Neueinsteiger haben's schwer

Das digitale Sammelkartenspiel Hearthstone geht dieser Tage mit dem Schwarzfels-Abenteuer in sein zweites Jahr. Der Überraschungshit von Blizzard hat sich...

von alpine am: 07.04.2015

Das digitale Sammelkartenspiel Hearthstone geht dieser Tage mit dem "Schwarzfels"-Abenteuer in sein zweites Jahr. Der Überraschungshit von Blizzard hat sich auch in der E-Sport Szene mittlerweile etabliert und gehört auf Twitch regelmässig zu den Top 5 der meistverfolgten Spiele. Das Free-2-Play Spiel verspricht einfachen Zugang und schnelle Matches in angenehmer Atmosphäre. Mit der nun dritten Erweiterung nach "Naxxramas" und "Goblins-gege-Gnome" wächst der Kartenpool erneut. Das hat natürlich seine Konsequenzen, insbesondere für Neueinsteiger.

Das Spielprinzip von Hearthstone ist denkbar einfach: Aus unserer Kartensammlung erstellen wir uns ein Deck aus 30 Karten. Dazu wählen wir eine der neun Klassen, die dazu noch eine einzigartige Heldenfähigkeit mitbringt. Unser Kartendeck setzt sich dann aus Gemeinschaftskarten und heldenspezifischen Karten zusammen, thematisch alles im Warcraft-Universum angesiedelt. Mit diesen Decks können wir nun wahlweise gegen eine KI oder andere Spieler im 1-gegen-1 antreten. Ziel des Spiels ist es in den rundenbasierten Kämpfen die 30 Lebenspunkte des gegnerischen Helden zu vernichten. Dabei spielen wir mit wachsendem Mana immer stärkere Kreaturen und Zauber von unserer Hand und versuchen so entweder die gegnerischen Einheiten auf dem Schlachtfeld auszuschalten oder den Helden zu verletzen. Neben Angriffs- und Lebenspunkten haben viele der Kreaturen noch Spezialeffekte in ihren Kartentexten, die eine ganze Reihe von Synergien mit anderen Karten möglich machen.

 

Demonstrationsmatch gegen die KI. (hoffe YT ist hier erlaubt)


Mit zunehmender Spielzeit leveln wir die einzelnen Heldenklassen und schalten nach und nach weitere Basiskarten frei. Neben den Basiskarten lassen sich über Boosterpacks noch eine Vielzahl weiterer Karten freischalten. Booster-Packs können im InGame-Shop wahlweise für echtes Geld oder Hearthstone-Gold erworben werden. Gold lässt sich über Daily Quests und regelmässige Siege erspielen.

Die Spielmodi


Wollen wir gegen andere Spieler antreten, hat man mehrere Optionen zur Auswahl. Zum einen kann man in einem ungelisteten Spiel gegen einen zufälligen Gegner antreten, sich über die Freundesliste zu einem Spiel verabreden oder ein gelistetes Spiel in der Rangliste wagen.

Diese ist in 25 Ränge unterteilt und wird monatlich zurückgesetzt. Mit Siegen verbessert man seinen Rang kontinuierlich, bei Niederlagen steigt man wieder ab. Mit erreichen von Rang 20 wird man automatisch am Ende des Monats mit einem neuen Kartenrücken belohnt. Dieser Rang bietet gleichzeitig einen Auffangschutz. Diesen kann man selbst bei anhaltenenden Niederlagen nicht mehr verlieren. Im Gegensatz zu vergleichbaren Onlineranglisten gibt es hier weder Platzierungspiele noch Elo-Werte, sondern man erarbeitet sich wortwörtlich seinen Rang nur durch anhaltendes spielen. Das führt nicht nur dazu, dass zu Monatsbeginn alle Spieler wieder im gleichen Pool landen, sondern auch, dass sich Spieler verschiedenster Deckqualität und Fähigkeitsstärke auf dem gleichen Rang im Matchmaking begegnen können. Um es bis nach ganz vorn auf den Rang der "Legende" zu schaffen ist nicht nur eine positive Gewinnquote nötig, sondern auch eine ausserordenlich hohe Zahl an Spielen: Bei einer Siegrate von 60% wären das rund 300 Spiele, also mind. 10 Spiele pro Tag.

Neben diesen Spielmodi mit unseren eigenkonstruierten Decks, gibt es noch die "Arena". Hier können wir in einem Draftsystem aus jeweils drei Zufallskarten, nach und nach ein temporäres Deck zusammenstellen und damit gegen andere Zufallsdecks antreten. Bis zu 12 Siege können wir mit diesem Deck erreichen, fliegen aber bereits bei drei Niederlagen wieder raus. Je mehr Siege wir mit diesem Deck zustandebringen, desto größer ist die Belohnungen in Form von Booster-Packs, Gold und Karten. Das Ganze hat natürlich auch seinen Preis, jeder Arenalauf kostet Eintritt in Form von Gold oder Echtgeld. Da das Draftingsystem unberechenbar ist, kann man sich hier nur schwer auf große Kartensynergien verlassen. Das führt zu deutlich anderen Auswahlkriterien für Karten, als in einem konstruierten Deck und damit auch zu einem wesentlich anderen Spielverlauf.

