Zurück in die Zukunft

Sie sieht düster aus - die Zukunft war in der 'Deus Ex'-Reihe noch nie sehr positiv dargestellt gewesen. Nachdem der erste Teil durch seine komplexe...

von TheVG am: 31.10.2011

Sie sieht düster aus - die Zukunft war in der 'Deus Ex'-Reihe noch nie sehr positiv dargestellt gewesen. Nachdem der erste Teil durch seine komplexe Spielmechanik dem Shooter-Einerlei entrann, fiel sein Nachfolger durch Storymacken und eine schwach portierte Steuerung unangenehm auf. 'Deus Ex: Human Revolution' möchte sich wieder alter Stärken bedienen, schafft es auch - aber mit Abstrichen.

Damals wie heute

Er war schon ein cooler Typ, dieser J.C. Denton. Als kybernetisch aufgemotzter Superagent schoss oder schlich er sich damals geschickt durch terroristische Reihen, erlebte die ein oder andere überraschende Wendung, um letztlich einem fulminanten Finale entgehen zu treten. Adam Jensen ist zwar nicht von Beginn an ein augmentierter Supersoldat, aber es dauert nicht lange, bis man ihn dazu macht. Weniger freiwillig, denn als normaler Mensch verrichtet er als sicherheitstechnische Arbeiten für das führende Implantateunternehmen Sarif Industries.

Gerade noch stapft er diskutierend mit seiner Freundin Megan durch dessen Anlage und wird freundlich vom obersten Chef, Sarif selbst, empfangen, da geht der Alarm los und die Hölle bricht los. Terroristen haben den Komplex überfallen, können Jensen überwältigen, verletzen ihn lebensgefährlich und töten Megan. Der einzige Ausweg liegt nahe: Jensen wird augmentiert und soll die Drahtzieher dingfest machen.

Schon der Vor-Vorgänger bot mit einer augenscheinlich banalen Geschichte auf, doch war Denton ein Mann ohne richtige Vergangenheit gewesen. Jensen hingegen bekommt dieses Mal eine logische Motivation verpasst, so dass seine Vergeltungsgelüste für den Tod seiner Freundin einen nachvollziehbaren Charakter bekommen. Trotzdem hört sich auch der 3. Teil anfangs recht banal an, aber Ihr werdet - soviel sei verraten - auf ähnliche Fährten stoßen, die globale Ausmaße annehmen. Man wird sich also als Fan sofort heimisch fühlen.

Lebe den Moment

Bevor wir uns in die Missionen stürzen dürfen, wird uns ein langes Intro serviert, in dem uns Spielegrafik und gerenderte Zwischensequenzen gepaart in die Geschichte einführen. Erst in nanotechnisch verbesserter Form können wir dann richtig loslegen, und damit ist das alte 'Deus Ex'-Gefühl sofort wieder da. Eine rudimentär offene Spielwelt, verschiedene erforschbare Locations und Rollenspielelemente sorgen dafür, dass wir uns nicht stupide durch Schlauchlevels kämpfen müssen. Neben den Haupt- werden noch einige Nebenquests angeboten, die, basierend auf der eigentlichen Story, zum Entdecken einladen. Es sind auch vor allem diese kleinen Geschichten, die uns ein Grinsen ins Gesicht zaubern dürften. Beispielsweise treffen wir recht früh auf einen Anführer einer vermeindlichen Terroristenvereinigung, und mögen uns wegen unserer Gutmütigkeit zuerst ohrfeigen, um ihn später wieder zu treffen. Das eröffnet uns eine weitere Aufgabe, die die Hintergründe für so manche üblen Machenschaften weiter erleuchten.

Das macht Spaß und hält uns ständig bei der Stange. Die eigentliche Geschichte wird durch solche Ideen mächtig aufgepeppt, so dass sich Entdecker wohl genüsslich auf die Jagd nach den versteckten Quests machen dürften. Denn so manche Aufgaben sind nicht immer gleich zu entdecken, da muss man schon die richtigen Personen ansprechen. Wem es in den Fingern juckt, kann auch gerne stur der Hauptstory folgen, wird aber wohl so einige Erfahrungspunkte liegen lassen, die man für das Finale gut gebrauchen kann.

