Hervorragender, neuer Spross der Anno-Reihe!

Zwei verschiedene WeltenDas kennt man ja: Da will man in Ruhe ein Spiel spielen und dann das: Es ruckelt, es stockelt, der Bildschirm wird schwarz und es ploppt...

von - Gast - am: 15.11.2009

Zwei verschiedene Welten
Das kennt man ja: Da will man in Ruhe ein Spiel spielen und dann das: Es ruckelt, es stockelt, der Bildschirm wird schwarz und es ploppt eine Fehlermeldung auf: 'Where is the Guru?' 'Woher soll ich das wissen?', möchte man am Liebsten den Bildschirm anschreien. Na toll. Jetzt haben wir den Salat. So fühlte ich mich im Oktober 2006 beim Spielen von Gothic 3 des deutschen Entwicklers Piranha Bytes: Abstürze, grafische Fehler, inhaltliche und technische Macken ließen keinen Spielspaß aufkommen. Im gleichen Monat spielte ich Anno 1701 des deutschen Entwicklers Related Designs: Stabil, mit grafischer Pracht, hoher Performance und einem genialen Spielprinzip eroberte es jedes Strategen-Herz. Allerdings gab es auch Macken wie die fehlende Kampagne, die im aber Addon nachgereicht wurde. Nun spiele ich Anno 1404 und will herausfinden, ob es diesmal auch alles so gut läuft, ob das neue Anno gar besser ist oder ob es eine Enttäuschung ist.

Individualität
Sie beginnen das Endlosspiel wie aus den Vorgängern gewohnt mit einem kleinen Schiff oder mit einem Kontor, haben nun allerdings die Wahl zwischen einem, zwei, oder drei Schiffen beziehungsweise zwischen einem normal gefüllten Kontor, einem recht vollen und einem berstend vollen. Sie können das Endlosspiel über verschiede Regler und Knöpfe optimal an Ihre Wünsche anpassen. Ein kleiner blauer Balken am unteren Bildschirmrans verrät Ihnen exakt, wie schwer das Spiel nach der Anpassung sein wird. Perfekt! Solche Einstellungsmöglichkeiten gab es in den Vorgängern nicht. Besonders beim ersten Serienteil Anno 1602 fallen die Optionen sehr spartanisch aus.

Landliebe
Da befinden Sie sich nun mit Ihrem Schiff im tiefblauen Meer auf sanft wogenden Wellen und ihr Mentor Lord Richard Northburg gibt ihnen erst einmal ein paar Tipps. Dies tut er das ganze Spiel über und ist für Einsteiger ein echter Segen. Nun begeben Sie sich daran, eine passende Insel zu finden. Falls Sie keine von Anfang an aufgedeckte Karte gewählt haben, müssen Sie zwangsläufig die Inselwelt erkunden und so die Inseln entdecken. Das macht mit der neuen Verfolgerperspektive bei Schiffen per F1-Taste doppelt so viel Spaß, da Sie die Wasserefekte aus nächster Nähe bewundern können. Haben Sie ihre Trauminsel gefunden, errichten Sie ein Kontor und dann je nach Belieben Holzhütten und Fischerhütten. Allerdings müssen Sie aufpassen, dass Sie nicht zu viel Werekzeuge verbrauchen. Der Vorrat ist begrenzt, auch wenn Sie Werkzeuge nachkaufen können. Sie erweitern Ihren Baubereich mit Markthäusern, bauen einen Marktplatz und dann Wohnhäuser.

Landhiebe
Doch nur kurze Zeit später beginnen Ihre Bauern (keine Pioniere) zu protestieren. Während wir ein wenig verdutzt den Marktplatz (stillt Bedürfnis nach Gemeinschaft) und den rot blinkenden 'Gemeinschaftsbalken' der Bauernhäuser anstarren, macht uns unser Mentor darauf aufmerksam, dass wir die Wege vergessen haben. Im Vorgänger wäre das noch kein Problem gewesen, nun stört es die Einwohner allerdings ganz empfindlich, wenn sie keine Straßenanbindung besitzen.

Ich will haben!
Dies liegt auch am überarbeiteten und ausgebautem Bedürfnissystem, dass die Wünsche der Bevölkerung nun in die acht Grundbedürfnisse Nahrung, Trinken, Kleidung, Besitz (werden durch Waren gestillt), Gemeinschaft, Glaube, Unterhaltung und Sicherheit (werden durch Gebäude gestillt) einordnet. So besteht das Bedürfnis nach Nahrung bei den Adeligen zum Beispiel aus den vier unterschiedlichen Waren Fisch, Gewürze, Brot und Fleisch.

Ich habe Durst!
Wir erweitern die Siedlung und nun verlangen die Bauern nach köstlichem Most, der zum Bedürfnis zu den Getränken zählt. Den Most produzieren wir, indem wir einen (oder zwei) Mostho(ö)f(e) bauen, der jeweils 4 Obstwiesen betreiben kann. Nun pflücken emsige Frauen das Obst von den Bäumen und schütten es in einen riesigen Bottich, in dem eine weitere Frau die Früchte mit ihren Füßen zerstampft. Lecker!

