Drachenzähmen leicht gemacht

Drachen haben es im Fantasy schon toll: Man bekommt schöne Prinzessinen geopfert, frisst Zwerge zum Frühstück und klaut deren Gold. Im...

von Tsabotavoc am: 17.08.2013

Drachen haben es im Fantasy schon toll: Man bekommt schöne Prinzessinen geopfert, frisst Zwerge zum Frühstück und klaut deren Gold. Im schlimmsten Fall kommt mal eine Portion Dosenfleisch mit einem überdimensionierten Buttermesser.

Drachen im Steampunk haben da schon ein härteres Los: Man wird einer Prinzessin geopfert, die Zwerge klauen einem beim Frühstücksbier das Gold und auf dem Schlachtfeld wird man von Mechs mit Raketenwerfern beschossen.

Ob Dragon Commander trotz dieser widrigen Bedingungen ein interessantes Spiel ist versuche ich in diesem Test zu zeigen.

So ähnlich wie bei Julius Cäsar - nur ganz anders!

In Dragon Commander verkörpern wir das uneheliche Kind des ehemaligen Herrschers. Nachdem dessen wahre Liebe durch Verrat getötet wurde verfiel er ins Koma und sein undankbarer Nachwuchs entledigte sich des alternden Monarchen auf finale Weise.

Da Altersheime in Rivellon nie eingeführt wurden griff man zu etwas massiveren Methoden und übrig bleibt ein Land im Krieg. Während die Brüder und Schwestern gegeneinander kämpfen wird der Spieler auf den Plan gerufen: Der Drachenkommandant!

Unser Ziel ist es Rivellon wieder zu vereinigen und unseren Brüder und Schwestern zu zeigen wo der Zimmermann das Loch gemacht hat. Dabei hat sich das Spiel munter an vielen anderen Spielen bedient. Mal mit mehr - mal mit weniger Geschick.

Ja ich steh auf Rundenstrategie denn da raucht mein Hirn wie in der Schule nie...

Rivellon besteht aus einer Vielzahl von Ländern die teils neutral, teils in feindlicher Hand sind. Da unsere missratenen Geschwister sich munter gegenseitig bekämpfen können wir deren Rivalität durchaus zu unserem Vorteil nutzen.

Ähnlich wie in Risiko schieben wir Armeen durch die Gegend deren Kampfwert jedoch sehr unterschiedlich ist. Zudem können sich unterschiedliche Truppen unterschiedlich weit bewegen und es wird weiters unterteilt zwischen Luft-, See- und Bodeneinheiten. Nur Bodeneinheiten können Gebiete erobern. Nur mit anfälligen Transportern können wir Truppen über die Ozeane transportieren.

Abgemixt wird das ganze durch die unterschiedliche Wertigkeit der Länder: Manche Länder haben z.B von Haus aus eine Fabrik oder ein anderes nützliches Gebäude. Andere werfen wieder sehr viel Geld ab oder haben eine hohe Bevölkerung.

Der Rundenstrategieteil ein wenig wie ein erweiteretes Risiko und auch die KI ist hier immer wieder für eine Überraschung gut. Was teilweise nervt ist das man die Karte von Rivellon immer nur in Ausschnitten sieht. Man kann zwar problemlos hineinzoomen - was in den meisten Fällen ziemlich sinnfrei ist - herauszoomen das man wirklich alles sehen kann ist jedoch nicht möglich. Generell hätten die Holzfigürchen die die einzelnen Truppenteile darstellen ruhig etwas größer ausfallen können.

Wenn dann unsere Figürchen auf die gegnerischen treffen kommt es zur Schlacht. Hier haben wir dann zwei Möglichkeiten: Entweder übertragen wir das Gefecht einem unserer Generäle oder einfach nur der Armee woraufhin die Schlacht automatisch berechnet wird...

Oder wir stürzen uns selbst in die Schlacht.

 

Echtzeitkrämpfe

Die Überschrift bitte nicht falsch verstehen: Die Kämpfe auf den hübsch gestalteten Karten machen durchaus Spaß. Sie sind jedoch von der Dynamik eines Starcraft II soweit entfernt wie die Erde von Alpha Centauri.

Jede Schlacht - selbst die um die gegnerischen Hauptstädte - läuft gleich ab: Der Gegner und wir prügeln uns um Rekrutierungszitadellen die uns mit der einzigen Ressource - Rekruten - versorgen. Meist liegen bei diesen Rekrutierungszitadellen auch Bauplätze an denen wir Einheitenfabriken hochziehen können.

