Für ne handvoll Dollar

Für eine handvoll Dollar gibt es nun schon seit fast einem Jahr den Sparpreishooter Call of Juarez: Gunslinger. Dieser billige Witz sei in diesem...

von alpine am: 17.04.2014

Für eine handvoll Dollar gibt es nun schon seit fast einem Jahr den Sparpreishooter Call of Juarez: Gunslinger. Dieser billige Witz sei in diesem Zusammenhang erlaubt, denn dieses Spiel ist wie gemacht für jeden Clint Eastwood Fan. Aber auch Freunde solider Shooteraction, die sich von einer klischeehaften Wildwestgeschichte nicht abschrecken lassen, sei dieser Titel ans Herz gelegt. Kaum ein First-Person-Shooter konnte mich die letzten Jahre so tief in seine Geschichte eintauchen lassen und gleichzeitig spieltechnisch überzeugen, wie es Call of Juarez Gunslinger getan hat.

Story

Mit dem ursprünglichen Fluch von Juarez und dem kläglichen Versuch des dritten Teils der Serie "The Cartell" das Wild-West-Gefühl in die Gegenwart zu bringen, hat dieses Spiel nicht mehr als den Namen gemeinsam. Unser Alter Ego ist Silas Greaves, bereits in seiner zweiten Lebenshälfte. Dieser stolpert Anfang des 20. Jahrhunderts in eine Bar. Für einen Drink auf's Haus beginnen wir nun unsere Lebensgeschichte von einem erbitterten Rachefeldzug zu erzählen. In dieser begegnen wir so ziemlich allen Wild-West-Legenden, die der Durchschnittseuropäer so kennt und führt über Eisenbahnstrecken, durch ein verregnetes Sägewerk oder Goldgräberminen. Wie selbstverständlich mogelt sich der ehemalige Kopfgeldjäger gekonnt zwischen Realität und Erzählungen aus Groschenromanen.

Die Grafik in CoJ Gunslinger

Gameplay

In dieser Position bestreiten wir das Spiel. Aus dem Off erzählt Silas, während wir das gesprochene erleben und nachspielen dürfen. Nicht selten schmückt Silas die Geschichte mit immer neuen Elementen aus oder verbessert Gedächtnislücken. Wir erleben das in Form von Zeitlupen, plötzlich einfliegenden Leitern oder anstatt eines epischen Duells spielen wir die Szene nochmal neu und bekommen stattdessen einen Gewehrkolben auf den Kopf. Solche und viel mehr Szenen sind nicht etwa selten, sondern steuern das Erleben der Geschichte durch das ganze Spiel.


Im Kern bleibt es aber ein linearer Shooter mit Schlauchlevels und vielen gleichen Gegnern und zu vielen Kugeln, ohne dabei aber große Fehler zu begehen. Automatische Checkpoints sind fair und zahlreich gesetzt und die KI ist unauffällig dämlich. Neben den obligatorischen beidhändigen Revolvern verschiedener Generationen, bekommen wir auch Repetierbüchsen und Schrotflinten in die Hände. Werfbare Dynamitstangen ersetzen die Granaten und sollte uns ein Gegner zu nahe kommen, bekommt er eins mit dem Gewehrkolben über die Rübe.


Eine Bullettimefunktion lässt uns unübersichtliche Situationen bremsen und die dann hervorgehobenen Gegner mühelos ausschalten. Einer möglichen tödlichen Kugel dürfen wir in Matrixmanier ausweichen. In drei Skillbäumen werden nach und nach übliche Fertigkeiten, wie schnelleres Nachladen oder größere Munitionskapazität erlernt. Abwechslung zu den üblichen Schießeinlagen sollen einige wenige Bossfights bringen, die leider Dank Kugelschwammmechanik wenig reizen können.


