Liebe auf den 2ten Blick

Am 26. April 1986 ereignet sich im Kernkraftwerk Tschernobyl eine verheerende nukleare Katastrophe. Im Block IV des Kernkraftwerks, nahe Prypiat in der Ukraine,...

von - Gast - am: 18.09.2008

Am 26. April 1986 ereignet sich im Kernkraftwerk Tschernobyl eine verheerende nukleare Katastrophe. Im Block IV des Kernkraftwerks, nahe Prypiat in der Ukraine, kommt es zu einer Kernschmelze und daraufhin zu einer Explosion im Kernreaktor, die in einer der größten Umweltkatastrophen der Geschichte mündet. Das ganze Gebiet rund um das Kraftwerk wird mit tödlicher Strahlung kontaminiert. Radioaktive Wolken ziehen über Europa bis nach Skandinavien und dem Balkan. Mehrere Hunderttausend Menschen werden tödlicher Strahlung ausgesetzt, weitere Zehntausende müssen umgesiedelt werden. Bis heute sind die langfristigen Folgen dieser Katastrophe im Kreise von Wissenschaftlern umstritten. Klar ist allerdings der Grund für diesen Super-GAU: Mängel in der Konstruktion des Kraftwerks, sowie menschliches Versagen bei der Bedienung.

S.T.A.L.K.E.R. greift die Ereignisse um Tschernobyl auf und erweitert sie um seine eigene Geschichte zu erzählen. Vorlage für die Geschichte ist der Roman 'Picknick am Wegesrand' von Arkadi und Boris Strugazki.

Willkommen bei S.T.A.L.K.E.R. ...

Im Jahr 2006 ereignet sich im Reaktor von Tschernobyl eine zweite Explosion. Das Militär wird ausgesendet um die Zone abzuriegeln. Doch seltsame Naturphänomene, gefährliche Anomalien und wertvolle Artefakte, die nur in der Zone gebildet werden, locken Wissenschaftler, Plünderer, Abenteurer, Mörder, Entdecker und Räuber an. Die so genannten S.T.A.L.K.E.R. (Scavenger, Trespasser, Adventurer, Loner, Killer, Explorer and Robber) durchstreifen die Zone immer auf der Suche nach einem weiteren besonderen Artefakt, das sie teuer verkaufen können.

6 Jahre später ...

Das Spiel beginnt mit einem LKW, der in einer stürmischen Nacht Leichen transportiert. Der Wagen kommt von der Straße ab und kippt mitsamt seiner Ladung in den Graben. Ein in der Region befindlicher Stalker durchsucht die Leichen nach wertvollem und entdeckt dabei den Spieler, der fälschlicherweise zwischen die Leichen geraten war. Dem Tod näher als dem Leben, transportiert ihn der Stalker, in der Hoffnung einen guten Preis zu bekommen, zum örtlichen Händler und lädt ihn dort ab. Als der Spieler aufwacht, hat er sein Gedächtnis verloren. Einzig ein PDA mit dem Auftrag einen gewissen Strelok zu töten und eine 'S.T.A.L.K.E.R.'-Tätowierung auf dem Arm erinnern an sein altes Leben. Von nun an nennt man ihn nur noch Gezeichneter und zum Dank das der Händler ihn gerettet hat, muss er Aufträge für ihn erfüllen. Im Gegenzug hilft einem der Händler weiterhin Hinweise auf Strelok zu finden. Die Reise in die Zone, dem gefährlichsten Ort der Welt, beginnt.

... im Ego-Shooter Rollenspiel-Mix ...