Die KI agiert sehr aggressiv und nimmt schnell und früh die wichtigen Bauplätze ein. Wenn man also nicht aufpasst wird man schnell von einem Rush gegen die Wand gedrückt. Überhaupt ist einigeln und verbunkern kein gangbares Rezept.

Im Laufe des Spiel stehen uns dabei nach und nach immer mehr Truppen zur Verfügung: Während wir anfangs nur simple Kampfläufermechs und Raketenläufer zur Auswahl haben stehen uns schon zur Mitte des Spiels riesige Zerstörer und Bomberzeppeline zur Verfügung.

Das große Problem ist das die Balance unter den Einheiten nicht immer stimmt. So kann man auf manchen Karten mit nur einem Zerstörer ungehindert den Rekrutierungspalast des Gegners bombardieren. Mit einigen Panzerschiffen abgesichert ist dieser Angriff für die KI nicht aufzuhalten. Auch die Gebäudeübernahmefähigkeit der Kampfläufer ist teils zu mächtig geraten.

Zudem kommen noch einige handwerkliche Probleme hinzu. Zum einen sieht man den Gebäuden und Truppen ihren Beschädigungsgrad nicht an. Zum Anderen versperren einem regelmäßig die Wolken die Sicht auf das Schlachtfeld wodurch man permanent die Kamera drehen muss.

Abschließend bleibt zu sagen das ich kein Grafikfetischist bin aber die Einheitenmodelle sind durch die Bank hässlich. Kurz und gut: Divine Dragon Commander mag vieles sein - ein gutes Echtzeitstrategiespiel ist es mit Sicherheit nicht. Warum machen die Echtzeitschlachten also trotzdem Spaß?

 


Stufe 10 Monster: Plutoniumdrache

Der Spaß beginnt kurz nach Start einer Schlacht. Sobald der Timer abgelaufen ist kann man sich in einen Drachen verwandeln und - natürlich jetpackgetrieben - über das Schlachtfeld heizen. Schon nach wenigen erforschbaren Upgrades können wir unsere Truppen heilen oder ganze Kampfläuferverbände mit Säurebällen auslöschen.

Wenn man mit seinem - dank Upgrades - schwer gepanzerten Drachen apokalyptische Feuerbälle in Panzerarmeen fetzt dann macht das Spaß. Der Haken an der Sache: Selbst mit massiver Luftabwehr machen wir durch geschicktes Ausweichen der Geschosse oft kurzen Prozess.

Die Macher haben es hier fast ein wenig zu gut mit dem Drachen gemeint. Über lange Strecken spielt sich Divinity Dragon Commander daher eher wie ein Actiontitel.

 

Eine schrecklich nette Familie

Wenn wir uns nicht gerade in Gefechten befinden dann werden wir mit mehr oder weniger weltbewegenden Problemen auf unserem Flaggschiff - der Raven - konfrontiert.

Auf der Raven erforschen wir nicht nur neue Einheiten und neue Fähigkeiten für unseren Drachen sondern können auch mit allerlei skurrillen Charakteren sprechen. Vom arroganten Echsengeneral bis zum fanatisch religiösen Untotenratsmitglied ist alles dabei.

Wenn es einen Teil gibt der aus Dragon Commander ein großartiges Spiel macht dann ist es die Interaktion auf der Raven.

Schon kurz nach Spielbeginn kommen die Vertreter der verschiedenen Völker Rivellons auf unser Flaggschiff und konfrontiert uns mit deren Anliegen. Krankenversicherung für alle? Das macht uns bei den Elfen, den Echsen und den Imps beliebt. Die Zwerge und die Untoten sind davon aber nicht begeistert.

Zwangsrekrutierung zum Kriegsdienst? Finden die Zwerge klasse, aber man ist bei den Elfen unten durch... Generell lässt Larian kein heisses Eisen im Feuer: Sterbehilfe, Homosexualität, Religion, Pressefreiheit... Jedes politisch halbwegs aktuelle Thema wird angesprochen.

So entpuppt sich z.B die heißblütige Scarlett die uns beim ersten Treffen sexuelle Avancen macht später als Lesbe die sich aus Angst vor Diskriminierung nicht getraut hat zu ihrer Sexualität zu stehen.

Dadurch das ich jedoch konsequente Pro-Homosexualität Politik betrieben habe und auch gegenüber den anderen Generälen klar gemacht habe das mir piepsegal ist wer wann mit wem und warum in die Kiste steigt konnte sie letzten Endes sich aus ihrem eigenen Käfig befreien.

Als Belohnung erhielt ich eine sehr mächtige Söldnerkarte.

Generell urteilt Dragon Commander nie über die Moral des Spielers was ich sehr angenehm fand.

