Definitiv eines der besten Spiele aller Zeiten

Als man Ken Levine, den Entwickler von Bioshock fragte, wie er selbst sein Spiel beschreiben würden, antwortete er: „Nun, eine Mischung aus „System Shock 2“,...

von - Gast - am: 27.04.2008

Als man Ken Levine, den Entwickler von Bioshock fragte, wie er selbst sein Spiel beschreiben würden, antwortete er: „Nun, eine Mischung aus „System Shock 2“, „Doom 3“ und „The Elder’s Scrolls 4: Oblivion“ trifft es wohl am besten!“. Auf den ersten wirkt diese Zusammenstellung äußerst fragwürdig, da allein schon das auf eine eher friedliche Atmosphäre getrimmte „Oblivion“ den krassen Gegensatz zum düsteren „Doom 3“ darstellt.
Das was sich anfangs noch sehr verwunderlich anhört, entpuppt sich als ein Spiel, das wegen seiner Brillanz noch Jahre in Erinnerung bleiben wird.

Audiovisuelles

Schon der erste Anblick ist ausgesprochen erfreulich: Bioshock überbietet im Prinzip alle aktuellen Spiele (mal abgesehen von Crysis) in Sachen Grafik um Längen. Dies liegt vor allem an den ausgezeichneten Wasser-, Feuer- und Lichteffekten, den tollen Gegnermodellen und natürlich dem Detailreichtum bei Waffen und Umgebung. Das einzige was ein bisschen negativ auffällt ist die Tatsache, dass man Anti-Aliasing überhaupt nicht aktivieren kann, weshalb selbst bei höchsten Einstellungen einige Texturen matschen. Allerdings ist der Rest von Rapture, dem Handlungsort von Bioshock, so wunderschön, dass man diese problemlos vergisst. Besonders positiv sind mir außerdem die Hardewareanforderungen aufgefallen, die zwar der Grafik entsprechend ziemlich hoch sind, allerdings im vergleich zu dem, was geleistet wird, mehr als fair sind.

Auch der Sound setzt Maßstäbe: die Waffen hören sich wie in Echt an, die Hintergrundgeräusche passen perfekt und vermitteln eine wunderbar gruselige Atmosphäre,
für die 50er typische Lieder versetzen den Spieler in die Zeit von Bioshock und auch Besitzer von Surroundsystemen kommen nicht zu kurz. Besonders positiv: Die deutschen Synchronsprecher leisten fantastische Arbeit und kommen (im Gegensatz zu den meisten anderen Spielen) verdächtig nahe an ihre englischen Originale ran. Nur der deutsche Stimme von Andrew Ryan fehlt ein bisschen die Leidenschaft des Originals, aber ansonsten: EINFACH PERFEKT!

Balance

Hier hat Bioshock seine einzige größere Schwäche: Es ist schlicht und ergreifen zu leicht.
Man findet so viel Munition und Verbandskästen, dass man sie ständig liegen lassen muss. Das führt dazu, dass man eigentlich immer genau die passende Munition hat, um die Gegner mit wenigen Schüssen zu besiegen. Selbst Big Daddys und Bossgegner schafft man mühelos
aufs erste Mal. Hier wurde bei der Umsetzung vom der Konsole auf den PC eindeutig Fehler gemacht.
Positiv ist jedoch zu erwähnen, dass man nicht sterben kann, sondern im Todesfall in einer so genannten „Vita-Chamber“ wiedergeboren wird. Außerdem ist Bioshock auf Grund seiner niedrigen Anforderung an spielerischem Können perfekt für Einsteiger geeignet, zumal man jederzeit den Schwierigkeitsgrad ändern kann.

Atmosphäre

Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass die wenigsten Horro-Shooter bei mir übergewöhnliche Angst entfachen. Daher bin ich positiv überrascht, dass Bioshock dieses Gefühl bei mir problemlos in hohem Grade entfacht hat, und das trotz seiner Leichtigkeit. Das liegt vor allem daran, dass diese Angst nicht von den Gegnern herrührt, sondern durch diese düstere Atmosphäre, die von den schauerhaften Orten, die nur so übersäht sind mit Blut, Zerstörung und Werken, die ein Mensch bei klaren verstand nicht gemacht hätte, vermittelt wird. Natürlich gewöhnt man sich nach einer gewissen Zeit an diesen Wahnsinn, die Atmosphäre jedoch bleibt. Dies liegt vor allem an den Splicern, entstellte, wahnsinnige Menschen, die Rapture besiedeln. Diese sind nicht einfach nur da, sondern sprechen (toll: es gibt die unterschiedlichsten Charaktere: einige beweinen den Verlust ihrer Familie, andere betten verzweifelt zu Gott, wieder andere fühlen sich unterschätzt und wollen deshalb allen zeigen, was sie drauf haben…), untersuchen Leichen nach brauchbaren Gegenstände und schwingen ihre Waffen.
Was den Entwicklern auch noch perfekt gelungen ist, ist die Vermittlung einer 50er-Jahre Atmosphäre, in die die Handlung von Bioshock einzuordnen ist. Dies liegt vor allem an der Musik und an den tollen Werbungsschildern und der gleichem, die einfach wie aus den 50ern wirken.
Kurzum: Die Atmosphäre von Bioshock ist im wahrsten Sinne des Wortes der Wahnsinn.

