Supreme Commander ohne Excel-Feeling

Früher war alles komplizierter Supreme Commander (und die Erweiterung Forged Alliance) war ein sehr komplexes Strategiespiel mit riesigen Karten, riesigen...

von BlubberLord am: 08.02.2015

Früher war alles komplizierter

Supreme Commander (und die Erweiterung Forged Alliance) war ein sehr komplexes Strategiespiel mit riesigen Karten, riesigen Armeen und riesig vielen Funktionen. Es gab nicht nur das gewohnte Schere-Stein-Papier-Prinzip aus Luft-, Boden- und Marineeinheiten, sondern auch noch drei Tech-Stufen, ungeheuer riesige und teure Prototypen-Einheiten sondern auch ein innovatives Wirtschaftssystem. Anstatt wie seit Age of Empires viele verschiedene Ressourcen aus vorgegebenen Lagerstätten abzubauen gab es in Supreme Commander nur zwei verschiedene Ressourcen, von denen sich eine nur an vorgegebenen Plätzen auf der Karte abbauen ließ. Allerdings ließen sich Gebäude nicht erst bauen, wenn genügend Ressourcen eingelagert waren, sondern jederzeit und der Bau zog stattdessen eine konstante Rate (pro Bauarbeiter) vom Energie- und Masse-Konto ab. Viele Spieler hat es verwirrt, statt einer Ist-Zahl (Lager) nun auch noch eine Zuwachs-Rate zu sehen und sich beim Bauen danach richten zu müssen, wieviel pro Sekunde aus dem Lager abgezogen wird. Eigentlich ist das System jedoch nur realistisch: Bei einer Baustelle werden ja auch nicht erst alle 200 Tonnen Stahlträger, 400 Tonnen Beton und so weiter abgeladen bevor mit dem Bau begonnen wird - die Baumaterialien werden über den gesamten Bauzeitraum verteilt geliefert und müssen bei Baubeginn gar nicht alle vorhanden sein. War in Supreme Commander der Zwischenspeicher für Energie oder Masse leer gegangen, verlangsamte sich der Bau zusätzlich und zum Beispiel Energieschilde fielen aus. Außerdem glänzte Supreme Commander durch viele Komfortfunktionen wie lange Bauketten, Hotkeys, einen Zoom bis weit über's Schlachtfeld, wiederholbare Produktionsketten und so weiter.

Commander auf Fortbildung

In Supreme Commander 2 wurde viel vereinfacht: Das Wirtschaftssystem ist nun wie gewohnt, mit einem Bau wird erst angefangen wenn alle Ressourcen da sind. Es gibt nur noch ein Tech-Level, teures aufleveln und nutzlose alte Einheiten entfallen somit. Stattdessen gibt es nun einen spielbestimmenden Technologiebaum, in dem Verbesserungen für die verschiedenen Bereiche (Land, Luft, Marine, Gebäude, ACU) freigeschaltet werden und so die Strategie des Spielers bestimmt wird. Dafür gibt es eine dritte Ressource, die Forschungspunkte die von errichtbaren Forschungsgebäuden langsam erzeugt werden. Das System macht Spezialisierung und Strategiewahl deutlich übersichtlicher. In dem Forschungsbildschirm lässt sich sofort sehen, welcher Einheitenbereich schon wie weit verbessert ist und über welche Zweige die nächste neue Einheit freigeschaltet werden kann. Da die Punkte jedoch nicht zurückgenommen werden können ist das System auch weniger flexibel. Der Spieler steht stets vor der Wahl, auf welches Heer er setzen soll oder ob er doch lieber seinen Commander zum Robo-Rambo aufrüstet. Neben dem neuen Forschungsbaum gibt es auch noch ein Erfahrungssystem, das Einheiten nach einigen Kills im Rang aufsteigen lässt und deren Werte verbessert. Das ausklügeln des richtigen Weges im Technikbaum macht Spaß, die Frage ob mit Spezialisierung einer bestimmten Streitkraft, eher breit aufgestellt oder mit dem Commander selber muss jeder Spieler selber beantworten und findet sicher seine Präferenzen. Für Supreme Commander gilt im Prinzip schon das Gleiche, nur dass dort jederzeit die Strategie gewechselt werden konnte (genügend Ressourcen vorausgesetzt) und keine irreversiblen Entscheidungen gefällt werden konnten.