Das Sammelproblem


Wie in Sammelkartenspielen üblich, haben natürlich auch Karten in Hearthstone unterschiedliche Seltenheitsklassen: Gewöhnlich, Selten, Episch und Legendär. In einem Booster-Pack befinden sich immer 5 zufällige Karten, davon ist eine garantiert Selten. Da man anders als in einem echten Sammelkartenspiel keine Karten mit anderen Spielern tauschen kann, hat Blizzard ein Craftingsystem implementiert, um überzähligen Karten aus Booster-Packs doch noch einen gewissen Wert zu geben. Diese können in Staub entzaubert werden, um daraus fehlende Karten zu generieren. Entzauberungs- und Herstellungskosten richten sich nach den Seltenheitsklassen, beträchtlicher Wertverlust inklusive.

Wie in einem typischen Free-2-Play spiel lockt Hearthstone natürlich damit, dass alles im Spiel kostenfrei erreichbar ist. Man erkauft sich damit über Echtgeld nicht den Zugang zum Spiel, sondern Spielzeit. Langzeitmotivation bei Hearthstone soll natürlich im Ausbau des eigenen Kartenpools liegen. Die dafür benötigten Booster-Packs lassen sich für 100 Gold oder umgerechnet rund 1,30 € erwerben. Um an die 100 Gold mit Spielzeit zu gelangen sind je nach Spielstärke und dem Gold aus Tagesquests rund 1-3 Stunden Spielzeit zu veranschlagen. Das Naxxramas-Abenteuer, sowie das Schwarzfelsabenteuer kostet jeweils 3.500 Gold oder knapp 22 €.

Teurer Spass


Um tatsächlich an alle Karten zu kommen sind pro Booster-Set rund 200-300 Packs von Nöten (typisches Sammlbilderproblem). Wer also direkt mit Echtgeld durchstarten möchte, der sollte schon mal gut 500 Euro bereithalten. Um den Pay-2-Win Faktor einzuordnen muss man die seltensten Karten im Spiel zusammen mit den Neuerscheinungen richtig bewerten. Insbesondere die Legendären Karten sind oft der Aufhänger der immerwährenden Diskussion in diesem Free-2-Play Spiel. Diese Karten haben teils sehr ausgefallene Spezialfähigkeiten und nehmen gerne den Platz von Edelfinishern oder Spielentscheidern ein. Sie sind bei weitem nicht so stark, dass sie Spiele im Alleingang gewinnen könnten, einige von ihnen haben aber durchaus das Potential ausgeglichene Spiele zu entscheiden oder ganze Decks um sie herum zu entwickeln. Für unerfahrene Anfänger kann das mitunter schon mal sehr frustrierend werden.

Für weitaus wesentlicher halte ich jedoch die Tatsache, dass bislang mit jedem neuen Addon auch starke Karten und neue setübergreifende Synergien ins Spiel kamen. Startet man nun als Anfänger in Hearthstone, fehlen einem also nicht nur die klassischen Karten, sondern auch die Karten aus den Erweiterungen. Einen Aufholmechanismus, wie Rabatte auf Booster oder die Abenteuer bietet Blizzard derzeit nicht an. So wird man also ab April bereits 3 Erweiterungen hinterherhängen. Nach einem Jahr Hearthstone legt Blizzard mit dem Blackrock-Abenteuer also weiterhin grössten Wert auf die bestehende Spielerbasis. Die Auswirkungen sind besonders mit "Goblins vs. Gnomes" sehr deutlich geworden. Um in der Rangliste mit Basiskarten und wenigen, gewöhnlichen Erweiterungskarten bestehen zu können, muss man sehr aggressive und simple Decks spielen, die nicht unbedingt taktische Meisterleistungen erlauben. Das senkt nicht nur den eigenen Spass, sondern auch den der Gegenspieler.

Fazit


So einfach sich Hearthstone auf den ersten Blick anfühlt, die ersten Wochen können zu einem sehr frustrierenden und monotonen Erlebnis werden. Wie für die meisten Free-2-Play Spiele, gilt also auch hier: Klar geht es ohne Geld, allerdings auf Kosten von Zeit und letztendlich Spass. Ein wenig Kleingeld sollte man also auf seinem Battle.Net-Account durchaus vorhalten, um sich mit ein paar Boostern, einem Abenteuer und etwas Rücklagen für das ein oder andere Arenaspiel auszustatten. Um als reiner Free-2-Play Spieler mit Hearthstone zu beginnen, ist es meiner Meinung nach zu spät. Das Spiel samt seiner Spielerbasis ist zu weit fortgeschritten, um in absehbarer Zeit Fuss fassen zu können. Wer dagegen lediglich eine Plattforum sucht, um sich hin und wieder mit seinen Freunden ein spannendes Spiel zu liefern, dem sei Hearthstone in jedemfall ans Herz gelegt.


Wertung
Pro und Kontra
  • liebevoll gestaltete Karten
  • angenehme Atmosphäre
  • zügige Spiele
  • Sammelwut :)
  • sinnlose Rangliste
  • neue Spieler sind abgehängt
  • hoher Grindfaktor
  • kleinere Balancingprobleme

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(8)
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