Gangsterkarriere – Aufstieg oder Absturz?

Ursprünglich wurde DMA Design mit dem Cartoon-Puzzler Lemmings bekannt. 1997 folgte ein ganz anderer Hit: Grand Theft Auto (häufig einfach GTA), ein...

von Corlagon am: 14.06.2018

Ursprünglich wurde DMA Design mit dem Cartoon-Puzzler Lemmings bekannt. 1997 folgte ein ganz anderer Hit: Grand Theft Auto (häufig einfach GTA), ein absichtlich kontroverses Verbrecher-Actionspiel, in dem wir ein richtiger Soziopath sein dürfen. Obwohl nicht so ganz ausgereift, wurde es zum Pionier unter den Erwachsenenspielen und erst recht unter den Sandbox-Spielen. Hier ein Test der Windows-Version.

 

Die eher dünne Rahmenhandlung von GTA besteht ganz darin, daß wir Verbindungen zu Verbrecherbanden haben und in der Draufsicht eine pseudofiktive amerikanische Großstadt namens Liberty City unsicher machen, bis uns das Pflaster zu heiß wird, woraufhin wir in die nächste Metropole wechseln, San Andreas und schließlich Vice City. Zu Beginn sind wir nur mit unseren Fäusten bewaffnet, es sind aber Kisten mit verschiedenen Gegenständen über die Stadt verteilt, meistens mit Pistolen und Maschinen­gewehren; die Munition ist zwar begrenzt, wir finden aber immer wieder neue. Es gibt noch einige andere Gegenstände, beispielsweise kugelsichere Westen, die uns vor einigen Schüssen schützen – relativ wichtig, da wir sonst bei nur einer Kugel das Zeitliche segnen, obwohl unser Schurke natürlich mehrere Leben hat und beim nächstgelegenen Krankenhaus landet.

Die meiste Zeit wollen wir aber in einem Auto unterwegs sein, dann sind wir wesentlich schneller als zu Fuß – solange uns niemand anders im Weg ist, wir können aber relativ problemlos auf eine andere Fahrbahn oder auch den Bürgersteig wechseln –, und der Wagen hält deutlich mehr Schaden aus, aber natürlich auch nicht unbegrenzt, nach ein paar heftigen Zusammenstößen solltet Ihr also besser umsteigen. Wir können einfach das erstbeste Auto anhalten, den bisherigen Fahrer rausziehen und selber einsteigen. Es existieren übrigens Dutzende verschiedener Modelle – Sportwagen, Käfer-Klone, Lieferwagen, Limousinen, Krankenwagen, Motorräder usw. – mit unterschiedlichen Eigenschaften. Je schneller wir sind, desto weiter zoomt die Kamera heraus, aber dennoch nicht unbedingt weit genug, um immer rechtzeitig reagieren zu können. Das Spiel wurde ursprünglich mit gedruckten Karten ausgeliefert; spielinterne fehlen ärgerlicherweise.

 

GTA1 ist als Arcade-Spiel angelegt – es gilt, mit begrenzten Leben so viele Punkte wie möglich zu machen, und es gibt eine High-Score-Funktion, für jeden Level separat. Haben wir eine bestimmte Punktzahl erreicht, dürfen wir den Level abschließen und den nächsten freischalten; pro Stadt gibt es zwei Level, also insgesamt sechs. Wir erhalten Punkte für verschiedene Straftaten – andere Autos beschädigen, Autos klauen und verkaufen, Leute überfahren usw., und können an einigen abgelegenen Orten in der Stadt abstrakte Multiplikatoren finden, durch die sich die danach verdienten Punkte vervielfachen. Leider wird eher früher als später die Polizei Jagd auf uns machen (sonst wäre das Spiel auch auf dem Index gelandet) und nimmt keine große Rücksicht auf Verluste; werden wir geschnappt (und nicht erschossen), geht in der Regel die Hälfte unserer Multiplikatoren wieder verloren. Die Hauptmethode, die Cops wieder loszuwerden, besteht darin, mit einem Auto in eine Werkstatt zu fahren (die exakten Positionen sind auf den gedruckten Karten leider nicht unbedingt gut zu erkennen, und wer sie gar nicht hat, hat ein Problem), um die Lackierung oder die Nummernschilder ändern zu lassen (etwas unrealistisch, aber egal). Allerdings kostet die Dienstleistung Geld, sprich: Punkte, was in der Anfangsphase einer Sitzung ein Problem sein könnte.

 

Auf Dauer wird das willkürliche Punktesammeln ohnehin langweilig, glücklicherweise sind wir Mitglied einer Gang und können für sie Aufträge erledigen – beispielsweise Fahrer bei Banküberfällen spielen, gegen rivalisierende Gangster aushelfen, das Hauptquartier der Polizei in die Luft jagen, weil ihr neuer Chef mehr Geld will als sein Vorgänger usw. usf. Für das Erledigen der Missionen bekommen wir dann relativ viele Punkte und auch Multiplikatoren. In der Regel zeigt ein Pfeil auf den Ort, zu dem wir als Nächstes müssen, allerdings gibt er nur die Richtung an und nicht etwa einen guten Weg zum Ziel; die externe Karte hilft auch nur bedingt, da wir meistens zwar den Stadtteil wissen, aber eben nicht den exakten Zielort. Dies ist besonders ärgerlich bei den immer mal wieder vorkommenden Missionen mit Zeitlimit, das üblicherweise ziemlich knapp bemessen ist. Zudem verbergen sich hinter vielen Aufträgen längere Missionsketten, die komplett abgebrochen werden, wenn wir ein Segment vermasseln.

