Sehr guter Jagged Alliance Klon

Mal wieder hat ein übellauniger Diktator ein Land unterjocht. Mal wieder sollen Sie dasselbige befreien. Da die Kohle, die in Aussicht gestellt wurde, groß...

von - Gast - am: 03.04.2008

Mal wieder hat ein übellauniger Diktator ein Land unterjocht. Mal wieder sollen Sie dasselbige befreien. Da die Kohle, die in Aussicht gestellt wurde, groß genug ist, fragen Sie nicht lange und fliegen los. Reiseziel: die Diamantenküste in Afrika!


Der Anfang

Sie erreichen die Diamantenküste über einen Pass im Norden und starten im Sektor Nördliche Straße. Dort treffen wir unseren Kontaktmann, welcher über Unannehmlichkeiten mit einigen Banditen klagt. Da wir das Auto des Mannes, welches als Belohnung winkt, zwingend benötigen, helfen wir ihm indem wir ihm entweder Geld in die Hand drücken (Aufgabe gelöst, Reise kann weiter gehen) oder uns selbst um die Banditen kümmern.




Entscheiden wir uns für letzteres, treffen wir auf unserem Weg zu den Ganoven auf eine kleine Gruppe regimetreuer Milizionäre. Der Oberst der Gruppe fordert uns auf unsere Papiere zu zeigen.Hier treffen wir eine erste, den Spielverlauf stark beinflussende Entscheidung: Wir antworten entweder das wir keine Papiere haben und starten den ersten Kampf im Spiel, oder wir bestechen den Oberst und kaufen uns bei ihm gefälschte Papiere. Letzteres hat zur Folge, dass wir uns in großen Teilen des Landes unbescholten bewegen können. Bedeutet, das wenn wir einen neuen Sektor erreichen, werden automatisch die anliegenden Sektoren auf der Strategie - und Reisekarte angezeigt. Haben wir die Papiere, können wir sofort zum nächsten Sektor reisen. Haben wir die Papiere nicht, müssen wir erst den aktuellen Sektor erobern um zum nächsten gelangen zu können. Bereits hier im ersten Sektor wird einem klar, dass das Spiel sehr(!) frei gehalten ist. Prima!







Idealerweise starten sie das Spiel mit 3 Söldnern. Einem Selbsterstellten und zwei Angeheuerten. Bei den Angeheuerten sollte es sich um unerfahrene Recken handeln, da diese (logischerweise) den niedrigsten Tageslohn verlangen. Das ist wichtig weil man anfänglich keinerlei Einnahmen hat und je nach Vorgehensweise recht schnell Pleite ist. Wenn Sie zb. im Startsektor einen Kampf beginnen, werden ihre Söldner garantiert verletzt, und die Ausrüstung wird Schaden erleiden. Nach dem Kampf müssen sie also die Verletzten heilen und die Ausrüstung reparieren. Das kann je nach Fähigkeit ihrer Schützlinge sehr lange dauern, so dass sie langsam aber stetig, finanziell ausbluten. Bei zwei genügsamen Mietlingen ist das aber nicht wirklich ein Problem.




Wenn Sie wollen haben Sie bald den ersten Sektor erobert. In der Regel wirft dieser Gewinn ab. Ihr erstes dauerhaftes Einkommen also. Dieses Einkommen können Sie weiterhin erhöhen indem Sie, falls angeboten, weitere Gebäude dazukaufen, welche das Einkommen des Sektors weiterhin dauerhaft steigern. Das eingenommene Geld, und je nach Vorgehensweise erlangt man schnell eine stattliche Summe, investiert man in neue Söldner, Ausrüstung und eben weitere Gebäude zur weiteren Steigerung der Einnahmen. Darüberhinaus gilt es noch Milizen zu erwerben. Pro Sektor kann man bis zu vier Milizengruppen (bestehend aus jeweils 5 Mann) erstehen, die sich um die Verteidigung ihres Sektors kümmern. Das tun sie entweder automatisch, wenn Sie sich selbst nicht mit ihren Söldnern in dem Gebiet aufhalten, oder mit Ihrer Mithilfe, also wenn Sie vor Ort sind. Letzteres hat den Vorteil, dass wenn Sie ihre Milizen unterstützen, die Verluste mindern. Das bedeutet, wenn eine Ihrer Milizgruppen 1,2,3 oder vier Mann verliert, erhält diese Gruppe automatisch pro Tag einen Mann Nachschub, kostenfrei, bis die Gruppe wieder fünf Mann stark ist. Wird die ganze Gruppe hingegen (also alle fünf Mann) ausgelöscht, müssen Sie die ganze Gruppe neu kaufen. Gerade am Anfang macht es also durchaus Sinn den Milizen unter die Arme zu greifen.




