Seit dem US-Remake von
Spezialeinheit als Namensgeber
Das soll mit F.E.A.R. dank oben angesprochener Thematik, die mit ordentlich Blut verfeinert wurde, endlich anders werden. Zur Story: Im Gegensatz zu Monoliths Vorgänger-Spielen hält sich die Hauptfigur in ihrer Originalität in Grenzen. Man schlüpft Überraschung! in die Haut eines Elite-Soldaten einer Spezialeinheit. Diese heißt First Encounter Assault Recon und Scharfsinnige werden es schon bemerkt haben deren Kürzel ist auch Namensgeber des Spiels. Von einem echten Kriegs-Veteranen ist der Spieler aber zu Beginn noch weit entfernt. Gerade mal eine Woche steht man auf der Gehaltsliste von F.E.A.R. Nichtsdestotrotz wird der namenslose Held schon ins kalte Wasser geworfen. Denn Not ist am Mann. Paxton Fettel, ein mit paranormalen Fähigkeiten ausgestatteter Commander, ist durchgedreht und metzelt sich mit seiner durch Gedanken befehligten Klon-Armee durch die Einrichtungen der US-Regierung. Der Auftrag für den Spieler ist klar: Fettel eliminieren und die Lage beruhigen. Soweit so unoriginell.
Käsekenner aufgepasst: Alma kommt!
Schon in den ersten Spiel-Minuten wird aber klar, dass die ganze Sache nicht ganz so einfach ist, wie im kurz gefassten Briefing dargestellt. Nachdem die Kollegenschar innerhalb kürzester Zeit ihr (blutiges) Ende findet, stromert man schon bald alleine durch die dunklen Gänge von Fettels Unterschlupf. Dem nicht genug: In irrealen (Traum?)-Sequenzen läuft einem neben Fettel auch immer noch ein kleines asiatisches Mädchen namens Alma im roten Kleidchen über den Weg. Dann wirds meist richtig gruselig: Dank Slow-Motion, verzerrten Bildern und so netten Details wie blutenden Wänden sind diese Szenen ein klares Highlight des Spiel-Erlebnisses. Hier wird auch die anfangs angesprochene Ähnlichkeit zu den japanischen Horror-Filmen deutlich: Alma erinnert nicht nur ein bisschen an das kleine rachedurstige Mädel von The Grudge, dass schon Buffy-Star Sarah Michelle Gellar zum Kreischen brachte.
Herausfordernde KI-Gegner
Während diese Sequenzen zum größten Teil action-arm verlaufen, geht es dazwischen in bester Shooter-Manier ordentlich zur Sache. Fettels Anhänger werden im dem Directors Cut beiliegenden Comic zwar als mindless beschrieben, gehören aber zu den klügsten Shooter-Gegnern der Spiele-Geschichte. Geschickt (und mit Sprüngen, Rollen, etc auch bestens in Szene gesetzt) suchen die Polygon-Figuren hinter Wänden, Tischen und sonstigen Einrichtungs-Gegenständen Deckung. Wenn sie in der Überzahl sind, versuchen sie die alte Einkreis-Taktik. Während ein Gegner den Spieler von vorne auf Trab hält, greifen dessen Kollegen von der Flanke an. Das Ergebnis sind die herausforderndsten Kämpfe seit Far Cry. Von einigen KI-Aussetzern bleibt zwar auch F.E.A.R. nicht verschont, diese halten sich aber zum Glück in Grenzen. Nur manchmal übertreiben es die Gegner mit spektakulären Hechtsprüngen und Ausweich-Rollen zur Seite.
Max Payne lässt grüßen
Falls es mal wieder ganz dick kommt, haben die Entwickler zur Unterstützung die schon oben bei den Horror-Sequenzen erwähnte Slow-Motion-Funktion auch für den Spieler frei anwählbar gemacht. Per Knopfdruck verlangsamt man das Spielgeschehen in Max-Payne-Manier um sich herum. Während die Gegner dann nur mehr in Zeitlupe handeln, kann man selbst in aller Ruhe anvisieren und schießen. In alle Ruhe? Nun, nicht ganz. Wie beim schmerzenden Max gibt es auch in F.E.A.R. ein schrumpfendes so genanntes SlowMo-Meter, das sich aber immerhin innerhalb kurzer Zeit selbst wieder auflädt. Diese Leiste kann übrigens genauso wie die Lebensenergie mit farblich gefährlich leuchtenden Spritzen, die etwas abseits in den ansonsten sehr linear geführten Levels liegen, erweitert werden.
