Wirklich Unepisch

Schonmal was von diesem kleinen Indietitel gehört?Nein?Ich auch nicht. Bis ich vor kurzem in einschlägigen Portalen darauf aufmerksam - und gleichzeitig auch...

von - Gast - am: 20.01.2012

Schonmal was von diesem kleinen Indietitel gehört?
Nein?
Ich auch nicht. Bis ich vor kurzem in einschlägigen Portalen darauf aufmerksam - und gleichzeitig auch ziemlich positiv überrascht wurde. Über Steam oder im Laden gibt's den Titel nicht - dafür aber direkt von der Homepage beziehbar. Sowohl für einen geringen, als auch Basis- oder Specialpreis. Die Höhe des Preises orientiert sich primär an der Spendenfreundlichkeit des Einzelnen - aber ob rund 9,50 € es wert sind in diesen netten Titel investiert zu werden, sag ich euch jetzt.

Humorische & andere Seitenhiebe

Ein ganz besonderes Merkmal des Titels ist der Humor. Klassisch wird hier quasi alles Mögliche über das Knie gelegt - von den RPGs an sich bis hin zu großen Klassikern und Inspirationsquellen wie z.B. Metal Gear Solid, Castlevania, Herr der Ringe, Harry Potter oder Star Wars. Das macht sich schon zu Beginn breit als die Story in Fahrt kommt: ihr seid Daniel, ein ganz normaler Jugendlicher, der eben mal von einer Spielrunde mit seinen Kifferfreunden auf Toilette will und von dort aus mit seinem Feuerzeug im Dunkeln sich verläuft - und durch eine spezielle Tür in ein unbekanntes Schloss voller Monster und vieler tückischer Fallen gelangt.
Die Zwischensequenzen sind quasi nicht vorhanden - ausschließlich Text mit Charakterbildchen erscheinen (der Text erscheint fließend - wie bei vielen bekannten Japano-RPGs). Danach geht's ab in 2D-Perspektive mit hübscher detaillierter Grafik durch die Dungeons. Alles ähnelt einem 2D-Jump'n'Run mit Rollenspielelementen. Genau dasselbe System gab es schon in vielen Castlevania-Teilen (NDS, Playstation 1) - respawnende Monster, Erfahrungspunkte, Shops, Inventar, Fähigkeiten, neue Waffen und ein riesiges Schloss mit zentralen Stellen, Teleportern usw..
Genauso funktioniert Unepic auch: bis auf den Anfangsdungeon, der als lineares Tutorial dient (und sogar euch einmal fieserweise sterben lässt) ist alles miteinander vernetzt: ein riesiges Schloss, was in mehrere Bildschirme unterteilt ist. Jeder Bildschirm ist dabei zu Beginn meist komplett dunkel - und mittels Feuerzeug erleuchtet ihr ein wenig um euch herum - ihr könnt aber Fackeln an vordefinierten Stellen anzünden - sobald alle Fackeln im Screen erleuchtet sind, ertönt ein spezifischer Ton. So erhaltet ihr Stück für Stück einen Überblick wo es in den nächsten Bildschirm geht und was es hier und dort gibt. Auf einer Übersichtsmap seht ihr die aufgedeckten Areale - wobei thematisch jeder große Bereich zu einem Thema gehört (z.B. 'Abwasserkanäle', 'Turm', 'Labor' usw.). Zu jedem Raum könnt ihr übrigens eigene Notizen anfertigen, um euch bestimmte Gegner oder Erinnerungen abzuspeichern. Mittels 'Halo', den ihr früh genug findet, könnt ihr beliebig oft zum zentralen Raum euch zurückbeamen. Dort wartet eine Speicher- und Regenerationsfunktion, die euch oft genug den Arsch retten wird. In letzter Sekunde nämlich aus den wirklich heftigen Kämpfen sich rauszubeamen kommt oft vor.
Es gibt 3 Schwierigkeitsgrade - doch nur auf 'Leicht' macht das Spiel (bis zu einer bestimmten Stelle) Spaß - zudem speichert es automatisch. Wann ist aber trotzdem nicht klar.
Jedenfalls gibt es sauwenig Heiltränke, herstellen müsst ihr sie selber (verkauft werden sie nicht) und wenn, dann dauert die Einnahme im hitzigen Gefecht auch mal ein wenig oder wird durch den Gegner gestoppt.
Also heißt 'in Sicherheit beamen' die Devise - was aber zur Folge hat, dass sämtliche Gegner im Schloss respawnt sind - was zum Aufleveln dient.
Damit ihr eine Chance habt, gibt's pro Level 5 Fähigkeitenpunkte zu verteilen. Entweder auf 'Schwerter', 'Äxte', 'Bogen' usw. oder 'Feuerzauberei', 'Heilzauberei' oder 'Gesundheit'. Wer einmal verteilt hat, bekommt nichts zurück.