S.T.A.L.K.E.R. ist auf den ersten Blick ein Ego-Shooter. Das Spiel läuft in der Ego-Ansicht ab und man bewegt sich Shooter-typisch durch die weitläufigen Levels. Die Entwickler von GSC Game World haben aber auch Rollenspielelemente eingebaut. Das Missionsdesign ist, wie bei Rollenspielen üblich, in Quests aufgebaut. Somit gibt es eine Hauptquest, in der man die eigentliche Story verfolgt, sowie Nebenquests von verschiedenen Auftraggebern, die dem Spieler Geld, nützliche Gegenstände und Waffen einbringen.
Welche Aufgaben man zu erfüllen hat, listet ein PDA auf. Darin findet sich auch ein Tagebuch mit den wichtigsten Informationen über die Zone und den Storyfortschritt. Eine Karte markiert wichtige Punkte, ein sehr wichtiges Feature in der weitläufigen Welt von S.T.A.L.K.E.R..

Weitere Rollenspielelemente kommen durch so genannte Artefakte ins Spiel. Diese werden nur in der Zone gebildet und können eure Widerstandsfähigkeit enorm aufwerten. Während die ersten Artefakte meist nur verstrahlter Schrott sind, den man aber noch gut verkaufen kann, findet man im weiteren Spielverlauf wertvollere und sinnvollere Exponate. So lassen sich damit Faktoren wie Gesundheit, Ausdauer und die Widerstandsfähigkeit gegen Strahlung, Elektroschocks, Feuer, Wunden usw. erhöhen. Bis zu fünf Artefakte kann ein Stalker am Körper tragen.

Das Inventar selber ist durch ein Maximalgewicht beschränkt. Umso mehr ihr bei euch tragt, desto langsamer bewegt ihr euch und die Ausdauer geht beim Spurten schneller zur Neige. Gerade wenn man mal wieder viele hundert Meter Laufweg vor sich hat ist darauf zu achten mit leichtem Gepäck zu reisen, um sein Ziel bedeutend schneller zu erreichen. Stets im Gepäck befinden sollte sich eine Waffe, ausreichend Munition, Medi-Packs, von denen es verschiedene Varianten gibt, Mittel gegen Strahlungserkrankungen und Nahrung. Denn ein Stalker muss auch mal was Essen. Ein entsprechendes Symbol weist darauf hin, wenn Nahrung zu sich genommen werden muss. Natürlich wird mit Wurst, Brot und Notrationen auch Gesundheit zurückgegeben.

Gegenstände wie Waffen und Rüstungen nutzen sich mit der Zeit ab. Bei Rüstungen kann ein adäquater Schutz ab einem bestimmten Abnutzungslevel nicht mehr gewährleistet werden und auch Waffen die beschädigt wurden, funktionieren nach einiger Zeit nicht mehr so effizient wie sie sollten. Bestimmte Waffentypen können ausgebaut werden. So lässt sich ein Zielfernrohr auf eine AK 47 montieren oder ein Granatenwerfer auf das Deutsche G36. Damit kann man sich gegen die Gegner einen mehr als notwendigen Vorteil verschaffen.

... in einer wunderschön trostlosen Welt

Die Zone ist in einzelne Levels unterteilt, die jedes für sich trotdem riesig ist und Expeditionsfreudigen einen großen Spielplatz zum Austoben bietet. Überall gibt es kleinere Verstecke auszuheben an denen man sich bereichern kann. Dabei muss man allerdings darauf achten, nicht allzu schnell vorzupreschen, denn sonst findet man sich verstrahlt am Boden liegend wieder. Die Abschnitte sind dabei sehr unterschiedlich gestaltet. Man beginnt in einem Dorf und wandert durch eine hügelige Landschaft um zu Ruinen, Militärstützpunkten, Industrieanlagen, Sümpfen, Wäldern und am Ende natürlich auch zum Atomkraftwerk Tschernobyl aufzubrechen. Dabei durchschreitet man nicht nur die Landschaft, sondern auch Hoheitsgebiete bestimmter Fraktionen, die das Gebiet für sich beanspruchen, jeweils eine eigene Ideologie vertreten und natürlich möchten das der Spieler sich ihnen anschließt. Wer Aufträge für eine Fraktion erfüllt, muss dabei darauf achten, sich die Gegenpartei nicht zum Feind zu machen. Nachschauen, wie man gerade zur jeweiligen Gruppe steht, kann man im PDA. Außerdem zeigt einem das von Anfang an verfügbare Fernglas auch auf Distanz an, wie ein Charakter zum Spieler steht. Hilfreich um nicht blind in eine Gruppe verfeindeter Stalker zu rennen.