Leveldesign und Erzählweise mit Schwäche
Apropos Leveldesign: Da hätte dem Spiel etwas mehr Abwechslung gut getan. Besonders im Mittelteil unterscheiden sich manche Levels und Aufgaben nur gering voneinander. Leichte Erinnerungen an die unsäglichen Delta Labs von Doom 3 kann man hier kaum verdrängen. Ganz so schlimm wirds bei F.E.A.R. aber zum Glück nie, da es im Gegensatz zum id-Shooter gerade noch die Kurve kriegt und kurz vor dem Abdrehen ins spannende Story-Finish einschwenkt. Die Erzählweise ist übrigens auch merkbar von Doom 3 abgekupfert. In erster Linie wird die Geschichte durch Laptops und Anrufbeantworter weitererzählt. Selten läuft man anderen freundlichen und gesprächsbereiten Charakteren über den Weg. Diese kommunizieren dann aber zumeist eh lieber mit dem eigenen Vorgesetzten als mit einem selbst. Zwischensequenzen sind überhaupt absolute Mangelware da wäre bei der an und für sich spannenden und für einen Shooter überdurchschnittlich komplexen Story deutlich mehr drin gewesen. Die Spielfigur bleibt dadurch nicht nur namens- sondern auch farblos.
Nur geringe Ähnlichkeiten zu einem farbenfrohen Regenbogen bieten zwar auch zum größten Teil die einzelnen Levels, grafisch macht F.E.A.R. aber trotzdem einen hervorragenden Eindruck. Tolle Spezial-Effekte und detaillierte Charaktere stellen den Monolith-Shooter fast auf eine Stufe mit Half-Life 2 und Far Cry. Das Grau-in-Grau der meisten Spielabschnitte ist aber natürlich Geschmackssache und könnte bei manchen Spielern durchaus Depressionen verursachen. Ein breites Grinsen zaubert hingegen auf jeden Fall die keine Wünsche aufkommen lassende Steuerung auf die Zocker-Gesichter. Monoliths langjährige Genre-Erfahrung macht sich hier deutlich bezahlt. Auch der Sound ist 1a. Perfekter Raumklang lässt den Spieler immer wieder einen Blick nach hinten oder zur Seite werfen. Dazu gibt es eine stimmige Musik-Untermalung und eine sehr gelungene (englische) Sprachausgabe.
Nageln nur im Ausland
Shooter- und Horror-Fans kann man F.E.A.R. also nur wärmstens ans Herz legen. Beim Kauf sollten diese allerdings aufpassen, gibt es doch einige unterschiedliche Versionen. So ist die deutschsprachige Fassung um einige brutale Inhalte gekürzt worden. Wer mit der Nail Gun seine Kontrahenten an die Wand nageln will und ähnliche Splatter-Vorlieben hat, sollte besser zur englischen Version greifen. Bei dieser gibt es neben der normalen CD-Variante auch eine auf DVD veröffentlichte Directors Edition, bei der neben einigen Making-Of-Videos - die übrigens auch in der deutschen Version enthalten sind - ein dünnes Comic-Heftchen beiliegt, das kurz die Vorgeschichte erzählt. Nett, aber nicht essentiell. Da der Preis-Unterschied aber nur ein paar Euro beträgt, können Sammler ruhigen Gewissens zur Directors Edition greifen.
Fazit
Ganz schön gruselig. Nicht nur einmal lief mir bei Zocken von F.E.A.R. eine wohlige Gänsehaut über den Rücken. Für schwache Nerven ist das Spiel sicher nichts. NOLF-Macher Monolith hat nichts verlernt und bietet Shooter-Fans wie erwartet beste Unterhaltung. Intelligente Gegner, gute Grafik, stimmiger Sound und eine nette Story lassen kaum Wünsche aufkommen. Warum ich dann trotzdem nur vier Sterne hergebe? Zum einen traf das in grau gehaltene Szenario nicht wirklich meinen Geschmack. Die Insel-Welten von Far Cry gefielen mir zum Beispiel einfach deutlich besser. Zum anderen war ich von der Umsetzung der durchaus interessanten und im Spiele-Sektor sogar recht originellen Story enttäuscht. Dass Anrufbeantworter und Laptops keine idealen Erzähler sind, sollte Entwicklern spätestens seit Doom 3 klar sein. Atmosphärische Zwischen-Sequenzen gehen mir ebenso ab, wie eine kantige und charismatische Hauptfigur. Wie Gordon Freeman ist nämlich auch der F.E.A.R.-Kämpfer der ideale Sitz-Nachbar für lange Kino-Besuche stundenlang kommt kein einziges Wort über seine Lippen. Leute, die sich an solchen Mängeln nicht stören (oder diese nicht als solche sehen), werden mit F.E.A.R. aber mehr als zufrieden sein. Einen Tipp habe ich noch zum Abschluss: Beim Abspann unbedingt noch die Credits weiterlaufen lassen - da kommt noch was!
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