Die vollständig integrierte Online Erfahrung

Hunderte von Dämonen strömen auf die beiden Helden zu die sich Stück für Stück über die Brücke kämpfen. Magmaspeiende Flugmonster greifen von links und rechts...

von Tsabotavoc am: 20.05.2012

Hunderte von Dämonen strömen auf die beiden Helden zu die sich Stück für Stück über die Brücke kämpfen. Magmaspeiende Flugmonster greifen von links und rechts an, Kröten regnen vom Himmel, der Boden ist übersät von ätzenden Säurepfützen. Unter den wuchtigen Schlägen der Barbarin gehen die Feinde in die Knie. Das nächste Ziel ist schon fast in Sichtweite, nur noch einige versprengte Gegner stehen zwischen uns und dem Tor zur Festung Azmodans. Mit zitternden Händen beschwört der Hexendoktor eine Armee von messerschwingenden Fetischen und die Barbarin lässt die Welt in einem kataklysmischen Erdbeben untergehen. Das Tor ist zum Greifen nah...

'Du hast du auch nen Disconnect?'
'Jep'
'Ok ich bin dann mal AFK'

Diese und ähnliche Erlebnisse spielen sich momentan wohl rund um den Globus ab. Willkommen in Blizzards vollständig integrierter Online Erfahrung.

Willkommen in Tristram

Altgediente Recken aus Diablo I und Diablo II werden sich in Diablo III sofort zu Hause fühlen. Die stimmige Atmosphäre und die Dutzendschaften von Monstern und die Jagd nach immer besserer Beute, dem nächsten Aufstieg und den nächsten Fähigkeiten motiviert ungemein.

Zusammen mit den Spielern ist jedoch auch Diablo III älter und erwachsener geworden. Im Laufe von knapp 30 Solospielzeitstunden kann der Spieler eine durchaus stimmige Geschichte um die großen Übel der Hölle erleben die sich über vier schöne, ebenso stimmige Akte erstreckt und von gut gemachten Rendersequenzen zusammengehalten wird.

Klar: Story gabs auch in den Vorgängern. Aber noch nie war sie so dicht wie im aktuellen Teil. Praktisch jeder Charakter hat etwas zu sagen, die Handlung geschieht nicht nur in den Questtexten sondern auch an den Orten an denen man einkauft und sich bewegt. Untermalt wird dies durch Tagebücher die man gelegentlich findet und die von durch die Bank guten Sprechern dem Spieler vorgelesen werden. Der Vorteil: Man kann weiter metzeln und erfährt nebenbei noch etwas über die Welt.

Die Handlung wird zusätzlich noch unterstützt von Skriptsequenzen und Zwischensequenzen in In-Game-Grafik. Diese Zwischensequenzen sind oftmals eher bemüht den wirklich gelungen helfen aber der Story insgesamt durchaus weiter.

Dennoch hätte ich mir eine 'Autoskip'-Funktion gewünscht. Denn im Multiplayermodus in den höheren Schwierigkeitsgraden kennt man die Handlung bereits und möchte eigentlich nur noch vorwärts. Hier sollte Blizzard nachbessern.

Neuerung 1: Das Talentsystem

Nichts wurde so kontrovers diskutiert wie das Talentsystem. Anstatt wie in D2 seine Skills aus drei riesigen Talentbäumen zusammenzusuchen hat nun jeder Charakter Zugriff auf alle Fähigkeiten. Jede Fähigkeit lässt sich zudem durch Runen (die ebenfalls automatisch freigeschaltet werden) verändern.

Der Clou liegt hier in der Beschränkung: Man kann aus all seinen Fähigkeiten nur 6 Fähigkeiten aussuchen. Daher ist es unwahrscheinlich das man wirklich zwei komplett gleiche Hexendoktoren oder zwei gleiche Zauberer finden wird.

Die Charaktere werden zudem noch individueller wenn man die Option 'Fertigkeiten frei belegen' wählt. Warum diese nicht standardmäßig aktiviert ist, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Der Unterschied ist teilweise gravierend. Während z.B Spieler ohne diese Option sich zwischen Koloss und Fetischarmee entscheiden müssten obwohl sie gerne beides hätten steht Spielern mit aktivierter Option auf Wunsch beides zur Verfügung.

Diablo III wird dadurch komplexer - aber auch individueller.