Aufwertungen & Gegnergedöns

Wer Stufen steigt, erhält auch die Chance im nächsten Shop (es sind in den Levels hier und dort welche verteilt (auch auf der Map vermerkt), die genau chronologisch immer bessere Sachen anbieten. Seid ihr Level 20, hat der Shop zu Beginn auch nicht bessere Sachen da - was zu einem späteren Zeitpunkt aber richtig beschissen sein wird. Aber dazu gleich mehr.
Jedenfalls könnt ihr dort dann neue Waffen kaufen - und gleich auch neue Rüstungen. Der Fokus liegt zwar darauf, dass ihr alles werden könnt, aber allgemein sehr oft in Nahkampfgefechte verwickelt werdet. Ihr schlag in Echtzeit zu, könnt springen und ducken, aber nicht abwehren. Im Sprung kann übrigens auch nicht die Richtung gewechselt oder der Sprung präzisiert werden - wer springt, der springt eben genau dort berechenbar hin. Das kann bei Gegnern oder ziemlich hakeligen Lava-Jump-Passagen extrem nervig werden. Jedenfalls zieht euer Schlag Energie beim Feind ab und zeigt euch den verteilten Schaden. Der Gegner macht meist in der Zeit nichts, so wird das gern ein Kinderspiel. Zumindest, wenn der Feind allein ist - kommen mehr Feinde, schlagen die alle zu. Aber pro eingesteckten Treffer, blinkt ihr kurz eine Zeit und seid unsterblich. Manchmal ganz gut, um sich beim kleinen Feind dieses Feature abzuholen und an dem heftigen Eumel vorbeizulaufen.
Jedenfalls greift ihr bei mehreren vor euch stehenden Feinden immer mal den oder den an - willkürlich und ohne System. Und zieht dann gerne allen irgendwie Schaden ab, bevor einer nach dem anderen verreckt und sie unnötig lange alle am Leben waren. Kein Nacheinander, sondern Chaos. Das ist blöd. Da ihr das Spiel komplett mit Tastatur (Maus nur für Inventarmanagement) zockt, benutzt ihr 'TAB', um beim Bogen oder Feuerballmagie durch die erreichbaren Ziele zu schalten. Leider kann der liebe Daniel nur aus einem begrenzten Winkel schießen, sodass über euch fliegende Feinde euch zwar treffen können, aber ihr sie nur von woanders aus.
Fässer oder geheime Wände zerschlagt ihr ebenfalls - wenn ein Gegner davor / dahinter steht, selbigen zuerst.
Die Widersacher reichen von Ameise, Ritter, Schleimklumpen, Skelette, Pflanzen, Spinnen, Raben usw. über ein großes Repertoire von 'einfach' zu 'behindert'.
Denn es gibt da so ein paar Eigenarten.
Der Clown zum Beispiel verwandelt mittels Zauber eure derzeitig ausgerüstete Waffe in einen Gummihammer mit 1 Schaden. Egal, welche Waffe ihr habt - auch 'Unique Items'. Problem: die Verwandlung ist nicht umkehrbar und in dem überflüssigen 'Lost Items'-Slot beim Verkäufer befindet sie sich auch nicht.
Die Waffe ist quasi für immer zerstört.
Oder unsichtbare Gegner, die eure Waffe klauen (auch, wenn sie nicht ausgerüstet ist) - kriegt ihr ohne bestimmte Mittel nicht wieder und sind für immer fort.
Oder temporäre Effekte wie Gift- oder Feuerschaden addieren sich - so brennt ihr quasi 'mehrmals' zur selben Zeit. Das ist einfach nur Bullshit und treibt den Schaden so sehr in die Höhe, dass 2 Piekser vom grünen Ritter im königlichen Towerbereich schon schnell tödlich sind. Absurd ist, dass ihr euch dann schnell zurückbeamen und mittels Zauberbuch im Zentralraum regenerieren wollt, aber genau dann der Charakter verreckt, weil der Schaden einfach zu hoch war und die Lifebar einfach nur krass abschmiert.
Auf 'Schwer' zu spielen, ist hier einfach nur komplette Selbstmassakrierung. Pfui.

Spaßfaktor hin und her

Gut sind aber die Quests, die euch manche Personen aufgeben. So müsst ihr beispielsweise ein ewig brennendes Feuer überwinden, Orkfrauen beglücken oder ein Formular bei verschiedenen euch zu einer anderen Abteilung schickenden Bürokratenschaltern abstempeln lassen. Auch bestimmte Dungeon-Endbosse, dessen Tod nötig ist, um weiterzukommen, sind manchmal gewieft. Das Gehirn 'Neuron' z.B. fliegt und kann nicht beschossen werden. Eine spezielle Seilbahn bringt euch von links oder rechts in Schwertreichweite - leider zieht er euch stetig Energie ab und zwingt euch irgendwann alle mühsam im Inventar zusammengesammelten Tränke auszukippen - was euch leider stoppt und ihr euch nicht bewegen könnt.
Das müsst ihr erstmal wissen - und sie vor dem Kampf ablegen. Nur wo? Eine Lagerkiste wie in Diablo II beispielsweise gibt es nicht. Sehr dumm gelöst. Auch verkauften Gegenstände können nicht zurückgekauft werden, sondern sind einfach weg. Auch haben die Händler wenig Auswahl.
Na jedenfalls legt ihr sie ab - und kämpft weiter. Irgendwann lässt euch Neuron auch den Daniel umgekehrt lenken (Steuerung ist vertikal gespiegelt) und beamt euch zum Schluss sogar in den Zentralraum zurück (ihr benutzt automatisch den 'Halo'). 'Alles klar - den also auch noch ablegen!', dachte ich mir, kehrte zurück zum Endfight (, der immer wieder neu gestartet werden muss im Fall der Flucht) und siehe da: alle abgelegten Tränke sind ebenso weg. Für immer.
Das ist fast keine Kunst mehr, sondern unbegrenztes Ärgern des Gamers. Der Endfight gegen die Medusa ist auch so ein Fall - ein stetiger Eyebeam ihrerseits brauch euch nur ein Milliardstel treffen und schon seid ihr tot - der Kampf wird dann zum reinen Glücksspiel.