Prototyp in Serie

Die besonders starken und teuren Prototypen waren in Supreme Commander wirklich episch groß und teuer. Eine fliegende Festung die mit einem Laserstrahl unter sich eine verbrannte Linie Erde von der Breite einer Basis hinterließ dauerte dementsprechend auch gut und gerne über zehn Minuten zu bauen und setzte eine Horde Techniker und eine überfließende Wirtschaft voraus. In Supreme Commander 2 werden die Prototypen im Forschungsbaum freigeschaltet. Hier befinden sie sich jeweils ziemlich am Ende eines Zweigs und man muss dementsprechend viele Punkte investieren um sie freizuschalten. Der Bau gestaltet sich allerdings deutlich einfacher: Wurden die Prototypen in Supreme Commander noch einzeln auf (großer) freier Fläche gebaut, gibt es in Supreme Commander 2 für Luft- und für Landprototypen jeweils ein Fabrikgebäude das diese produziert. Weder das Gebäude noch die eigentlichen Prototypen sind extrem teuer. Die größte Herausforderung besteht darin, die Forschungspunkte zur Freischaltung zu sammeln und zielgerichtet zu investieren. Die Prototypen sind deutlich stärker als die normalen Einheiten, können allerdings erst in der Masse wirklich die feindliche Basis überrollen - das Balancing ist hier ähnlich wie im ersten Teil.

Auf Kommando

Die Bedienoberfläche wirkt aufgeräumter da es keine Reiter für die Tech-Stufen mehr gibt und die Aufwertungen für Einheiten und Commander nun im zentralen Forschungsmenü gesammelt sind. Auch die anderen Schaltflächen sind etwas übersichtlicher angeordnet (z.B. Pausieren und Endlosschleife bei Produktionsgebäuden). Weiterhin lassen sich per Shift+Klick lange Befehlsketten aneinanderreihen, die einzelnen Stationen können nachträglich verschoben werden. Im Gegensatz zu Supreme Commander wird allerdings keine voraussichtliche Ankunftszeit bei den einzelnen Knoten mehr angezeigt, was das Planen erschwert und öfter für Leerlauf bei den Baueinheiten sorgt.

Die ganz rausgezoomte Taktikansicht hat sich kaum verändert. Weiterhin werden von so weit oben die Einheiten durch verschiedene Symbole ersetzt, so dass wir trotz des Abstands sofort wissen was wir vor uns (bzw. unter uns) haben. Sogar Projektile werden als gelbe Kästchen dargestellt. Einige Komfortfunktionen wie die Anzeige von Einheitenreichweiten in der Taktik-Ansicht müssen erst über das Optionsmenü freigeschaltet werden, immerhin ist diese Funktion noch vorhanden.

Ausgerichtet werden können Einheitengruppen ebenfalls nicht mehr, dafür gibt es bei gedrückter rechter Maustaste nun einen "Gebiet angreifen"-Befehl, mit dem mehrere feindliche Einheiten zum Angriff markiert werden können.

Höchste Technik?

Und wie sieht es mit Grafik & Ton aus? Bei der Grafik hat sich einiges verbessert: Die Objekte haben deutlich mehr Polygone, die Effekte glänzen mit mehr Partikeln. Wenn ein feindlicher Commander in die Luft fliegt ist wie gewohnt eine beeindruckende Explosion zu sehen. Jedoch wirken die Größenverhältnisse der Einheiten teils wenig stimmig. Gerade die Gebäude sind auch maximal herangezoomt noch sehr klein. Die Bodentexturen, die sich der Spieler die ganze Zeit intensiv angucken wird, sind grausig matschig und wiederholen sich zu schnell. Immerhin gibt es mehr Normal-Mapping und Glanzeffekte als im Vorgänger. Bis auf die Bodentexturen ist die Grafik aber durchaus angemessen für das Spiel und auf jeden Fall nicht hässlich.

Bis Battlefield 3 dachte ich noch, beim Ton könnten die Entwickler nicht viel falsch machen. Supreme Commander bewegt sich hier im schlechteren Durchschnitt. Zwar macht alles irgendwie passende Geräusche, aber wirklich packend ist die Soundkulisse nicht, die Musik macht das auch nicht besser. Schön und stimmig ist anzuhören wie die Geräusche sich verändern wenn die Kamera höher über dem Schlachtfeld fliegt. Dann werden nämlich die Geräusche passend ausgeblendet, es pfeift ein Wind und schließlich, ganz oben hört man alles nur noch stark gedämpft wie Unterwasser. Die Musik kann ein Kenner guten Gewissens als einfallsloses MIDI-Gedudel abtun, immerhin reagiert sie hin und wieder auf das Spielgeschehen (feindlicher Commander greift an, Sieg und ein paar andere). Die Soundkulisse ist also ebenfalls angemessen, trägt aber nur durch den Höheneffekt zur Athmosphäre bei.

Story-Missionen

Die Kampagne von Supreme Commander 2 ist gut. Wie in vielen Strategiespielen gibt es Portraits auf dem Spielbildschirm die in Funksprüchen und Dialogen die Geschichte erzählen. Diese beinhaltet nichts neues oder spannendes, die verschiedenen besonderen Herausforderungen der Kampagnen-Missionen verknüpft sie aber sinnvoll. Packend und cineastisch wie etwa in World in Conflict wird es aber nicht.

