Das Imperium der Honigdachse schlägt zurück

Dieser Test wurde zur Verfügung gestellt von fan-resort.com   Vorsichtig schleichen wir uns an den Außenposten an. Von der Bergkante aus...

von Tsabotavoc am: 28.12.2014

Dieser Test wurde zur Verfügung gestellt von fan-resort.com

 

Vorsichtig schleichen wir uns an den Außenposten an. Von der Bergkante aus können uns die Soldaten der Royal Army unmöglich sehen. Im selben Moment als wir das Scharfschützengewehr in Anschlag bringen beisst uns ein Leopard in den Hintern. Mehrere Salven aus dem Sturmgewehr später ist das Dreckvieh tod, wir schwer verletzt und die komplette Royal Army auf uns aufmerksam.

An welchen Stellen ich am liebsten die Maus in die Ecke gepfeffert hätte und warum ich Far Cry 4 trotzdem für eine Shooterempfehlung halte? Dazu mehr im Test.


Willkommen in Kyrat!

galery

UbiSoft lässts mal wieder krachen... Und wusstet ihr schon das Honigdachse ausgewachsene Löwen im Zweikampf töten können?

Es hätte alles so schön einfach sein können: Ajay Ghale wird von seiner Mutter in einen Zwergstaat im Himalaya geschickt um ihre Asche zu verstreuen. Doch schon die Anreise geht gründlich schief: Bei der Grenzkontrolle eskaliert die Situation und es kommt zum Feuergefecht. Und ehe wir uns versehen sitzen wir zu Tisch des örtlichen Despoten - Pagan Min - der sich zudem als unser Onkel herausstellt. Nach einer turbulenten Flucht landen wir dann auch bei den anderen Verrückten: Dem Goldenen Pfad der von unseren Eltern gegründet wurde.

Im Laufe der nächsten zwanzig Stunden habe ich mich öfter gefragt: Sind Amita und Sabal - die Anführer des Goldenen Pfads - wirklich eine brauchbare Alternative für Kyrat? Zumindest mir kamen immer mehr die Zweifel ob ich in dem Konflikt wirklich auf der richtigen Seite stehe.

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Nein das ist kein Lageplan des Berliner Flughafens sondern die Karte von Kyrat nach ca. 15 Stunden. Jedes Symbol steht dabei für eine optionale Aufgabe. Ich habe ca. 30 Stunden gebraucht um den Großteil des Landes zu befreien.


Die pure Anzahl an Nebenaufgaben und Ereignissen die auf einen Einprasseln ist dabei schlicht überwältigend: Tiere jagen, Tierangriffe abwehren, Rennen fahren, Außenposten befreien, Festungen angreifen, Pelze sammeln, Radiotürme erobern...

Nicht alles davon hat mir wirklich Spaß gemacht. FarCry 4 ist diesbezüglich wie die Pizza Vier Jahreszeiten: Jeder wird seine leckere Ecke finden aber auch sein Sardellenstück. Wer wirklich die 100% sehen will muss sich also auch durch die weniger spaßigen Stellen durchquälen. Alle anderen können sich einfach das schnappen was Spaß macht und den Rest beiseite lassen.

Was das Spiel wirklich toll hinkriegt ist es eine lebendige Welt vorzugaukeln: Gerade noch sind wir in einem von uns eroberten Außenposten. Auf einmal prescht ein Royal Army Jeep in den Innenhof und der Bordschütze beginnt mit einer Maschinenkanone das Feuer zu eröffnen. Gleichzeitig stürmen aus den umliegenden Hügeln kaiserliche Eliten auf die Stellung zu. Der Außenposten wird angegriffen!
Ein Rebellensoldat läuft zum Mörser und binnen Sekunden wird aus einer halbwegs friedlichen Szenerie ein Kriegsschauplatz.

Immer wieder kann man Raubtiere auf der Jagd beobachten, oder auch einmal einen Revierkampf zwischen Tiger und Bär beiwohnen. Mehr als einmal habe ich mich ertappt dass ich eigentlich nur mal schnell den Radioturm erobern wollte und auf einmal in einem Drogenlastwagen mit quietschenden Reifen auf der Flucht vor der Armee bin, die ihr Heroin wieder haben möchte. Das ist für mich einfach ganz großes Open World Kino.


