Weniger wäre nichts gewesen, aber kein unausgegorenes Spiel hat bisher so viel Spaß gemacht

Bestimmt hat jeder schon einmal mit der Idee sympathisiert eine epische Schlacht im Herr der Ringe-Universum zu schlagenund sei es nur auf dem heimischen...

von Streifi am: 15.01.2009

Bestimmt hat jeder schon einmal mit der Idee sympathisiert eine epische Schlacht im Herr der Ringe-Universum zu schlagen
und sei es nur auf dem heimischen Computer. Leider hat es ja nun einige Jahre gedauert, bis eine Spieleschmiede dieses Wunschdenken
auf dem Spielemarkt realisieren konnte und leider scheitert diese Spieleschmiede auch kläglich, zumindest in Anbetracht der haushohen
Erwartungen, die Spieler an ein Herr der Ringe-Spiel stellen.

Zwar macht Pandemic auf den ersten Blick vieles richtig, aber eben nur auf den ersten Blick.
Die Grafik wirkt vielleicht etwas veraltet, allerdings sind Umgebung, Figuren und Animationen rund und das Handling fühlt sich echt und komfortabel an.
Zumindest auf den ersten Blick. Denn wer sich erst einmal als Schwertkämpfer in die Schlacht geschwungen hat, wird um wildes Tasten- und Mausgeklicke nicht herumgkommen und
sich alsbald fragen, was sich um Himmelswillen auf dem Bildschirm eigentlich gerade abspielt.

Der Bogenschütze dagegen kann, hat er sich erstmal gut positioniert, ganze Gegnerhorden mit seinen Pfeilen niederstrecken, die aufgrund von Zauberei oder fehlender Schwerkraft auch noch nach gefühlten 200 Metern punktgenau beim Fadenkreuz
einschlagen. Apropos 200 Meter. Die meisten Maps, die Pandemic mitliefert dürften kaum größer sein als die genannten 200 Meter. Aber zurück zu den Klassen.

Neben dem Kämpfer und
dem Bogenschütze gibt es noch zwei weitere Klassen. Den Späher und den Zauberer. Ersterer passt irgendwie nicht so recht in die Herr der Ringe-Welt, trägt zwei Messer und einen Schal um den Mund
und passt eher in ein Wild-West-Szenario. Zudem kann er sich unsichtbar machen und Gegner per Tastendruck mit einem Hieb den Gar ausmachen.
Der Zauberer dagegen ist die mit Abstand wohl beste Klasse. Hier vereinigen sich Taktik und Teamplay mit dem ansonsten relativ haulustigen Hack&Slay-Prinzip von LOTR Conquest.
Der Schutzschild schütz den Zauberer und alle Kameraden in seinem Umkreis vor feindlichen Geschossen jeglicher Art. Auf Knopfdruck heilt der Magier sich und seinesgleichen oder schiesst Blitze und Energiekugeln
auf Gegner. Kommen feindliche Schwertkämpfer zu nahe, kann der Zauberer seinen Stab im Nahkampf einsetzen oder per Knopfdruck ein Druckwelle auslösen, die nahestehende Gegner umwirft.

Alles in allem sind die Klassen des Spähers und des Kämpfers bis auf ein paar Ausnahmen benachteiligt und nur dann wirklich zu gebrauchen, wenn man auf Teamplay setzt.
Zudem kann der Spieler Katapulte, Ballisten und Konsorten bedienen und in die Rolle von Ents und Trollen schlüpfen, welche richtig kräftig zupacken und austeilen. So kann ein einzelnder Ent oder Troll
schon mal gut ein bis zwei dutzend Spieler dezimieren. Zumindest wenn sich diese nicht überdurchschnittlich gut organisieren.

Und wenn wir schon einmal beim Organisieren sind:
Die KI des Spiels ist absolut grottig. Es ist ja nicht so, dass die KI-Kollegen gar nichts tun aber manchmal wäre mir das lieber gewesen, denn was die Bots tun entbehrt jeder Logik.
Die KI steht in der Ecke und schiesst durch Wände, weil irgendwo ein Gang weiter Gegner laufen. Sechs Bots bewachen ihren ersten Einstiegspunkt, ganz links auf der Karte, obwohl man gerade mit zwei weiteren Bots dabei ist
den letzten Eroberungspunkt der Gegner, ganz rechts auf der Karte einzunehmen. Dann spawnen die Bots als Zauberer und schleichen an völlig leergefegten Punkten auf der Karte herum, das magische Schutzschild im Anschlag (falls es plötzlich Pfeile regnet?).
Abgesehen davon wirkt die KI im allgemeinen völlig aufgesetzt. Selbst Counterstrike-Bots verhalten sich klüger. Wenn sie im 'Suche den Ring'-Modus den Ring in Besitz genommen haben und ins gegnerische Lager bringen müssen (warum auch immer!) konzentrieren sich alle Bots auf Sie.
Das heisst im Klartext: Sowohl Saurons Streitkräfte, als auch die Allianz des Lichts läuft Seite an Seite in Richtung des Ringträgers, anstatt sich gegenseitig zu bekämpfen. Das mag zwar theoretisch Sinn machen, schließlich geht es ja darum, den Ring sicher ins gegnerische Lager zu bringen (warum auch immer!),
allerdings sieht das in der Praxis einfach nur lächerlich aus.

