GTA + Assassin´s Creed + VIEL Blut = Prototype

Man nehme eine Open-World-Welt, vermische das mit einer Prise Mystery-Story und ordentlich rote Suppe beigeben, bei Bedarf mit unterschiedlichen Upgrades würzen...

von - Gast - am: 08.08.2009

Man nehme eine Open-World-Welt, vermische das mit einer Prise Mystery-Story und ordentlich rote Suppe beigeben, bei Bedarf mit unterschiedlichen Upgrades würzen und obendrauf einen Gestaltwandler platzieren, fertig ist Prototype.

Ist das nicht schon mal jedem passiert: Da wacht man plötzlich in einem fremden Bett neben einer fremden Frau auf, braucht mehrere Packungen Aspirin, findet neuerdings ein neues Tattoo auf dem Hintern und man kann sich an nichts mehr erinnern. Wer glaubt damit das Ultimatum erreicht zu haben, der hat noch nie etwas von Alex Mercer gehört. Denn Mercer wachte nicht in einem fremden Bett auf, er kam auf einem Obduktionstisch samt zwei Pathologen wieder zu sich und musste feststellen, dass er das Aussehen anderer Menschen annehmen kann, indem er sie konsumiert, sprich in sich aufnimmt. Er ist über Nacht zum Gestaltenwandler geworden. Doch nicht nur das, zusätzlich macht er Parcour, wird zum Metzger und deckt eine große Verschwörung auf, indem der an Amnesie leidende Gestaltenwandler eine nicht kleine Rolle spielt.

Mein Militär, meine Monster, meine Story

Wenn man den Test bis jetzt aufmerksam gelesen hat, kann man schon erahnen, dass besagter Alex Mercer Protagonist im neuen Action-Reißer Prototype ist. Der Hoody-tragende (Anti-) Held stampft durch das virtuelle Ebenbild von Manhattan und muss sich gleich mit zwei Arten von Gegnern rumschlagen. Zum einen ist es das Militär, das mit der Blackwatch-Eingreiftruppe stets einen starken Verbündeten zu seiner Seite hat, wenn es brenzlig wird. Neben dem normalen Fußvolk ausgestattet mit MPs und Raketenwerfern zieht das Militär mit Panzern und Hubschraubern ins Gefecht, die man später im Spiel selbst kapern darf. Zum anderen sind Infizierte die zweite gegnerische Partei. Neben infizierten Passanten greifen auch Hunter Alex an, die es in einer Standard-Version und einer Boss- sowie einer Supreme-Boss-Version gibt.
Wie der Name der Infizierten schon vermuten lässt, sind sie das Ergebnis einer Seuche, eines Virus, das sich im Spielverlauf in der gesamten Stadt ausbreitet und so die Bevölkerung von New York infiziert. Was sich dahinter verbirgt, warum die Seuche überhaupt aufgetreten ist und warum das Militär darüber schon fast zu gut Bescheid weiß, darum geht es in Prototype. Die sehr gut gelungene Story ist gespickt mit zahlreichen Wendungen und überzeugt mit seinem coolen Helden, jedoch wird sie in unspektakulären Zwischensequenzen vorangetrieben und wird über weite Teile zu wirr erzählt und bringt teilweise den Spieler eher durcheinander statt ihn voranzutreiben. Alles in einem weiß die Story zu gefallen und motiviert auf jeden Fall zum Weiterspielen.