Nachdem Sie ihren ersten eroberten Sektor gesichert, ihre Söldner verartztet und deren Ausrüstung repariert oder gegen neue, bessere, ausgetauscht haben, geht es weiter zum nächsten Gebiet. Grundsätzlich können Sie vollkommen frei entscheiden wohin es nun gehen soll. Das einzige Ziel ist es, zumindest vorläufig, den Diktator zu stürzen. Das Spiel gibt ihnen aber auch durch Erteilen von kleinen Missionen, dargereicht in Form von E-Mails, Hinweise darauf welche Sektoren man sinnvollerweise in Augenschein nehmen sollte. Das erfüllen dieser Missionen ist ihnen freigestellt. Wenn Sie die Aufgaben annehmen, wird ihnen auch hier in der Regel große Freiheit eingeräumt.

Sie sind nicht alleine

In dem Land leben vier Fraktionen. Die Eingeborenen, die Soldaten des Diktators, Banditen und eine Gruppe UN Soldaten. Diesen Fraktionen können Sie sich entweder anschließen oder sich mit ihnen verfeinden. Das ist Abhängig davon, welche Aufträge sie annehmen und auf welche Weise sie diese Aufträge lösen. Sie brauchen sich aber auch gar nicht damit zu befassen und lösen das Spiel ohne auch nur einmal mit diese Gruppierungen in Kontakt zu kommen. Auch hier ist das Spiel vollkommen frei gehalten. Super!

Die Kämpfe

Soviel zum Drumherum. Das Herzstück dieses Spiels sind aber natürlich die Kämpfe.




Wenn Sie einen feindlichen Sektor betreten, bestimmen Sie zunächst wo Sie das tun. Sie platzieren ihre Söldner, Mann für Mann, in der dunkel markierten Eintrittszone. Bei manchen Karten können Sie ihre Söldner auf mehreren Seiten der Karte aufstellen. Wenn Sie mit der Aufstellung zufrieden sind, drücken Sie die Eingabetaste und der Spaß geht los.




Solange Sie noch auf keine feindlichen Soldaten gestoßen sind, bewegen Sie ihre Schützlinge in Echtzeit. Ist der erste Gegner von einem ihrer Söldner entdeckt worden, schaltet das Spiel in den Rundenmodus. Von nun an kostet alles was sie tun Aktionspunkte. Sind diese verbraucht, beendet man die Runde und beobachtet was der Gegner macht.




Die Kämpfe sind sehr spannend und aüßerst fordernd. Man tritt immer gegen eine Überzahl an Feinden an und muss daher sehr überlegt vorgehen. Die KI verhält sich dabei durchwachsen. Oft laufen die Gegner scharenweise einfach auf Sie zu, so dass Sie mit ihrer Truppe nur flach im Gras liegen, und abwartend einen nach dem anderen aus dem Spiel nehmen. Einige verschanzen sich aber auch geschickt in Häusern, versuchen sie einzukreisen, gehen in Deckung, hocken sich hinter Felsen, lehnen sich dort links wie rechts hervor um auf Sie schießen zu können (ein Mannöver das Ihnen übrigens nicht zur Verfügung steht!), und sind dabei bemerkenswert treffsicher. Gute Deckung ist hier oberste Pflicht! Alles in allem muss man spätestens ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad alle, aber auch wirklich alle Register ziehen, um die Gefechte lebend zu überstehen. Die Bereiche die einem Deckung bieten werden vom Spiel übrigens nicht angezeigt, was aber auch nicht nötig ist, da man sich ja selber vorstellen kann, daß zb. ein massiver breiter Felsbrocken mehr Schutz bietet, als eine schmale Palme.




Es gibt bei den Kämpfen aber auch zwei grobe Schnitzer. Da wäre zum ersten die Tatsache das gegnerische Soldaten die so verletzt wurden, dass sie den Status Kritisch erreicht haben, aus dem Kampfgeschehen flüchten. Sie laufen dann zum Rand des Sektors in den schwarzen Bereich, welcher die gesamte Karte umspannt. Da ein Sektor erst dann als erobert gilt wenn man ALLE(!) feindlichen Soldaten entfernt hat, bedeutet das, wenn man alle noch wehrhaften Gegner aus dem Spiel
genommen hat muss man noch den gesamten Kartenrand, bevorzugt den hässlichen schwarzen Bereich, abklappern um all die im kritischen Zustand befindlichen Söldner zu elleminieren. NERVEND! Vor allem bei großen Sektoren ist das eine Qual! Was das soll entzieht sich meinem Vorstellungsvermögen. Um einen Bug der übersehen wurde, handelt es sich sicherlich nicht, da ein solches Vorgehen ja wohl extra programmiert werden muss.