Bedienung

Auch hier ist Bioshock ein Paradebeispiel: Die übersichtliche Karte packt die mehrstöckigen Level in eine 2D-Ansicht, Übergänge zwischen den einzelnen Räumen werden durch rote Pfeile symbolisiert. Wer sich hier noch verläuft ist selber schuld.
Auch die Waffen-Plasimd Verwaltung ist sehr praktisch. Denn man kann sich zwar durch die Waffen und Plasmide mit Hilfe des Mausrades scrollen und per Hotfixes auswählen, wie es Standard ist, was allerdings auf die Dauer sehr mühsam wäre. Stattdessen bietet Bioshock dem Spieler die Möglichkeit auf Knopfdruck eine Waffen-Plasmid-Auswahl aufzurufen, in der man direkt wählen kann. Solange man sich in dieser befindet, ist das Spiel pausiert.
Des weiterem bietet Bioshock eine optionale „automatische Hilfeleistung“, die den Spieler dezent darauf hinweist, wenn er Fehler macht oder vergisst, seine Waffe neu zuladen.
Im Prinzip können also nur armlose Menschen Probleme mit der Bedienung von Bioshock haben.

Umfang

Wenn man „Oblivion“ gespielt hat, weiß man, dass man im Prinzip über 100 Stunden brauchen kann, um wirklich alle Geheimnisse zu finden. Nun, ganz so extrem ist es bei Bioshock nicht. Aber es gibt trotzdem viele geheime Räume und Details, die gefunden werden wollen. Zudem kann man einfach unglaublich viel in Rapture machen: man kann Kameras, Safe etc. hacken, man kann Komponente für Spezialmunition suchen und dann zusammenbauen, man kann Gegner fotografieren um sie zu erforschen und dabei Kampfboni und Tonikas entdecken, man kann auch gegebenenfalls in bereits erkundete Gegenden zurückreisen, falls man dort etwas vergessen haben sollte…
Einmal Durchspielen kann gut und gerne 20 Stunden dauern, was ungefähr der doppelten Spielzeit eines durchschnittlichen Shooters entspricht.
Man kriegt also durchaus was für sein Geld!

Leveldesign

Beim Levelaufbau scheint den Entwicklern vor allem eins besonders wichtig gewesen zu sein: Abwechslung! Denn in der Tat unterscheiden sich die ca. 12 Level (genaue Anzahl hängt davon ab, was man als eigenen Level oder nur kurzes Verbindungsstück zählt). Der Reihe nach sind das ein Medizinischer Pavillion, der auf Grund der kranken Experimente, die die Ärzte dort gemacht haben, nur so von Blutlachen und blutigen Wandinschriften trieft, Neptune’s Bounty, einer riesigen Fischfabrik, die Frank Fontaine, dem Gegner von Andrew Ryan gehörte, und deswegen Opfer eines Massakers wurde, Arcadia, ein als Freizeitparadies und Sauerstoffquelle angelegter Wald, der Farmer’s Market, dem Handelszentrum von Rapture, Fort Frolic, das mit seinen makaberen Kunstwerken gefüllte Reich von Sander Cohen, Hephaestus, dem „Heizkeller“ von Rapture, an den sich das Büro von Andrew Ryan anschließt, Olympus Heights, dem Nobelviertel von Rapture, wo alle wichtigen Personen ihre Wohnungen haben, der Apollo Square, das dreckige Armenviertel, Point Prometheus, der Ausbildungsort von Little Sisters und Big Daddys, ein Museum mit einigen Dinosauriergerippen, und zum Schluss das Versteck von Frank Fontaine.
Besonders klasse sind auch die vielen Fenster und Wasserpfützen, die den Spieler immer wieder dran erinnern, dass das „freie“ Rapture gar nicht so frei ist. Zudem sind alle Level mit einer großen Liebe zum Detail gemacht und logisch und nachvollziehbar aufgebaut.