Nicht nur auf der Oberfläche, sondern auch in die tiefen und dunklen Abschnitte darunter führt es einen im Laufe seiner Reise. Man durchstreift unterirdische Forschungsanlagen, Kanalisationen und unterwandert Industriekomplexe. Wer glaubte, die verstrahlten Hunde und Wildschweine seien der Höhepunkt der Mutationen, wird hier eines besseren belehrt. Hier treffen man auf schnelle, gewitzte und zum Teil getarnte Gegner, die dem Spieler die Schweißperlen auf die Stirn treiben.

Eine Atmosphäre die fesselt ...

Was S.T.A.L.K.E.R. hervorragend gelingt ist die Atmosphäre aufzubauen, die dieses Spiel zu einem großen Teil ausmacht. Die Welt wirkt durch die vielen netten Details beinah authentisch.

Der Geigerzähler erklingt im Hintergrund, während wir uns einer Müllhalde nähern, wo ein paar Stalker ihr Lager aufgeschlagen haben. Anomalien in der Ferne pulsieren bedrohlich. Der Tag- und Nachtwechsel zaubert wunderschöne Effekte an den Abendhimmel. Die Stalker sitzen um ein Lagerfeuer, der eine spielt seine Gitarre, die anderen unterhalten sich in Russisch. Plötzlich zucken Blitze am Himmel, Donner erklingt und Regen setzt ein. Wir schalten unser Nachtlicht ein und wollen noch in der Nacht zu unserem Auftraggeber gelangen, um das gewünschte Artefakt abzuliefern. Plötzlich tauchen Banditen auf und zerstören die Idylle mit Rufen und Gewehrschüssen. Die Stalker raufen sich kurzerhand zusammen und formieren sich um die Banditen zurückzuschlagen. Da uns eine Belohung winkt, wenn wir ihnen helfen, nehmen wir unser Gewehr und schalten uns in das Gefecht ein.

Wenige Zeit später durchstreifen wir eine unterirdische Anlage und sind auf das Schärfste angespannt. Es ist dunkel, nur unsere Lampe spendete im direktem Umfeld Licht. Ein Keuchen erklingt, doch wir können nicht ausmachen woher es kommt. Plötzlich greift uns etwas von hinten an, wir ziehen mit unserem Gewehr herum, können den Angreifer aber nicht ausmachen. Wir gehen in Deckung und beobachten angespannt die toll ausgeleuchtete Umgebung. Plötzlich tauchen zwei Augenpaare wie aus dem Nichts auf, wir schießen instinktiv und erledigen einen zur Tarnung fähigen Mutanten. Der Puls raste, der Schweiß stand uns auf der Stirn. Wir ziehen weiter, stets die Angst im Nacken.

S.T.A.L.K.E.R. ist durch die Bank durch stimmig, sich dieser Atmosphäre zu entziehen ist schwer, wenn sie einen erst mal richtig gepackt hat. Vieles davon ist der Liebe der Entwickler zuzuschreiben, die sich viel Mühe gegeben haben die Welt so zu gestalten, wie man sich es in einer solchen Umgebung vorstellt. Alles wirkt verlassen, verroht, zerstört, apokalyptisch.

Liebe auf den 2.ten Blick


Die weitere Story um den Gezeichneten ist wirklich interessant. Sie wird in rückblickenden Traumsequenzen erzählt und mündet in sieben möglich Enden, je nach dem wie man das Spiel angegangen ist und welchen Ruf man sich erarbeitet hat. Die Aufgaben des Hauptquests sind oftmals sehr abwechslungsreich, gerade auch durch die verschiedenen Gebiete die man dabei erkundet.

