Lange überfällige Wiedergeburt eines Genres?

Kurzer Disclaimer: ich lege bei einem Spiel wie Shadow Tactics: Blades of the Shogun vor allem Wert auf vielfältige Lösungsmöglichkeiten, eine...

von DerFee am: 12.04.2018

Kurzer Disclaimer: ich lege bei einem Spiel wie Shadow Tactics: Blades of the Shogun vor allem Wert auf vielfältige Lösungsmöglichkeiten, eine gut Atmosphäre und einen knackigen Schwierigkeitsgrad.

Spoilerwarnung: ich versuche Spoiler zu umgehen kann aber für nichts garantieren!

Kurz zu mir

(kann auch übersprungen werden)

Ich bin ein grosser Fan von Strategie- und Taktikspielen in Echtzeit. Zwar gehören auch CIV III bis V und andere Rundenspiele zu meiner Sammlung, aber mein Herz schlägt dann doch für die Echtzeit. Gespielt habe ich hier Strategiespiele wie Warcraft III, C&C, Age, an Taktikspielen natürlich Desperados und Commandos I&II, Destination Berlin hat es mir damals nicht so angetan. Als Shadow Tactics angekündigt wurde war ich erstmal neugierig habe mich aber lange Zeit nicht dazu durchgerungen es zu kaufen, da ich mittlerweile einfach nicht mehr so viel Zeit zum Spielen habe. Letztlich habe ich es aber dann glücklicherweise doch in meine Sammlung aufgenommen und möchte hier meine Erfahrungen mit dir teilen.

Was spiele ich hier eigentlich?

In diesem Taktikspiel aus dem Hause Mimimi Productions steuert man bis zu fünf Charaktere aus einer isometrischen Perspektive durch 13 Missionen. Es kommt eher auf ein kluges, ungesehenes Vorgehen an, als auf rohe Waffengewalt. Diese wird dennoch genutzt, um Wachen – verschiedener Typen mit Eigenschaften die es zu berücksichtigen gilt – auszuschalten und dem Ziel näher zu kommen. Jeder der Commandos oder Desperados gespielt hat wird sich sofort zurechtfinden. Grüne Kegel zeigen die Sichtbereiche der Wachen an, verschiedene Aktionen verursachen Lärm der ebenfalls die Aufmerksamkeit von Wachen erregt, falls man zu nah an ihnen steht und durch geworfene Steine, ein "Wiesel" u.ä. lassen sich Wachen ablenken.

Alles in alle werden die grundlegenden Erwartungen direkt erfüllt. Aber wie sieht es denn mit der Präsentation genau aus?

Setting und Look

Die Missionen finden in einem asiatischen Setting Anfang des 17. Jahrhunderts statt. Das macht den Mix aus Nahkampfwaffen wie Katanas und Schusswaffen interessant. An und für sich finde ich die Darstellung für mich als Laien sehr passend und ich hatte nie das Gefühl, dass es zu sehr an Realismus gefehlt hätte.

Die obigen Screenshots zeigen bereits die optische Präsentation des Spiels, das komplett in der Unity Engine entwickelt wurde. Der gewählte Comic-artige Look stammt von der "Cell-Shading" Technik die wirklich schön zum Spiel passt. Details lassen sich gut erkennen und man versteht jede neue Mission sehr schnell. Hier hat das Entwicklerteam meiner Meinung nach genau die richtige Wahl für das angestrebte Ziel getroffen, um Eleganz mit Übersichtlichkeit zu paaren. Die fünf Charaktere sind ebenfalls schon gestaltet und unterscheiden sich direkt durch Dinge wie Haltung oder Gangart, sodass man die junge Diebin, direkt vom gestählten Krieger in schwerer Rüstung und der alten Greis unterscheiden kann. 

