Das nachgelieferte Ende eines grandiosen Spiels!

Divinity 2 war ein faszinierendes Spiel. Faszinierend, weil es eine wunderschöne Welt darstellte, weil es bekannte Rollenspiel-Mechanismen vorbildlich in diese...

von dawodo am: 12.09.2010

Divinity 2 war ein faszinierendes Spiel. Faszinierend, weil es eine wunderschöne Welt darstellte, weil es bekannte Rollenspiel-Mechanismen vorbildlich in diese zu integrieren wusste, weil es eine tolle Geschichte erzählte und nicht zuletzt, weil es neue Begabungen an den Helden vergab, die es in dieser Form noch nicht gab: Die Verwandlung in einen Drachen.
Doch so grandios wie das Spiel war, so unbefriedigend war das Ende - ein Addon oder eine Fortsetzung war vorprogrammiert. 'Divinity 2 - Flames of Vengeance' ist dieses Addon - doch kann es seinen Vorgänger gleichkommen oder sogar toppen?

Anfang

Ganz wie in alten Zeiten lässt sich die Fortsetzung nur mit bereits installiertem Hauptspiel beginnen, es ist also kein Standalone-Addon, wie es in jüngster Zeit so einige gab - und das ist auch gut so, denn 'Flames of Vengeance' setzt direkt nach dem Ende von Divinity 2 ein - Neulinge, die die Vorgeschichte nicht kennen, sind völlig überfragt.
Wer seinen alten Charakter importieren will, ist allerdings gezwungen den letzten Spielstand von Divinity 2 zu laden und das Hauptspiel erneut zu beenden, was unter Umständen bedeutet, dass der letzte Endkampf erneut gefochten werden muss - nicht unbedingt ein kinderleichter Einstieg!
Wer lieber einen frischen Helden (oder Heldin?) spielen möchte, kann dies tun: Stufe 30 und ein wenig Ausrüstung werden bereitgestellt, womit sich die ersten Kämpfe gut meistern lassen. Man startet also in jedem Fall als bereits sehr mächtiger Drachenritter.

Epische Geschichte? Nein!

Divinity 2 endet ohne Happy End - soviel sei verraten. Die Bedrohung ist immer noch da und muss nun im Addon endgültig vernichtet werden.
Der Schauplatz ist dieses Mal Aleroth - doch dieser sichere Hafen der Zuflucht wird von Damian und seinen Schergen belagert, weshalb der Magier Zandalor einen der uralten Schutzschilde, die das Übel, das unter der Stadt lauert, benutzt, um die Stadt selbst mit einem Schutzschirm zu umgeben. Vorerst ist Aleroth sicher - doch wie lang?
Der Champion Augustus gibt euch direkt nach Beginn des Spiels eine Aufgabe von Zandalor mit auf den Weg: Das Übel, das unter der Stadt gefangen ist, hat eine Waffe - und nur diese wird den Sieg bringen. Dies ist also unser Hauptquest... und genauso simpel, wie sich das anhört ist es auch: Die Geschichte des Addons ist streng linear, ohne Überraschungen oder gar Wendungen - Enttäuschend, vor Allem im Vergleich zum Hauptspiel!

Aufräum-Held vom Dienst

Das Spiel setzt hierbei auf eine ganz andere Schiene: Nebenquests! Und diese gibt es in Flames of Vengeance nicht nur in großer Anzahl, sondern auch mit hoher Qualität. Interessant, witzig, nett gemacht, ideenreich. In Aleroth hat fast jeder irgendein Problem, das der Held lösen darf - oft nimmt sich das Spiel hier auch selbst auf die Schippe - schön!

Doch leider ist diese Flut an Nebenquests für eine Partei gar nicht gut: Für das Hauptquest. Wie in vielen anderen Spielen auch, verkommt das Hauptquest, ganz anders als noch in Divinity 2, zum fast schon unwichtigen Nebenquest. Doch anders als in Fallout 3 oder Oblivion, wo es dem Hauptquest ähnlich ergeht, gibt es in Flames of Vengeance keine gigantische Spielwelt, die man erkunden möchte. Aleroth ist als Stadt relativ klein und so wurden die vielen Quests alle, teils mehrfach, in gewisse Orte gequetscht.
Aus den atmosphärisch verteilten Nebenaufträgen und einer epischen Hauptgeschichte des Vorgängers wurde ein Sammlung aus Quests, deren Bedeutung nicht sonderlich von einander zu unterscheiden ist. Der legendäre Drachenritter verkommt zum Aufräum-Held vom Dienst.
Dies ist zwar in vielen Rollenspielen so, aber ist dieses Gefühl ist in Flames of Vengeance aufgrund der geringen Größe der Stadt sowie der Nichtigkeit des Hauptquests umso stärker.