Open World Licht trifft auf Open World Schatten

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Wir fahren ein Rennen und benötigen 1:24 Sekunden für Silber.... Der Ranglistenführende schafft es in 30 Sekunden? Ja genau. Nicht einmal ein Honigdachs könnte das schaffen. Wusstet ihr das für die Jagd auf Honigdachs Hochgeschwindigkeitsmunition verwendet wird da eine normale Gewehrkugel die Haut oft nicht durchdringen kann?

Wenn wir eine Mission für Kyrati Films übernehmen werden wir bewertet und mit anderen Spielern der Welt verglichen. Das klingt mal toll! Bis wir feststellen, dass der Rest der Menschheit lügt und betrügt wie die Hunde. Das nimmt einfach den Spaß aus der Rangliste. Warum soll man versuchen sich zu verbessern und mit anderen zu messen wenn es von Cheatern nur so wimmelt?

Zudem wiederholen sich gewisse Versatzstücke in der Landschaft gerne, und auch vor der einen oder anderen hingeschluderten Stelle bleibt man nicht verschont.

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Zwei Grafikfehler zum Preis von einem: Die Schwebende Kiste spielt Skat mit dem 2D-Busch.

Man muss es einfach so sagen wie es ist: Viele Aufgaben in FarCry 4 sind reines Füllgut in meinen Augen. Andere Aufgaben die teilweise spaßig wären, werden durch Cheats vermiest.

Ein anderes Problem ist einfach die total überzogene Tierwelt. In ganz Kyrat gibt es kein tatsächlich realistisch agierendes Tier. Ich nehm es einem Bären oder Tiger ja ab, dass er mich angreift wenn ich in seinem Revier bin. Auch von Honigdachsen glaub ich das mittlerweile da die wirklich vor nichts und niemandem Angst haben. Aber das Adler aus Jux und Tollerei auf Menschen losgehen habe ich noch nie gehört.

Theoretisch können wir mit Pfeil und Bogen auf die Jagd gehen. Praktisch würde ich das nicht empfehlen. Jeder der versucht einen Bären mit einem Bogen zu erlegen ist verrückt: Ein Granatwerfer oder eine Maschinenkanone sind die Mittel der Wahl. Das erklärt auch die liberalen Waffengesetze der USA.

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Dieser Rebell wird von einem ausgewachsenen Braunbären angegriffen. Für den können wir nichts mehr tun.

Insgesamt macht Kyrat aber einfach Spaß und man kommt sehr schnell in diese "Nur noch diesen Außenposten befreien" Spirale an dessen Ende man sich mitten in einem Feuergefecht mit einem gepanzerten Konvoi befindet ohne dem Außenposten auch nur nahe gekommen zu sein.


Die Kampagne und die Charaktere


Herzstück von FarCry 4 ist aber die lange und größtenteils gute Singleplayerkampagne. Hierbei schließen wir uns den Rebellen des Goldenen Pfads an und erledigen, wahlweise für Amita oder Sabal, nach und nach Aufträge.

Dabei gaukelt uns das Spiel allerdings eine Entscheidungsfreiheit vor die es so gar nicht gibt: Egal für welche Seite man sich entscheidet: Die Handlung läuft an fest vorgegebenen Punkten wieder zusammen. Auch zwischenzeitlich merkt man Nichts davon ob nun Amita oder Sabal das Ruder in der Hand hält.

Generell ist es eine Wahl zwischen Pest und Cholera: Während Sabal der Meinung ist das Frauen in den Keller, und der Keller unter Wasser gehört möchte Amita das Land in ein riesiges Drogenkartell verwandeln.

Wen wir in der Kampagne erschießen oder verschonen, und wie wir handeln hat keinerlei Einfluss auf den Verlauf oder wie die Leute auf uns reagieren. Diesbezüglich steht Farcry 4 niemals im Verdacht ein neues Deus Ex zu werden.

Wirklich sympathisch war mir aber keiner der Charaktere. Die Missionen für Reggie und Longinus habe ich schon nach kurzem links liegen gelassen weil die einfach fürchterlich genervt haben.

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Einer der nervigsten Charaktere: Longinus. Er labert uns zuerst von Gott, dann von Waffen und dann von Blutdiamanten voll...







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Pagan Min hingegen ist richtig cool. Nach und nach entdecken wir an ihm viele interessante Facetten. Ein unaufdringlicher und glaubwürdiger Antagonist.