Besser sind hier die Duelle zum Levelende, wie wir sie aus Filmen kennen und lieben. Die Kontrahenten stehen sich gegenüber. Wir versuchen in Zeitlupe das Fadenkreuz auf dem Gegner zu behalten, während wir über die Tastatur unsere Hand möglichst nah am eigenen Revolver halten. Ein Herzschlag setzt ein, der Gegner greift zur Waffe, wir reagieren, zielen noch mal und schießen. Die Steuerung ist hierbei gezielt träge gestaltet und erfordert Konzentration. Ob, wir den Zug des Kontrahenten abwarten, bleibt dabei tatsächlich uns überlassen.

Die Duelle in CoJ Gunslinger

 

Technik

Die Grafik passt sehr gut zur Szenerie und die Levels sind sehr detailiert und abwechslungsreich gestaltet. Leider fehlt es der Chrome 5 Engine an Anti-Aliasing und die Texturen sind stellenweise nicht gerade hochauflösend. Ein feiner Outline-Shader sorgt für ansprechende Kontraste, ohne zu sehr comichaft zu wirken. Die Zwischensequenzen werden in mehrschichtigen Comiczeichnungen erzählt, die sehr gut zum Gesamtkonzept passen. Eine stimmige Soundkulisse, hervorragende Sprecher und der rockige Westernsoundtrack runden das Erlebnis ab. Die einzelnen Kapitel sind zwischen 15-25 Minuten lang und der gesamte Storymodus lässt sich in rund 5 Stunden bewältigen.

Das HUD von CoJ Gunslinger

 

Mit dem Standard HUD wirkt das Spiel sehr arcadelastig. Combocounter und Spezialscores fliegen durchs Bild, dies lässt sich jedoch in den Optionen deaktivieren. Außerdem schalten wir mit erstmaligem Durchspielen den Wild West Modus frei, der uns im höchsten Schwierigkeitsgrad ohne HUD und Fadenkreuz nochmals auf die Reise schickt. Im eigentlichen Arcademodus dürfen wir in neu aufbereiten Leveln gegen unsere Freundesliste antreten: Highscores und lange Kombos sammeln und mit einer möglichst schneller Zeit protzen. In einem weiteren Modus können wir nur die Duelle nochmals erleben.

 

Die Zwischensequenzen in CoJ Gunslinger

 

Fazit

Der wilde Westen gehört in der Spielebranche ein wenig zu den Außenseitern und so muss CoJ Gunslinger auch nicht fürchten in der Repetition des ewig Gleichen unterzugehen. Das Spiel wurde auf einen wesentlichen Handlungsstrang ohne große Längen und unnötigen Nebenschauplätzen kondensiert. So verzichtet Techland gezielt auch auf kostspielige Dreingaben wie eine deutsche Synchronisation oder einen (Coop-)Multiplayermodus, eben jene Features, die, wenn nicht exzellent umgesetzt, ohnehin immer wieder in der Kritik stehen.


Das Spiel funktioniert insbesondere Dank des Erzählstils von Silas und seinem etwas schrulligem Humor. Man wird zu keiner Zeit mit den Gegnern in den Leveln allein gelassen. Als Akteur dieser Geschichte versucht man fast automatisch mit dem Erzähltempo Schritt zu halten und folgt bereitwillig den Anweisungen Silas. Dass die Geschichte möglicherweise nicht immer wahrheitsgetreu wiedergegeben wird und Silas gern übertriebt, lassen so manche Schwäche in der Spielmechanik sogar sympathisch wirken.


Ich habe das Spiel nun vor einigen Tagen zum dritten Mal durchgespielt und bekommt bei mir in der ewigen Singleplayer-Shooter Liste einen Platz ganz weit vorn.

Sollte Gamestar.de mitspielen findet ihr hier noch eine Videoversion des Reviews


Wertung
Pro und Kontra
  • Story und Pacing
  • Erzählstil und Voiceacting
  • Stimmige Westernatmosphäre
  • Abwechslungsreiche Levels
  • Kein Antialiasing
  • wenig abwechslungsreiche Gegner

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(4)
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