Die KI geht in Ordnung, ist aber nicht mehr ganz so extrem schlau wie im ersten Teil. Trotzdem können leitet der Computerspieler schnell Gegenmaßnahmen ein wenn wir ihn mit einem Einheitentyp malträtieren. Allerdings sind die gegnerischen Angriffe meist eher klein und wirken lose koordiniert; im Vergleich zu anderen Strategiespielen sind die KI-Spieler aber sehr gut und auch die Schwierigkeit ist individuell anpassbar und gut skaliert.

Multiplayer

Der Multiplayer funktioniert und macht richtig Spaß. Gegen echte Gegner ist es natürlich ganz anders zu spielen als in den inszenierten Kampagnen oder gegen die Scharmützel-KI. Das Matchmaking-System funktioniert und unfaire Vorteile bestimmter Rassen oder Strategien konnte ich bisher nicht ausmachen. Dank des deutlich entschlackten Spielablaufs sind die Partien oft schon in 10-20 Minuten vorbei und viel Spannung bleibt dadurch auf der Strecke, dass es kaum ein "Late Game" gibt da die Entscheidungen am Anfang der Partie sich am meisten auswirken. Für Spieler die sich nicht erst Monate an KIs üben möchten um auch nach einer halben Stunde noch gegen echte Spieler bestehen zu können ist Supreme Commander 2 im Mulitplayer genau das richtige. Hier gibt es nicht viel zu beachten, Fehler werden fix bestraft, gute Entscheidungen bringen den Sieg und das nächste Spiel kommt bald darauf.

Die Multiplayer-Karten sind sehr symmetrisch und damit fair gestaltet. Die Szenarien sind angenehm abwechslungsreich, vom klassischen Inselmeer bis zur gigantischen schwebenden Plattformen einer ehemaligen Fabrik ist hier alles dabei. Es gibt viele Rampen und Engpässe auf den meisten Karten, die Ressourcen sind zu strategischen Punkten gehäuft so dass die Kämpfe sich oft übersichtlich auf einige Eingpässe konzentrieren - aber vorsicht, meist gibt es einen Flankenweg.

Klasse statt Rasse

Zu den Rassen bleibt noch zu erwähnen, dass die Unterschiede der drei vorhandenen Fraktionen recht gering ausfallen. Natürlich gibt es wieder Fraktionen die eher gleich von Anfang an verschiedene starke Einheiten haben und eine Fraktion, bei der am ehesten Massen von schwachen Einheiten siegen - aber das wird alles sehr durch die Entscheidungen im Forschungsbaum nivelliert. Außerdem sind die entsprechenden Konter meist sofort verfügbar. Auch grafisch unterscheiden sich die Fraktionen nicht so elementar wie im ersten Supreme Commander - auch wenn der Stil wirklich hübsch umgesetzt ist und z.B. die Art des Bauens sehr detailliert dargestellt ist.

Fazit & Meinung

Supreme Commander 2 macht mir richtig Spaß. Wer den ersten Teil bis ins Blut verinnerlicht hat, über die stärksten KIs nur noch lächelt und regelmäßig im Multiplayer unterwegs war wird an Supreme Commander 2 allerdings eher wenig Freude haben. Dafür sind zu viele Komfortfunktionen und strategische Möglichkeiten der "Casual-Schere" zum Opfer gefallen.

Als RTS-Einsteiger oder Gelegenheitsspieler ist Supreme Commander 2 meiner Meinung nach auf jeden Fall einen Blick wert, der erste Teil mit Erweiterung ist aber auf jeden Fall lohnenswerter.
Die verschiedenen Strategien gegen KIs im Scharmützel oder echte Spieler im Multiplayer auszuprobieren macht nach wie vor Spaß, das Setting und die Optik sind stimmig und riesige Roboterarmeen mit riesigen Robotern zu zerschrotten ist einfach geil. Da es eben nicht die eine Gewinnstrategie gibt bleibt das Spiel eine Weile spannend, auch wenn sich viel am Anfang der Partie ohne Gegnerkontakt entscheidet.

Technisch kann Supreme Commander 2 niemandem hinter dem Kamin hervorlocken: Grausige Bodentexturen, netter Sound und im Vergleich zum Vorgänger lediglich leicht aufgehübschte Grafik sind zweckdienlich aber nicht stand der Technik.
Einheiten haben leider hin und wieder Wegfindungsprobleme und hängen in Ecken fest, dann hilft es ihnen einen neuen Bewegungsbefehl zu geben.

 


Wertung
Pro und Kontra
  • riesige Roboterarmeen!
  • strategische Möglichkeiten
  • gute Karten
  • abwechselungsreich
  • wenig Einarbeitungszeit
  • Spiele im Multiplayer dauern nicht ewig
  • grausige Bodentexturen
  • technisch nicht auf aktuellstem Stand
  • einfache MIDI-Musik (verschmerzbar)
  • im Vergleich zum Vorgänger stark vereinfacht
  • einige Bedienungsdetails aus Teil eins fehlen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(2)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.