Ansonsten ist die Welt groß, die Items zahlreich, die Waffen nett (aber nicht sonderlich einfallsreich) - es gibt Questhelperitems (Beam zum Questgeber und Questtipps), eine lange Spieldauer, eine nette Story mit lustigem Sidekick. Nur dass halt ab dem letzten Drittel der Schwierigkeitsgrad derbe anhebt, ist unverschämt und sollte mit Ignoranz bestraft werden. Der Spieler wird hier gedemütigt und auf die Nervenzerreißprobe gestellt.
Ich habe es ab dort an deinstalliert, weil ich mir maßlos aufgeregt habe - aber vorher dem Entwickler noch eine Mail geschrieben. In den Foren liest man ähnliche Entsetzung.

Sonstiges

- von der Zentrale aus könnt ihr durch Gittertore schnell in die jeweiligen entdeckten Dungeons zurückkehren - natürlich, wenn ihr von dort erst das Gatter geöffnet habt
- falls man nochmal von vorne beginnt, kann man entscheiden, ob man die Tutorial-Phase überspringt (man erhält trotzdem alle Gegenstände und Fackeln sind entzündet)
- das Spiel ist als Demo erhältlich, das ab einer bestimmten Stelle dann das Weiterspielen verwehrt (bis dahin = bereits großer Umfang)
- sobald man stirbt, ist das Spiel auch vorbei - man wird nirgendwo reinkarniert oder so
- macht süchtig
- Inventar hat keine Sortierfunktion und auch keine bestimmten Ausrüstungsreiter (Schwerter, Rüstungen, Tränke, usw.)

Fazit

Unepic macht echt sauvieles verdammt richtig - und das als sehr umfangreiches 2D-Jump'n'RPG-Indiegame im Stil von Metroid oder Castlevania. Es macht schlichtweg süchtig und bietet neben schicker Grafik auch humorvolle Dialoge - nur leider nervt es im letzten Drittel mit richtig abfuckenden Gegnerarten - dass ein Rabe mir meine Ringe klaut, ist in Ordnung - den kann ich ja erschlagen und mein Zeug zurückholen. Aber, dass Glibberkugeln bei Kontakt 'glitschige Hände' verursachen und ich somit alles fallen lasse und erneut meiner Schnelltaste zuweisen muss, temporäre negative Effekte derselben Art sich addieren oder meine hart verdienten Unique Weapons einfach durch einen albernen Clown für immer zu Gummihämmern verwandelt werden - dafür haben die Entwickler eins auf die Schnauze verdient. Tut mir leid - aber genau so ist es.
Wer den Spieler nach einem anstrengenden Arbeitstag noch foltern will, der hat selber Leid verdient.
Schade - aber so muss ich von einer Empfehlung leider abraten, da das Spiel von mir selbst auf 'Leicht' so eine starke Enttäuschung hervorgerufen hat.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: ansehnlich designtes Retro-2D, wirkt professionell
  • Sound: gute Nebengeräusche
  • Balance: -
  • Atmosphäre: riesiges Schloss (Metroidvania-like),Quests, Jokes
  • Bedienung: einfache Char-Steuerung
  • Umfang: riesig...
  • Quests / Handlung: nimmt Klassiker aufs Korn, es gibt eine
  • Kampfsystem: stark vereinfacht (ist ja auch nur 2D)
  • Charaktersystem: sehr einfach
  • Items: sehr viele
  • Grafik: -
  • Sound: uninspirierte Musik
  • Balance: Gegner später reinste Progr.Katastr. / Unfairness³
  • Atmosphäre: langweilige, bekannte Kulissen
  • Bedienung: blöde Inv-Steuerung, umst. Trankherstellung
  • Umfang: ... aber dank Schwierigksgr. auch künstl. verläng.
  • Quests / Handlung: Handlung wirkt stark & uninspir. in die Länge gez.
  • Kampfsystem: eingeschränkte Möglichkeiten
  • Charaktersystem: sehr einfach, wenig Upgradeoptionen
  • Items: möglw. zuviel, nicht kategorisiert,viel unbrauchb.

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(1)
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