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Ist Noore nun unsere Verbündete oder eine Feindin? Pagan Min setzt sie unter Druck aber ein Teil von ihr gefällt sich gut als Herrin der Arena.







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Im Laufe des Spiels betreten wir auch Shangri-La. Hier dreht das Art-Design nochmals voll auf. Es ist zwar von Dämonen verseucht, dafür aber vollkommen frei von Honigdachsen!

Eine der nervigsten Missionen möchte ich euch aber nicht vorenthalten: In besagter Kampagnenmission müssen wir mit einem Scharfschützengewehr einen Undercoveragenten beschützen. Das wäre soweit nicht so wild wenn dieser nicht in drei von vier Anläufen hinter eine Lagerhalle und aus dem Sichtfeld gelaufen wäre. Dort wurde er natürlich abgeknallt.

Danach darf man - in der gleichen Mission - einem Flugzeug mit dem Fallschirm nachspringen. Vielleicht bin ich extradoof aber ich habe diese eine Passage knapp 30 Minuten immer wieder und wieder versucht bis es endlich geklappt hat.

Nervige Stellen in der Kampagne gibt es derer mehrere. Das wäre alles nicht so schlimm wenn man die Zwischensequenzen abbrechen könnte. Wenn man sich zum fünften Mal in Folge eine nicht abbrechbare Zwischensequenz reinziehen darf, weil der Checkpoint vor und nicht nach der Sequenz gesetzt wurde, kriege ich die Krise. Wie kann man eigentlich im Jahr 2014 so etwas essentielles wie eine Abbruchtaste für Cutscenes vergessen? Wir werden es nie erfahren.

Handwerklich macht Ubisoft nämlich ne Menge richtig: Die Fahrzeuge fahren sich gut, die Waffen machen ordentlich Wumms und die KI gibt sich keine Blöße. Die Royal Army beschießt verfolgt uns aktiv, nutzt Deckung und bombardiert uns auch mal mit dem Mörser wenn sie uns in einem Gebiet vermutet. Wie dann solche Schnitzer zustande kommen ist mir ein Rätsel.

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Eine der coolsten Missionen: Wir kapern einen Tanklaster um damit einen Wachposten zu sprengen der den einzigen Weg nach Nordkyrat blockiert.

Größtenteils aber sind die Hauptkampagnenmissionen einfach cool gemacht und überaus spaßig. Da sich die Kampagnenmissionen von Sabal und Amita zudem nochmals unterscheiden hat das Spiel auch einen gewissen Wiederspielwert. Ich gestehe aber das es bei mir nicht auf absehbare Zeit zu nem neuen Anlauf reicht.


Fazit: Wie ich den Krieg gewann und keiner hats bemerkt
Man merkt das die Open World letztendlich immer noch in den Kinderschuhen steckt. So toll es auch gemacht wurde: Irgendwie habe ich nie das Gefühl gehabt tatsächlich Kyrat nachträglich zu verändern. Vielleicht ist es aber auch realistisch: Manche Länder sind dazu verdammt sich in einem ewig andauernden Bürgerkrieg selbst zu zerfleischen.

Oder anders gesagt: Kyrat wirkt lebendig. Aber letztendlich ist es auch statisch. Dinge passieren nur wenn wir in der Nähe sind. Die entführten Geiseln werden auch in zwei Wochen noch entführt sein, und bald zu den Minen gefahren werden, wenn wir uns nicht darum kümmern. Das Spiel lässt uns Entscheidungen treffen - aber die sind eigentlich ohne echte Konsequenzen.

Generell würde ich mir mal wünschen, dass es wieder mal ein Spiel gibt das auch ohne Day One Patch spielbar wäre. Aber vermutlich ist das genauso absurd wie mein Wunsch einer Open World die glaubwürdig auf meine Handlungen reagiert.

Ansonsten ist Far Cry 4 genau das, was es sein will: Ein riesiger, aber auch routiniert angelegter, Abenteuerspielplatz. Ich wurde gut unterhalten und habe keinen Euro bereut.

Und einen hab ich noch: Wusstet ihr schon das Honigdachse von Schlangengiften einen Drogenrausch bekommen und die Schlange nach dem Erwachen als Katerfrühstück dient?

Das alles und noch viel mehr lernte ich dank Far Cry 4. Wo Honigdachse die einzig wahren Herrscher sind.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(3)
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