„Dystopie“ vom feinsten

Ich will gleich sagen dass ich ein waschechter Fallout 3-Fanboy bin. Dem Spiel eine Wertung oberhalb der 95 zu geben, ist trotzdem ungerechtfertigt, und daher...

von Bakefish am: 24.10.2013

Ich will gleich sagen dass ich ein waschechter Fallout 3-Fanboy bin. Dem Spiel eine Wertung oberhalb der 95 zu geben, ist trotzdem ungerechtfertigt, und daher versuche ich einen so objektiven Bericht wie möglich abzugeben. Aber eines sage ich im Voraus: Das Spiel hat es einfach drauf.

 

1950? 2277? Ach, ist doch egal…

Auch wenn Fallout 3 im Jahre 2277, 200 Jahre nach einem verheerenden Atomkrieg spielt, bekommt man alles andere als eine zukunftsklischeehafte Welt serviert. Nein, es ist die klischeehafte Welt der 1950er Jahre. Kulturell ist Amerika nämlich in dieser Zeit steckengeblieben, während es technisch rasant aufwärts ging. Haben wir es also auf der einen Seite mit Laserwaffen, atombetriebenen Autos und hochintelligenten Robotern zu tun, winken auf der anderen Seite fröhliche Familien, typische 50er Jahre Mode und Musik und übertrieben amerikanischer Patriotismus.

Doch dann wurde die heile Welt der Amis durch den Atomkrieg zerstört- und nun ist alles den Bach runter gegangen. Einige Menschen hatten sich vorübergehend in Vaults zurückgezogen, um die Katastrophe so zu überwinden, doch schon nach recht kurzer Zeit kamen sie wieder heraus und wurden vom frisch verstrahlten Ödland begrüßt.

Alle Vaults? Nein! Die Vault 101 steht immer noch, das Tor hat sich (so gut wie) nie geöffnet in diesen Jahren, und niemals wird dort jemand herauskommen. Heißt es.

Das Spiel beginnt mit unserer Geburt, es gibt einige Sequenzen, einmal sind wir 1 Jahr alt, dann 10, dann 16 und letztendlich 19. In diesen recht kurzen Spielszenen treffen wir die Entscheidungen, die für das gesamte weitere Spiel Bedeutung tragen werden. Und als wir dann 19 sind, verschwindet unser Vater spurlos aus der Vault. Schnurstracks läuft Sohnemann oder Tochterfrau ihm hinterher, um zu wissen, warum. Und eine lange, große und gefährliche Reise ins Ödland beginnt.

Waffen und Bomben und Reden und Schleichen und Klauen und Reden…

Fallout 3 hat etliche Eigenschaften, die es so besonders machen. Ich versuche mal, die wichtigsten aufzuzählen.

Anfangen tut das Spiel mit dem sogenannten S.P.E.C.I.A.L.-System, mit welchem wir die Grundphysik unseres Charakters festlegen. Dabei steht jeder der Buchstaben für eine Abkürzung, das S beispielsweise steht für „Strength“, also Stärke, und bestimmt wie viel unser Charakter tragen kann, das P für „Perception“, also Wahrnehmung und entscheidet unter anderem, ab welcher Entfernung wir Feinde wahrnehmen können. So kann man anfangs dem einen Punkte hinzugeben und dem anderen dafür abziehen- in diesem Falle können wir entweder den blinden Muskelprotz oder das schmächtige Adlerauge wählen.

Das S.P.E.C.I.A.L.-System wirkt sich auch auf unsere Skills aus. Mit jedem Level, welches wir aufsteigen (insgesamt gibt es 20, plus DLC 30), erhalten wir eine gewisse Anzahl an Skillpunkten, welche wir über insgesamt 15 Fertigkeiten wie Schleichen, Hacken, kleine Waffen, Feilschen oder Sprache verteilen können. Dies unterstützt die ganz individuellen Wege, die wir beschreiten können.

Und da liegt der Knackpunkt des Spiels- es gibt ein Karmasystem, welches in unseren Entscheidungen mitspielt. Für viele der massig vorhandenen Quests gibt es mehrere Lösungswege. Wir können beispielsweise unseren Charme spielen lassen und so Personen, welche uns Informationen verbergen, dazu manipulieren, sie uns zu geben. Dies wäre der gute Weg. Weg Nummer zwei wäre, die Informationen mit Waffengewalt aus ihnen hervorzuholen- der schlechte Weg. So sammeln wir immer mehr gutes bzw. böses Karma, welches die Einstellung der Personen zu uns ändert. Entweder spielen wir den Messias oder den Teufel nach- die Entscheidung ist ganz dem Spieler überlassen.

Versagt die Sprache, müssen wir mit Waffengewalt ranklotzen- und an Waffen bietet uns das Spiel Unmengen. Baseballschläger, Messer, verschiedene Schusswaffen, Granaten, schwere Waffen- je nachdem, wie wir uns geskillt haben, ist der eine oder andere Waffentyp effektiver. Dabei kann man unter anderem auch schleichen und sich feindlich (oder auch nicht feindlich) gesinnten Charakteren klammheimlich annähern, um sie von hinten auszuschalten. Während des Kämpfens werden wir auch von einem Fallout-internem System unterstützt, das V.A.T.S. Aktivieren wir es, wird das Spiel angehalten und wir haben die Möglichkeit, mit unserer Waffe bestimmte Körperteile eines Feindes anzuvisieren. Dies hat den Effekt, dass wir ihre Körperteile verkrüppeln können- so sind sie bei verkrüppelten Armen beispielsweise nicht mehr in der Lage, einige Waffen zu tragen oder laufen bei verwundeten Beinen langsamer. Blöd ist in der Bedienung dabei nur, dass wir immer nur eine Waffe gleichzeitig bei uns tragen können und jedes Mal, wenn wir wechseln wollen, auf den Pip-Boy zugreifen müssen, es sei denn, man hat sich einige Tastenkürzel geschaffen.

