Nichts für Weiche Birnen

Wir Computerspieler denken bei dem Wort Tentakel ja nicht gleich an riesige Tintenfische, sondern eher an das Kult-Adventure Day of the Tentacle. Genauso denken...

von nummer47 am: 06.04.2009

Wir Computerspieler denken bei dem Wort Tentakel ja nicht gleich an riesige Tintenfische, sondern eher an das Kult-Adventure Day of the Tentacle. Genauso denken die meisten von uns, wenn sie Tag der Toten hören sofort an Grim Fandango. Seit kurzem denke ich, wenn ich Psychiater höre, an das 4. Spiel (3. war Vollgas) des Schöpfers von den beiden erstgenannten Titeln. Tim Schafer's Psychonauts! Ob das Jump & Run so genial ist wie die vorherigen Werke könnt ihr im Test lesen.

Ich will Psychonaut werden!

Man schlüpft in die Rolle von Razputin, kurz Raz, der Psychonaut werden will. Psychonauten sind Menschen, die in den Verstand anderer Leute reisen können um dort nach den Problemen ihrer Psyche zu suchen oder einfach um Geheimnisse herauszufinden. Sie sind internationale übersinnliche Geheimagenten.
Das geheime Sommerlager am Flüsterfelsen ist Raz' Ziel um seinen Traum zu erreichen. Denn dort werden junge Kinder zu Psychonauten ausgebildet. Nach dem Beginn des Spiels soll man sich bei Coach Oleander zur Ausbildung melden, die auch gleich das Tutorial des Spiels ist. Es lässt uns allerdings auch erst einmal die Gegend erkunden wenn wir wollen. Beim Erkunden treffen wir auf die skurilen Bewohner des Sommerlagers und können auch schon Pfeilspitzen oder Psi-Karten sammeln. Pfeilspitzen sind die Währung des Spiels und mit den Karten können wir später eine Aufstiegsmarkierung basteln um einen Level aufzusteigen. Aber wir sind ja noch ganz schön dumm und so geht's ab zum Coach und in das Tutorial. Auf in die nicht immer menschlichen Psychen des Spiels.

Ich denke, also bin ich.

Der erste Abschnitt spielt im Verstand des Coach's, der irgendwie ein Faible für Kriege zu haben scheint. Alles hier erinnert an verschiedene Schlachten. Schlachten, die der Coach scheinbar geschlagen, aber nicht verarbeitet hat. Hier bekommen wir Trugbilder erklärt. Das sind durchsichtige neonreklamenartige Bilder, die hier und da in den Levels verstreut sind. Sammeln wir 100 davon steigen wir ein Level auf. Auch gibt es geistige Spinnweben zu finden, die man aber noch nicht entfernen kann. Das Gerät dafür, ein Spinnwebenentferner, kann man erst später für genügend Pfeilspitzen kaufen. Das letzte was es in den Levels noch zu finden gibt ist geistiger Müll. Dargestellt durch Taschen und die dazugehörigen Gepäckanhänger. Wer allen Müll in einem Level findet wird mit Konzeptzeichnungen belohnt. Aber was gibt es sonst noch zu tun?
Genretypisch springt Raz über Abgründe, klettert Leitern hoch, balanciert auf Seilen herum oder schwingt sich wie ein Prinz von Ast zu Ast. Hin und wieder gibt es natürlich auch einen Gegner zu erledigen, dann gibt es volles Pfund auf’s Maul!

Bin ich das wirklich?