In einer cool gemachten Tageszeitung sehen wir die Folgen unserer Politik und unserer Forschung in Schlagzeilen: Unsere Zerstörer sind z.B den gegnerischen unterlegen, unsere Ehefrau hat mit Imp-Keksen ein Massaker angerichtet weil sie Sprengstoff enthielten (Imp-Kekse eben!) und die Zufriedenheit bei den Untoten ist auf dem Tiefpunkt seit Scarlett und Henry bei einer Geiselbefreiungsaktion einen Kindergarten der Untoten in die Luft jagten.

Ein cooles Feature habe ich allerdings vermisst: Und zwar einen Vergleich bei den Ratsentscheidungen. Mich hätte es interessiert wie sich andere Spieler bei den Anträgen entschieden haben. Dennoch: Durch die direkten Einflüsse auf die Moral der Bevölkerung unter eurer Knute ist der Rat einfach eine extrem cool umgesetzte Idee.

Moral? Söldnerkarten? Ja genau! Denn dieser Spielteil ist nicht nur zum Selbstzweck sondern hat direkten Einfluss auf die strategischen Möglichkeiten die wir haben. Die Elfen z.B lieben uns abgöttisch: Kaum ein Antrag dem wir nicht zustimmen, was daran liegt das ich wie ich feststellen musste wohl sehr elfisch denke. Das Ergebnis ist das wir in Echtzeitschlachten riesige Armeen aufstellen können solange wir in elfischem Gebiet kämpfen.

Die Zwerge finden uns hingegen - gemeinsam mit den Untoten - zum Kotzen. Entsprechend steht uns nur eine kleine Armee zur Verfügung und die Einkünfte aus diesen Gebieten sind unter aller Kanone.

Und hier kommen die Sammelkarten ins Spiel: Jede Sammelkarte - bis auf die seltenen Dauerkarten - ist einmalig verwendbar. Manche geben uns zusätzliche Einheiten in der nächsten Schlacht. Das reicht vom simplen Kampfläufer bis zu einer Flotte Zerstörer. Andere stärken Einheiten von uns oder schwächen die des Gegners. Wer z.B eine "Raketenläufer richten 50% weniger Schaden an"-Karte mit einer "Raketenläufer haben weniger Hitpoint"-Karte kombiniert ist in Drachenform eigentlich schon praktisch unbesiegbar.

Und wenn das alles nicht reicht stehen noch Karten zur Verfügung die uns für eine Runde Kräfte oder Einheiten geben auf die wir gar keinen Zugriff haben dürften.

 

Drachenopferung

Als echter Kaiser und Monarch darf natürlich auch ein liebendes Eheweib nicht fehlen. Hierbei wird von Larian nichts idealisiert: Im Mittelalter waren Ehen in erster Linie politische Allianzen. Demzufolge haben wir die freie Auswahl zwischen einer Untoten, einer Zwergin, einer Echsin und natürlich einer Elfe. Die Prinzessin der Imps hat sich bei einem Bombenbauwettbewerb selbst in die Luft gesprengt. Schade, denn der Fraktionsführer der Imps ist so cool das ich seine Prinzessin blind geheiratet hätte.

So oder so: Die Ehefrauen sind allesamt auf ihre eigene Art cool bis liebenswert und passen somit super zu den restlichen Charakteren an Bord der Raven. Und wenn es in der Ehe kriselt? Dann wendet euch doch an den Schiffseigentümer und Scheidungsanwalt mit teuflischen Zusatzfunktionen...

Wer das ist? Wenn ihr das wissen möchtet solltet ihr Dragon Commander wohl am besten selbst spielen!

 

Fazit: Genremix mit Höhen und Tiefen

Ich mag Dragon Commander. Das Spiel ist weit entfernt von Perfektion. Würde ich es als Echtzeitstrategietitel bewerten würde es wohl die 40% nicht knacken. Überhaupt würde ich soweit gehen und sagen das keiner der Einzelteile wirklich bahnbrechend gelungen ist. Wenn man jedoch alles zusammen in eine Bowle mixt und zum Schluss ordentlich Grenadine in Form von Interaktion auf der Raven reingießt dann merkt man nicht das der eine oder andere Bestandteil etwas schal ist.

Wer ein reinrassiges Echtzeitstrategiespiel sucht ist überall anders besser beraten. Wer einen nett gemachten Genremix sucht darf aber bedenkenlos zugreifen.


Wertung
Pro und Kontra
  • Tolle Interaktion auf der Raven
  • Nette Action in Drachenform
  • Nett gestaltete Echtzeitkarten
  • Gute Effekte
  • Miese Einheitenmodelle
  • KI nicht auf der Höhe
  • Einheitenbalance mau
  • Drache zu mächtig

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(4)
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