Um Klassen besser als DIABLO 3

1997 erschien Blizzard's DIABLO, erschuf nebenbei ein neues Genre und löste, ähnlich wie DOOM seinerzeit, eine Welle Nachahmern aus, die aber nie die...

von - Gast - am: 09.02.2018

1997 erschien Blizzard's DIABLO, erschuf nebenbei ein neues Genre und löste, ähnlich wie DOOM seinerzeit, eine Welle Nachahmern aus, die aber nie die Klasse des Originals erreichen konnten. Der enorme Erfolg von DIABLO brachte uns zwei sehr erfolgreiche Sequels, von denen aber auch keiner die Qualität des Erstlings auch nur ansatzweise erreichen konnte.

GRIM DAWN schafft es zwar meiner Meinung nach auch nicht den Ur-DIABLO vom Referenz-Thron zu stossen (DIABLO 1 würde von mir heutzutage nachwievor eine Wertung jenseits der 90 kassieren), schlägt wohl aber die beiden Sequels bei Weitem.

Endlich wieder Dark Fantasy

Ich liebe Fantasy, aber Dark Fantasy, nicht Tolkien Fantasy. Deshalb liebte ich auch DIABLO, denn DIABLO war ein Dungeon Crawler im Dark Fantasy Gewand. Haufenweise Untote, dazu die Düster-Dungeons - welch ein (Alp)Traum!

GRIM DAWN setzt auf ein ähnliches Szenario: zwar sind wir nicht mehr hauptsächlich im Dungeon unterwegs, aber in einer deprimierenden post-apokalyptischen Welt in der das Böse scheinbar gesiegt hat und die Menschheit kurz vor der Ausrottung steht.

In der Welt Cairn bekriegen sich die "Siegermächte" jedoch untereinander: auf der einen Seite die Aetherials, die von Lebewesen "Besitz" ergreifen können (blöd, dass gerade Exorzisten Mangelware sind) auf der anderen Seite die von H.P. Lovecraft inspirierten Chthonians, die sehr pragmatisch vorgehen: um zu verhindern dass Menschen als Wirte missbraucht werden, rottet man sie einfach alle aus. Als Schauplatz dienen die Trümmer der menschlichen Zivilisation.

Die Welt von GRIM DAWN ist nicht schön und quietschbunt, sondern düster und zerstört, untermalt von melancholischer Musik, immer wieder treffen wir auf verstümmelte Leichen oder erhängte Menschen. Auf Genre-typische Völker wie Elfen, Zwerge oder Orcs hat Crate Entertainment übrigens komplett verzichtet, ohne dass diese überhaupt vermisst werden.

GRIM DAWN's grösster Pluspunkt ist die dichte Grusel-Atmosphäre, denn anders als DIABLO 3 ist GRIM DAWN nicht auf WORLD OF WARCRAFT-putzig getrimmt: GRIM DAWN ist eher der DIABLO 1 Butcher als der DIABLO 3-Knuddel-Butcher, und das ist gut so!

Das Setting

Nicht ganz klassisch ist das Setting von GRIM DAWN. Statt Mittelalter befinden wir uns hier eher im 19. Jahrhundert: es gibt Dynamit, als Waffen haben wir neben Schwert, Pfeil & Bogen, Armbrust auch "Donnerbüchsen" und Revolver, eine willkommene Abwechslung zum üblichen Fantasy-Einheitsbrei. Die Waffen sind sehr gut ausbalanciert und die Schiesseisen sind keineswegs übermächtig.

Neben der genretypischen Lederrüstung und Plattenpanzer gibts hier auch schicke, im US-Westernstyle gehaltene Ledermäntel inklusive Cowboyhut!