Bei der musikalischen Präsentation sieht es genauso aus. Das Spiel hat einen passenden Soundtrack verpasst bekommen und auch die Soundeffekte sind klasse. Manch einer mag eine fehlende deutsche Synchronisation bemängeln. Da die englische Sprachausgabe jedoch ausgezeichnet gelungen ist und die stereotypen Akzente für japanische Charaktere ihren Weg zu den Synchronsprechern gefunden haben, geht das für mich gänzlich in Ordnung. Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte mit der Atmosphäre, kann sogar die vollständige japanische Vertonung geniessen. Hier muss ich aber zugeben, dass ich doch ganz gerne verstehe was gesagt wird und mein 3-Tage Touristen Niveau im Japanischen leider nicht ausreicht. Letztlich habe ich zu keiner Zeit eine deutsche Synchronisation vermisst.

Du, spring vom Dach auf seinen Kopf und du, wirf deinen Wurfstern nach da... Los! (Bedienung)

Wo mich die Bedienung in Commandos vor allem bei Situationen da ich mehrere Wachen gleichzeitig ausschalten wollte noch mit verknoteten Fingern zurückgelassen hatte, besitzt Shadow Tactics eine wundervolle Komfortfunktion, die sich organisch in den Rest einfügt – den Schattenmodus. Hier kann man jedem Charakter einen Befehl geben, mit dessen Ausführung gewartet wird bis man alle Befehle auslöst. Das Timing ist hierbei zwar nicht immer so einfach wie ich es gerne hätte, vor allem wenn ein Charakter sich erst noch bewegen muss, aber dennoch ist dies eine der besten Neuerungen für das Genre.

Die Bedienung allgemein geht schön intuitiv von der Hand. Mit der einen Maustaste wählt man Charaktere an oder gibt ihnen Befehle wie "Gehe dorthin" oder "Töte den da", mit der anderen lassen sich Wachen anwählen um beispielsweise deren Sichtkegel anzeigen zu lassen. Es lassen sich alle Aktionen sowohl als Mausschupser durchführen, als auch per Hotkey. Diese sind grösstenteils praktisch in der WASD Ecke der Tastatur hinterlegt, sodass man nicht wild auf der Tastatur suchen muss. 

Für Couchzocker gibt es sogar die Möglichkeit flüssig zwischen Maus/Tastatur und einen Gamepad zu wechseln. Eigentlich wäre das sogar was für mich, aber bis jetzt habe ich dies noch nicht ausprobiert. Die Tatsache dass es diese Möglichkeit jedoch gibt finde ich nur lobenswert. 

Wenn hinterhältiger Mörder und ehrenhafter Krieger sich treffen (Die Story und Atmosphäre)

 

Die Charaktere geben die Möglichkeit fünf archetypische Figuren zu spielen, die man allgemein mit Japan verbindet. Einen gestandenen Samurai in dicker Rüstung, eine betörende Geisha, einen hinterhältigen Ninja, eine kindliche Diebin und einen erfahrenen Greis. Alle Charaktere haben ihre einzigartigen Fähigkeiten und ermöglichen unterschiedliche Spielstile. 

Warum genau diese Charaktere gut miteinander auskommen mag einmal dahingestellt werden. Immerhin versucht der Entwickler Gründe zu liefern, weshalb Samurai und Ninja sich nahezu freundschaftlich verstehen, denn für Geld macht so ein Ninja scheinbar alles, aber die Erzählung der Charaktergeschichten ist eher Mittel zum Zweck. Trotzdem fand ich die Ideen hier ganz unterhaltsam und vor allem die Interaktionen während der Missionen haben mich das eine ums andere Mal zum Schmunzeln gebracht, wenn beispielsweise der Ninja der kindlichen Diebin, auf einen freudigen Ausruf nach mehrfachen Ermordungen sagt dass sie eigentlich viel zu gut dabei sei für ihr Alter. Wunderbar. Wirklich tief geht es aber nicht, selbst wenn die persönlichen Geschichten mit der Gesamtstory verwoben werden. Leider geschieht dies auch auf eine so klischeehafte Weise, dass es recht vorhersehbar daherkommt. Das trifft auch für die gesamte Story zu. Einen Literaturpreis wird der Plot nicht gewinnen, aber das muss er auch nicht. Über das ganze Spiel hinweg ist die Story nur ein Grund die Missionen miteinander zu verbinden und das tut sie auch sehr gut.