Die klassischen Attribute gibt es immer noch. Allerdings steigen diese nun bei jedem Stufenaufstieg automatisch an und können nicht mehr frei verteilt werden. Die Hauptquelle für Attribute bleibt aber ohnehin wie gehabt die Ausrüstung. Daher ist diese Einschränkung nicht besonders schmerzend. Und bei der Ausrüstung hat sich die nächste Neuerung eingeschlichen...

Neuerung 2: Lange Latte des Grauens...

oder auch: Crafting direkt aus der Hölle.

Im Laufe des ersten und zweiten Aktes des Spiels werdet ihr eine weitere Neuerung antreffen: Den Schmied und den Juwelenschleifer.

Im Laufe des Tests bin ich zum Schluss gekommen das deren Hauptfunktion darin besteht ein Loch in die Tasche zu brennen. Von den beiden Handwerkern erweist sich der Edelsteinschleifer noch als nützlicher, da das Ergebnis vorhersehbar ist.

Beim Schmied hingegen übergibt man nicht nur eine große Menge Gold sondern auch Materialien dem puren Zufall. Wer dann dasteht und 6 gelbe Gürtel gebaut hat mit massiv Stärke darf sich glücklich schätzen. Vor allem wenn er Zauberer ist und diese direkt in den Müll werfen kann.

Blizzard muss das Crafting massiv überarbeiten. In seiner jetzigen Form ist es: Zu teuer, zu zufallsgesteuert, zu nutzlos.

Denn: Zusätzlich zu den hohen Kosten kann man eigentlich nie etwas für das aktuelle Level bauen das wirklich gut ist. Die Sachen sind meistens zwei bis drei Stufen unter der aktuellen Stufe. Und solche Sachen findet man eben auch beim Händler. Nur das man da weiß was rauskommt.

Zur Langen Latte des Grauens: Blizzard hat dazugelernt und die Itemnamen von seltenen Items wirken nun nicht mehr absolut bescheuert. Stattdessen tragen nun alle seltenen Items mehr oder weniger klingende Namen ala 'Klingenzahn' oder 'Raufboldgürtel'

Neuerung 3: Einstürzende Neubauten

Wenn ein Barbar sich seinen Weg durch einen Keller bahnt hat das etwas von Bud Spencer gemischt mit dem fantastischen Hulk.

Im Gegensatz zu den statischen Umgebungen in D1 und D2 sind große Teile des Levels in D3 zerstörbar. Oder korrekter gesagt: Der Einrichtung des Levels.

Da zerspratzen Regale, Stützbalken zerkrachen von dagegenknallenden Monsterüberresten und Türen zerbersten unter den wuchtigen Hieben einer Axt. Folterinstrumente, Fässer und Schränke gehen stilgerecht in die Brüche wenn ein Koloss mal wieder am Rad dreht. Wir walzen uns wie eine alles vernichtende Maschine der ähm Vernichtungskünste durch die Gänge. Nimm das du kümmerliche Tür!

Oh geht nicht kaputt. Ist eine normale zum Aufmachen...

Es ist schon fast kurios: Der Held kann gigantische Streckbänke dadurch zu Bruch bringen indem er sie schief ansieht. Schatzkisten kann er jedoch nicht zerstören. Und bei Türen gibts zwei Versionen: Die zerstörbaren und die die man öffnen muss.

Warum das so ist und wie diese Inkonsequenz zustande kommt ist mir nicht ganz ersichtlich.

Neuerung 4: Mehr Monster für mehr Erfolg

Ok: Keine Neuerung. Aber dennoch: Blizzard hat sich bei den Monstern echt Mühe gegeben. Vom einfachen Skelett bis zum Tentakeldämon der seine Arme im Boden vergräbt ist einfach alles vorhanden. Zudem darf man sich auf ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten aus Teil 1 und 2 freuen. Und eines kann ich durchaus sagen: Jeder etwas bekanntere Boss aus den ersten Teilen hat hier einen (potentiellen) Auftritt und ein würdiges Remake gefunden.

Die Monsterfähigkeiten sind vielfältig, Langeweile kommt so nicht auf. Bereits ab dem zweiten Akt wird Diablo III auch taktisch fordernder. Der Schwierigkeitsgrad steigt kontinuierlich an und lädt einen dazu ein seinen Charakter mit immer gefinkelteren Talent- und Itemkombinationen auszustatten.

Das Interessante ist: Was 'ideal' ist sieht in meinem Bekanntenkreis jeder ein bisschen anders. Daher hat auch jeder etwas andere Präferenzen an seine Items.

Diablo 3 schafft den Spagat Gelegenheitsspieler zu begeistern und Profis zu fordern. Auch das Erfolgssystem hat seinen Weg ins Land gefunden und bietet mehr als genug Motivation für Spieler die gerne etwas abgefahrenere Sachen versuchen.