Gelungener Spagat zwischen Komplexität und simplem Gameplay

Mit PATH OF EXILE haben die Neuseeländer von Grinding Gear Games ebenfalls ein heisses Eisen im Action-RPG Feuer, ebenfalls ein Anwärter auf den Hack & Slash Thron. Während PATH OF EXILE es mit dem Charaktersystem sehr gut meinte, aber viele nicht-Profis masslos überfordert -so viele Skills habe ich bisher noch nicht gesehen, ein Traum für Hardcore RPG Fans! - ging man bei DIABLO 3 in die entgegengesetzte Richtung, was viele Rollenspielfans enttäuschte (ich persönliche finde DIABLO 3 ist eher einem Twin-Stick-Shooter gleichzusetzen als einem ARPG).

GRIM DAWN schaffte auf geniale Weise den Spagat zwischen Komplexität und simplem Hau-drauf Gameplay: die Balance zwischen den beiden Elementen ist einfach perfekt!

GRIM DAWN setzt auf eher untypische Charakter-Klassen wie "Soldat", "Demolierer", "Okultist" oder "Schamane". Für eine dieser Klassen dürfen wir uns ab Level 2(!) entscheiden, ab Level 10 können wir optional eine weitere Klasse auswählen, die dann eine Mischklasse ergibt (kombiniere ich den "Soldaten" z.B. mit dem aus dem DLC neuhinzugekommenen "Nekromanten" bin ich ab sofort ein "Todesritter". Nach diesem Dual-Classing kann ich auf die Skills/Perks aus beiden Klassen zugreifen.

Levelanstiege sind genretypisch: man wählt aus 3 Attributen die gesteigert werden sollen, Physique (steigert Trefferpunkte und Nahkampfwaffen-Schaden), Intelligenz (steigert den Schaden von Fernwaffen und kritische Trefferquote) sowie Geist (Mana-Pool), sowie Punkte fürs Perk-System. Das ganze Charaktersystem ist sehr gut durchdacht und übersichtlich gehalten.

Zusätzlich gibt es noch "Devotion Points" die wir nach dem widerherstellen von Schreinen, die auf ganz Cairn verteilt sind erhalten. Diese Punkte werden in Sternenbilder investiert die uns zusätzliche passive Boni bescheren.

Lediglich eine Charakter-Customisierung hätte ich mir gewünscht: ich hab die Wahl zwischen Männlein und Weiblein, aber alle Männer sehen gleich aus und alle Frauen sehen gleich aus. Bei all der Liebe zu Details wären unterschiedliche Haarfarben und Frisuren doch möglich gewesen.

Das Crafting...

...ist gut gelungen und durchaus komplex. Aus DIABLO II kennen wir schon Runen/Edelsteine die in gewisse Gegenstände geschmiedet werden können und zusätzliche Boni verleihen, das gibt es hier in anderer Form: Gegner hinterlassen bestimmte Zutaten, von denen immer drei Teile ein Ganzes ergeben, die wir mit so ziemlich jedem Rüstungsteil oder jeder Waffe kombinieren können.

Diese lassen sich gegen Cash auch wieder ausbauen, dabei verlieren wir aber den Gegenstand. Wollen wir stattdessen den Gegenstand behalten und eine andere Zutat hineinschmieden verlieren wir die Zutat. Im Grunde ein gutes System.

Offene Spielwelt

Ein weiterer Punkt bei dem GRIM DAWN sich gegen DIABLO 3 behaupten kann ist die Spielwelt. Diese ist eine riesige, offene Welt, die bis auf einen Level komplett "von Hand" kreiiert wurde, dadurch ist zwar bei jedem Durchspielen die Spielwelt dieselbe, aber die monotonen und öden Schlauchlevels gehören der Vergangenheit an. Seien wir mal ehrlich, die Levels in DIABLO 1-3 sind trotz anderen Level-Layouts trotzdem stets dieselben. Die unnötig in die Länge gezogenen Schlauchlevels sorgen nicht wirklich für Abwechslung.

