Mafia 2 - Ein Spiel(film) der Extraklasse

Jahre des Wartens sind vorbei. Das mit Spannung erwartete Gangster-Epos steht in den Läden und spaltet in einigen Aspekten die Spielerschaft.
Ein Test, der sich eingangs kritisch mit anderen Reviews auseinandersetzt und dann ein eigenes Fazit präsentiert.

Mafia 2

Ein Spiel(film) für jeden Freund des Mafia-Genres

Nun ist es da. Mafia 2. Nach langen Jahren und vielen Anpreisungen steht eines der heißerwartesten Spiele des Jahres in den Läden. Sicherlich dürften schon einige Spieler zugeschlagen haben und die - soviel sei gesagt - großartige Geschichte in Empire Bay erlebt haben, doch es dürfte wohl noch genügend Spieler geben, die sich Mafia 2 noch nicht gekauft haben. Sollten die Gründe für das Abwarten in einigen 'mixed reviews' von anderen Zeitschriften / Websites liegen, so bitte ich um die Lektüre der nachfolgenden Review.

Kein GTA

Ich möchte mit etwas eigentlich offensichtlichem anfangen, habe aber das Gefühl, dass sich das bei einigen Rezensenten nicht herumgesprochen hat.
Mafia 2 ist kein GTA. Es will es nicht sein und niemand sollte mit diesem Anspruch an das Spiel gehen. Es gibt, wie hinlänglich bekannt sein dürfte, nichts in Empire Bay neben der Story zu tun. Es gibt auch keinen Free-Ride-Modus, man ist darauf angewiesen innerhalb der Story durch die Stadt zu fahren.
Das Wirtschaftssystem in Mafia 2 ist praktisch inexistent, da Ihr Geld kaum braucht und es sonst zu einfach durch das Überfallen von Geschäften, insbesondere Waffengeschäften, erlangt.

Die Schlussfolgerung aus diesem Fakt

Was mich am meisten an anderen Reviews stört ist was aus diesem Fakt gemacht wird. Anscheinend ist ein gewisser Teil von Rezensenten wegen der fehlenden 'open-world'-Mechanik so enttäuscht, dass Mafia 2 deswegen Punktabzüge kassiert. Dies ist nicht fair und nicht gerechtfertigt.
Meiner Überzeugung nach kann ein Produkt nur danach bewertet werden, was es ist und nicht was es sein könnte. Es mag sein, dass Mafia 2 die Möglichkeiten hatte, ein großartiges 'open-world'-Spiel zu sein. Es gibt auch durchaus immer wieder Punkte im Spiel an denen jeder merken dürfte, dass wohl noch mehr von 2k Czech geplant war. So gibt es Telefonzellen im Spiel, die bis auf einen Aspekt einer Mission, völlig irrelevant sind, weil Ihr keine Nummer habt, die Ihr wählen könnt.
Aber diese Möglichkeiten dürfen nicht zu Punktabzügen führen, eben weil der Rest des Spiels da ist und funktioniert. Und nur dieser kann Grundlage einer Review sein.

Nach diesen Worten, komme ich denn auch zur Review:

Story und Gameplay

Toll inszeniert und solide Mechaniken

Mafia 2 erzählt eine Geschichte, die in einzelnen Facetten stark an die Klassiker des Films erinnert. Als Vito Scaletta erlebt Ihr zwei Zeitperioden im Amerika der 1940er und 1950er. Als Kriegsveteran kommt Ihr nach Empire Bay und geratet im Verlauf der Geschichte immer mehr in die Wirren der Mafia hinein. Mehr soll zum Inhalt nicht gesagt werden, da dies die Hauptquelle des Spielspaß ist. Die Inszenierung dieser Story sucht aber im Genre ihresgleichen. Die knapp 11 Stunden umspannende Kampagne ist wegen ihren vielen und fantastisch in Szene gesetzten Zwischensequenzen ein Genuss. Mehrmals im Spiel gibt es regelrecht ergreifende Momente, die jeden Spieler, der sich darauf einlässt, emotional stark berühren dürften. An dieser Stelle möchte ich auf einen wichtigen Aspekt hinweisen. Obwohl Mafia 2 eine USK-Freigabe ab 18 Jahren erhalten hat, ist es kein Spiel in dem ununterbrochen geschossen und getötet wird. Wer die Mafia-Filme der letzten Jahrzehnte kennt, wie Der Pate, Goodfellas, Casino oder auch The Untouchables, der weiß, dass dies keine Actionfilme sind. Wenn man in einem Computerspiel nur ballern möchte, ist man in Mafia 2 zum größten Teil falsch. Dieses Spiel kann auch über Minuten oder gar Stunden Szenen enthalten in denen Ihr keine Waffe benutzt. Dafür nimmt sich das Spiel Zeit für seine Missionen und die darin erzählten Geschichten.
Durch diese Herangehensweise ergibt sich aber ein wunderbares Spieltempo. Die Entwickler verstanden es perfekt, eine Mischung aus Geschichte und Gameplay herzustellen. Es mag zwar zu bemängeln sein, dass die Spielmechaniken doch eher beschränkt sind aber dies fällt bei der sehr guten Story kaum ins Gewicht. Zum Gameplay sei gesagt, dass man zu einem beträchtlichen Teil der Zeit nur herumfährt und die Actionsequenzen, die größtenteils in Gebäuden stattfinden, sind strikt linear und es wird von Deckung zu Deckung gehuscht, um entweder den Gegnern in Stealth-Missionen auszuweichen oder sie auszuschalten. Für den unbefangenen Leser mag sich dies langweilig anhören aber diese Gameplayaspekte funktionieren exzellent. Das Fahren der Autos macht extrem viel Spaß - vor allem wegen den hervorragenden Radiostationen, die in den 1940ern andere Musik spielen als in den 1950ern. Das Schleichsystem, die Schussmechaniken und auch das Prügelsystem machen ebenfalls einen Heidenspaß. Zwar mag das Prügelsystem durch das Blocken etwas anspruchslos sein, es sieht aber fantastisch aus und funktioniert sehr gut. Das Schießen ist ein Highlight des Spiels - es kracht gewaltig und dies auch ohne PhysX. Zudem lässt sich hervorragend zielen, die Steuerung ist sehr gut gelungen.