Die Möglichkeiten von morgen - heute

Um dieses zu erreichen, sollte man mindestens 12 Spielstunden einrechnen. Neben den Aktionen sollte auch der Rollenspielpart konsequent bedient werden, denn die Augmentierungen sind für die Erfolge unerlässlich. Dazu wurde die Spielmechanik eher für die schleichenden Spieler konzipiert, denn mit (cool animierten) Knock-Out-Aktionen erreicht man hier weitaus mehr als durch Ballerei. Während man im günstigen Fall in Gefechten 30 Punkte erreichen kann, bekommt man für Schlitzohrigkeit an die 50. Auch das konsequente Durchstöbern der Abschnitte wird nicht selten mit satten Boni belohnt. Es ist also sicherlich von Vorteil, wenn man jeden noch so unscheinbaren PC hackt und die Mails liest, E-Books studiert oder keine Tür auslässt.

Das Spiel erinnert sich auch gern an die Tradition, dem Spieler viele Möglichkeiten der Herangehensweise zu überlassen. Wenn wir vor verschlossenen Türen stehen, sollten wir nicht entmutigt abziehen, sondern die PCs durchstöbern oder Alternativrouten suchen. Zwar wirkt es manchmal recht aufgesetzt, wenn Luftkanäle vereinzelt durch verschachteltes Leveldesign zum Ziel führen, aber dennoch steht der Spaß dabei deutlich im Vordergrund. Wenn uns Lichtschranken oder Getränkeautomaten den Weg versperren, helfen uns wiederum die Augmentierungen entsprechend weiter.

Die Welt von morgen

Wo die Spielwelt in ihrem Detailreichtum fette Punkte sammelt, macht Teil 3 jedoch denselben Fehler wie einst sein erstes Pendant. Technisch ist 'Deus Ex: HR' ebenso überholt wie das Original. Die Grafik ist lange nicht zeitgemäß, was schon 1999 zu bemäkeln gewesen war. Neben dem konsoligen Look, der auch schon bei 'Invinsible War' nicht das Gelbe vom Ei versprach können höchstens die Farbgebung und Designs ohne Beanstandung überzeugen. Viel besser dagegen sind die Rendersequenzen ausgefallen, die die Story sehr dynamisch und spannend vorantreiben.

Der Sound macht vor allem bei den Sprechern eine hervorragende Figur. Während die englische Version routiniert gelungen ist, dürfte vor allem die deutsche Lokalisierung ein dickes Ausrufezeichen setzen. Die Sprecher machen ihren Job außerordentlich gut. Auch die Waffensounds klingen natürlich und bombastisch aus den Boxen, während die Hintergrundgeräusche sehr ins Hintertreffen geraten sind. Über jeden Makel erhaben ist die Musik ausgefallen, die die Welt mit seinen Synthieklängen perfekt einfängt.

Fazit

Wer heute noch auf ein zweites 'Deus Ex' von 1999 gewartet hatte, dürfte das Warten mit 'Human revolution' endlich abstellen. Eidos Montreal besann sich auf die alten Stärken und machen den misslungenen zweiten Teil fast vergessen, der in jeder Hinsicht wie ein Intermezzo anmutete. Inhaltlich wie spielerisch macht Teil 3 einem J.C. Denton alle Ehre, erbte aber auch die technischen Schwächen fast 1 zu 1 mit. Dennoch ist 'Deus Ex: HR' genau das, was wir 12 Jahre lang sehnlich erwartet haben: Ein Shooter-RPG-Mix für alle Verschwörungstheoretiker dieser Welt.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Farbgebung, Animationen
  • Sound: Musikuntermalung, Sprecher, Waffensounds
  • Balance: gut ausbalanciert, fordert ständig weiter
  • Atmosphäre: dystopisch, mitreißend
  • Bedienung: direkte Shootersteuerung, Menüs
  • Umfang: Wenigstens 12 Stunden Spielzeit...
  • Leveldesign: Verschachtelte Locations, Abwechslung
  • KI: Geht in Deckung, flankiert und überrascht...
  • Waffen & Extras: Viele verschiedene Items, Waffen aufrüstbar
  • Story: Wendungsreich, packend inszeniert,tolle Charaktere
  • Grafik: Klobig, konsolenhaft
  • Sound: Hintergünde
  • Balance: nichts für Einsteiger
  • Atmosphäre: Finale etwas ernüchternd
  • Bedienung: Deckungsverhalten etwas gewöhnungsbedürftig
  • Umfang: ...für ein Action-RPG-Mix aber eher wenig
  • Leveldesign: Wirkt zu aufgesetzt
  • KI: ...rennt aber auch ins Verderben
  • Waffen & Extras: Waffenarsenal nicht sehr üppig
  • Story: Wird gegen Schluss schwammig und ernüchternd

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(1)
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