Einheiten auf, welche Stärken und Schwächen haben. So hat ein Frontalangriff mit elbischen Reitern auf Ostlingspikeniere fatale Folgen, während Waldläufer ein leichtes Spiel mit Trollen und anderen Monstern haben. Wer schon einmal Echtzeitstrategie gespielt hat, sollte sich auf alle Fälle nur auf den zwei höchsten Schwierigkeitsgraden versuchen, wenngleich „brutale“ Gegner (am Schwierigsten) desweilen höchst unfair agieren. Generell lässt sich über die Gefechte sagen, dass eine Rush Strategie zu bevorzugen ist. Menschliche Gegner im Multiplayermodus warten praktisch nie ab und greifen sofort an. Wer also lieber langsam seine Festung aufbaut und die eigenen Truppen aufstockt, dem stehen schwierige Zeiten in SUM 2 bevor. Wälle und Türme bleiben damit im Spiel praktisch nutzlos, der Feind zerlegt einen nämlich bevor die ersten Zinnen stehen. Die Gefechtskarten sind wunderschön und man kann Stunden damit verbringen die detaillierten Landschaften zu besichtigen. Allerdings eignen sich nur die wenigsten für einen fairen Wettstreit im Hinblick auf wohlmöglichen E-Sport. Es lebt sich nun ein Mal viel besser in Minas Tirith als auf der ungeschützten Fläche der Pelennorfelder. Ein großes Problem der Gefechte ist die auch jetzt noch unausgereifte Balance. Helden sind viel zu stark, was bei einigen Fraktionen die Ausbildung von Helden obsolet macht. Wer einmal starke Spezialkräfte zur Verfügung hat, dem steht eigentlich nicht mehr für einen schnellen Sieg im Wege.

The Music of the Elves

Mit Teil 2 hält auf neue Musik Einzug. Anstatt sich vollständig auf die Filmmusik von Howard Shore zu verlassen, fügte EA einige Eigenkompositionen hinzu. Dieser Schritt war durchaus sinnvoll, musste man doch bestimmte Themen für die neuen Völker auf den Schlachtfeldern Mittelerdes finden. Leider versäumt EA gerade diesen Aspekt und somit kommt kein richtiges HDR-Feeling auf. Allerdings ertönt mehrheitlich noch die Filmmusik, Soundliebhaber müssen sich deshalb keine Sorgen machen. Die Soundeffekte sind im Übrigen erstklassig. In den Scharmützeln entsteht eine wahre Soundkulisse. Freunden der Filme ist die englische Version empfehlen, da Hugo Weaving (Elrond im Film) die beiden Kampagnen in den Zwischensequenzen vorantreibt.

Fazit

Leider enttäuscht „Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde 2“ über weite Strecken. Die beiden Kampagnen sind viel zu kurz und erinnern in ihrer Dramaturgie auch gar nicht an den großartigen Vorgänger. Die Gefechte, eigentlich der stärkste Part des Spiels, werden durch die unausgegorene Balance schnell langweilig. Umso trauriger, da eine ausgeklügelte Balance den wahren Kern eines guten RTS macht. Überzeugen können dafür die immer noch schöne Grafik, die Filmmusik und die bekannten Charaktere aus den Filmen. Nüchtern betrachtet bleibt „Schlacht um Mittelerde 2“ das beste HDR-Spiel der letzten Jahre. Die Frage ist nur: Wann dürfen sich die vielen Fans einmal über ein ausgezeichnetes Spiel in Mittelerde freuen?


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: großartige Animationen; wunderschöne Landschaften
  • Sound: grandioser Filmsoundtrack; stimmige Soundkulisse
  • Balance: RTS-typische Stärken/Schwächen der Einheiten
  • Atmosphäre: HDR-Flair; viel Liebe zum Detail
  • Bedienung: Gute Steuerung
  • Umfang: 6 Fraktionen; viele Karten; zahlreiche Einheiten
  • Missionsdesign: Bombastische Schlachten
  • KI: Gute KI im Skirmish...
  • Einheiten: Einheiten/Helden aus den Filmen und Büchern
  • Kampagne: Viele eigentlich spannende Schauplätze
  • Grafik: polygonarm aus der Nähe
  • Sound: Eigenkompositionen
  • Balance: Übermächtige Spezialzauber und Helden
  • Atmosphäre: Skorpionkönig der Goblins; dumme Sprüche
  • Bedienung: nutzloser Planmodus und Truppenaufstellung
  • Umfang: kurze Kampagnen
  • Missionsdesign: in der Kampagne einfache, immer gleiche Aufgaben
  • KI: ...die sich fast nur auf Rush-Taktik verlässt.
  • Einheiten: Manche Zwergeneinheiten; zu wenig Rohirrim
  • Kampagne: Langweilige, unzusammenhängende Handlung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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