Treyarchs Ausflug ins Superhelden-Genre ist wie ein durchgebratenes Steak: manche mögen es, den Anderen ist es viel zu zäh.
Beginnen wir mit... dem Ende
Wenn Spider-Man teilnahmslos über ein Dach marschiert, auf dem gerade Menschen um ihr Leben kämpfen, dann stimmt was nicht. Was genau der Grund ist, erfährt man erst vieeeeeeeeeeeeeeeeel später. Zu Beginn springt der Spinnenmann zunächst vom Dach, schwingt durch das verwüstete New York und drischt auf ein paar Gegner ein. Wenn wir dann die Kontrolle über ihn übernehmen, beginnt einmal das Tutorial... in dem bereits die größte Schwäche von Spider-Man: Web of Shadows auffällig wird: die arg überladene Steuerung. Dazu später mehr.
Nachdem man die ersten Gegner vermöbelt und die ersten Menschen gerettet hat, taucht dann Spider-Mans Freundin MJ, begleitet von Luke Cage (der Marvel-Fans bekannt sein dürfte) auf... die offensichtlich beide nicht allzu gut auf den Spinnentyp zu sprechen sein dürften. Wieso, wissen wir noch nicht. Dann taucht... eine verschwommene Gestalt auf, ein paar Rufe... und dann beginnt es erst richtig: Nämlich vier Tage zuvor, mit einem Angriff von Venom, einem von Spider-Mans Erzfeinden. New York ist zu dem Zeitpunkt noch in relativ gutem Zustand. Was die Stadt so verwüstet hat, wie zu Beginn gesehen, erfahren wir erst später, und erst nachdem wir gegen diverse Superschurken, Kampfroboter sowie den eigentlich guten Wolverine gekämpft haben, über den schwarzen Anzug verfügen und diverse Gut/Böse - Entscheidungen getroffen haben... die bis auf Spider-Mans Gesinnung zumeist keine Konsequenzen haben.
Begleitung
Im Spielverlauf sammelt man nach und nach sieben Verbündete, die man dann (fast) jederzeit zu Hilfe rufen kann, drei davon sind Helden, die anderen Schurken. Was sich eigentlich gar nicht mal so schlecht wäre... wäre es nicht so schlecht umgesetzt worden.
Zum Einen bestimmt lediglich die aktuelle Gesinnung, wen man herbeirufen kann. So kann man, wenn man später ein paar böse Entscheidungen trifft, auch Rhino zu Hilfe rufen... auch, wenn man ihn eigentlich gar nicht aus dem Knast gelassen hat. Im Endeffekt ist es absolut egal, welche Entscheidungen man getroffen hat, solange man die entsprechende Gesinnung hat.
Zum Anderen fungieren manche der Begleiter als Auftraggeber, mit denen auch optionale, kleine Gespräche möglich sind... die aber lediglich abgespult werden, Dialogoptionen auswählen oder so etwas ist nicht. Irgendeine Beziehung mit den Begleitern aufzubauen ist ebenso unmöglich... nun ja, bis auf eine Ausnahme, aber sogar das ist dröge präsentiert.
Und zu guter Letzt kann man die Begleiter jederzeit herbeirufen... außer bei Bosskämpfen. Oder während einigen Missionen. Oder wenn man sich gerade durch die Stadt schwingt und dabei keinen flugfähigen Verbündeten parat hat. Zwar kann man sie bei einigen Kämpfen gut gebrauchen, wirklich notwendig sind sie aber nicht.
Ein Hauch von Rollenspiel
Während eines Großteil des Spiels kann man jederzeit vom roten zum schwarzen Anzug wechseln, der eigentlich ein Außerirdischer Symbiont ist. Beide Anzüge haben eigene Kampffähigkeiten, die man mit gesammelten Erfahrungspunkten erlernen und verbessern kann... und hier macht Web of Shadows einiges richtig.
Je mächtiger die jeweilige Fähigkeit ist, desto später im Spielverlauf kann man sie erlernen. Das verhindert, dass einem die Aufträge zu Beginn zu leicht werden, weil man alle Erfahrungspunkte in den Ausbau einer einzigen Fähigkeit seteckt. Allerdings kann man schon vor Erlernen der Fähigkeit in einem kleinen Videofenster sehen, wie sich die Kampffähigkeit in etwa auswirkt... und man kann sagen was man will, die Kämpfe sehen fast immer verdammt gut aus.
Spider-Man beginnt auf Stufe 1, die im Spielverlauf nach und nach erhöht wird. Aber nicht durch Erfahrungspunkte oder das Erfüllen der Hauptmissionen... sondern durch das Einsammeln von über New York verteilten Spinnen. Klingt langweilig und ist es auch, da hätte man sich etwas Besseres ausdenken können. Durch Stufenaufstiege verbessern sich Spider-Mans Gesundheit und Kampfkraft, die zu Beginn noch relativ gering sind. Einerseits muss man die Spinnen nicht sammeln, andererseits wird das Spiel am Ende ziemlich schwer, so dass einen das Spiel quasi zwingt, die Spinnen einzusammeln, da man sonst keine Chance hat, den (vorhersehbaren) Endgegner zu besiegen.
Die Steuerung
Und damit wären wir bei der größten Schwäche von Web of Shadows angekommen. An sich braucht das Spiel nicht sooo viele Tasten, es lässt sich mit der Maus, der Leertaste, WASD, Y, C, E, Q und TAB steuern. Da aber fast jede Taste nicht doppelt, sondern dreifach belegt ist, können die - wie gesagt toll aussehenden Kämpfen - zur Fummelei ausarten. Wieso man die Kombos nicht durch zB 'LinkeMaus, LinkeMaus, E' ausführt, sondern durch drücken von 'E+Y' oder 'E+LinkeMaus' oder gar durch 'C, auf den richtigen Moment warten, LinkeMaus, kurz warten, LinkeMaus, LinkeMaus, LinkeMaus' auslöst ist auch nicht ganz nachvollziehbar.
Die Grafik
Endlich ein Lichtblick!
Die Grafik von Web of Shadows gewinnt zwar keinen Schönheitswettbewerb, aber trotzdem sieht das Spiel verdammt gut aus. Die Kämpfe sind flüssig animiert, die Effekte sehen toll aus, die (wichtigen) Charaktere sehen auch recht gut aus. Zwar wirkt New York ein wenig langweilig und steril, aber so sieht es ja auch in echt aus.
Sound und Vertonung
Also, die Musik von Web of Shadows ist meist recht passend, die Kampfgeräusche hören sich gut an, aber unsauber abgemischte Gespräche, falsche Betonungen und recycelte Sätze machen die Leistungen der an sich überzeugenden Sprecher runter. Schade drum, denn in dem ein oder anderen Gespräch kommt eine richtig gute Atmosphäre auf.
Fazit
Spider-Man: Web of Shadows gewinnt mit Sicherheit keine Preise, dafür ist die Handlung zu vorhersehbar, die Entscheidungen zu unkonsequent und die Steuerung zu überladen. Aber wenn man mit Spider-Man durch die Stadt schwingt, dabei im Vorbeischwingen einen Verbrecher KO schlägt oder im schwarzen Anzug Tentakeln aus den Armen fahren lässt, um ganze Gegnerhorden nieder zu machen, dann kann sich ein richtig gutes Spielgefühl einstellen. Also, Spider-Man-Fans (die schon immer mal Wolverine verprügeln wollten) müssen hier zugreifen, wer aber nicht für den Spinnenmann schwärmt, sollte die Finger davon lassen.
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