Wieder war die Wache zu schnell auf ihrer Patrouille (Schwierigkeitsgrad und Eleganz)

Das Spiel lässt sich in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden spielen. Der Leichte ist sehr verzeihend, sodass man lange Zeit durch den Sichtkegel von Wachen laufen kann ohne dass sie sich wundern was dort passiert, der Normale ist in vielen Situation bereits angenehm knackig, wenngleich niemals unfair und ihm Hardcore-Modus geht es richtig zur Sache. Ich finde hier ist für jeden Was dabei, sodass ich mir eigentlich nichts mehr wünschen kann. 

Ausserdem lassen sich alle Missionen auf verschiedene Arten bewältigen. Manche Lösungswege werden einem sehr direkt von den Charakteren selber vorgeschlagen, was ich ebenfalls gut finde, da Tooltipps und die Tutorial-Tipps (liegen anfangs überall herum) damit nicht nötig sind. Für andere Lösungswege kann man selber kreativ werden und selten wird man tatsächlich zu einem Lösungsweg gezwungen. Auch das finde ich absolut vorbildlich. Damit kann man auch ein wenig herum experimentieren um einen möglichst "eleganten" Weg zu finden. Auch was beispielsweise die Flucht nach einem erfolgreichen Attentat angeht. Der Musikwechsel und das Wissen dass man ab jetzt gesucht wird lassen die Aufregung steigen, aber wenn man es dann auf einem vorher geplanten Weg schafft ungesehen wieder aus der Situation zu verschwinden, bringt dies eine wunderbare Genugtuung.

Technisches

Als Letztes möchte ich noch kurz zum Technischen kommen. Ich selber spiele Shadow Tactics auf einem Highend-Rechner daher kann ich leider zur Performance wenig sagen. Nur so viel, auf meinem Desktoprechner läuft alles butterweich, ohne jegliche Schwierigkeiten. Ich habe es dann auch einmal auf meinem Officelaptop installiert, aus reiner Neugier. Der besitzt keine dedizierte Grafikkarte und ist tatsächlich nur für Officeanwendungen gedacht. Das Spiel läuft auch hier aber keineswegs flüssig, als Pausengame eignet es sich also eher weniger.

Davon abgesehen hatte ich einmal mit einem KI-Schluckauf zu kämpfen. Eine Questeinheit ist nicht mehr ihrem Tagesablauf nachgegangen. Das liess sich aber lösen indem ich diese Einheit mit einem Stein abgelenkt habe und sie danach wieder in ihre alte Routine verfiel. Ich weiss leider nicht vorher das Problem kam, aber davon abgesehen hatte ich nie wieder etwas ähnliches.

Fazit

Alles in allem habe ich mit Shadow Tactics: Blades of the Shogun genau das Spiel erhalten das ich haben wollte. Ein schönes Echtzeittaktikspiel für die eine oder andere Mission nach der Arbeit. Die Charaktere sind gelungen und ermöglichen verschiedene Spielweisen, die Präsentation ist passend und die Ideen der Entwickler bringen einen immer wieder zum Schmunzeln. Für mich schlägt Shadow Tactics genau die Brücke zu den alten Taktikspielen von damals die gebraucht habe.


Wertung
Pro und Kontra
  • Taktische Tiefe mit verschiedenen Lösungswegen
  • Stimmige obschon klischeehafte Charaktere
  • Schöne Präsentation
  • Guter Wiederspielwert
  • Lange überfällige Genrewiedergeburt
  • Dünne, vorhersehbare Story
  • Keine Inventare

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(1)
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