Die Nebenaufgaben sind zwar anfangs noch ganz nett, wiederholen sich aber nach einiger Zeit stetig. Grundsätzlich sind es immer Missionen, wo man einer Fraktion bei der Verteidigung einer Basis helfen, einen verfeindeten Stalker ausschalten oder irgendeinen Gegenstand besorgen soll. Einige der 'besorge Artefakt X'-Missionen erledigen sich häufig von selbst, da man sowieso alle mitnimmt die man findet um sie teuer zu verkaufen. Der Preis ist verständlicherweise höher, wenn der Auftraggeber dieses gerade händeringend sucht.

Was die Technik angeht, so ist S.T.A.L.K.E.R. ein zweischneidiges Schwert. Die Soundkulisse passt perfekt zur Atmosphäre des Spiels. Es gibt überzeugende Umgebungssounds die zur Atmosphäre einen erheblichen Beitrag leisten. Die wenigen Musikstücke im Spiel hört man nur in den Basen der Auftragsgeber, wenn einer der Stalker ein Radio betreibt oder seine Gitarre nötigt. Was die Grafik angeht, die ist natürlich mit aktuellen Titel nicht zu vergleichen, wirkt aber gerade durch die Ausleuchtung und den Einsatz diverser Filter zur Visualisierung von Strahlungen und Anomalien immer noch sehr ansprechend. Was etwas negativ auffällt, sind die hölzernen Animationen der Charaktere im Spiel.

Das größte Manko von S.T.A.L.K.E.R. dürfte aber zum einen der Hardwarehunger sein, selbst auf meinem System ruckelt der Titel an der ein oder anderen Stelle noch, und es treten auch mit Patch 1.0006 noch ein paar Bugs auf. Besonders nervig sind die Bugs bei der Questkarte. Wenn man ein Quest auswählt, dies aber gar nicht oder falsch angezeigt und die Entfernung nicht bestimmt wird.

Mich hat S.T.A.L.K.E.R. erst im zweiten Anlauf wirklich gepackt. Der Anfang war mir beim ersten Mal zu zäh, zu schwer und ich wurde zu wenig in die Welt eingeführt. Man verlässt sich darauf, dass der Spieler auf einige Dinge einfach von selbst kommt. Der dazu wirklich harte Schwierigkeitsgrad, selbst auf den leichtesten Stufen, sowie die zum Teil sehr langen Laufwege werden dem ein oder anderen den Spielspaß sicherlich verderben. Wenn man aber dran bleibt, die ersten Hürden überwindet, sich ein wenig darauf einlässt, dann wird man mit einem klasse Titel belohnt.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: atmosphärische Ausleuchtung, scharfe Texturen
  • Sound: Umgebungssounds, Sprachausgabe
  • Balance: Spiel wird mit richtiger Ausrüstung leichter
  • Atmosphäre: dichte und stimmige Atmosphäre
  • Bedienung: Rollenspielelemente gut eingebaut
  • Umfang: lädt zum Erkunden ein
  • Leveldesign: riesige Levels, unterschiedlich gestaltet
  • KI / Teamwork: Gegner agieren solide
  • Waffe: aufwertbar, Waffenmodelle
  • Handlung / Multiplayer-Modi: interessante Geschichte, Erzählstil
  • Grafik: hölzerne Animationen, inzwischen etwas altbacken
  • Sound: wenig Musikstücke
  • Balance: Schwiergkeitsgrad unausgeglichen
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: Zielsystem ungenau
  • Umfang: Nebenaufgaben wiederholen sich zu schnell
  • Leveldesign: sehr lange Laufwege
  • KI / Teamwork: schlechte Balance der Gegner
  • Waffe: nur wenige zu tragen
  • Handlung / Multiplayer-Modi: lange Anlaufzeit

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu schwer

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(5)
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