Meine Bewegung, meine Moves, mein Konsum

Prototype setzt den Spieler nicht in öden Schlauchlevels ab, statt dessen lässt man ihn durch eine ganze Stadt toben, genauer gesagt durch Manhattan, in der man sich frei bewegen darf und jede Menge Unsinn anstellen kann, beispielsweise an Häuserfassaden empor rennen oder wahllos Autos durch die Gegend werfen. Denn anders als etwa Niko Bellic aus GTA 4 besitzt Alex ein übernatürliches Bewegungsrepertoire, das dazu führt, das die luftigen Höhen Manhattans ein neues Zuhause für den Spieler darstellen. Und das ist absolut positiv zu verstehen. Denn das Klettern und absurd hohe Rumspringen mit anschließender Flugphase machen auch nach etlichen Stunden noch Laune und lassen sich mit einem Gamepad ganz ordentlich steuern, trotz Kamera-Probleme. Mit Maus und Tastatur geht es nicht ganz so lässig von der Hand, insgesamt empfiehlt sich für das Spiel eher ein Gamepad statt gewohnter Steuerungsmethoden, die Konsolenherkunft von Prototype ist zu stark anzumerken.
Neben seinen Möglichkeiten der Fortbewegung bietet Alex dem Spieler vor allem eines: Die Möglichkeiten des Kampfes. Anstatt sich auf Bleispritzen zu verlassen wie das Militär, kann Alex seinen Körper umformen, damit er der gegenwärtigen Bedrohung Herr wird. So wird ein Panzer mit den Hammerfäusten demoliert, anstürmende Infanteristen stürmen gegen Alex´ scharfe Klauen, Mutanten werden von einer enormen Klinge zerschnippelt, entfernte Gegner gilt es mit einem Peitschenarm wieder zu sich holen und bei Bedarf wird ein Schild oder eine Ganzkörper-Rüstung verwendet, um den erlittenen Schaden einzugrenzen.
Eine nicht minder wichtige Technik ist das Formwandeln des Helden, die Meister-Disziplin eines Gestaltenwandlers. Wenn man sich einen Menschen einverleibt, erringt man neben Lebens- sowie Erfahrungspunkte die Möglichkeit, sich in sein letztes Opfer zu verwandeln, das in vielen Bereichen bei Prototype hilfreich sein kann. Um dem Militär zu entfliehen und in einem ungesehenem Augenblick sich in einen unschuldigen Zivilisten zu verwandeln, ist deutlich effizienter als sich einige Momente lang in einer Häuserschlucht zu verstecken. Zudem ist das Tarnen als Soldat, um eine Militär-Basis zu infiltrieren, unersetzlich. Als Offizier getarnt kann man sich unbemerkt durch die Basis bewegen und sich dort einige Personen einzuverleiben, um deren Kenntnisse um über ihr jeweiliges Spezialgebiet zu erlangen.

Mein Gedächtnis, Mein Web, Mein Upgrade

Damit kommen wir auch gleich zum nächsten Punkt: dem Web of Intrigue. Wenn man Personen konsumiert, speichert Alex ihr Gedächtnis in sein leeres Gedächtnis. Solche speziell gekennzeichneten Leute gilt es zu konsumieren, um nach und nach die Geschehnisse aus vielen kleinen Storyfetzen zusammenzusetzen. Folgt man nur der Story, kriegt man nur den Hauptstrang mit, beschäftigt man sich näher damit um das Web of Intrigue komplett zu füllen, offenbart sich dem Spieler die komplette Story von Prototype. Wer sich länger mit dem Spiel beschäftigt, erfährt also mehrere Hintergründe der Seuche und wird für seinen Forscherdrang auch ordentlich belohnt. Ein tolles neuartiges Story-Konzept, das Prototype trotz einiger Längen sehr gut umsetzt.
Gleiches gilt für den Upgrade-Part des Spieles, je mehr man in ihn investiert, desto mehr wird man belohnt. Zu Anfang kann man sich den Gegnern nur mit Händen und Füßen erwehren, am Ende erwartet den Spieler ein breites Spektrum an Kombos und Aktionen der jeweiligen Angriffs-Modi, von denen man manche im Verlauf einfach erlernt, doch die meisten zunächst durch Erfahrungspunkte erkaufen muss, bevor man sie anwenden kann. Der gefährliche Elbow Drop mit den Hammerfäusten, das einen Panzer nur mit einem Schlag in Altmetall verwandeln, oder der Street Sweeper des Peitschenarms, der auf Knopdruck jeden Gegner im Wege in zwei Hälften trennt, müssen sowohl wie die verheerenden Devastator-Moves zunächst mit Erfahrungspunkte separat in einem Menü teuer bezahlt werden.

