Vorzeige-Geschichtsschreiber Teil 2

Hitspiele zu toppen, ist einfach sehr schwer. Wie soll man es angehen? Etwas komplett neues kreieren, oder lieber doch in die alten Fußstapfen treten? Mafia 2...

von - Gast - am: 04.09.2010

Hitspiele zu toppen, ist einfach sehr schwer. Wie soll man es angehen? Etwas komplett neues kreieren, oder lieber doch in die alten Fußstapfen treten? Mafia 2 ging ein schweres Erbe an, sich selbst zu verbessern. Und - sie schaffen es tatsächlich, das Feeling des Vorgängers mit der Technik von heute nachzubauen.

Wiedersehen komplett anders

Vito Scaletta ist kein Typ wie Tommy Angelo. Zufälle spielen im Storygerüst von Mafia 2 keine Rolle, denn ihm wird quasi die Karriere durch seinen Werdegang auf dem silbernen Tablett geradezu serviert. Sein Einsatz als Fallschirmjäger in Italien während des Zweiten Weltkriegs nimmt eine dramatische Wendung, als sich der ansässige Mafiaboss einschaltet, seine bester Freund in den Staaten, Joe (ebenfalls bei der dortigen Mafia im Dienst), ist für die Lösung der familiären Probleme der beste und schnellste Anlaufpunkt. Wie schnell man da in eine Spirale aus Gier, Macht und Versagen hineinrutschen kann, spielen wir dann in den nächsten 12-14 Stunden nach.

Hierzu dient der Kriegseinsatz auch als interaktives Tutorial, um die gelungene Steuerung kennenzulernen. Schnell hat man verinnerlicht, die aus anderen Spielen schon bekannten Bewegungsabläufe zu nutzen, hier hat man sich im Gegensatz zum Vorgänger eine nachvollziehbare Bedienung ausgedacht. Nun kann sich Vito im Gegensatz zu Tommy an allerlei Hindernissen anlehnen und sich durch geschickte Manöver auch Überraschungsmomente erarbeiten, so dass der Spieler nicht gezwungen ist, unvorhergesehenes Ableben durch Querschläger erfahren zu müssen.

Komplettrenovierung

Zurück in den Staaten, lernt der Spieler zuerst einmal Vitos Familie kennen. Mama ist heilfroh, ihn wiederzusehen, und seine Schwester wirkt auch ein wenig erleichtert, doch schon bald stellt sich heraus, dass die Familie in finanziellen Nöten steckt. Geld muss also schnell her, um die Schulden zu tilgen. Zum Glück gibt es da noch Vitos Jugendfreund Joey, ein Heißsporn wie er im Buche steht. Beide verbrachten eine zwielichtige Jugend miteinander, so dass Vito bei einem Bruch zum anfangs erwähnten Militärdienst verdonnert wurde. Doch bleibt Vito keine andere Wahl und so verbandelt er sich wieder mit Joe, der sich in dessen Abwesenheit bei der Mafia in Empire Bay einen gewissen Status erarbeitet hat. Das Geld ist also schnell aufgetrieben, damit die Schulden seiner Familie der Vergangenheit angehören.

Um dieses Unterfangen zu erreichen, lernen wir zuerst die Stadt Empire Bay kennen und erledigen erste Aufträge, die im Gegensatz zu Mafia keine müden Fahrdienste mehr sind, sondern gleich mal Butter bei die Fische servieren. Diese bringen schnell viel Geld ein, und schon schnuppern wir entsprechend an den Möglichkeiten, die uns die Großstadt so zu bieten hat. Vito wohnt zwar noch bei Joe, aber schnell können wir uns Kleidung kaufen, Wagen horten und auch tunen und bewegen uns in einer toll gebauten und präsentierten Großstadt umher. Licht, Schatten, Reflexionen, Partikeleffekte gibt es hier zuhauf - und trotzdem fühlt man sich im anfangs verschneiten Empire Bay wie Zuhause, ganz unaufgeregt achte ich auf meine Fahrweise, denn die Autos schlittern gerne auf dem matschigen bzw. vereisten Asphalt ein wenig weg. Auch wenn vieles wieder an den Vorgänger erinnert, hat man die Gestaltung detaillierter Vorgänge wie Passanten, Straßenverkehr usw. stark überarbeitet. Dieses Mal stehen Zeitungsverkäufer an bestimmten Ecken, Fußgänger wollen Telefonzellen benutzen und Kunden stöbern ein wenig im Kleiderladen herum. Dies alles hatte man im Pendant von 2001 vergeblich gesucht gehabt.

Neu gemischte Karten

Vito arbeitet sich schnell in der Hierarchie der Mafia nach oben, jedoch wird dieses Gerüst nicht stur nach vorne getrieben. Bald schon werden wir auch mit einem längeren Gefängnisaufenthalt konfrontiert, und hier wandelt sich der 'Pate'-Plot schnell in den von 'Die Verurteilten'. Wer die Filme kennt, wird sich schnell damit identifizieren können, denn die Abläufe im Gefängnis erinnern dann stark an die des meisterhaften Frank Darabont-Filmes. Aber auch hier bleibt die Mafia ein tragender Teil des Abschnitts. Gleichzeitig wurden hier ebenfalls Parallelen zum ersten Teil eingebaut, später dann erledigen wir sogar einen kleinen Auftrag, den Fans von Mafia wohl nur zu gut kennen dürften. Zuviel möchte ich aber trotzdem nicht verraten.