Nach dem Tutorial steht uns das komplette Sommerlager offen. Jetzt gibt es erstmal ne Menge zu entdecken. Lustigerweise treffen wir in jedem Abschnitt des Lagers auf einen schrulligen alten Mann, der, wie sich später herausstellt, ein berühmter Psychonaut ist. Ford Cruller, so sein Name, bringt uns von Zeit zu Zeit wichtige Fähigkeiten bei.
Es gibt im Laufe des Spiels 8 Psi-Fähigkeiten zu erlernen. So können wir später mittels Telekinese zum Beispiel Gegenstände oder Personen mit Gedankenkraft aufnehmen und bewegen. Oder wir machen uns einfach unsichtbar. Es stehen Raz aber nicht nur diese Fähigkeiten zur Verfügung, sondern er verfügt auch über ein Inventar, dass sich mit nützlichen Gegenständen füllen lässt. Eine Wünschelrute spürt tief vergrabene Pfeilspitzen auf, die mehr Wert sind als normale. Schnell hat man so ein kleines Vermögen zusammen.
Wir sollen uns aber um unsere Ausbildung kümmern und so treffen wir unsere Lehrer. Von Sascha Nain lernen wir das Schießen und Milla Vodello bringt uns das Schweben bei.
Nachdem die Story langsam aber sicher Fahrt aufnimmt, jemand will mit Gehirnpanzern die Welt erobern, zeigt sich die eigentliche Stärke von Psyconauts. Es sind die aberwitzigen Levels. Einen kleinen Vorgeschmack gab es bereits bei Milla Vodello, in deren Verstand eine Party stattfindet. In den späteren Levels wird es immer verrückter und das im positiven Sinn. Im Verstand eines Fischs sind wir eine Art Godzilla und bringen als Brillogor Chaos nach Lungenfischcity. Einem Wachmann helfen wir bei seinem Problem mit dem Milchmann. Wir finden uns in einem großen Theater wieder, als wir den Verstand einer alternden Operndiva betreten und wir spielen mit Napoleon ein Rundenstategiespiel, in dem wir selber auf das Spielbrett springen. Jeder Level ist anders als der vorhergehende und sprüht vor Witz und Ideen. Wer Raz kurz in Ruhe lässt kann ihm außerdem levelabhängige Bewegungen entlocken.

Da war doch noch was

Psychonauts ist ein Spiel, dass man nicht nur kennen, sondern auch gespielt haben sollte. Die Grafik war damals schon nicht mehr ganz frisch, aber das tut dem Spielspaß keinen Abbruch. Es ist der charismatische Held, der einen zum weiterspielen animiert und dank seiner Mimik und Gestik und auch dank Sandra Schwittau, ans Herz wächst. Sie leiht Raz nämlich ihre markante Stimme (Bart Simpson, Max aus Sam & Max) und so bekommen seine Aussagen noch etwas mehr Pfiff. Die restlichen Sprecher können sich auch alle hören lassen und überhaupt passt der Sound immer wie die Faust auf's Auge. Die Steuerung geht flott von der Hand und Kameraprobleme gibt es selten.

Psychonauts zählt wohl mit zu den besten und einfallsreichsten Spielen der letzten Jahre. Wer es nicht kennt, hat was verpasst. So und jetzt ... will ich Psychonaut werden!

Mehr Screenshots vom Spiel gibt es hier.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: stimmige Optik
  • Sound: prof. Sprecher, stimmige Musik, passende Sounds
  • Balance: gutes Tutorial, nie unfair, freies speichern
  • Atmosphäre: stimmige Welt, witzige Dialoge, sympathischer Held
  • Bedienung: eingängige und präzise Steuerung
  • Umfang: viel zu entdecken, motivierende Suche nach Extras
  • Leveldesign: spielerisch und optisch sehr abwechslungsreich
  • KI: fordernde Bosskämpfe
  • Waffen: einige Psi-Fähigkeiten sind nützlich im Kampf
  • Handlung: irrwitzige Story um Gehirnpanzer & Entführungen
  • Grafik: polygonarmut, wenig details, schwache Texturen
  • Sound: -
  • Balance: nur ein Schwierigkeitsgrad, für Profis zu leicht
  • Atmosphäre: Zwischensequenzen sind niedriger aufgelöst
  • Bedienung: fummeliges Inventar und Fähigkeitenmenü
  • Umfang: kaum Wiederspielwert
  • Leveldesign: -
  • KI: Gegner kennen nur den direkten Angriff
  • Waffen: -
  • Handlung: kommt langsam in Fahrt

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(2)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.