Test zu "Battle Worlds: Kronos"

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von Hans_W am: 26.11.2013

Das Herz jedes Liebhabers rudenbasierender Strategiespiele schlägt höher beim Gedanken an die Reihe des Hexfeld-Klassikers „Battle Isle“, die ihren Höhepunkt mit dem zweiten Teil erreichte. Die Nachfolger konnten nicht mehr an diesen Erfolg und die Qualität anknüpfen und bis vor Kurzem ist die Lücke im Genre nur von anspruchslosen Surrogaten notdürftig ausgefüllt worden. Das hat sich mit Erscheinen des geistigen Nachfolgers geändert, der sich unter dem Titel „Battle Worlds: Kronos“ unverblümt als solcher zu erkennen gibt.

Das Problem, das die Entwickler (KingArt) zu lösen hatten, lässt sich folgendermaßen beschreiben: „Kronos“ sollte den Charakter und Anspruch der Vorgänger einfangen, so dass sich Veteranen beim Anspielen sofort an sie erinnert fühlen. Gleichzeitig musste das Regelwerk sinnvoll entschlackt und modernisiert, alte Zöpfe abgeschnitten und die Grafik aufgewertet werden, um auch das Interesse eines breiteren Publikums zu wecken. Man kann zweifellos sagen, es ist ihnen gelungen.

Das Prinzip eines Hexfeld-Strategiespiels lässt sich am einfachsten folgendermaßen erklären: Jeder Spieler - Mensch oder Computer - verfügt über eine gewisse Anzahl militärischer Einheiten, die auf einer in Hexagone unterteilten, topografischen Landkarte verteilt sind und eigentümliche Merkmale (z.B. Bewegungs- und Waffenreichweite) besitzen, und nach dem Prinzip Stein/Schere/Papier (jeder Typ hat einen Antagonist, der ihn neutralisiert, der wiederum von einem anderen Typ in die Schranken gewiesen wird) zur Bekämpfung des Gegners ins Feld geführt werden. Anders als bei taktischen Echtzeitspielen wie „StarCraft“ oder „Command and Conquer“, ziehen die Fraktionen abwechselnd wie beim Schach. Der Reiz eines Rundenstrategiespiels besteht darin, einen langfristigen, flexiblen Plan zu entwickeln und sich an der erfolgreichen Durchführung zu erfreuen.

Eine einschneidende Änderung bezogen auf die Vorgänger betrifft das Zug- und Aktionssystem. In Battle Isle 1 wurden die Einheiten rundenweise gezogen oder zum Angreifen verwendet. BI2 gestattet (bei den meisten Einheiten) innerhalb einer Runde das Ziehen mit der unverzüglich im Anschluss folgenden Option anzugreifen. Bei Kronos hingegen verfügt jede Einheit über zwei Aktionen, die Bewegung, Angriff oder Joker sein kann (Joker heisst, dass es dem Spieler freigestellt ist, wie er die Aktion nutzt, ob als Angriff oder Bewegung). In welcher Reihenfolge oder zu welchem Zeitpunkt innerhalb einer Runde ist dem Spieler überlassen. In der Praxis sieht es so aus, dass der Spieler erst einen Teil seiner Einheiten zieht und dann konzertiert unter Berücksichtigung des „Klemmbonus“ (d.h. je stärker die Feindeinheit von eigenen Truppen umstellt ist, desto kraftvoller ist eine Attacke) zum Angriff bläst. Das ermöglicht neue Taktiken und eine deutlich flexiblere Spielführung.

Das Mikromanagement und die Zahl der Truppentypen wurden wesentlich reduziert. Der Feldherr muss nun nur noch bei speziellen Einheiten auf Treibstoff und Munitionsvorräte achten. Somit fallen lange Betankungsphasen aus, die bei BI2 und BI3 immer wieder die Dynamik ins Stocken gebracht haben. Auch die Einheitenreduzierung empfinde ich als überwiegend positiv. Es gibt nun nicht mehr fünf oder sechs für Anfänger kaum unterscheidbare Panzertypen, die denselben Zweck erfüllen, sondern nur noch schwere und leichte Panzer. Nur hat die Marine sehr unter dem Schwund gelitten, so dass Seekriege kaum mehr in der ehemals vorhandenen Tiefe dargestellt werden können.

Dem allgemeinen Lob für die vermeintlich klug agierende KI kann ich mich nur bedingt anschließen. Zwar ist es richtig, dass der Computergegner seine Truppen im Gefecht ganz passabel einsetzt, dabei gezielt exponierte Einheiten des Gegners ausschaltet und feindliches Artilleriefeuer meidet, aber eine Strategie verbirgt sich nicht dahinter. Er ist bspw. nicht in der Lage, was jeder menschliche Spieler beherrschen sollte, eine Verteidigungslinie aufzubauen und die Reihen zu schließen. Weiterhin lässt er wesentliches Potential ungenutzt, indem er weite Teile seiner Armee im Hinterland verwelken lässt. Solange er nicht über ungeheuer mächtigere Streitkräfte verfügt, kann er dem menschlichen Kontrahenten eigentlich nicht gefährlich werden. Damit relativiert sich die Qualität der Kronos-KI gegenüber den Resultaten der traditionell schwachen BI-Algorithmen ein wenig.

Lobend zu erwähnen ist die sehr gut Bedienung und das meist gut funktionierende und intuitive Interface. Technisch weiß Kronos durchaus zu gefallen, ohne wirklich zu glänzen: Man kann stufenweise (vom detaillierten Polygonmodell zum Piktogramm) und dazwischen frei zoomen, um sich die geeignete Übersicht zu verschaffen. Landschaftsgestaltung ist gelungen. Die Einheitenmodelle wirken etwas spielzeugartig, jedoch mit guter Unterscheidbarkeit, und auch die Effekte (Explosionen) sind eher zweckerfüllend als eindrucksvoll. Die Akustik ist solide, wobei auf Sprachausgabe weitgehend verzichtet wird, außer in den seltenen Videosequenzen, die die Handlung voranbringen sollen.

Apropos. Die Story ist leider kaum erwähnenswert. Das grundsätzlich interessante Missionsdesign wird alibiweise mit Textfenstern unterfüttert, die sowas ähnliches wie eine Handlung transportieren sollen. Man bemerkt schnell, dass die wirre Story bloß ein künstlich eingefügtes Beiwerk ist. Die Figuren bedienen alle erdenklichen Klischees und bleiben auf ihre Funktion beschränkt äußerst eindimensional. Dennoch macht die Kampagne Spaß, denn entscheidend hierfür ist das Missionsdesign, das ausgezeichnet gelungen ist. Innerhalb der Mission müssen Etappenziele erfüllt werden, die sich in primäre und sekundäre Ziele unterteilen. Beim Erreichen eines Primärziels wird die nächste Phase getriggert und häufig mit dem Einblenden eines Dialogfensters eingeleitet.

Fazit: Bei Kronos handelt es sich um einen würdigen, inoffiziellen Nachkommen der Battle-Isle-Reihe, der das erfolgreiche Spielprinzip klug modernisiert und durch zahlreiche Verbesserungen glänzt, aber auch bekannte Schwächen teilt. Man darf gespannt sein, inwieweit das Spiel durch Patches des Entwicklers und Mods der Community erweitert und verbessert wird.


Wertung
Pro und Kontra
  • Dynamische Schlachten
  • Große Genugtuung durch strategische Planbarkeit
  • Gutes Interface und Bedienung
  • Schwache, uninspirierte Story
  • Marine zu oberflächlich gehalten

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(4)
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