Tote offene Spielwelt

Grösser ist nicht besser - Open World wie man es nicht macht! DRAGON AGE: INQUISITION zeigt es deutlich als Negativ-Beispiel wie Open World nicht aussehen...

von - Gast - am: 06.02.2018

Grösser ist nicht besser - Open World wie man es nicht macht!

DRAGON AGE: INQUISITION zeigt es deutlich als Negativ-Beispiel wie Open World nicht aussehen sollte, den grösser ist nicht automatisch besser!

Der dritte Teil der DRAGON AGE Reihe ist leider auch der mit Riesenabstand schlechteste Teil der Serie, der zu Unrecht sehr viele gute Bewertungen abgestaubt hat, und eigentlich nur Glück hatte vor THE WITCHER 3: WILD HUNT, den vergleicht man beide Spielwelten miteinander ist INQUISITION nur peinlich. Im Vergleich zum direkten Vorgänger DRAGON AGE 2, das von vielen als "Schnellschuss" verschrien wurde und vergleichsweise winzig und abwechslungsarm erscheint fällt sehr schnell auf, dass man in Sachen offener Spielwelt durchaus gravierende Fehler machen kann.

Selbst SKYRIM hat 3 Jahre vorher eine deutlich bessere und lebendigere Welt erschaffen und konnte bis zum Erscheinen von THE WITCHER 3 durchaus als absolute Referenz in Sachen Open World angesehen werden.

Das grösste Manko: die Spielwelt in INQUISITION wirkt gross, leblos und steril. NPCs sind angewurzelt und bewegen sich (bis auf ein paar wenige Ausnahmen) gar nicht. Die Gegner sind strohdumm. Befinden wir uns nicht auf derselben Ebene wie sie werden wir oftmals ignoriert. Die meisten Gegner die wir treffen sind Templer und Magier die einander bekämpfen und von denen es scheinbar nur jeweils ein Modell zu geben scheint.

Generische Events wie in SKYRIM sucht man vergebens, es gibt keine randomisierten Events, hat man alle Gegner in einer Gegend geplättet ist die Spielwelt öde und tot.

Unerklärlicherweise hat man auch komplett auf einen Tag/Nacht-Zyklus verzichtet. Das konnte man bei ORIGINS noch einigermassen verschmerzen, DRAGON AGE 2 hat es ganz anders und relativ geschickt gelöst aber hier ist es einfach unverzeihlich.

Weltuntergangsstimmung light als Popart

INQUISITION macht schon bei der Wahl des Grafikstils sehr viel an potenzieller Atmosphäre kaputt: der Popart/Comichafte Grafikstil stellt das krasse Gegenteil zum düsteren und wesentlich passenderen Stil von DRAGON AGE: ORIGINS dar. Bedrohlich wirkt in Ferelden rein gar nichts mehr. Die Monster laden eher zum knuddeln ein als zum fürchten, die Spielwelt ist quietschbunt. Die Charaktermodelle sehen eher aus wie Mangafiguren.

Auch die Story musste federn lassen: während in ORIGINS wirklich teilweise schockierende Storyelemente vorhanden sind (Redcliff Quest) und die Helden sich während des Kampfes ordentlich (und zugegebenermassen übertrieben) im Blut der Feinde suhlten, ist in INQUISITION von Dark Fantasy keine Spur mehr vorhanden. Gerade diese Dark Fantasy Atmosphäre hat für mich den grössten Reiz an ORIGINS ausgemacht.

Ist das überhaupt noch ein Rollenspiel?

Scheinbar in Mode gekommen scheint die Casualisierung - also die Vereinfachung - der Rollenspielelemente zu sein. Waren in klassischen Rollenspielen das Auswürfeln von Attributen wie Stärke, Intelligenz und Konstitution fester Bestandteil der Charaktergenerierung, wird jetzt mehr Wert aus das Aussehen der Spielfigur gelegt. Attribute werden in INQUISITION nur noch passiv erhöht, in den Vordergrund sind jetzt Skill gerückt, also ein "Instant Gratifikationssystem": hat es in alten RPGs lange gedauert bis ein Held stärker wurde, führen die jeweils bei jedem Levelaufstieg wählbaren Talente zur sofort bemerkbaren Verbesserung. Ein Verskillen ist praktisch unmöglich.