Meine Missionen, meine KI

Prototype ist ähnlich aufgebaut wie jedes Open-World-Spiel: Im Spielverlauf sammelt man Kontakte, die stets einen Auftrag für Mercer bereithalten. In den insgesamt 31 Missionen, die den Spieler zwischen 12-14 Stunden unterhalten sollten, muss man allerhand Gegner niedermetzeln, teils gigantische Mutanten-Massen erlegen und Basen infiltrieren. Ab und an ergeben sich auch etwas abwechslungsreichere Aufgaben, wie das Verfolgen eines Boss-Hunters. Jedoch ist das Missionsdesign ziemlich schlapp und Abwechslung sucht man bis auf wenige Stellen vergeblich. Da helfen die Events, die Nebenaufgaben des Spieles, auch nicht viel weiter. Mal gilt es Checkpoints abzuarbeiten, ein andermal eine bestimmte Menge Gegner ins Jenseits zu befördern oder auch mal eine Basis kurz und klein zu hauen. Abseits der Missionen gibt es für den Spieler nicht viel weiter zutun, Nebenbeschäftigungen wie etwa in GTA 4 fallen quasi komplett weg. Die fehlende Abwechslung im Missionsdesign ist neben der schwächlichen KI das größte Totschlagargument gegen Prototype.
Schwächliche KI?, meinen einige wohl aufzustöhnen. Zugegeben, lässt man die KI machen, ist sie ganz solide. Während dem Kämpfen wird hin und wieder Verstärkung durch das Militär gerufen, wohlgemerkt ist derjenige, der Verstärkung ruft meistens geschützt durch einen kleinen Pulk Infanterie oder sitzt wohlbehüten in einem Panzer, damit Alex ihn nicht vorher in die Finger kriegt. Und die andere KI-Stärke ist die Erkennung der Tarnung. Wer etwa verkleidet als Soldat einen Angriffstrupp Hunter in eine Militärbasis lockt, kann auf die Hilfe des Militärs zählen, denn man bekriegt sich nicht nur mit Alex, sondern auch mit den Infizierten. Das wird vor allem in der Nähe der Hives deutlich, meist wuseln dort besonders viele Soldaten herum unterstützt von Panzern und Helikoptern. Doch wie die Seiten einer Medaille ist die Erkennung der Tarnung eine große KI-Schwäche. Solange man als Soldat gekleidet ist, ist es den Gegnern Schnuppe, ob man aus riesiger Höhe mitten in eine Feindbasis hopst oder wie von der Tarantel gestochen eine Wand hochläuft. Ansonsten stellt die KI kaum eine Bedrohung dar, nur wenn mehrere Hunderte Gegner auf dem Bildschirm in Richtung Alex marschieren, wird es gefährlich.

Mein Freiraum, mein Chaos, meine Effekte

Das Kampfsystem von Prototype ist vor allem eines: Variantenreich. Die verschiedenen Kampfstile, zusätzlich die große Anzahl an Fertigkeiten und Kombos lassen viel freien Raum zum Probieren und Experimentieren. Dadurch kann man locker Stunden zubringen, bis man seine jeweiligen Lieblingskombos aus dem Schlaf aus hervorrufen kann. Häufig sind die Scharmützel mit den Gegnern sehr effektvoll und sehen dank der Animationen auch noch gut aus. Doch der Nachteil besteht darin, dass die Gefechte nicht nur effektvoll, sondern überladen daherkommen. Wenn man von Huntern gejagt, von Soldaten beschossen und von Helikoptern ins Visier genommen wird und man noch mit Kamera-Probleme zu kämpfen hat und teils bildschirmeinnehmende Moves zelebriert, arten die Kämpfe in Chaos aus und sind zudem extrem unübersichtlich, addierend spielt der Auto-Focus bei Massen immer mal wieder verrückt und so laufen mehr unschuldige Zivilisten statt schießwütiger Gegner Alex zum Opfer. Man wird in den Sessel gedrückt, durch die Effekte, nicht durch nervenzerfetzende Spannung während des Gemetzels.

