Starker Nachfolger - mein Favorit von 2014

Man möge mich steinigen, aber LEGEND OF GRIMROCK 2 war für mich das Spiel des Jahres 2014... Ich liebte schon den 2012 erschienen Vorgänger,...

von - Gast - am: 04.03.2018

Man möge mich steinigen, aber LEGEND OF GRIMROCK 2 war für mich das Spiel des Jahres 2014...

Ich liebte schon den 2012 erschienen Vorgänger, einer gelungen Hommage an die 90er Dungeoncrawler die sehr viel meiner Jugend verschlungen haben. BLACK CRYPT, LANDS OF LORE, EYE OF THE BEHOLDER und DUNGEON MASTER - endlose Dungeons, blockweises voranschreiten und 90 Grad Drehungen gepaar mit Echtzeit Kämpfen und teilweise schweren Rätseln, das war genau meine Welt, während sich meine Klassenkameraden und Freunde eher an Super Mario erfreuten...

Inselparadies statt eines Dungeon?

LEGEND OF GRIMROCK 2 ist nicht einfach nur ein Aufguss des ersten Teils mit neuen Monstern und Leveln, die Finnen bon Almost Human haben sehr viel verbessert. Der auffälligste Unterschied zum Vorgänger ist wohl die Spielwelt: die Insel Nex, ein Freiluftparadies währe da nicht die aggressive Flora und noch aggressivere Fauna.

Wer jetzt denkt: Halt mal, Dungeon Crawler in der Karibik geht doch nicht! Blasphemie! wird schnell eines Besseren belehrt, den statt nur eines riesen Dungeons gibt es jetzt zahlreiche kleinere Dungeons. Leider sind die Wandtexturen in allen Dungeons identisch. Hier gab es definitiv mehr Potenzial das leider nicht vollkommen ausgeschöpft wurde. Schade!

Auch die Oberwelt weiss zu gefallen, so eintönig die Dungeons auch sein mögen, so abwechslungsreich sie die Oberflächenschauplätze geworden - mein Lieblingsschauplatz ist der Friedhof mit passendem Nebel und Zombies, die Atmosphäre ist einfach herrlich! Daneben gibts einen schaurigen Düsterwald und auch was die Monster angeht hat man die Quantität deutlich hochgeschraubt.

Die Story und andere Schwächen

Die Story ist mal wieder der deutliche Schwachpunkt des Spiels: vier Gefangene an Bord eines Schiffes sind die Einzigen Überlebenden eines Sturms dass das Schiff versenkt hat und werden - samt Käfig aus dem man erstmal ausbrechen muss - ans Ufer der Insel Nex gespült. Diese minimalistische Story kommt einem doch sehr bekannt vor - im Grunde nur eine leichte Variation der Handlung aus dem ersten Teil.

Während des Spielverlaufs finden wir immer wieder Schriftrollen eines geheimsnisvollen Gegenspielers, der wohl unseren Endgegner darstellen soll. Das wurde schon in EYE OF THE BEHOLDER 2 besser gemacht, aber OK, der Atmosphäre schadet es kaum, eine Zeit lang kommt es einem auch so vor als wäre die Insel unser Gegenspieler und Überleben das einzige Ziel.

Trotz einstellbarem Schwierigkeitsgrades und zahlreichen Zusatzoptionen, die aus dem Vorgänger bekannt sein dürften, wie Hardcore-Modus (schaltet die Automapping Funktion komplett ab) bis hin zum Iron Man Modus, ist LEGEND OF GRIMROCK 2 - genauso wie sein Vorgänger für Rollenspiel-Neulinge und Casual Players absolut ungeeignet. Selbst Fortgeschrittene sollten über ausreichende Frustresistenz und Geduld verfügen, sowohl Bossmonster als auch sehr sehr schwierige Puzzles sind extrem fordernd, aber durchaus schaffbar! Lediglich die getimten Puzzles zehren etwas an den Nerven.

Die Stärken von GRIMROCK 2

Erfreulicherweise hat Almost Human die Charaktergenerierung erweitert: eine Rasse mehr wurde spendiert - die Rattenmenschen, die sich den Insektoiden, Echsenmenschen und Minotauren als Exoten dazugesellen, auf allerdings Zwerge und Elfen muss nachwievor verzichtet werden - und zahlreiche neue Klassen: standen uns in GRIMROCK 1 lediglich drei Klassen zur Verfügung sind es im Nachfolger ganze acht.