Totklicken!

Wie früher ist das Kampfsystem immer noch sehr simpel gestrickt: Zuschlagen! Denn Blocken, das kann unser Held noch immer nicht, und auch die 8 Quickslots wurden nicht erweitert. Viel Taktik bleibt daher nicht übrig - Schade, das Addon wäre die Gelegenheit zur Verbesserung gewesen! Verbesserungen hätte auch die KI und vor Allem das Balancing dringend benötigt - auch hier wurde nicht nachgebessert.
Gegner greifen nach bekannten Mustern zur Waffe: Fernkämpfer und Magier fliehen, Nahkämpfer versuchen einen zu binden oder umzuwerfen. Leider ist die KI noch immer nicht die schlaueste - bis auf gegenseitiges Heilen sucht man Teamtaktiken vergeblich.
Besonders stark vermisst man den Anspruch bei Bossgegnern. Diese sind zwar mitunter äußerst stark und heilen sich teilweise sehr schnell selbst, aber besondere Kampftaktiken sind nicht von Nöten. Teilweise wurde versucht die Bosskämpfe mit Rätseln anspruchsvoller zu machen, was sich leider als äußerst unkreativ entpuppt: Der Boss ist unbesiegbar, solange man nicht vier Hebel gedrückt hat, die in den Ecken des Gebietes stehen. Oder vier Gräber gesäubert. Oder vier Kerzen angezündet. Bei über 3 Bossgegnern (und so viele hat das Spiel gar nicht) muss man ein und dasselbe Rätsel lösen - bloß immer mit anderen Gegenständen, die zu betätigen sind. Ein Tiefpunkt der ansonsten gut gemachten 'Rätselchen'.

Schön!

Im Vergleich zu vielen anderen Rollenspielen sieht Flames of Vengeance sehr schön aus. Dank HDR, passender Tiefenunschärfe, viel Vegetation, Reflexionen, guter Schattentextur und oft scharfen Texturen sowie unglaublich vielen Details sieht Aleroth sehr atmosphärisch aus.
Ein wenig einbüßen muss diese Schönheit durch einige Klone, die auf den Straßen herumlaufen.
Nichtsdestotrotz ist die Grafik auf jeden Fall noch zeitgemäß und kann sich mit anderen Spielen locker messen.

Auch der Sound des Spiels ist in Ordnung, wenngleich so manch ein Sprecher oft mehr als nur eine Rolle übernimmt - das wirkt etwas komisch. Auch sind die Umgebungsgeräusche etwas mau - Aleroth wirkt ein wenig ruhig. Ein Atmosphäre-Plus sind hingegen die vielen Unterhaltungen, die die Leute in der Stadt führen - Schade, dass sie sich immer und endlos wiederholen. Mehr Abwechslung wäre da von Nöten gewesen!

Ego Draconis! Oder doch nicht?

Es gab in Divinity 2 eine Spielmechanik, die das Spiel einzigartig gemacht hat: Man durfte sich in einen Drachen verwandeln. Für mich war dies der Höhepunkt des Spiels: Als Drache durch die Landschafte jagen, durch Schluchten, über Häuser und das Wasser hinweg. Auf der höchsten Bergspitze sitzen und mit einem Satz in die tiefe springen und verwandeln. Ich mochte dieses Spielgefühl sehr gerne. Die Anti-Drachen Zonen wirkten zwar arg aufgesetzt, ebenso wie die Höhenbegrenzung. Auch das sich schier endlos wiederholende Bekämpfen der fliegenden Festungen und Inseln nervte auf Dauer gewaltig. Aber dennoch: Ein neues Spielgefühl, das das Gefühl von absoluter Macht und Überlegenheit vermittelt.
Schnitt!