Ein Rassen- und Klassen-Overkill gibt es auch nicht mehr: Es stehen diesselben Rassen und Klassen wie aus ORIGINS zur Verfügung, also Mensch, Elf, Zwerg (neu hinzugekommen ist eine 4. spielbare Rasse, der Qunari), und Krieger, Schurke und Magier. Wie man die Klassen einsetzt ist fest vorgegeben: Krieger haben sie Wahl zwischen Einhandwaffe und Schild oder Zweihandwaffe, Schurken zwischen Pfeil + Bogen oder 2 Dolchen und Magier benutzen Zauberstab und Magie.

Auch die Talentbäume der Klassen sind fest vorgeschrieben und betreffen ausschliesslich Kampfskills. "Passive" Skills wie Schlösser knacken oder "Überzeugungskraft" wurden ganz verbannt: jeder Dieb kann jetzt gleich gut Schlösser knacken. Echte RPG Cracks haben daher keine Möglichkeit wirklich experimentierfreudige Charakter-Builds zu erschaffen, im Grunde ähnelt sich jeder Schurke bis auf die Wahl eines Fern- oder Nahkämpfers.

Als absoluter Oldschool RPG Fan wird man daher von INQUISITION in dieser Hinsicht eher enttäuscht sein.

Storytelling und Charaktere zum Vergessen

Deutlich an Reiz verloren haben die Charaktere im Vergleich zum Vorgänger: waren Varrick, Cassandra und Hawke (ja Hawke hat einen Gastauftritt) in DRAGON AGE 2 noch voller Elan, sind sie in INQUISTION vollkommen verblasst. Lediglich Neuzugang Sera konnte mich begeistern.

Auch die Klischee-überladene Story und der alte Konflikt Magier gegen Templer hinterlassen keinen bleibenden Eindruck. Wir sind wieder als Weltenretter unterwegs, die Dunkle Brut jedoch ist ledliglich eine Fussnote.

Innerhalb der ersten Stunde wandeln wir uns von meistgehassten und Hauptverdächtigen Massenmörder zum Propheten von Andraste, das geht derart unplausibel schnell und wirkt richtig aufgesetzt. Vom genialen Storytelling eines ORIGINS ist nichts mehr übrig geblieben und auch die Story von DRAGON AGE 2 sieht vergleichsweise episch aus im Vergleich zu INQUISITION.

Konsole first, PC last

Offensichtlich hat man INQUISITION zu allererst für Konsolen konzipiert und dann sehr schlampig für den PC portiert. Das HUD ist überproportional gross, die Charakterportraits an Hässlichkeit nicht zu überbieten, eine Riesentalentleiste und Minimap und die konstant eingeblendeten Quests (man könnte ja vergessen wo man hin muss wenn man den Quest nicht permanent vor Augen hat), all das nimmt schon fast gefühlte 2/3 des Bildschirms ein. Hätte man nicht für den PC die Option einrichten können die Grösse des HUD in mehreren Stufen einzustellen? Ich sitze direkt vor dem Monitor und nicht 10 Meter entfernt!

Die Steuerung ist eindeutig für einen Controller konzipiert und per Maus und Tastatur ist ungenau und katastrophal. Um einen Gegenstand einen Gegenstand aufzuheben, muss ich mich milimetergenau daneben positionieren (oft durch mehrmaliges hin- und herlaufen, das die Spielfigur gerne noch etwas weiterläuft nachdem ich die forwärts-lauf-Taste losgelassen habe). Danach darf ich mit der Maus in einen 0,5 cm Kreis rechtsklicken (bloss nicht den Cursor ausserhalb dieses Kreises bewegen!) und aus dem aufgepoppten Menü entweder jeden zu lootenden Gegenstand einzeln oder "alles looten" auswählen.

Das Inventar ist ein einziger Menü-Jungel in dem man sich nicht wirklich verlaufen will. Das bis dato wahrscheinlich komplizierteste Inventarsystem das je in einem Spiel vorkam.