Zum Zweiten wäre da noch die Sache mit den Zivilisten, welche in manchen (zum Glück nicht allen) Sektoren vorzufinden sind. Bei Kämpfen im Rundenmodus bedeutet das nämlich, das Sie jedem Einzelen, der bis zu 20(!) Zivilisten, jede einzelne Runde aufs Neue dabei zusehen dürfen, wie sie sich hinlegen und wieder aufstehen, oder einfach wirr in der Gegend herumlaufen. Schon klar das ein Zivilist bei einem plötzlich startendem Feuergefecht panisch und kopflos wird, aber bei einem solchem Spielprinzip ist das schlichtweg Nervtötend! Wäre leicht zu vermeiden gewesen wenn man zb. nur fünf Zivilisten platziert, oder sie im liegendem Zustand belassen hätte.




Dennoch muss ich sagen, das die Kämpfe vergleichbar großen Spaß machen wie im großen Vorbild Jagged Alliance 2. Dort war die KI ebenfalls nicht gerade makellos, aber doch besser. Hired Guns kompensiert die manchmal schwächelnde KI mit der oftmals auffällig guten Treffsicherheit der Gegner. Eines ist jedoch bei Hired Guns tatsächlich besser: Ihre Söldner können im Rundenmodus wenn sie sprinten, deutlich größere Strecken zurrücklegen. Das gibt einem eine weitere taktische Möglichkeit, eine verzwickte Situation noch zu seinen Gunsten zu wenden, indem man sich mit einem in Schwierigkeiten geratenen Söldner, doch noch aus dem Krisengebiet entfernen kann, oder ihm einen ziemlich entfernt stehenden Söldner noch rechtzeitig zur Seite Stellen kann! Das bringt noch mehr Tiefe in die ohnehin schon extrem komplexen Kampfabläufe!

Söldner und andere Dinge

Das Spiel bietet 150 modifizierbare Waffen, 30 Söldner, 23 Sektoren und anderes Equipment wie verschiedene Schutzwesten, Helme, Heiltaschen, Granaten und einige Dinge mit denen Sie ihre Waffen verbessern können. Die Söldner sind gut synchronisiert und haben meistens eine nett verfasste Biographie. In dieser lässt sich auch sofort ablesen wer mit wem gut kann, oder eben nicht. Das erleichtert das Zusammenstellen eines Trupps welcher aus maximal sechs Söldnern besteht. Dem Vergleich zu den Haudegen aus Jagged Alliance, können sie aber nicht standhalten. Zu wenig Persönlichkeit, zuwenig humorvolle Meldungen und manchmal auch zuwenig Feedback! Wenn einer ihrer Recken zb. seine Waffe mit seinem letzen Magazin lädt, dann setzt er Sie davon oftmals nicht in Kenntnis. Auch wenn ein Söldner so schwer Verwundet ist, dass er kurz davor ist ohnmächtig zu werden, setzt er Sie davon ebenfalls oft nicht in Kenntnis. Das führt dazu, das Sie keinerlei Vertrauen zu ihren Schützlingen haben und ständig selbst ein Auge auf alles werfen. Das ist insofern ein Nachteil gegenüber JA, da man im Getümmel soviel zu bedenken hat, dass man diese simplen Dinge schon mal übersieht. Außerdem hat JA einen beträchtlichen Teil seiner großartigen Atmosphäre daraus bezogen.




Dennoch wachsen ihre Söldner ihnen ans Herz, einfach weil man aufgrund des Spielkonzeptes sich intensiv Runde für Runde in allen Belangen um sie kümmert. Wenn ein Söldner einem Kollegen, der sich etliche Runden lang in extrem misslicher Lage befindet, durch einen einzigen Glücksschuss seinen Peiniger aus dem Spiel nimmt und ihm somit das Leben rettet, hat man rein aus dem Spielgeschehen heraus, die Biographie der Beteiligten erweitert, ohne das es eines Textes der Entwickler bedarf! Eine solche Szene merkt man sich inklusive Ort des Vorkommens und Name des Söldners.

Fazit

Ich bin ein großer Fan der Jagged Alliance Serie. Als solcher hatte ich keinerlei Probleme mich in Hired Guns einzufinden. Man fühlt sich sofort daheim, die Kämpfe spielen sich genau gleich, die alten Taktiken greifen auf die gleiche Weise wie beim Vorbild.