'Hier ist keine Formwandlung möglich!' - Ja, richtig gelesen.
In ganz Aleroth, nein, im ganzen Spiel ist man nur ein einziges Mal ganz am Ende des Spiels für etwa 10 Minuten Drache. Nicht einmal die Verwandlungsanimation sieht man: Man startet das Level als Drache und beendet es als Drache.
Wofür hab ich das erste drittel des Hauptspiels darum gekämpft, mich verwandeln zu können? Weshalb heißt der Untertitel 'Ego Draconis'?

Alles was von meinem Drachendasein geblieben ist, ist ein lächerliches Level, in welchem man auch nur eine einzige Sache tut: Unglaublich viele Ballistentürme, Blitztürme und Brutstätten zu vernichten.
Die einzig wirklich neue Spielmechanik wurde quasi komplett gestrichen.

Feuerspeiende Käfer!

Bevor ich zu meinem Fazit komme, muss ich noch auf einige Bugs hinweisen. Generell leidet das Spiel leider unter dem ein oder anderen Bug, wobei die meisten Spieler wohl kaum dadurch gestört werden.
Nun, ich hatte mit Flames of Vengeance ein Bug-Desaster, welches sich mit Gothic 3 im ungepatchten Zustand vergleichen lässt:
Ich konnte Türen, die man entweder gar nicht, nur mit einem Rätsel oder nur nach gewissen Dialogen mit anderen Personen öffnen kann, mit einem seltsamen 'Schlüssel' öffnen, den ich gar nicht im Inventar hatte.
Die Fähigkeit 'Tausend Hiebe' verbrauchte irgendwann kein Mana mehr und hatte keine Erholungszeit.

Mittlerweile weiß ich, woran es liegt: Ein Divinity 2 Speicherstand, welcher aus einem ungepatchten Spiel hervorgeht, ist inkompatibel mit dem Addon. Solltet ihr also das Spiel nicht mit dem neusten Patch durchgespielt haben, werden eure Savegames in Flames of Vengeance fürchterliche Bugs hervorrufen.

Fazit

Bevor ich diesen Test geschrieben habe, hab ich den Test von Black Baron gelesen. Unser Eindruck vom Spiel scheint derselbe zu sein, jedoch kommen wir zu unterschiedlichen Schlüssen: Während Black Baron sich über das Spiele-Konzentrat, die Quintessenz von Divinity 2, freut, die das Addon ausmacht, bin ich gegenteiliger Meinung: Die Menge macht das Gift, wie man so schön sagt - und für mich war es wohl zu konzentriert.

Dennoch: Das Spiel ist gut und kann es mit so manch einem 'großen Titel' aufnehmen. Bloß ist Divinity 2 noch immer das bessere Spiel.

Fazit: Für Spieler des Vorgängers eigentlich ein Pflichtkauf, auch wenn die grandiose Qualität des Vorgängers nicht erreicht wurde.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Texturen, HDR, Detailreichtum
  • Sound: Gute Sprecher...
  • Balance: Drei Schwierigkeitsgrade
  • Atmosphäre: Detailreichtum
  • Bedienung: keine größeren Mängel
  • Umfang: Sehr viele Nebenquests
  • Quests/Handlung: Sehr viele Nebenquests
  • Charaktersystem: Vielfalt, keine Begrenzung
  • Kampfsystem: Flüssig, schön anzusehen...
  • Items: Viele verschiedene Waffen & Sets
  • Grafik: Charakterklone, manchmal Matschtexturen
  • Sound: ...die mehrmals besetzt wurden
  • Balance: je nach Skillung viel zu leicht/unfassbar schwer
  • Atmosphäre: nur eine einzige Drachenverwandlung
  • Bedienung: Absturz alle 1-2 Stunden
  • Umfang: nur ein Ort: Aleroth
  • Quests/Handlung: Hauptquest geht unter und ist zu vorhersehbar
  • Charaktersystem: Balancing steigt und fällt mit Skillung
  • Kampfsystem: ...dennoch totklicken ohne Taktik
  • Items: Ultimative Ausrüstung kommt recht schnell

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Ständig

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(1)
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