Cairn hingegen wirkt "aus einem Guss": Die riesige Spielwelt ist von Anfang an - bis auf ein paar Ausnahmen - frei erkundbar, und zwar als Ganzes, ohne in einzelne Kapitel und Kartenausschnitte unterteilt zu sein. Fast jede Ecke ist begehbar.

Die Story - naja...

Weniger Mühe hat man sich bei der Story gegeben. Post-apokalypse, zwei sich bekriegende Dämonen und wir sind die auserkorenen Helden die im Alleingang den Hort des Bösen ausräuchern dürfen. Selbst auf einem Bierdeckel wäre hier noch genügend Platz für mehr... Wer also grossen Wert auf eine mitreissende Story legt wird hier bitter enttäuscht sein.

Aufwendige Zwischensequenzen wie in DIABLO 3 und im Gedächtnis bleibende Kultfiguren wie Deckard Cain sucht man in GRIM DAWN ebenfalls vergebens. Stattdessen gibts hier nur halbwegs und teilweise gar nicht vertonte 08/15 Charaktere. Der beste ist immernoch Captain Whiskey - äh ich meine Bourbon.

Langzeitmotivation?

Für das Genre Action-RPG/Hack&Slash ist auch GRIM DAWN sehr kurzweilig. Ist man am Anfang des Spiels noch sehr motiviert seinen Helden Level um Level voranzutreiben, die nächsten, besseren Items zu ergattern, die entsprechenden Attribute hochzuleveln, damit man die Waffe die man vor kurzem gefunden hat auch einsetzen kann, so legt sich das ganze wenn man dann doch einige Stunden ins Spiel gesteckt hat. Das war bei DIABLO und PATH OF EXILE auch nicht anders. Viel Neues und Abwechslung gibt es eben nicht, das ist aber bei allen ARPGs so. GRIM DAWN ist hier keine Ausnahme. Immerhin gibt es hier kein ödes Wüsten-Schlauchlevel.

Ich habe trotzdem über 100 Stunden in Cairn verbracht, Grund war das exzellente DLC Ashes of Malmouth, das zwei neue Klassen und nochmal ein Riesenareal zur Spielwelt hinzufügt. Daran sollten sich aber eher Fortgeschrittene versuchen, den der Schwierigkeitsgrad (der im Basisspiel schon teilweise sehr happig war) steigt hier nochmals drastisch an. Vor allem die neuen Klassen (Nekromant) machen Spass und laden zum fröhlichen rumexperimentieren mit Klassenkombinationen ein.

Nach einer längeren Pause kann ich mir eine Rückkehr nach Cairn aber durchaus vorstellen, aber ich werde insgesamt doch weitaus weniger Zeit hier verbringen als in SKYRIM oder THE WITCHER (3), dafür bietet diese Art von Rollenspiel einfach langfristig gesehen zu wenig Abwechslung, denn ausser Monster plätten und plündern ist nicht sonderlich viel los. Zwar gibt es viel zu entdecken, durch die offene Welt weitaus mehr als bei manchem Konkurrenten, aber irgendwann hat man sich auch hier sattgesehen.

Fazit

Nach DIABLO I ist GRIM DAWN mein persönlicher Favorit in diesem Genre, allein wegen dem aussergewöhnlichen Setting, der düstern Atmosphäre und der optimalen Komplexität beim Charaktersystem.

Wem das Charaktersystem nicht komplex genug sein kann, der wird wahrscheinlich dem Free2Play Spiel PATH OF EXILE den Vorrang geben, mir persönlich sagt aber GRIM DAWN eher zu.


Wertung
Pro und Kontra
  • düstere Dark Fantasy Atmosphäre
  • Charaktersystem hat optimale Komplexität
  • offene, grosse Spielwelt
  • Crafting
  • Fraktionen
  • fordernde Bosskämpfe
  • Schwierigkeitsgrad schwankt häufig
  • Story ist fast non-existent
  • schwache NPCs
  • eher wenig Langzeitmotivation durch mangelnde Abwechslung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(0)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.