Amen
Nun wollen die Bauern auch noch in eine Kapelle gehen können, um ihr Bedürfnis nach Glauben stillen zu können. Also bauen wir flugs ein kleines Gotteshaus. Uns fällt auf, dass Gebaüde, wie die Kapelle oder die Schenke, die Bedürfnisse direkt stillen, jetzt beim Bau nach mehr Rohstoffen verlangen als im etwas zu leichten Vorgänger. Das tut der Spielbalance ganz gut, da es den Schwierigkeitsgrad, wenn auch nur leicht, erhöht. Wir sind auf jeden Fall glücklich damit.

Fortschritt
Nun haben wir alle Vorraussetzungen erfüllt, um unsere Bauern zu Bürgern zu befördern. Auf Bürger folgen Patrizier (ehemals Kaufleute) und Adlige (ehemals Aristokraten). Die Zivilisationsstufe Siedler gibt es nicht mehr. Im Okzident gibt es ohnehin 'nur' noch 4 statt der 5 Zivilisationsstufen aus den Vorgängern. Dies wird jedoch durch die 2 Orient-Zivilisationsstufen Nomaden und Gesandte mehr als ausgeglichen, dazu kommen noch die Bettler. Im Gesamten ergibt das also 7 anstatt der 5 Zivilisationsstufen aus den Vorgängern. Dies wird allerings wie schon gesagt in die 2 teilweise unabhängige Siedlungen (Orient und Okzident) aufgeteilt. Dadurch, dass beide Kuluturen gegen Ende hin immer stärker zusammenarbeiten müssen, wird das Spiel trotzdem komplexer und somit fordernder.

(R)Evolution
Dann haben wir auch schon eine kleine Bürgerstadt errichtet, die ersten Steinstraßen gebaut, eine funktionierende Werkzeugproduktion errichtet und können nun unseren individuellen Hafen bauen.
Dieser ist einer der acht großen Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger. Die Vorteile des modularen Hafensystems: Kein Hafen gleicht dem anderen und die einzelnen Gebäude wie Lager oder Reparaturkräne erfüllen wichtige Funktionen. Dann gibt es noch die neutralen Gebäude bzw. 'Energien', die zwar bestimmte Vorteile verschaffen und so die Attraktivität einiger Inseln erhöhen, in der Praxis jedoch eher irrelevant sind.

Zu den Waffen!
Doch wir müssen auch mal Krieg führen, wenn zum Beispiel von uns verstoßene Bettler unsere Stadt überfallen. Hier sticht das neue Kampfsytem ins Auge. Dies läuft nun gebäudebasiert ab: Sie geben Ihren Heerlagern Angriffs- und Unterstützungsbefehle, zudem passt das neue Kampfsystem besser zum eher gemächlichen Spieltempo von Anno. Vorbei sind also die Zeiten von hektischem Mausgeklicke und fummeligen Navigieren in Städten.

Hoch hinaus
Dazu kommen die neuen Monumentalbauten. Die drei Gebäude Kaiserdom, Speicherstadt und Sultansmoschee stellen sicher, dass auch die Endphase einer Partie fordernd und spannend bleibt. Das ist super für die Langzeitmotivation! So müssen Sie die Sultansmoschee, den Kaiserdom und die Speicherstadt in mehreren Stufen errichten. Jede Stufe verschlingt dabei Unmengen an verschiedenen Baumaterialien, wie z.B. Holz, Werkzeug oder auch Glas.

Industrielle Revolution
Dieses müssen Sie in guter, alter Serientradition natürlich selber herstellen. Die Anzahl der Waren hat sich im Vergleich zum Vorgänger von 35 auf 65 erhöht, was die Komplexität nochmals steigert. So gibt es Waren, wie die Baumaterialien, die nur beim Bau oder Aufwerten von Gebäuden gebraucht werden. Dazu kommen die Rohstoffe, die zu Verbrauchsgütern weiterverarbeitet werden. Die letzte Warengruppe sind Spezielle Items bzw. 'Questgegenstände',die Sie durch Aufgaben erhalten bzw. für die Aufgaben benötigt werden. So müssen Sie z.B. Schiffsbrüchige retten. Diese Aufgaben sorgen dafür, dass der Leerlauf noch weiter minimiert wird und die Spielwelt weniger mechanisch wirkt. Alles in allem ist Anno 1404 deutlich größer, komplexer und spaßiger als Anno 1701.

Los gehts!
Eein Teil dazu trägt auch die Kampagne bei. Sie erzählt eine spannende aber klischeetriefende Geschichte über naive Ritter und Geistliche und den schlauen Sultan. Die Spieldauer der 11 Missionen beträgt je nach Spielweise 20 bis 30 Stunden. Zudem vermittelt die Kampagne Einführungscharakter, sie soll auf das komplexe Endlosspiel vorbereiten. Das gelingt ihr auch ziemlich gut!

Und am Ende?
Das alles und noch viel mehr sorgt dafür, dass der Leerlauf noch weiter minimiert wird und die Spielwelt weniger mechanisch wirkt. Alles in allem ist Anno 1404 deutlich größer, komplexer und spaßiger als Anno 1701. So hat Related Designs schon wieder bewiesen, dass sie sehr gute Spiele entwicklen können - und es auch tun. Anno 1404 ist nahezu fehlerfrei, läuft performant und stabil. Es hat nicht nur meine Erwartungen erfüllt, sie wurden sogar übertroffen Das belohne ich mit einer Spielspaßwertung von 92%. Für mich die neue Referenz im Genre!


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(3)
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