KI

Auch wenn die Programmierung guter, künstlicher Intelligenz im Allgemeinen ein schweres Unterfangen ist, war sie im Falle von Bioshock noch einen Tick schwerer, da sich die Gegner nicht nur clever, sondern auch wahnsinnig verhalten müssten.
Dies ist den Entwicklern aber trotzdem sehr gut gelungen.
Einerseits nutzen die Gegner Umwege um dem Spieler in den Rücken zu fallen, wenn sie stark verletzt sind, ziehen sie sich zurück um sich zu heilen, brennende Gegner suchen Wasserpfützen um sich zu löschen und die Fähigkeit des in Deckung Gehens beherrschen sie auch.
Andererseits stürzen sich, wenngleich auch nur mit einem Schraubenschlüssel bewaffnet, in ihrem Verlangen nach Adam auf den überlegenen Spieler oder sogar auf Big Daddys.
Auch die Anzahl, der KI-Aussetzer hält sich in Grenzen, was einen sehr erfreulichen Gesamteindruck hinterlässt.

Waffen und Gegner

In diesem Punkt wird Bioshock wohl sehr lange Zeit die unangefochtene Referenz darstellen, da es in keinem anderen Spiel auch nur ansatzweise ein so großes und gutes Waffenarsenal gibt. Es gibt insgesamt 7 verschiedene normale Waffen (Schraubenschlüssel, Pistole, MG, Schrotflinte, Granatwerfer, Chemikaliensprüher, Armbrust), die alle mit drei verschiedenen Munition geladen werden, jeweils mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. So sind Anti-Personen-Kugeln zwar tödlich für Splicer, schwer gepanzerte geschütze oder Big Daddys sind jedoch quasi immun dagegen.
Zudem kann man zwischen verschiedenen Plasmiden, den „Zaubern“,
und Tonikas, den „Ausrüstungsgegenstände“ von Bioshock, wählen. Diesen haben die verschiedenen Funktionen, von simplen Elektroshocks bis hin zu Fähigkeiten, die beim Hacken Lebensenergie herstellen. Man kann maximal 6 Plasmide und jeweils 6 Tonikas der Kategorien Kampf, Körper und Technik. Welche man mitnimmt entscheidet der Spieler selbst, abhängig davon worauf er gerade Lust hat. Nicht verwendete Plasmide und Tonikas werden in so genannten „Gen-Datenbanken“ gelagert, die man regelmäßig findet.
Ach ja, vielleicht noch ein Wort zu den Gegnern (deren Anzahl oft ein bisschen unterschätzt wird). Man unterscheidet zwischen drei großen Kategorien: Big Daddys, das Sicherheitssystem von Rapture und „normalen“ Splicern.
Die Big Daddys, riesige mutierte Menschen in Taucheranzügen, treten in zwei unterschiedlichen Formen, nämlich als „Bouncer“ und als „Rosies“. Bouncer haben einen Metallbohrer als Waffe, weshalb man sie sehr leicht in Minen oder ähnliche Fallen locken kann, Rosies hingegen eine Nietenpistole, weshalb man sie meistens mit Waffengewalt auslöschen muss.
Das Sicherheitssystem von Rapture umfasst Sicherheitskameras, die Alarm auslösen, wenn sie den Spieler sehen, Sicherheitsbots (fliegende Drohnen mit einem MG) und drei verschiedene Geschütze (Flammenwerfer, MG-Stationen, Raketenwerfer). Alle diese Geräte sind besonders anfällig gegen elektrische Angriffe und können zudem gehackt werden, sodass sie den Spieler unterstützen.
Die Splicer lassen sich grundsätzlich in fünf Arten einteilen, nämlich in Schläger, Schießer, Bombenwerfer, Spinnen-Splicer, die an Decken gehen können und über Wurfmesser verfügen, und Houdini-Splicer, die ständig kurze Nadelstiche mit Feuerbällen machen und sich dann sofort wieder an einen anderen Ort teleportieren. Außerdem gibt es zu jedem dieser Arten noch einige Mutationen, die gegen Eis, Elektro oder Feuerangriffe immun sind.
Im Vergleich zu den meisten Shootern, wo sich wirklich jeder Gegner genau gleich verhält, ist dies eine willkommene Abwechslung.

