Fantasy-Reise im Ein-Spieler-Coop

Für die Wertungsneugierigen zuerst die Einzelnoten, dann die Besprechung:   Grafik: 5/10 + Abwechslungsreiche Landschaften - schwache Technik,...

von rickyfitts am: 21.09.2013

Für die Wertungsneugierigen zuerst die Einzelnoten, dann die Besprechung:

 

Grafik: 5/10

+ Abwechslungsreiche Landschaften

- schwache Technik, Texturen, Animationen und Charaktermodelle. Altbacken und verwaschen

Sound: 6/10

+ eindringliches musikalisches Leitthema / Geräuschkulisse passend

- ...wiederholt bis es nervt. / Fantasiesprache überzeugt nicht

Atmosphäre: 8/10

+ stimmungsvolle Settings zwischen malerisch, bedrohlich und morbide

Bedienung: 7/10

+ originelles Steuerungskonzept

Umfang: 4/10

- sehr linear, keine findbaren Extras, kein Widerspielwert, ca 4-5 Stunden Kampagne

Story: 8/10

+ ohne echte Worte sehr emotional erzählt. Erzählende Umgebungsdetails. Starkes Ende.

Balance: 5/10

+ immer fair

- viel zu leicht. Keinerlei Herausforderung.

Rätsel: 5/10

+ bauen stark auf die Dualsteuerung

- Aufgaben wiederholen sich. Schon beim ersten Mal ohne Nachdenken durchsichtig

Charaktere: 7/10

+ sympathisches Brüderpaar

- Nebenfiguren bleiben mangels Dialoge blasse Stereotypen

 

Ja Moment, das sind doch aber nur 9 Kategorien und in der Summe bloß 55 Punkte. Ja stimmt. Brothers - A Tale of Two Sons ist so eines dieser Indi-Spiele, die sich doch stark dem normalen Wertungsschema entziehen. Und eines, das in Sachen Gameplay leider sehr wenig anzubieten hat, was in irgendeiner der sonstigen GameStar Kategorien sinnvoll abzudecken wäre. Waffen und Extras? Nein. Gekämpft wird hier eigentlich gar nicht. Auf der Reise der zwei Brüder gibt es keine richtigen, bewaffneten Auseinandersetzungen. Leveldesign wäre auch nur eine Doppelung mit Rätsel.

Es gibt zwar einige Geschicklichkeitspassagen, aber die erfordern weniger Können als vielmehr eine grundlegende Gewöhnung an die ungewöhnliche Steuerung. Die ist nämlich das Alleinstellungsmerkmal und in gewisser Weise auch zentraler Aspekt der Geschichte des Spiels. Wenn die beiden Brüder auf die Reise gehen, um von einem fernen, mystischen Baum ein Heilwasser für den im Sterben liegenden Vater zu holen, dann spielen wir nicht nur einen davon oder beide abwechselnd - wir kontrollieren sie simultan. Auf dem Gamepad ist jeder Analogstick für die Laufrichtung eines Bruders zustänig, die Taste der selben Seite für die Interaktionen. Mehr gibt es gar nicht. Alle sonstigen Aktionen werden über diese eine Aktionstaste kontextsensitiv ausgelöst, weshalb man sich schnell mal dabei erwischt, sie die ganze Zeit durchgedrückt zu halten, während man vor allem Anfangs noch ziemlich unbeholfen mit beiden Daumen die Brüder durch die hübsch gestalteten Landschaften torkeln lässt.

Das abwechslungsreiche Fantasiereich, dass die zwei auf ihrer Reise nach und nach kontrollierter durchqueren bietet einen großen Variantenreichtum an Gegenden, die schon durch die Leveldetails eine Menge Geschichte erzählen. Das ist auch nötig, denn von den Brüdern und sonstigen NPCs erfahren wir nicht viel. Die unterhalten sich allesamt in einem Fantasiekauderwelsch, dem wir nur aus Tonlage, Gestik und Kontext ihren Inhalt entnehmen können. Dennoch ist dem einfach zu folgen. Die Interaktionen bewegen sich auf einem sehr simplen, fast kindlichen Niveau. Das trägt zur gefühlten naiven Unschuld der beiden Kinder bei, die durch ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten schnell ans Herz wachsen.

Die Beherrschung der sehr begrenzten Steuerung wird vor allem durch leicht durchschaubare Aufgaben getestet. Beide Parallel eine Wand hochklettern lassen. An unterschiedlichen Stellen durch gleichzeitiges Stick-Rotieren eine Kurbel betätigen, um eine Brücke herabzulassen oder auch mal in direkter Zusammenarbeit für eine Räuberleiter. All diese Muster wiederholen sich aber selbst über die mit 4-5 Stunden recht überschaubare Spielzeit zu schnell und fordern nie großes Timing oder Geschick.

Das Gameplay stellt in Brothers - A Tale of Two Sons keinerlei Herausforderung dar. Fast könnte man meinen das Spiel sei mit den jung-verspielten Protagonisten und der zunächst lauschigen Fantasiewelt für die Zielgruppe unter 12 konzipiert. Doch der Schein trügt: spätere Abschnitte werden durchaus sehr morbide. In seinen düstersten Momenten erinnert es da schon ein wenig an Limbo, zu dem sich auch durch den mystischen Reisecharakter ohne richtige Dialoge Vergleiche aufdrängen - ebenso wie zum PS3 Hit Journey oder der kurzen Meditations-Wanderung Dear Esther.

Leider hinken die Brothers diesen drei Reiseabenteuern atmosphärisch und vor allem optisch doch ein gutes Stück hinterher. Die Animationen sind noch solide, die polygonarmen Umgebungen, die sehr verwaschenen Texturen und schwachen Charaktermodelle sind es nicht mehr. Brothers ist allzu sichtbar eine low budget Produktion, die es versäumt die geringen Mittel durch eine überlagernde künstlerische Gestaltung zu verbergen. So sieht es leider oft nur altbacken aus.

Der Dialogverzicht wirkt stellenweise ebenfalls eher wie eine Sparmaßnahme, vor allem da die Fantasiesprache nicht wirklich überzeugt. Zu oft wiederholen sich die gleichen Kauderwelsch-Phrasen. Auch bei der Musik scheint es nur für wenige Stücke gereicht zu haben. Das Leitthema ist gut und an entsprechenden Stellen geht es unter die Haut, aber doch bitte nicht in einer Spielstunde gute fünf Mal.

Was Brothers neben dem ungewöhnlichen, aber leider nicht zu einer Gameplay-Herausforderung gereiften Steuerungskonzept heraushebt, ist ein erzählerischer Kniff, auf den viel im ganzen Konzept des Spiels hinausläuft. Dem sind die 8 zusätzlichen Punkte in meiner Wertung zu verdanken. Aus Spoilergründen ist es schwer zu erklären, weshalb es genau so viele sind. Sagen wir einfach, es gibt eine Kategorie für besondere Momente in Spielen, an die man sich noch lange erinnern wird und die zumindest ein bisschen was an Schwachpunkten rausreißen können auch wenn sie nicht perfekt umgesetzt sind - dann hat die Reise der beiden Brüder in dieser Kategorie für mich genau 8 Punkte verdient.

Ob man für dieses vage Versprechen eines solchen Erlebnisses all die deutlichen Schwächen des Titels in Kauf nimmt, sollte jeder zwischen seiner Neugier und seinem Zeit-/Geld-Budget abwägen.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Weniger als 5 Stunden



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