Wer nun Crysis als eines der realistischsten Grafikwunder betrachtet hatte, wird mit Mafia 2 ein wenig Lügen gestraft. Wer in GTA die moderne New Yorker Kulisse bewundern konnte, wird in Mafia 2 eine noch verbesserte Version der 40er und 50er Jahre wiederfinden, die zugleich technisch sogar noch weniger Hardwarehunger erfordert als Rockstars Gegenstück. Es bedarf keiner High End-Maschinen, um Empire Bay in seiner vollen Pracht betrachten zu dürfen, dazu macht das Spiel sogar auf mittleren Einstellungen einen sehr guten Eindruck, sollte jemand einen älteren PC sein Eigen nennen. Animationen, HDR-Effekte oder Shader tun hier ihr Übriges.

Das Ziel ist das Ziel

Vergleichbar mit The Saboteur wird uns das Spiel vielleicht ein wenig zu viel an die Hand nehmen, und so ist der rote Faden wortwörtlich zu nehmen. Entdecker werden hier weniger ihre Freude haben, außer sich abseits des Missionsstranges die Stadt ein wenig genauer anschauen zu wollen. Wer am Ball bleibt, kann sich Extras z.B. in Form von Playboymagazinen aneignen, dennoch bietet GTA allgemein mehr für diejenigen, die eine komplette Stadt als ihren Spielplatz betrachten möchten. Doch dies ist auch nicht das Ziel, das 2k Czech angestrebt hatten. Hauptmotivation bleibt hier die Story, so dass wir uns größtenteils damit zu beschäftigen haben. Die Aufträge erreichen wir locker, wenn wir der roten Linie auf der Karte folgen (daher die Anspielung mit der Metapher), und so werden auch Storyfans ohne Umschweife in der Geschichte weitergeführt.

Rein gefühlsmäßig hatte ich mehr denn je den Eindruck, richtig schwere Boliden aus den alten Zeiten unter meinem Hintern zu fahren. Die Fahrzeuge reagieren bis auf Kurven sehr nachvollziehbar, und auch wenn das Schadensmodell zu wenig direktes Feedback gibt, sehen schon die kleinsten Schrammen dank der Grafikfülle toll aus - so baut man lustigerweise schon aus Entdeckergründen gerne mal Unfälle im regen Straßenverkehr. Bei den Polizisten setzt leider doch mal gerne die KI aus. Überfahren wir rote Ampeln, hat ein direkt daneben stehender Streifenwagen das gerne mal übersehen, nur bei der Geschwindigkeit sind diese um einiges strenger veranlagt.

Der Sound erinnert nur zu gerne an seinen Vorgänger, denn so manches Musikstück oder Soundsample wurde unverändert übernommen. Da jedoch die Story auch in den 50ern spielt, vernimmt der Spieler ab der Hälfte des Spiels eine komplett neue Playlist aus der frühen Ära des Rock´n´Rolls. Auf jeden Fall unterstützt die Musik sehr gut die Atmosphäre, und nicht selten wird auch mal ein Lied passend zur Story eingeflochten.

Fazit

Mafia 2 bietet dem Spieler das, was er schon aus dem Vorgänger kannte. Die offene Welt, die eigentlich nur als Hintergrund für die Story dient, und Vitos Werdegang ist im Grunde mit dem von Tommy Angelo vergleichbar. Dennoch ist es anders und zudem erwachsener gestaltet. Denn während ich in Teil 1 noch ein bisschen damit haderte, dass die Dialoge ein wenig naiv anmuteten, wirkt der Nachfolger in allen Belangen ein wenig ausgereifter. Während es technisch eine enorme Frischzellenkur verpasst bekam, wurde der Inhalt selbst vom Rohentwurf durch passende Bearbeitung feingeschliffen. Entdecker würden allerdings eher GTA vorziehen, denn allzu viel Entdeckenswertes dürfte es nach meinem jetzigen Wissensstand nicht geben. Alle anderen werden mit Wonne die Story verschlingen oder sich einfach mal einem Spaziergang durch die toll designte Stadt genehmigen.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Tolle, detaillierte Spielwelt
  • Sound: Viele Details, tolle und passende Musikstücke
  • Balance: 3 Schwierigkeitsgrade, nie unfair
  • Atmosphäre: Super eingefangenes Nachkriegsfeeling
  • Bedienung: In jeder Hinsicht durchdacht und leicht zu handeln
  • Umfang: Story bietet angemessene Spielzeit, große Stadt
  • Leveldesign: Stadt ohne Makel, Innenlevels nachvollziehbar
  • KI: Gegner reagieren gut
  • Waffen: Klassisches Arsenal mit satten Sounds
  • Handlung: Top-Story mit detaillierter Ausarbeitung
  • Grafik: Animationen teils nicht ausgereift
  • Sound: -
  • Balance: Kampfsystem zu einfach
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: Kartenansicht verschlimmbessert
  • Umfang: zu wenig für ein Open World-Spiel
  • Leveldesign: Innenlevels selten mal künstlich verlängert
  • KI: Polizisten mit Macken im Kampf und Verkehr
  • Waffen: Hätte mir mehr gewünscht
  • Handlung: Ende fraglich

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(2)
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