Handlung

Im Prinzip hat Bioshock zwei Handlungsebene.
Zum einen wäre da die, die man als Spieler selbst erlebt, also zuerst das Abstürzen mit einem Flugzeug mitten im Atlantik, dann eine U-Boot fahrt zu einer unheimlichen Unterwasserstadt und dann eine Jagd durch diese, nur um…naja, ich will mal nicht zu viel verraten. Eines sei jedoch gesagt: es gibt einige spannende Wendungen und einen wirklich ganz großen Augenblick, indem man an wirklich allem zweifelt, was man bisher getan hat.
Zum anderen wäre da noch die Geschichte von Rapture selbst, was die Gründe für seine Entstehung waren, was sich dessen Bewohner erwartet hatten, und wie dazu kommen konnte, dass der Drang nach totaler Freiheit zu einer solchen Machtgier und Paranoia führte, dass schließlich nichts mehr von der ursprünglichen Freiheit übrig war. Diese ganzen Hintergründe erfährt man 122 Tontagebüchern, die in ganz Rapture verteilt sind. Wenn sich der ein oder andere nun denkt, dass es doch eine abartige Arbeit sein muss, die alle zu finden, dem sei gesagt, dass auf Wunsch alle wichtigen Gegenstände leuchten und damit die Suche zum Kinderspiel. Zudem sind die Monologe, mit denen man nach erfolgreicher Suche belohnt wird, so gut, dass es die Mühe auf jeden fall Wert war.
Im Prinzip stört mich nur eines an der Story von Bioshock: die Passivität. Man kann selbst nur herausfinden was passiert ist, aber nichts dagegen tun. Am Ende hat man nur die Wahl, ob man Rapture als Retter oder Monster verlassen will, nicht aber, ob man zum Beispiel in Rapture bleiben will, um es wieder aufzubauen und der Freiheit einen neuen Versuch zu geben. Auch sagt Jack, das Alter-Ego des Spielers, zu Beginn genau einen belanglosen Satz und danach nichts mehr. Keine Dialoge mit den anderen Hauptfiguren, keine Kommentare zu den ganzen schrecklichen Dingen, die passieren, einfach nichts. Das finde ich persönlich etwas enttäuschend.

Fazit

Neben dem zu Beginn erwähnten Ausspruch von Ken Levine, gibt es ein noch viel aussagekräftigeres Zitat von ihm: „Ich will den Spielern das Spiel zurückgeben“. Auch wenn der Sinn dieser Worte auf den ersten blick schleierhaft zu sein scheint, wird er auf den zweiten Blick klar: Die meisten Spiele ermuntern einen nicht dazu, seinen Spaß zu haben, sondern möglichst effektiv zu sein und alle anderen zu übertreffen. Bei Bioshock gibt es so was nicht. Es gibt keine verpflichtenden Strategien, die man nutzen muss, um zu gewinnen.
Es gibt nur die Freude daran, ein Spiel genau so zu spielen, wie man es möchte. Du pfeifst auf Schusswaffen? Dann wähle die Tonikas, die dich zum ultimativen Nahkämpfer machen! Dir ist die ganze Plasmid-Sache zu albernd? Dann benütze sie einfach gar nicht, man kann auch nur mit Waffeneinsatz weiterkommen! Du machst dir ungern selbst die Hände schmutzig?
Dann benutze Fallen und dergleichen! Kurz um: Mach was dir Spaß macht!
Das ist die wichtigste Regel von Bioshock. Und wenn man sich an diese hält, wird man dank des Perfektionismus von Bioshock einen Spielspaß erleben, an dem man sich noch Jahr erinnert wird.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: nur von Crysis übertroffen
  • Sound: tolle Hintergrunmusik, gute deutsche Sprecher
  • Balance: immer fair, Wiederbelebung, gut für Einsteiger...
  • Atmosphäre: perfekte Gruselatmosphäre, 50er-Jahre-Flair
  • Bedienung: logisch und nachvollziehbar, direkte Waffenauswahl
  • Umfang: lange Spielzeit, viele Möglichkeiten
  • Leveldesign: abwechslungsreich, detailliert
  • KI: flieht, geht in Deckung, greift von hinten an
  • Waffen & Extras: unglaublich große und sinnvolle Auswahl
  • Handlung: spannende, wendungsreiche Story,gute Tontagebücher
  • Grafik: -
  • Sound: -
  • Balance: ...für alle anderen zu leicht
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: -
  • Umfang: -
  • Leveldesign: -
  • KI: manchmal kleine Aussetzer
  • Waffen & Extras: -
  • Handlung: Protagonist zu passiv

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(2)
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