Die vier Charakterwerte aus dem Vorgänger blieben unangetastet, Fähigkeiten und Talente wurden grosszügig erweitert und sollten Rollenspiel-Cracks die mit dem vereinfachten Rollenspielelementen aus neueren RPGs nichts anfangen können durchaus zufrieden stellen.

Neben der oben genannten Vielfalt an Schauplätzen sorgen vor allem die Monster für Freude: ein paar alte Bekannte wie die Skelettkrieger sind wieder mit von der Party, aber auch neue Monster die ganz neue Taktiken erfordern: Riesenkröten verschlingen z.B. die Waffen unserer Helden, diese bekommen wir erst wieder zurück wenn wir die Kröte ins Jenseits befördert haben. Feinde haben verschiedene Stärken und Schwächen, genial: staubtrockene Mumien lassen sich z.B. mit einer Fackel in der Hand, die auch die ansonsten dunklen Dungeonkorridore beleuchtet, in Brand stecken.

Das Zaubersystem hat man etwas vereinfacht - mir persönlich gefällt es besser. Es handelt sich nachwievor um ein Runensystem ähnlich dem aus ULTIMA UNDERWORLD oder DUNGEON MASTER, Runenkombinationen lernen wir durch Schriftrollen die wir finden allerdings müssen auch genügend Talentpunkte in die jeweilige Elementarschule des Spruches gesteckt werden, wer mit dem allseits beliebten "Feuerball" seine Feinde brutzeln möchte, sollte auch ein Paar Pünktchen in "Feuermagie" investiert haben, sonst kuckt unser Nachwuchs-Gandalf nur blöd aus der Wäsche und unser Gegenüber lacht uns aus - peinlich.

Neu hinzugekommen ist Alchemie, mit Mörser und gefundenen Zutaten brauen wir eigene dringend benötigte Heiltränke - je nach dem wieviele Talentpunkte wir in "Alchemie" gesteckt haben.

Die Steuerung blieb unangetastet und ist realtiv leicht: satt des Nummernblocks steuern wir unsere Party mit den QWEASD Tasten, das geht sehr leicht von der Hand und lässt uns im Kampf - zusammen mit der Maus - hervorragende Schwertakrobatiken ausführen. Das aus den Klassikern bekannte "Zuhauen und Ausweichen" funktioniert grösstenteils auch hier und ist auch bitter nötig, aber vorsicht: die Gegner sind etwas schlauer und unberechenbarer als ihre Kollegen aus BEHOLDER & Co.: so mancher Gegner dreht sich schnell mit oder ändert die Richtung... Übrigens sind die Tasten auch frei belegbar.

Bei STEAM kostet LEGEND OF GRIMROCK 2 derzeit knapp über 20 Euro und bietet zwischen 20 und 30 Stunden Spielzeit (plus einem Dungeoneditor). Somit ist GRIMROCK 2 definitiv vorbildlich was das Preis/Leistungsverhältnis angeht.

Die Spielwelt ist riesig und sehr abwechslungsreich geraten und die Aussenwelt nahtlos miteinander verbunden ohne Ladepause. Der Aussenwelt hat man ausserdem einen Tag und Nacht Zyklus spendiert, was erheblich zur Atmosphäre beiträgt.

Von der Puzzledichte orientiert sich LEGEND OF GRIMROCK 2 eher an DUNGEON MASTER als an der EYE OF THE BEHOLDER Trilogie oder LANDS OF LORE, das heisst also man sollte sich auf sehr viele Puzzles einstellen, und das Weiterkommen geht eher stockend voran. Spieler neuerer RPGs wie SKYRIM werden sich sicher wundern, dass es hier nicht ratzfatz von einem Ende der Karte  ans andere Ende geht. Eine Schnellreisefunktion gibt es (zum Glück) ebenfalls nicht. Richtig Oldschool eben!

Für wen ist LEGEND OF GRIMROCK 2?