Lächerlich ist übrigens auch der Solopart. Mal abgesehen davon, dass es an Übersichtlichkeit fehlt sind Aufgaben zum Teil viel zu leicht, zum Teil dahergehend zu schwer, da es keine Speichfunktion gibt. Zudem mangelt es an Logik. Allein die erste Mission: Helms Klamm. Alles schön und gut, aber absolut inkonsequent. 'Töten Sie den Fackelträger' heisst es, bevor dieser den Sprengkessel am Wall entzündet. Also versuchen wir die dutzend Fackelträger zu töten, die in gewissen Abständen auf die Burg zuwackeln.
Schaffen wir dies nicht, ist die Mission gescheitert. Neustart. Schaffen wir es, blendet wenig später eine Zwischensequenz ein, in der ein Fackelträger den Wall sprengt. Unlogisch, schließlich ist die Mission zuvor genau aus diesem Grund fehlgeschlagen. Genauso bei der Verteidigung des Tores. Schaffen wir es nicht das Tor zu verteidigen (sprich: es gibt mehr Streitkräfte Saurons in einem bestimmten Bereich als Streitkräfte des Lichts)
ist die Mission gescheitert. Neustart. Schaffen wir es das Tor zu verteidigen, müssen wir uns zurückziehen, weil es überrannt wird. Absolut inkonsequentes Missionsdesign.

Nervig sind auch die Synchronstimmen! Während der Soundtrack nach wie vor absolut genial ist, erschrecken Synchronsprecher von Aragon, Gimli, Gandalf und Co. jeden Spieler, der die Filme gesehen hat. Der Sprecher dagegen ist original, schafft es auch den ein oder anderen (vielleicht) unfreiwilligen Lacher hervorzurufen, wenn zum ersten mal ein anmutendes
'Den Armeen des Lichts fehlen noch 5 Kills bis zum Sieg' zu hören ist.

Auch wenn der 'Suche den Ring'-Modus irgendwie unlogisch ist, macht er einen Höllenspaß. Zumindest auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick ist man sich den Ungereimtheiten bewusst, hat aber immer noch Spaß. Zumindest mit Freunden. Generell erhöht sich der Spielspaß um gefühlte 10-20 Prozentpunkte, wenn man LOTR Conquest zusammen mit Freunden spielt. Gut und gerne sehe ich über all die unausgegorenen Spielmechaniken, die kleinen Level und all die Fehler hinweg, wenn ich
mich mit Freunden zusammen in die Schlacht um Mittelerde stürtze. Einzig das 'Helden-Deathmatch' ist ein totales Durcheinander und absolut nicht zu empfehlen. Weiterhin stört es ungemein, dass es für ein praktisch nur auf dem Multiplayer-Modus basierendes Spiel nur eine handvoll Einstellungsmöglichkeiten gibt, was vermutlich der Konsolenportierung zuzuschreiben ist. Dabei wäre es jedoch wirklich ein Komfort die KI-Kameraden zu begrenzen oder den Eroberungs- und Abschuss-timer höher zu stellen (die meisten Matches dauern keine 10-15 Minuten).

Nach all der Kritik, die normalerweise eine Spielwertung ins Bodenlose zur Folge hätte muss ich dennoch sagen, dass mir the Conquest einen Heidenspaß macht. Ein Kompliment dafür an Pandemic. Kein unausgereiftes Spiel hat mir bis jetzt soviel Spaß gemacht. Gleichzeit bin ich aber auch sauer, denn the Conquest hätte wirklich ein Spitzenspiel werden können.
Man stelle sich nur vor, das Klassensystem wäre inetwas wie das in Call of Duty 4 mit verschiedenen Waffen, Fertigkeitenwechsel usw. Schade auch, dass nicht einmal die Hälfte des Versprochenen in der Endversion Platz gefunden hat.

Fazit:
Für Zwischendurch ein relativ simples Hack&Slay, dass ohne HDR-Lizenz wesentlich schlechter, allerdings auch wesentlich weniger enttäuschend gewesen wäre.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(3)
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