Die Technik

Erstklassig

Technisch betrachtet ist das Spiel überragend. Schon lange nicht mehr bin ich wie in Mafia 2 angehalten, um mir die Szenerie anzugucken, da ich von der Optik teilweise schlicht überwältigt war. Chinatown mit seinen bunten Lichtern bei Nacht ist einfach fantastisch. Ich muss gestehen, dass ich ein Faible für Schnee in Spielen habe und somit die Schneepassagen bei mir sowieso gewonnen haben aber auch die Abschnitte im Sommer sind eindrucksvoll, vor allem wegen der sehr guten Beleuchtung. Die Darstellung der Sonne am Tag und die blendenden Lichter der Autos bei Nacht haben mich mehrfach staunen lassen. Dazu kommt, dass das Spiel moderate Anforderungen an die Hardware stellt und nicht unter so starken Geschwindigkeitseinbußen wie, jetzt muss ich den Vergleich doch bemühen, GTA 4 leidet. Allerdings erkauft sich Mafia 2 dies durch einige unschöne Popups. Fahrzeuge verschwinden auf mysteriöse Weise und auch in den Tunneln der Stadt poppen die Lichter auf dem Boden auf. Texturen und insbesondere die Figuren sind überzeugend. Zwar laufen in Empire Bay gefühlt nur fünf verschiedene Leute rum und sowohl der alte Mann im Waffengeschäft als auch die Frau in den Klamottenläden betreiben mit ihren Zwillingsbrüdern und Zwillingsschwestern in ganz Empire Bay Filialen aber das sind nur Kleinigkeiten.
Der Sound ist ebenfalls erstklassig. Sowohl die Fahrzeuge röhren gut als auch die Waffen haben einen guten Sound. Die Vertonung der Figuren ist exzellent und insbesondere im Englischen ganz wunderbar anzuhören. Ich kann zur Synchronisation leider nichts sagen, da ich diese nicht gehört habe.

Die Atmospähre

Unvergleichlich

Mafia 2 bietet eine dichte Atmospähre wie man sie nur selten erlebt haben dürfte. Dies ist wohl auch dem Fakt geschuldet, dass die Story eben nicht unterbrochen wird durch das eigenmächtige Vorgehen des Spielers, der erstmal fleißig Nebenmissionen erfüllt oder sonst was macht. Man fühlt mit seinem Charakter auch wenn ich zugeben muss, dass er mir in einigen Spielsituationen nicht immer sympatisch war. Die Stadt wirkt trotz ihrer fehlenden Möglichkeiten sehr belebt, die Polizei agiert bei Verstößen des Spielers erheblich toleranter als im Vorgänger. Selbst gewisse Geschindigkeitsübertretungen werden teilweise nicht geahndet, Unfälle hingegen schon. Durch das Verfolgen des Charakters anhand des Nummernschildes des 'Tatautos', ist man auch nach erfolgreicher Flucht nicht vor weiterer Verfolgung gefeit. Allerdings ist es etwas zu einfach an neue Autos zu kommen. Am Anfang habe ich das Minispiel des Schlossknackens noch hingenommen, doch später habe ich einfach die Scheibe eingeschlagen, da dies keinen nennenswerten Nachteil bringt und auch schneller von statten geht. Der Vorteil ist, dass man die gesamte Zeit die Minimap im Auge hat und damit sieht, wenn sich die Polizei nähert. Beim Minispiel wird die Minimap von dem genannten Spiel überlagert, sodass es mir passierte, dass ich das Auto geknackt hatte und dann von der Polizei verfolgt wurde.
Durch das Zusammenspiel der einzelnen Aspekten, fühlt man sich wie in die dargestellte Zeit zurückversetzt. Wenn Euer Kompagnon Joe euch gute Sprüche zum Anmachen verrät oder Ihr einfach von A nach B zu den rockigen Klängen der 1950er fahrt, kann man nicht anders als lachen oder eben mitsummen.

Fazit

Dieses Spiel kann jedem empfohlen werden, der Mafiafilme mag oder gerne sehr gut inszenierte Geschichten erlebt. Man muss zwar gewisse Abstriche bei der Vielfalt des Gameplay machen aber dafür wird man mit 11 Stunden großartiger Unterhaltung entlohnt.
Abschließende Spielspaßwertung: 90 %