Ein wunderschönes Erzähl-Juwel

Zur Vorgeschichte dieser Rezension:Nachdem mir einige sehr hilsbereite User im Steam Thread Spiele ans Herz gelegt hatten, die sich bis jetzt wirklich allesamt...

von Zockinchen am: 09.05.2014

Zur Vorgeschichte dieser Rezension:

Nachdem mir einige sehr hilsbereite User im Steam Thread Spiele ans Herz gelegt hatten, die sich bis jetzt wirklich allesamt (!) als Volltreffer erwiesen, habe ich darüber nachgedacht, was ich als "Dankeschön" anbieten könnte. Die Wahl fiel dann darauf, zu den herausragendsten Titeln dieser Liste - oder jenen, die ich bereits durchgespielt habe - Rezensionen zu verfassen, um auch andere User auf diese diversen Kleinode aufmerksam zu machen.

Den Anfang macht hier The Banner Saga, eine ungewöhnliche Mischung aus Geschichtenerzählung, Flüchtlingstreck-Management light, Dialogentscheidungen und Rundentaktik.



Gleich zu Beginn fällt der wunderschöne, stimmige und in seinen Nuancen an extrem hochwertige High-Fantasy-Anime erinnernde Zeichenstil auf. Sehr geschmackssicher wird hier eine Welt vor unseren Augen dahingemalt, die in ihren Grundzügen an ein Fantasyverbrämtes Wikingerreich erinnert, und auch dezente Anleihen an Game of Thrones aufweist.

Ich bin ein Riese!

Die Kurzfassung: Es gibt Menschen, die riesenartigen Varl und die Dredge, wobei man sich bei letzteren nicht wirklich sicher sein kann, ob es sich um eine lebende, fühlende Spezies handelt. Menschen und Varl kommen notgedrungen miteinander aus, denn die Dredge stellen eine Bedrohung für beide Rassen dar. Wir beginnen das Spiel auch nicht etwa als Mensch, sondern als Varl namens Ubin - der gar nicht erst dazu kommt, seine Aufgabe (eigentlich nur das Eintreiben eines Zehents) zu erfüllen, sondern in Ereignisse verstrickt wird, die letztendlich viel größere Dimensionen annehmen. Die Rufhörner des Krieges erschallen...

Ich bin ein Mensch!

Eine der größten Stärken erzählerischer Natur ist der Kniff, die Geschichte abwechselnd aus zwei vollkommen unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen. Während man sich als Ubin mit kampfstarken Kriegern umgibt und der drohenden Invasion entgegenzieht, sind die Passagen aus der Sicht von Rook eine ermüdende, melancholische Flucht.
Rook?
Rook ist ein Mensch, ein Waldläufer, der gemeinsam mit seiner Tochter Alette eine frierende und meistens auch hungernde Truppe Flüchtlinge in Sicherheit bringen will. Er hat völlig andere Prioritäten als Varl, ihm geht es nicht um den Sieg, sondern um das Überleben der ihm Anvertrauten. Und die Reise ist beschwerlich....

Wer will bei solchem Wetter schon reisen? Wir müssen es, denn es ist ein elementarer Spielbestandteil.

Wer rastet, der rostet zwar nicht - verhungert jedoch schnell.

Wege dürfen wir nicht auswählen - ungewöhnlich für ein Rollenspiel (und das ist Banner Saga zweifellos), aber im Kontext des Gesamtkunstwerkes und der Geschichte durchaus nachvollziehbar. Die einzige echte Entscheidungsgewlt ist jene über die Pausen, also wann Rast eingelegt wird. Verletzte heilen, die Zuversicht der Reisenden wächst - doch die Nahrungsmittelvorräte schmelzen dahin wie Schnee in der Sonne. Man schwankt permanent zwischen Verzweiflung und Hunger, und wenn sich die Gelegenheit ergibt, die Nahrungsmittelvorräte aufzustocken, ist die Verlockung groß, dies auch auf moralisch fragwürdige Weise zu tun. Moralische Entscheidungen gibt es zu Hauf - sie sind das zweite Schlüsselelement.

 

 

Diese Entscheidungen sind jedoch nicht nur moralischer Natur, sie wirken sich auch auf die Kämpfe aus.

Auf ins Gefecht!

Auch wenn man es subjektiv anders wahrnimmt - die meiste Zeit, die man mit diesem Spiel verbringt, befindet man sich in einem der unzähligen rundenbasierten Kämpfe. Da diese prinzipiell immer nach dem gleichen Schema ablaufen, könnten sie leicht langweilig werden - aber dies hält sich in erstaunlich engen Grenzen. Das liegt an dem wirklich herausragenden Kampfsystem.

 

Die Fights laufen klassisch auf einem quadratbasierten Grid rundebasiert ab. So weit, so bekannt. Natürlich haben die Charaktere unterschiedliche Waffen und Werte, natürlich leveln sie hoch, natürlich gibt es schon so etwas wie eine "klassische Rollenverteilung" - dennoch spielt es sich frisch, unglaublich taktisch und sehr spannend.
Das liegt zum Einen daran, dass die Reihenfolge, welcher Held wann am Zug ist, nicht frei wählbar ist - aber das Kampfergebnis davon massiv beeinflusst wird. Hier ist es wichtig, mehrere Züge im Voraus zu planen und auch die Entfernungen geschickt auszunutzen.
Zum anderen attackiert man nicht klassisch eine (eventuell per Rüstung verstärkte) Lebenspunkteanzahl des Gegners, sondern entweder seine Verteidigung oder seine Stärke. Letztere entscheidet aber, wieviel Schaden dieser gegner austeilen kann - a es nur eine einzige Aktion pro Kampfrunde gibt, entsteht eine spannende, unterhaltsame Tüftlerei.

Das Fazit:

Eine wunderschöne Geschichte, in ebenso herausragender künstlerischer Gestaltung exzellent erzählt, mit reichlich Entscheidugnsfreiheit (oder der sehr guten Illusion davon) und einem Kampfsystem, das seinesgleichen sucht. Auch wenn es Phasen gibt, in denen die Kämpfe zu nerven beginnen, ist es auch ein Spiel mit sehr hohem Wiederspielwert. Ich bleibe bei meiner ursprünglichen, im Steam-Thread geposteten Beurteilung:

"The Banner Saga ist ein Kleinod, vergleichbar mit einem wunderschönen, in komplexen Facetten geschliffenen Rubin, der in der dritten Schublade rechts unten beim Juwelier darauf wartet, den Käufer, der ihn entdeckt, sehr, sehr glücklich zu machen!"


Wertung
Pro und Kontra
  • Wunderschönes Art Design
  • Dramatische Story
  • Gutes Storytelling
  • Spannendes Kampfsystem
  • Stimmige
  • Eintönigkeit der Kämpfe nach einer gewissen Zeit

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(9)
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