Rollenspiel ist nicht gleich Rollenspiel. Was in den 80ern und frühen 90ern eher ein "Nischen-Genre" war, mit sehr bescheidener Grafik (oder auch ohne, man denke an das ASCII-Rogue), sehr fummliger Steuerung und genügend Zahlenkram/Regeln um Otto-Normal-Spieler zur schieren Verzweiflung zu treiben (WIZARDRY), wurde mehrmals revolutioniert (EYE OF THE BEHOLDER, LANDS OF LORE) um einer grösseren Zielgruppe zugänglich zu sein.

1997 kam DIABLO und gründete ein massentaugliches RPG-Untergenre, das Action-RPG bzw. Hack & Slay. Im Grunde war es eine grafisch aufgemotzte aber inhaltlich entschlackte Version von "ROGUE" in Echtzeit.

2011 revolutionierte Bethesda mit THE ELDER SCROLLS 5: SKYRIM das RPG Genre und machte es endgültig massentauglich - zum Missmut vieler Hardcore Fans, denn seit dem ändert sich das Genre wohl für immer: viele reden von einer "Verdummung" des Spielsystems durch Vereinfachung wie "Map Marker", vorgezeichnete Wege, entschlacktes Skillsystem, fehlende Attribute, fehlende Puzzles und ein generell stark vereinfachtes Spielprinzip.

Wer lediglich Spiele wie DIABLO 3 oder SKYRIM sein Eigen nennt, liebt und vergöttert und sich ein RPG ohne offene Spielwelt, Sammelwut und Shops sowie vielen Schwätzchen mit NPCs nicht vorstellen kann wird von GRIMROCK 2 wenig begeistert sein.

Der hohe Schwierigkeitsgrad ist bereits bekannt. Flüssiges Vorankommen gibts aber nicht ohne Weiteres: es ist durchaus möglich einen Nachmittag lang vor einem Puzzle zu sitzen dass sich partout nicht lösen lässt. Sicher, ein Blick auf Wiki oder Youtube und es ist kein Problem, aber das ist nicht Sinn der Sache hier. Wer schnell vorankommen will schaut sich besser ein GRIMROCK-Let'sPlay an und spart sich die 20 Euro.

Wer den neumodischen Firlefanz wie Schwätzchen zwischen den Partymitgliedern oder gar Romanzen zwischen braucht und Filmreife Zwischensequenzen spielt besser THE WITCHER 3 oder DRAGON AGE INQUISITION: in GRIMROCK bleibt die Party stumm. Sprachausgabe gibts nicht, das Lesen von Schriftrollen ist die einzige Art von "Konversation".

Map Marker gibt es auch nicht: wir müssen selber herausfinden wo's lang geht (was auf Grund der fehlenden "Open World" jetzt aber nicht ganz so schwer ist. Ein Beispiel, ziemlich am Anfang gibt es ein Rätsel bei dem wir mit einer Schaufel einen Schatz ausgraben müssen, dessen Standort wage beschrieben ist. SKYRIM zeichnet hier den genauen Standort auf der Karte ein, GRIMROCK nicht!

Fazit

In allen Punkten besser als der ohnehin schon geniale Vorgänger. Für Fans klassischer Dungeon-Crawl-RPGs ist die Reihe definitiv ein Pflichtkauf. Für mich persönlich war LEGEND OF GRIMROCK 2 das Spiel des Jahres 2014.

Allerdings nur für frustresistente und Geduldige Fortgeschrittene RPG-Fans! Einsteiger dürften hoffnungslos überfordert sein. Wer eine Herausforderung sucht darf noch ein paar Zusatzeinstellungen vornehmen und wird hier bestens bedient!

Wer sich beim Vorgänger etwas mehr Abwechslung bei den Schauplätzen gewünscht hat, für den dürfte dieser Wunsch auf jeden Fall in Erfüllung gegangen sein.


Wertung
Pro und Kontra
  • der wahrscheinlich schönste Dungeoncrawler aller Zeiten?
  • abwechslungsreiche, schöne Aussenwelt
  • ausgezeichnete Auswahl an Monstern
  • schwere Puzzles, schwere Monster
  • endlich wieder ein Oldschool RPG!
  • gute Steuerung per Maus+Tastatur
  • Dungeoneditor dabei
  • Preis/Umfangverhältnis sehr gut
  • lediglich eine Wandtextur in den Dungeons
  • schwer, nicht für Einsteiger und Casual Players geeignet
  • gelegentlich Frustmomente

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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