Ungewöhnliche Spielidee mit eigenem Charme, atmosphärisch und spannend.

Ende 2009 erschien mit dem Saboteur überraschend ein Action-Spiel, das auf den ersten Blick eine krude Mischung aus GTA IV, Assassin's Creed und Commandos ist....

von Moldmaker am: 24.10.2010

Ende 2009 erschien mit dem Saboteur überraschend ein Action-Spiel, das auf den ersten Blick eine krude Mischung aus GTA IV, Assassin's Creed und Commandos ist. Auf den zweiten Blick funktioniert das erstaunlich gut und macht von Anfang an richtig Spaß.

Die rudimentäre Geschichte, die erzählt wird, spielt im von den Deutschen besetzten Paris von 1940. Die Spielfigur ist der Ire Sean Devlin, ein ehemaliger Rennfahrer, der sich der Resistance anschließt und versucht, die Stadt von der deutschen Besatzung zu befreien. Zu Beginn des Spieles (und als Tutorial) befindet man sich allerdings in Deutschland, und zwar im schönen Saarbrücken, wo man ein Rennen zu bestreiten hat, und bei dieser Gelegenheit werden auch einige Protagonisten vorgestellt, denen man später im Spiel wieder begegnen wird, und lernt die Spielmechanik kennen. Das Rennen ist natürlich manipuliert, aber ein echter Ire findet immer einen Ausweg. Anschließend sieht man sich gezwungen, die Doppelsieg-Werke zu infiltrieren, um den besten Kumpel des Iren zu befreien, und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Der weitere Verlauf des Spieles führt uns dann endlich nach Paris, wo der Ire in einem Theater mit angeschlossenem Puff in einer Rumpelkammer der Hahn im Korb ist. Die lakonischen Kommentare des Iren zu dem, was (und wen) er sieht, passen so richtig zur Film-Noir-Atmosphäre. Und damit sind wir auch bei der größten Besonderheit von Saboteur: der Farbgebung. War am Anfang, in Saarbrücken, die Welt noch hell und bunt, herrscht in Paris ewige Nacht. Und solange die deutschen Truppen die Stadt besetzt halten, bleibt das auch so. Wenn der Saboteur mit fortschreitendem Missionsfortschritt die Stadt nach und nach von den Besatzern befreit, kehrt die Farbe in die entsprechenden Stadtviertel zurück. Eine wirklich gut und stimmungsvoll umgesetzte Idee, die zu Recht vielgelobt wurde. Aus dem Dunkel stechen fast nur gelbe und rote Farbakzente hervor. Damit erhält das Spiel eine Farbgebung (und auch eine dadurch erzeugte Atmosphäre), wie ich sie nur noch in Sin City gesehen habe.

Die Grafik an sich, unabhängig von der Farbdramaturgie, ist zwar gut, aber nicht sehr gut. Die Figuren bewegen sich ein wenig zu hölzern; die Texturen genügen nicht immer höchsten Ansprüchen und viele Gebäude sind generisch. Für die Steuerung habe ich das Gamepad bevorzugt. Leider unterstützt auch dieses Spiel nur Xbox-Controller, die ich persönlich nicht mag. Ich habe keinen Original Xbox-Controller, sondern einen von Saitek, aber mein SpeedLink Strike² ist mir tausendmal lieber, wenn es schon ein Gamepad sein muß.

Das Gameplay lehnt sich bezogen auf die Missionen an GTA IV an; auf der Minikarte erscheinen die Anfangsbuchstaben des jeweiligen Auftraggebers, und die Färbung zeigt an, ob es sich um eine Hauptmission handelt (golden) oder nicht (weiß). Wenn Sean sich dann zum Einsatzort begibt, kann man ihn mit dem Auto fahren oder zu Fuß gehen lassen. Bei den weiten Wegen, die dabei teilweise zurückzulegen sind, sollte es meistens ein Auto sein. Die Fahrphysik ist eher simpel. Immerhin gibt es wirklich viele verschiedene Karren, die teilweise erst im Laufe des Spieles freigeschaltet weden, darunter einige wirklich seltene Schlitten wie der Gestapo-Wagen, den man nur kriegen kann, wenn die Gestapo hinter einem her ist (in der Stadt habe ich jedenfalls noch keinen parken sehen) oder auch Kübelwagen oder repräsentative Schlitten von Parteibonzen. Die Autos werden dann in der Garage geparkt; es gibt mehrere in der Stadt, aber in jeder stehen einem alle Fahrzeuge zur Verfügung. Ein schönes System, so ähnlich wie in dem später erschienenen Mafia II. Die deutsche Synchronisation geht größtenteils in Ordnung, vor allem der Ire selbst wird von einem guten Sprecher vertont. Allerdings nervt der allzu aufdringliche französische Akzent einiger Figuren dann doch. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Es gibt jede Menge zu tun in Paris. Die Nebenmissionen sind zahlreich; es gibt auch einen Freeplay-Modus, in dem man auf der Karte markierte Ziele eliminieren kann wie Propagandalautsprecher, Kontrollposten usw. Um diese Ziele sehen zu können, muß man sich allerdings vorher eine Karte des betreffenden Bezirks kaufen … (danke nochmal, Petra Schmitz!). Es gibt viele verschiedene Waffen, die auch erst im Laufe des Spieles freigeschaltet werden; ich persönlich mochte das Terror-MG am liebsten. Sean kann ausgeschalteten Soldaten die Uniform klauen und sich damit verkleiden. Allerdings sollte man den echten Deutschen trotzdem nicht zu nahe kommen, sonst riechen sie seine Whiskyfahne...

Die Missionen sind abwechslungsreich und treiben die Handlung voran. Leider ist das Ende des Spieles eher unspektakulär, ich will hier aber auf einen Spoiler verzichten. Die Kämpfe sind meistens recht gut zu schaffen, teilweise muß man es aber noch einmal versuchen, wenn man gescheitert ist. Allzu leicht macht es einem der Saboteur auch nicht. Die Klettereinlagen, die Sean Devlin über die Dächer von Paris führen und teilweise wirklich bemerkenswerte Aussichten ermöglichen, lassen sich nur etwas hakelig steuern – kein Vergleich zu Assassin's Creed. Altair mit seinen eleganten Bewegungen läßt sich leichter steuern und sieht dabei auch besser aus. Die deutschen Soldaten können übrigens nicht klettern und den Iren auf die Dächer verfolgen, aber sie bleiben trotzdem brandgefährlich. Am Himmel kreisen immer irgendwelche Zeppeline, die ständig die Gegend absuchen – nach Saboteuren beispielsweise...

Was man an Saboteur wirklich kritisieren muß, sind die vielen Bugs. Ich habe hier immer noch die Originalversion von der DVD auf der Platte. Bisher ist lediglich ein Beta-Patch veröffentlicht worden, den ich nicht getestet habe und der laut EA-Forum auch nicht viel bringt. Das Spiel stürzt gerne ab, teilweise bleibt nach üblen Grafik-Hängern das ganze System stehen. Damit es wirklich flüssig läuft (und mein System ist eigentlich dafür genügend leistungsfähig), hat es sich für mich und auch für andere bewährt, beim Systemstart im BIOS zwei der vier Prozessorkerne abzuschalten. Ob das noch einmal behoben wird, kann man ruhig bezweifeln – der Entwickler Pandemic ist anscheinend aufgelöst worden.

Mein Fazit: Eine ungewöhnliche Spielidee, die ausgezeichnet umgesetzt wurde und einen ganz eigenen Charme besitzt, atmosphärisch und spannend, nur leider geplagt von wirklich lästigen Bugs.

Mm.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(4)
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