Apropos Pip-Boy- dieses kleine Gerät begleitet uns das ganze Spiel. Die Welt- sowie lokale Karte, sämtliche Waffen und Rüstungen, die wir mit uns herumschleppen, der Status unseres Charakters, verfügbare Medizin und noch mehr sind hierdrin gespeichert, wir steuern also alles damit. Kombiniert mit dem coolen Design eine wirklich gute Idee, alles so ins Spiel direkt zu integrieren.

Waffen und Rüstungen (von denen uns einige auch ganz spezielle Boni geben) müssen jedoch über den Lauf der Zeit repariert werden, dabei braucht man (in den meisten Fällen) einfach nur die gleiche Waffe nochmal- und einen ausreichenden Reparaturskill. Alternativ kann man sie auch bei anderen Charkteren reparieren lassen, das kostet jedoch teuer Geld.

Da ich schon dabei bin- nicht Dollar sind in diesem Spiel das Geld, sondern Kronkorken. Diese können wir uns auf unterschiedlichste Wege erarbeiten- entweder verdienen wir sie uns durch Abschließen von Quests, Gegenständen, die wir verkaufen oder wir finden sie einfach. Man kann sie auch stehlen, was allerdings nicht besonders gerne gesehen wird…

Auch gibt es im Spiel keine Gesundheitsregeneration, wir müssen wieder auf die klassischen Gesundheitspacks (oder in diesem Falle: Stimpaks) zurückgreifen. Auch können wir, wenn wir zu lange in den entsprechenden Bereichen standen oder verseuchte Nahrung zu uns genommen haben, an Strahlenkrankheit leiden oder an Drogenabhängigkeit, wenn wir das entsprechende Medikament zu oft zu uns genommen haben. In diesem Falle helfen der vor Ort ansässige Arzt oder andere Medikamente.

Kreaturen unterschiedlichster Art laufen uns entgegen, einige sind uns freundlich gesinnt, andere nicht. Die meisten Menschen in den jeweiligen Dörfern tun uns nichts, doch die meisten außerhalb davon. Vor allem jedoch bekommen wir es mit bösartig mutierten Monstern zu tun, welche teils ziemlich fiese Angriffe auf sich haben. Leider ist die KI der Gegner nicht besonders gut geraten. Teils neigen sie zu recht dämlichen Verhalten, wie einfach mal blöde aus der Deckung zu stürmen.

An sich bietet Fallout somit einen riesigen Umfang- was jedoch die Bedienung anfangs etwas erschweren könnte. Auch nervt manchmal das umständliche Hin- und Herschalten beim Pip-Boy.

Wo ist die Endzeit?

Recht schnell bemerkt man im Spiel, dass die Endzeit in Fallout 3 kaum vorhanden ist- während Metro 2033 beispielsweise gerade davon lebt, wimmelt es in Fallout 3 nur so von irgendwelchen Fraktionen, die sich gegenseitig auf dem Korn haben und denen wir auch oft genug begegnen.

Trotz dessen sind wir meistens alleine unterwegs- und da kommt der springende Punkt des so genannten „Fallout-3-Flairs“. Mithilfe unseres Pip-Boys können wir auch Radio hören, anfangs nur in Teilen des Ödlandes, später überall. Und die Musik, welche Bethesda sich ausgesucht hat, ist der Hammer (typische 50er Jahre Musik). Tags- oder nachtsüber durch das Ödland zu laufen, diese Musik nebenbei zu hören, die Ruinen des alten Washington D.C`s zu sehen und nebenbei noch einen Haufen Gegner abzuknallen, ist ein einfach unbeschreibliches Gefühl, man leidet zu 80 Prozent der Spielzeit unter Ohrwürmern. Spielt man das Spiel jedoch einige Stunden am Stück, merkt man recht schnell, dass sich die Musikstücke immer wieder wiederholen. Doch diese Art der Atmosphäre hatte ich in keinem anderen Spiel und vor allem nicht mit so einer Intensität erlebt. Ein ganz dickes Plus dafür!

Leider ist das Spiel alles andere als bugfrei, was manchmal auch für Frust sorgen kann, vor allem, da Fallout 3 auch Probleme mit Multicore-Prozessoren hat. Das kreide ich dem Spiel wirklich an, da die vielen Bug für Frust sorgen dürften.

Weitsicht vom feinsten

Grafisch beeindruckt das Spiel vor allem durch seine Weitsicht, die einige Kilometer hergibt. Doch allgemein leidet das Spiel unter schwach aufgelösten Texturen und allgemein nicht mehr zeitgemäßer Grafik. Doch an sich interessiert mich die Grafik nicht viel.

Fazit

Wenn ich könnte, würde ich dem Spiel eine Wertung von 95 Punkten geben. Objektiv betrachtet sind es jedoch weniger Punkte- eine recht lausige KI, Bugs und das recht umständliche Menü bringen das Spiel auf „nur“ 91 Punkte. Trotzdem ist es das Spiel vor allem für Rollenspielfans wert, allemal gekauft zu werden.


Wertung
Pro und Kontra
  • gute Hauptstory
  • etliche Quests und Items
  • unglaublich viele Spielstile
  • S.P.E.C.I.A.L.
  • Genial inszenierte Atmosphäre
  • Entdeckertrieb wird herausgekitzelt
  • Bugs
  • lausige KI
  • gewöhnungsbedürftige Bedienung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(2)
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