Reguläre Aufträge bekommen wir bei Gruppen von Telefonen, wir wissen allerdings nicht vorher, um was es sich jeweils dabei handelt, und können auch nicht mehrere Aufträge gleichzeitig haben. Wahrscheinlich reichen sie ohnehin nicht aus, um auf die geforderte Punktzahl für den Abschluß des Levels zu kommen, es gibt aber auch noch zahlreiche Zusatzmissionen, die wir bekommen, wenn wir in bestimmte parkende Autos steigen. Unter den gelegentlich und zufällig auf unserem Pager ankommenden Nachrichten (ja, Gangster gehen mit der Zeit) können sich Hinweise darauf befinden (besser notieren, wir wollen ja nicht, daß die Queste, auf der wir uns bereits befinden, abgebrochen wird), allerdings nur in den frühen Leveln; allgemein wird von uns erwartet, daß wir sie, sowie gewisse Bonuskisten, von alleine finden in der großen Stadt. Gegenüber Perfektionisten erweist sich das Spiel somit als ziemlich sadistisch. Na ja, nach und nach tut es das ganz allgemein.

 

Die Technik des Spiels ist zwar auch nicht sonderlich eindrucksvoll, die nicht so ganz ernste Atmosphäre ist dafür jedoch gut gelungen, dafür ist auch in der deutschen Übersetzung genug von der Gangster-Sprache übriggeblieben, und die eintreffenden Pager-Nachrichten sind zum Teil völlig nutzlos, peppen das Spiel aber eben auf (leider aber nur in den frühen Leveln). Die Musikuntermalung gibt es standardmäßig durch Autoradios, was auch recht atmosphärisch ist (wer will, kann aber auch einfach alle Tracks der Reihe nach abspielen lassen). Gesteuert wird wahlweise mit Tastatur oder Joypad, dummerweise ist die Pause-Taste von der Konfiguration ausgenommen und liegt fest auf der Tastatur, und wenn man den Rückwärtsgang einlegt, sind links und rechts vertauscht im Vergleich zu dem, was man erwarten würde.

Leider steuern wir unsere Figur zu Fuß genauso wie die Fahrzeuge, und somit alles andere als flüssig, wodurch die immer mal wieder notwendigen Schießereien mit unseren Rivalen weitaus schwieriger sind als sie sein sollten, zumal wir selbst mit Panzerung nur wenige Lebenspunkte haben (mit Autos kommen wir üblicherweise nicht in diese Ecken, abgesehen davon explodieren ja auch die früher oder später). Ein Lebensverlust bedeutet häufig auch das Scheitern der Mission, außerdem sind unsere Leben wie gesagt begrenzt. Nun hält sich die Anzahl der Level zwar ziemlich in Grenzen, dafür sind sie jedoch äußerst lang, wir brauchen buchstäblich Stunden, um die erforderliche Anzahl Punkte zu sammeln – ohne die Möglichkeit, zwischendurch speichern zu können! Und zumindest auf neueren Windows-Systemen drohen auch noch Abstürze: Auf meinem Desktop-PC konnte ich das Spiel zwar theoretisch zum Funktionieren bringen, doch wenn ich zwischendurch zu einem anderen Programm schalte und wieder zurück, stürzt es zufällig ab. Auf meinem Laptop tut es das schon beim Start.

 

Zumindest in den PC-Versionen des Spiels können auch bis zu vier Spieler im Netzwerk gegeneinander antreten (leider gibt es keine Computergegner). Ihr könnt Euch Deathmatches liefern, die derjenige Spieler gewinnt, der als Erster wahlweise seine Gegner oft genug umgelegt oder eine bestimmte Punktzahl erzielt hat. Oder Ihr veranstaltet illegale Rennen („Cannonball“), mit drei möglichen Strecken pro Stadt. Diese Modi sind das Highlight von GTA, sie machen wirklich Spaß – zumindest habe ich sie so von damals in Erinnerung, denn auf den aktuellen PCs hier im Haus stürzten sie schon beim Versuch ab.

 

Wenn das Spiel denn läuft, tut es das wahlweise unter DOS oder unter Windows. Zudem wurde es auf die Playstation portiert, wo es vermutlich nicht abstürzt, aber auch keinen Multiplayer und komplett andere Musik besitzt, und sogar auf den Game Boy (genauer gesagt den Game Boy Color, aber abwärtskompatibel), mit geringeren Abstrichen als man denkt, aber Steuerungsproblemen.

 

Das allererste GTA ist wohl ein Paradebeispiel für verschenktes Potential. Offen angelegte Großstädte, die wir als skrupelloser Gangster vollkommen aufmischen können, das war damals absolut innovativ und einfach cool. Wollen wir es jedoch wirklich „durchspielen“, dann liegen uns sowas von Steine im Weg: Um die weiteren Level freizuschalten, müssen wir buchstäblich stundenlang Punkte sammeln, ohne alle unsere Leben zu verlieren, bei hohen Schwierigkeitsgrad und ohne die Möglichkeit, zwischendurch zu speichern. Kämpfe gegen andere Spieler funktionieren da schon eher; das Problem ist nur, genügend PCs zusammenzutragen, auf denen das Spiel nicht abstürzt.

 

Graphik: 5/10

Sound: 7/10

Steuerung: 5/10

 


Wertung
Pro und Kontra
  • in offenen Stadtwelten absolut die Sau rauslassen
  • schwarzhumorige Gangster-Atmosphäre
  • viel zu entdecken
  • während der langen Level kann nicht gespeichert werden
  • keine spielinternen Karten
  • unfreundliches Aufträge-/Punktesystem
  • Steuerung für Kämpfe ungeeignet
  • Abstürze und andere Bugs

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(0)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.