Kunstvolles Rennspiel

Aus Schweden kommen vielerlei Dinge. Einige haben schwedische Möbel in ihrer Wohnung stehen, fahren ein schwedisches Auto oder haben früher als Kinder...

von nummer47 am: 01.06.2009

Aus Schweden kommen vielerlei Dinge. Einige haben schwedische Möbel in ihrer Wohnung stehen, fahren ein schwedisches Auto oder haben früher als Kinder schwedische Kinderbücher gelesen.
Aber die lieben Schweden können auch anders, nämlich Schlachtfelder bauen. Das der Battlefield-Entwickler DICE nicht nur Weltkriege und Autorennen beherrscht, beweist er mit Mirror's Edge. Dem ersten richtigen 'Rennspiel'.

Run

Wir spielen die junge Frau Faith, die zu den Runnern gehört. Die Runner sind Boten, die kleine Pakete oder einfach nur Informationen von A nach B bringen. Das ist ja doof, wird der eine oder andere jetzt denken, warum nicht einfach mit der Post schicken? Ganz einfach. Die Stadt in der Mirror's Edge (kurz ME) spielt, wird von einem totalitären Regime überwacht. Jeder Schritt, jedes Gespräch. Jede Tat.
So kommt es, dass der Mord an einem populären Politiker nicht unbemerkt bleibt und eine vermeintliche Täterin ist auch schnell gefunden. Faiths Schwester Kate soll die Tat begangen haben. Einzig die beiden Schwestern wissen, dass hier etwas ordentlich stinkt. Nun liegt es an Faith, die Unschuld ihrer Schwester zu beweisen. Das für die Story extra Rhianna Pratchett, Tochter des berühmten Terry Pratchett, als Autorin eingestellt wurde, merkt man nicht. Bei der Story schwächelt ME ein wenig.

Jump

Wer von dem Spiel noch nie etwas gehört oder gesehen hat, steht nach dem in Spielgrafik gehaltenen Intro sicherlich erst mal verwundert da und sucht die Anzeigen. Die kann er allerdings lange suchen, denn bis auf einen kleinen Punkt in der Bildschirmmitte gibt es keinerlei Anzeigen im Spiel. Wie sehen die Welt aus Faiths Augen und darin liegt eine der Stärken des Spiels. Hätte man alles in 3rd-Person entworfen, würde es sich anfühlen wie ein Prince of Persia in einer Großstadt. So jedoch bekommt das Spiel schon ein wichtiges Erkennungsmerkmal.

Die Runner rennen. Logisch, denn sonst würden sie wohl Stayer oder so heißen. Der Lauf von A nach B ist aber nicht so wie wir es uns vielleicht vorstellen, denn das Spiel bedient sich der urbanen Sportart Parkour. So rennt Faith über Hausdächer, springt oder klettert über Zäune, rutscht unter Hindernissen hindurch und balanciert auf Rohren entlang. Schnelligkeit ist dabei ein wichtiger Faktor, denn je schneller Faith ist, desto besser überwindet sie Zäune oder andere Hindernisse.
Der Weg durch die Level ist zwar linear, aber es gibt hier und da Abkürzungen zu finden. Wichtige Objekte im Spiel, wie Rohre, Leitern oder Türen, werden rot hervorgehoben und geben so den ungefähren Lauf durch die Level vor. Sofern man dies wünscht natürlich. Denn die so genannte Runnervision, die für das rote Leuchten verantwortlich ist, kann man in den ersten 2 Schwierigkeitsgraden auch abschalten. Nur wer auf schwer spielt, muss gänzlich auf diese Hilfe verzichten.

Shoot

Im Laufe des Spiels stellen sich Faith immer mal wieder Gegner in den Weg. Diese kann man mit gezielten Schlägen und Tritten ins Reich der Träume schicken. Da die Gegner immer bewaffnet sind ist das kein leichtes Unterfangen. Für dieses Problem gibt es aber eine einfache Lösung. Faith kann ihren Gegner im richtigen Moment die Waffe abnehmen und sie dabei auch noch unschädlich machen. Das sieht immer sehr schick aus und durch die Reaktionszeit geht es auch Anfangs ohne große Übung sehr gut von der Hand. Die Reaktionszeit verlangsamt nämlich für einen kurzen Moment den Spielverlauf, so dass uns mehr Zeit zum handeln bleibt.
Selbst mit einer Waffe in der Hand verzichtet das Spiel auf unnötige Anzeigen. Wenn sie leer ist, wirft Faith die Waffe automatisch weg. Je nach Waffe verringert sich auch das Bewegungstempo. Mit einer einfachen Pistole können wir noch alles machen, mit einem großen Maschinengewehr im Anschlag bewegen wir uns wie eine Schildkröte durch die Level und können kaum springen, geschweige denn irgend etwas greifen.
Diese kurzen Shootersequenzen machen Anfangs noch Spaß, weil sie das Spielgeschehen kurz auflockern. Später sind sie eher störend, da sie das schwächste Spielelement des Spiels sind und ME an diesen Stellen zum 08/15-Shooter verkommt.
Das Spiel entwickelt einen gewissen Spielfluss. Mit Faith durch die Level zu rennen macht einfach riesig Spaß und dieser Spielfluss wird durch die späteren Shootereinlagen gestört. Im Time Trial-Modus kann man zudem bereits gespielte Level noch einmal bestreiten, immer auf der Jagd nach der besten Zeit.

