Der schmale Grat

Die folgenden Zeilen spiegeln meine Erfahrungen vom Kauf bis zur Deinstallation des Spiels wider, auf Pro/Contra habe ich bewusst verzichtet.   Als ich...

von MagicStudent am: 30.07.2014

Die folgenden Zeilen spiegeln meine Erfahrungen vom Kauf bis zur Deinstallation des Spiels wider, auf Pro/Contra habe ich bewusst verzichtet.

 

Als ich letztens in einem bekannten Elektronikmarkt vor den Regalen mit den PC Spielen stand, stach mir Max Payne 3 schnell ins Auge. Ich erinnerte mich an Teil eins und zwei zurück, für damalige Verhältnisse ein Spiel mit ungeheurer Intensität und frischen Ansätzen. Der Preis für Teil 3 war meines Erachtens mit ca. 10€ fair bemessen dafür, dass ich weder die GS Wertung, noch andere Rezensionen im Kopf hatte. Gedacht, gekauft.


Die Installation mag sich für einige als langwierig herausstellen, da der Inhalt von 4 DVDs auf die HDD muss, mir war das jedoch relativ egal. Die schon mit Kritik bedachte Zwangsanmeldung zum hauseigenen "Community Portal" Rockstar Social Club benötigt nicht viel Aufwand, eine beliebige E-Mail und ein Benutzername reichen, um das Spiel starten. Grafikdetails und Steuerung werden noch flott justiert, und schon geht's los.

 

Das Szenario hat sich vom unwirtlichen NYC in das warme Sao Paulo verlegt. Das musste auch sein, noch einmal dieselben Orte und Plätze aus den ersten Teilen aufzuwärmen wäre vermutlich für viele potenzielle Käufer uninteressant gewesen.

 

Das ist Max P. wie er leibt und (noch) lebt, durch Leid und Alkohol schwer gezeichnet, und trotzdem eine gewisse Stärke ausstrahlend. Schon in den ersten Sekunden des Spiels wird klar, um was sich die nächsten Stunden drehen werden: physische Gewalt in allen erdenklichen Facetten. Es hat den Anschein, als wären alle Parameter des Spiels ohne Kompromiss auf die Spitze getrieben worden: Die übermäßig eingesetzten, oftmals störenden Unschärfeeffekte begleiten mich sowohl im Spiel selbst, als auch in den zahlreichen Schnittsequenzen, klare Sicht: Fehlanzeige. Deaktivieren lassen diese sich (im Gegensatz zu Alan Wake) nicht. Die Soundeffekte sind stark, die Songs treibend und fast auf Blockbuster Niveau, das Tempo ist durchwegs auf künstliche Stresserzeugung ausgelegt. Die Story wird trotz immensem Potenzial flach gehalten, bietet kaum einen Twist, und wird nur von Max' andauernder und langatmiger Ahnungslosigkeit notdürftig zusammengehalten. Trotz einer für mich nie dagewesenen Detaildichte der verschiedenen und auch abwechslungsreichen Abschnitte scheucht mich das Spiel atemlos von einer Schießerei in die nächste. Wer nicht schnell genug die Areale wechselt und sich dieser Tour de Force bedingungslos hingibt, der wird ungnädig mit einem Game Over bestraft. Ist somit die logische Konsequenz um einen erfolgreichen Nachfolgetitel zu produzieren ein lapidares "Mehr von Allem"? Auch die bereits angesprochene Gewaltschraube wurde ordentlich angezogen. In diesem Zusammenhang wird darauf vergessen mir Max' Motivation für sein Handeln zu erläutern. Über viele Stunden bewege ich mich in ernsthafter Lebensgefahr und erschieße am laufenden Band junge Leute auf der Suche nach jemandem, dessen ausufernder Jetset-Lebensstil Max nicht nur einmal als anstößig und verachtenswert bezeichnet.
Dem ganzen stetzen die schon als inhuman zu bezeichnenden "Achievements" die Krone auf. Mir geht es keinesfalls darum, den andauernden Trend der zwanghaft implementierten Zwischenziele zu kritisieren, jedoch hinterlässt bei mir das Erreichen von "300 Kopfschüssen" einen äußerst fahlen Nachgeschmack. Sollte ich mich darüber freuen? Es war wohl so gedacht, den auf cool getrimmten Titeln ("One Bullet At A Time") dieser Achievements nach zu urteilen. Selbstreflexion Fehlanzeige. Ob sich die Entwickler der grausamen Ironie bewusst waren, wenn man mit goldenen Schusswaffen den Ärmsten der Armen ins Gesicht schießt, wage ich stark zu bezweifeln. "Ist doch alles nur ein Spiel" - nein, ist es nicht. Ich bin nicht auf einem fiktiven Planeten, ich befinde mich in Sao Paulo in Brasilien, einem Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft 2014 und exekutiere in Favelas das Recht des Stärkeren.

Aufmachung, Effekte, Abwechslung sind mitunter wirklich gelungen, nur darf man von renommierten Entwicklern wie Rockstar ein ganzes bisschen Mehr an Selbstkritik erwarten.

 


Wertung

Kommentare(2)
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