Die Erfolge reichen dabei - wie gewohnt von 'Erfüllt sich fast von selbst' bis zu 'Das ist doch praktisch unmöglich'

Und wer wirklich zeigen will was er drauf hat kann ja versuchen Diablo im Schwierigkeitsgrad Inferno im Hardcore-Modus zu besiegen. Hier ist dein Feind nicht nur der Gegner sondern auch...

Neuerung 5: Die Online-Erfahrung

...das Battle-Net. Denn das Battle Net battlet zur Zeit oft ned.

Verzeiht mir den Kalauer aber Blizzard bezeichnet Diablo 3 als - ich liebe diesen Satz - 'vollständig integrierte Online-Erfahrung'

Damit will man uns beschönigend mitteilen dass das Spiel über keinerlei Offline-Modus verfügt. Damit will Blizzard - offiziell - dem dupen und cheaten einen Riegel vorschieben.

Wie gut das funktioniert werden wir dann sehen wenn das Echtgeld-AH am Start ist. Gott sei Dank ist Blizzard mittlerweile teilweise von Ihrem irren Ursprungskonzept abgegangen. Man kann nur eine begrenzte Menge Geld auf seinem Account bunkern was wohl dem einen oder anderen Elternteil die Kreditkarten Rechnung des Todes ersparen dürfte. Zusätzlich kann man das Geld - standardmäßig - nur im Blizzardshop ausgeben. Eine Auszahlung über Paypal ist zwar theoretisch möglich allerdings mit großen Verlusten behaftet.

Fakt bleibt jedoch, dass die Accounts dadurch wieder einmal deutlich mehr wert werden. Daher dürfte die Anzahl der gehackten Accounts wohl in den nächsten Monaten deutlich steigen.

Unabhängig von all diesen Punkten ist jedoch schon eine Sache sicher: Wann man Diablo 3 spielt liegt nicht mehr nur in der Hand des Spielers sondern ist abhängig von einer - zur Zeit sehr widerspenstigen - Serverarchitektur.

Fazit: Fahrt zur Hölle!

Blizzard hat es mal wieder geschafft einen Kracher rauszubringen der einen tage- und wochenlang vor den Monitor fesseln kann. Ich bin froh das in Österreich ein gesetzlicher Feiertag war - gefolgt von einem Fenstertag der bei uns mit Betriebsurlaub einher ging.
Ich wäre wohl kaum vernünftig arbeitsfähig gewesen.
Diablo III hat spielerisch praktisch alles richtig gemacht. Die großen Kritikpunkte am Spiel haben nichts mit dem Design des Spiels an sich zu tun sondern mit den Marketingentscheidungen die dahinter stehen.
Permanenter Online-Zwang und Echtgeld-Auktionshaus sind Dinge die einem nicht gefallen müssen. Wer jedoch Hack & Slay-Rollenspiele mag wird an diesem Spiel keinen Weg vorbei finden. Den Machern von Torchlight II wünsche ich an dieser Stelle viel Glück. Sie werden es brauchen.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Stimmiges Szenario, Läuft auf praktisch allen
  • Sound: Stimmige Musikuntermalung, wummernde Effekte
  • Balance: Interessante Monster und Fähigkeiten
  • Atmosphäre: Interessante Handlung, tolle Umgebungen
  • Bedienung: Gemeinsame Schatztruhe, Gold und Crafter für Chars
  • Umfang: 4 Akte mit insgesamt über 30 Stunden Solospielzeit
  • Quests: Interessant aufgemacht, viele Zufallsereignisse
  • Charaktersystem: Jede Klasse wirkt interessant und ansprechend
  • Kampfsystem: Es kracht wummert und spratzt an allen Ecken und
  • Items: Unglaubliche Itemvielfalt!
  • Grafik: Rechnern flüssig
  • Sound: Klasse Sprecher
  • Balance: Pets eher schwach, Zu teures Crafting
  • Atmosphäre: Teils seltsames Physiksystem
  • Bedienung: Kompliziertes AH mit ungenügenden Funktionen
  • Umfang: und weitere fordernde Schwierigkeitsgrade!
  • Quests: Aber im Grunde nur
  • Charaktersystem: Tolle Fähigkeiten mit guter Individualisierung
  • Kampfsystem: Enden. Dennoch wird es zunehmend taktischer!
  • Items: Mit teils abstrusen Statkombinationen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(5)
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