Look

Selten habe ich in einem Spiel so oft Screenshots gemacht wie hier. Das liegt nicht etwa daran, dass ME der ultimative Grafikhammer ist, sondern es liegt an dem einzigartigen Look des Spiels. Die Farben des Spiels leuchten so kräftig, wie in keinem bisherigen Spiel zuvor. Blaue, rote, grüne, gelbe oder orangene Korridore laden immer wieder zum verweilen ein. Dieser Grafikstil ist das zweite Erkennungsmerkmal des Spiels. Zwar leuchten die Farben hell und lebendig und erzeugen ein gewisses Wohlbefinden, die Stadt jedoch ist trist und wirkt wie ausgestorben, so wenig ist teilweise auf den Strassen los. Ein herrlicher Kontrast.
Die Atmosphäre, die das Spiel mit der grafischen Gestaltung erzeugt, wird durch den Sound nur teilweise unterstützt. Die Stadt hat selber eine sehr schöne Soundkulisse und die Sprecher können überzeugen, sind aber viel zu leise. Die atmosphärische Musik fällt kaum ins Gewicht und wenn sie nicht da wäre, würde man sie nur im Hauptmenü oder in den Credits vermissen. Störend ist vor allem, dass man in den Optionen nur die generellen Lautstärke, die Musik und die Sprecher getrennt regeln kann. Die Soundeffekte (Bau- und Straßenlärm) selber hätten einen eigenen Regler mehr als nötig.
Würde der Entwickler nicht die Battlefield-Spiele machen, könnte man meinen sie bekommen den Klang der Waffen eben nicht besser hin. Aber wir wissen was sie können und vermissen daher die gewohnte Qualität. Die Waffen klingen zwar nicht schlecht, aber mit der Erfahrung wären bessere Sounds drin gewesen.

ME ist das von mir wohl unterschätzteste Spiel des Jahres. Das liegt daran, dass ich für ein Spiel, dass man in unter 10 Stunden durchspielen kann und welches keinen Multiplayermodus besitzt, keine 50€ bezahlen wollte. Nun hab ich bei einem Preis von 20€ zugeschlagen und bin begeistert. ME ist nicht nur einfach ein neues Spiel, sondern es ist ein neues Spielerlebnis.

Mehr selbstgemachte Screenshots vom Spiel gibt's hier.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: atemberaubender neuer Grafikstil, gute Animationen
  • Sound: gute Soundkulisse, passable dt. Sprecher
  • Balance: 3 Schwierigkeitsgrade, Tutorial, Runnervision
  • Atmosphäre: imposante Stadt, stilvolle Comicsequenzen
  • Bedienung: eingängige Steuerung mit Maus+Tast. oder Gamepad
  • Umfang: verschiedene Routen dank Abkürzungen, Time Trials
  • Leveldesign: nachvollziehbare Routen durch die Level
  • KI: Runner-Cops sind ernst zu nehmende Gegner
  • Waffen & Extras: Faith kann alle Waffen der Gegner nutzen, Nahkampf
  • Handlung: sympatische Heldin, einige Überraschungen
  • Grafik: ---
  • Sound: zu wenig einzelne Regler in den Soundeinstellungen
  • Balance: oftmals Versuch und Irrtum
  • Atmosphäre: das Gefühl für den Überwachungsstaat fehlt
  • Bedienung: ---
  • Umfang: kein Multiplayer, nur ca. 6-8 Stunden Spielzeit
  • Leveldesign: größtenteils linear
  • KI: Standartgegner nur in Massen eine wirkliche Gefahr
  • Waffen & Extras: keine Besonderheiten wie zB nutzbare Gegenstände
  • Handlung: dünne Handlung mit offenen Fragen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(4)
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