Meine Technik, meine Atmo, mein Sound

Die Technik von Prototype ist nicht mehr wirklich auf dem neuesten Stand und ist höchstens Durchschnitt, trotz halbjähriger Verspätung zur Technikschönung. Die Animationen sehen insgesamt ziemlich klasse aus, herausstechend sind die Animationen des Helden, die butterweich ineinander übergehen. Zudem packt die Engine auch riesige Menschenmassen zu simulieren, die kreischend um ihr Leben rennen, während sie verfolgt werden durch Infizierte unter grollendem Beschuss der Panzer, die nebenher den Huntern das Leben schwer machen. Die Weltuntergangsatmosphäre wird dadurch perfekt inszeniert, vor allem gegen Ende stimmt die Atmosphäre, kleiner Wermutstropfen sind die immer gleichen Passanten und Autos (als ob man sich in Manhattan nur per Taxi fortbewegt!), doch das ist gegenüber der Endzeit-Stimmung ein kleiner Minuspunkt. Aber ansonsten kann man das Spiel grafisch nicht mehr an heutige Maßstäbe knüpfen. Das Spiel kämpft zu häufig mit Pop-Ups und detailarmen Texturen, da helfen auch die darüber gelegten, verwaschenen Effekte nicht mehr weiter.
Hingegen ist der Sound außerordentlich gut geworden, der sich durchaus mit Genre-Größen anlegen kann. Die englische Synchro des Spieles (deutsche Sprachausgabe oder Untertitel fehlen komplett) ist durchweg mit gelungen und der räumliche Klang kann sich hören lassen. Der Soundtrack steuert sein Übriges bei.

Mein Fazit

Insgesamt betrachtet bleibt Prototype hinter den Erwartungen zurück. Doch ein schlechtes Spiel ist Prototype keinesfalls. Die Story ist verdammt gelungen, das Herumspringen macht auch nach Stunden noch Laune und das Gestaltwandeln des Helden offenbart zudem neue Taktiken. In den Kämpfen kann man sich kurzweilig unterhalten lassen und die Effekte und Moves bestaunen, die man dabei so abzieht. Doch die schwache Technik, die manchmal nicht nachvollziehbar reagierende KI und das langweilige Leveldesign verwehren Prototype die höheren Wertungsränge. Die Master of Disaster und Story-Freunde werden ihren Spaß damit haben, Grafik-Fetischisten und Spieler, für die Abwechslung das A und O eines Spieles halten, sollten erst zum Low-Budget-Preis zuschlagen.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Animationen
  • Sound: tolle Synchro, räumlicher Klang, Soundtrack
  • Balance: mehrere Schwierigkeitsgrade (3)
  • Atmosphäre: toll eingefangene Apokalypse-Stimmung
  • Bedienung: funktionierende Gamepad-Steuerung, frei belegbar
  • Umfang: 12-14 Stunden Spielzeit, große freie Stadt
  • Missionsdesign: manchmal spannende Hauptmissionen ...
  • KI: ruft Verstärkung, erkennt Tarnung
  • Waffen & Extras: Verschiedene Kampfstile, Schuss-Waffen einsetzbar
  • Handlung: Web of Intrigue, spannende Wendungen
  • Grafik: Detailarmut, verwaschene Texturen
  • Sound: -
  • Balance: Chaos in manchen Kämpfen
  • Atmosphäre: gleiche Passanten, gleiche Fahrzeuge
  • Bedienung: mit Maus & Tastatur schwammig
  • Umfang: kaum Wiederspielwert, mehr Events nötig
  • Missionsdesign: ...aber fast immer gleich gebaut, kaum Abwechslung
  • KI: unglaubwürdige Aktionen, nur durch Masse Gefahr
  • Waffen & Extras: -
  • Handlung: unspektakuläre Cut-Scenes, wirre Erzählstruktur

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(2)
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