Dennoch komme ich nicht umhin zu bemerken, das Hired Guns an manchen, sehr seltenen Stellen, irgendwie unfertig wirkt. Manchmal quasseln die eigenen Söldner pausenlos und kommentieren jeden Befehl und jede Situation (zb. wenn ein neuer Gegner entdeckt wird, eigentlich ein MUSS!). Manchmal sind sie lange Zeit stumm wie ein Fisch. Auch ist das Ziel mancher Mission nicht unbedingt klar, oder durch Skriptfehler nicht lösbar. So wurde mir zb. aufgetragen,das ich mich um meine streikenden Minenarbeiter kümmern solle indem ich mit dem Vorarbeiter bespreche was zu tun sei. Nur ist dieser in dem Sektor nirgends aufzufinden. Ich habe, angestachelt durch den Eintrag im Journal in dem es hieß das sich der Vorarbeiter vor den aufgebrachten Minenleuten verstecke, jeden Pixel auf der Karte abgesucht, aber er blieb unauffindbar. Hinzu kommen (sehr wenige) leere Kontextfenster. Außerdem habe ich in vielen(!) Kundenrezessionen mehrerer Onlinehändler gelesen, dass das Spiel alle Naselang abstürzt, Speicherstände zerstört wurden und das Equipment im Inventar des eigenen Söldners plötzlich verschwunden war. Ich persönlich habe keinen einzigen dieser Bugs erlebt! Aber da sich sehr viele darüber beklagen wollte ich es zumindest erwähnt haben.




Hired Guns ist der mit Abstand beste Jagged Alliance Klon seit Erscheinen des Originals. Die Grafik ist für ein Spiel dieser Art sehr schön, sie glänzt mit tollen Schatteneffekten, weichen Animationen und sehr liebevoll und sehr abwechslungsreich gestalteten Sektoren. Am Sound gibt es auch nichts auszusetzen. Die Waffensounds sind hervorragend, die Stimmen der Söldner (so sie denn erklingen) sind ebenfalls gut bis sehr gut und die Umgebungsgeräusche (Vogelgezwitscher, Blätter- und Meeresrauschen ect.) bieten ebenfalls keinen Anlass zur Kritik. Einzig die Hintergrundmusik ist schlecht, aber wen interessiert das.




Bleibt noch der Schwierigkeitsgrad. Dieser ist für JA Veteranen und geübten Strategiespielern ab der mittleren Stufe ein Hochgenuss. Die, ich sag jetzt einfach mal, erschummelten Vorteile der KI (arg hohe Treffsicherheit) kompensiert man indem man sich wiederum die KI Aussetzter zu Nutze macht. Wenn man zb. einen Gegner in die Zange nimmt, also vor und hinter ihm mit jeweils einem eigenen Söldner auftaucht, dreht sich der Umstellte rundenlang im Kreis ohne sonst etwas zu tun. Auch die Verschanzung der eigenen Mannen in Häuser hebelt die KI zuweilen aus (aber nicht immer, irgendwann kommt dann doch mal eine Granate geflogen!). Mit diesem Nickligkeiten arrangiert man sich bald und erlebt dann doch tatsächlich recht ausgewogene Kämpfe. Für Genreneulinge ist das Spiel aber definitiv zu schwer. Auch auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad.




Hired Guns ist ein umfangreiches, forderndes, gutaussehendes Rundenstrategiespiel, das dem Spieler sehr viele Freiheiten bei seiner Vorgehensweise lässt und durch die Fraktionen eine gehörige Portion Dynamik und Abwechslung ins Spiel bringt. Klare Kaufempfehlung!


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Tolle Schatten, hübsch animierte Söldner
  • Sound: Gute Waffensounds, gute Synchronisation
  • Balance: Viele Taktiken möglich, gute Waffenstärke
  • Atmosphäre: Urlaubsumgebung, teils redselige Söldner
  • Bedienung: Alles da wo es sein muss
  • Umfang: Hoher Wiederspielwert, Ende kann ein Anfang sein
  • Missionsdesign: Immer mehrere Lösungswege mit entsp. Folgen
  • KI: Beherrscht viele Taktiken
  • Einheiten: Teils redselige Söldner mit steigerbaren Werten
  • Kampagne: Sehr lang, völlig freies Vorgehen möglich ...
  • Grafik: teils matschige Texturen
  • Sound: Mieses Hintergrundgedudel
  • Balance: Extrem treffsichere KI
  • Atmosphäre: Spiel wirkt manchmal etwas unfertig
  • Bedienung: Arg kleine Schaltflächen
  • Umfang: -
  • Missionsdesign: Sehr trocken durch E-Mails präsentiert
  • KI: Schummelt, öfter mit Aussetzern
  • Einheiten: Stellenweise aber auch sehr mundfaul
  • Kampagne: ... wodurch manchmal nicht klar ist was zu tun ist

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(5)
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