Die Taktikansicht aus ORIGINS hat man auch wieder eingebaut, nachdem viele sie in DRAGON AGE 2 schmerzlich vermisst haben, ich habe sie nie eingesetzt da die Steuerung hier auch extrem fummelig ist, die Übersicht sehr zu wünschen lässt und die Kämpfe eigentlich kein bisschen Taktik mehr erforden.

Crafting und Sammelwut

Belangloses Beiwerk ist hier das Craftingsystem, das dank dem Inventarsystem wine Wissenschaft für sich darstellt (und das nicht in einem positiven Aspekt), da vergeht einem jegliche Lust am Craften, zumal das Resultat kaum den Aufwand rechtfertigt.

Sammel und Fetchquests sind an der Tagesordnung und entlocken dem spieler höchstens ein gelangweiltes Gähnen. Die Motivation diese Side-Quests zu verfolgen sinkt sehr schnell gegen NULL.

SJW Appeasement bei Bioware: die Romanzen

Bioware ist sicherlich ein Pionier wenn es darum geht Homo-Romanzen in ihre Spiele einzubringen. Aber bei DA:I haben die Damen und Herren von Bioware ziemlich übertrieben mit ihrer SJW-Appeasement Politik: Es gibt mehr Homo-Optionen für Romanzen als Hetero. Ich bin kein Fan von Romanzen in Spielen (hey, die Welt geht unter und Monsieur Hero hat nichts besseres zu tun als A***verkehr????), ich weiss es gibt aber viele Spieler die es für wichtig erachten. Fakt ist, die Homosexuellen stellen die Minderheit dar und das sollte sich deshalb in den Romanzen auch wiederspiegeln.

Auch extrem nervig: wenn man keine Romanze eingehen will wird man auch ständig angebaggert. Das ganze hätte man durchaus zurückfahren sollen!

Postive Aspekte sucht man mit der Lupe...

oder besser mit dem Mikroskop! Ein langweiligeres Spiel als INQUISITION ist mir schon lange nicht mehr untergekommen! Das aktive Kampfsystem ist Geschmackssache, mir gefällt es schon besser als das passive ORIGINS System, wenn schon kein rundenbasiertes System. Das wäre aber bei der gesamt Vereinfachungswut hier sicherlich fehl am Platz gewesen.

Der interaktive Kartentisch war eine nette Idee, die Umsetzung leider nicht so ganz, hier müssen wir erstmal Einfluss sammeln und können erst nach und nach die Gegenden freischalten, dadurch sind nicht alle Gegenden sofort betretbar. Immerhin kriegen wir hier auch passive Boni spendiert (z.B. zusätzlichen Loot). Hier gab es allerdings noch unausgeschöpftes Potenzial.

Fazit

Mich hat DRAGON AGE INQUISITION extrem enttäuscht. Es ist das beste Beispiel wie man eine Open World nicht gestalten sollte: leblos und öde. Sowohl Story, Quests, NPC-Charaktere, Atmosphäre, Langzeitmotivation und Charaktersystem kommen viel zu kurz, von der Dark Fantasy des Originals ist nichts mehr übrig geblieben. Den Hauptquest habe ich nie ganz durchgespielt, irgendwann war schlicht und ergreifend einfach keine Motivation mehr vorhanden. Die Nebenquests sind an Langeweile nicht zu überbieten: Fetch dies, sammel x von dem. Diese dienen lediglich dazu die Spielzeit künstlich in die Länge zu ziehen - zäh wie Kaugummi. DRAGON AGE: INQUISITION it nicht einmal ein durchschnittliches Spiel. Das es so viele sehr gute Wertungen abstauben konnte ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Wenn das die Zukunft von Bioware ist, dann ohne mich!


Wertung
Pro und Kontra
  • Actionorientiertes Hack n Slash Kampfsystem ist das bisher beste in einem Dragon Age Spiel
  • interaktiver Kartentisch-"Drumherum" (leider nicht wirklich 100% ausgereitzt)
  • langweilige, tote offene Welt
  • kein Tag/Nach-Zyklus
  • Welt voller angewurzelter Statisten
  • langweilige Charaktere
  • Charakterentwicklung extremst vereinfacht
  • keinerlei Taktik nötig
  • alptraumhaft schlechte, konsolige Steuerung
  • riesen Konsolen-HUD
  • null Atmosphäre

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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