Echtzeitstrategie, wie sie sein sollte

Es gibt viele kalte Dinge auf dieser Welt. Kalte Gebiete, kalte Miete und kalte Kriege. Und dann gibt es noch warme Gebiete und warme Miete. Einen warmen Krieg...

von DanieD00 am: 14.03.2016

Es gibt viele kalte Dinge auf dieser Welt. Kalte Gebiete, kalte Miete und kalte Kriege. Und dann gibt es noch warme Gebiete und warme Miete. Einen warmen Krieg gab es glücklicherweise nicht, aber hätte es ihn doch gegeben, würde es vermutlich nicht World in Conflict geben. World in Conflict wurde 2007 von Massive Entertainment entwickelt, und zeigt, wie Echtzeitstrategie sein sollte.

Die Russen greifen an!

Ich geb ja zu, die Überschrift hätte offensichtlicher nicht sein können, aber sie passt. Im November des Jahres 1989 greifen die Russen mit einem Überraschungsangriff die Stadt Seattle an und erobern einen großen Teil Amerikas, bevor der Präsident der vereinigten Staaten überhaupt eine Ahnung hat, das gerade die Russen den kalten Krieg zum heißen gemacht haben. Eine Mischung aus US Armee und Nationalgarde leistet - trotz Schwächung durch den Überraschungsmoment - Widerstand. Unsere Aufgabe: Die Russen aus Amerika vertreiben, koste es, was es wolle!


In World in Conflict steuern wir Lieutenant Parker und treffen dabei auf einige Nebencharaktere, die, nicht so wie anderen Strategiespielen, einen interessanten Charakter besitzen. Zum einen haben wir da Colonel Sawyer, ein Soldat, wie jede Militärmacht der Welt sich ihn wünscht, aber im Grunde ein guter Mensch. Zum anderen haben wir Captain Bannon, ein eher ängstlicher Mensch, der aber im Laufe der 14 Missionen langen Geschichte zeigen kann, was er drauf hat. Die Charaktere sind interessant gestaltet, und so man eine Beziehung mit diesen Charakteren auf, sie sind einem sympathisch und man fühlt mit ihnen, wenn sie in eine gefährliche Situation geraten. Die tollen Zwischensequenzen, die teilweise sehr eindrucksvoll sind, unterstreichen die gute Geschichte sehr.

Die guten Zwischensequenzen von World in Conflict sind atmosphärisch und teilweise sehr eindrucksvoll.

America's Army

World in Conflict ist, was die Missionen in der Geschichte angeht, sehr abwechslungsreich gestaltet. Beispiel gefällig? In einer Mission müssen wir ein Dorf erobern und halten, bis ein Kriegsschiff kommt und uns Unterstützung bieten kann. Unser Vorgesetzer Colonel Sawyer befiehlt uns, den Supermarkt der Stadt zu verteidigen. Wir graben uns also ein und bauen Befestigungen auf, doch plötzlich sagt man uns, ein Artillerieschlag wurde auf den Supermarkt angesetzt. Also alles schnell abbauen und verschwinden, bevor uns der Artillerieschlag trifft. Wir verteidigen nun eine Nebenstraße, doch Kollege Bannon zieht sich zurück und wir müssen uns auch zurückziehen und den Stadtplatz verteidigen, während durchgehend feindliche Panzer und Soldaten uns angreifen. Diese Überraschungen sind immer nachvollziehbar und erfordern dadurch ständiges Umdenken, wir wissen nie, was als nächstes passiert. Missionen sind für gewöhnlich zwischen 30 bis 60 Minuten lang, und sind auf den drei Schwierigkeitsgraden immer fordernd, aber nie zu schwer. Dazu kommen optionale Nebenziele innerhalb einer Mission. So sollen wir beispielsweise drei Flakgeschütze reparieren, damit sie uns die russischen Helikopter vom Hals halten, oder wir helfen einer Kompanie und erhalten dafür vom Colonel Unterstützung in Form eines Panzers.

Wir behalten während des Spielens immer den Überblick. Links werden Missionsziele angezeigt, darunter die Minimap, rechts unten die verfügbaren Fähigkeiten der angewählten Einheit und oben rechts unser Punktekonto. Grüne Einheiten gehören uns, blaue sind verbündet und rote sind feindlich.

Und wie spielt sich nun World in Conflict? Das Spiel besitzt keinen Basisbau, stattdessen fliegen wir unsere Truppen ein. Dazu benötigen wir Punkte, von denen wir immer eine begrenzte Anzahl habe. Diese Punkte geben wir für Einheiten aus, wie beispielsweise Panzer oder Fußsoldaten, aber auch für Flakgeschütze oder Helikopter, die dann an der von uns gewählten Landezone nach einiger Zeit ankommen. Verlieren wir eine Einheit, werden ihre Punkte in zeitlichen Abständen gutgeschrieben. Dadurch herrscht ein ausgewogenes Balancing. Außerdem ermöglicht es viel mehr Taktik. Wenn wir in einer brenzligen Situation schlecht mit unseren Einheiten umgehen, verlieren wir sie schneller, als wir ,,Die Russen greifen an!´´ sagen können. Dann müssen wir auf die Punkte warten, und danach auch noch auf die Lieferung. Promp könnte sich das Spiel wenden und aus einem sicheren Sieg eine eventuelle Niederlage machen. Wir können unsere Landezone erweitern, indem wir strategische Kontrollpunkte einnehmen. Stellen wir Einheiten in diese, werden sie erobert, und bleiben diese Einheiten weiterhin im Kontrollpunkt, bauen sich MG-Bunker oder Panzerabwehrgeschütze auf. Es spielt allerdings keine Rolle, was für eine Einheit im Kontrollpunkt ist.

Wenn eine Kompanie nicht reicht...

Während eines Kampfes können wir taktische Hilfen anfordern. Diese taktischen Hilfen reichen von Artillerieschlägen, über Fallschirmspringer, bis hin zu einer Atombombe! Richtig gelesen, eine Atombombe. Diese taktischen Hilfen kosten allesamt Punkte. Diese Punkte erhalten wir durch weiteres Verstreichen der Zeit oder wenn wir feindliche Einheiten ausschalten. Dabei besitzt jede taktische Hilfe Vor-und Nachteile. Ein Artillerieschlag ist zwar nicht präzise, kann dafür in einem großen Radius Feinde treffen und braucht nicht lange bis zur Ankunft, während eine lasergesteuerte Rakete uns zwar einen präzisen Angriff ausführen lässt, wir aber hoffen müssen, das die feindliche Einheit auch an Ort und Stelle bleibt.

Wir haben einen Kontrollpunkt befestigt, und haben danach einen Napalmangriff  nördlich von uns angefordert. Oben links sehen wir die Punkte für taktische Hilfen.


Diese taktischen Hilfen sind nützlich, sofern wir sie bedacht einsetzen, und sehen auch sehr gut aus. Sie sorgen auch für eine tolle Schlachtatmosphäre. Einheiten steigen im Level auf, wenn sie feindliche Einheiten ausschalten, wodurch das Spiel noch weiter an Tiefe gewinnt und auch Reparatureinheiten immer wichtig sind. Denn mit höherem Level teilen und halten unsere Truppen mehr aus. Umso ärgerlicher ist es dann, wenn wir sie verlieren, denn schicken wir neue Truppen per Helikopter, sind diese lediglich blutige Anfänger. Kämpfe werden außerdem nur an Land ausgetragen, es gibt leider keine Seegefechte oder Kämpfe mit Jets zu sehen, sie greifen lediglich als taktische Hilfen ein. Einheiten besitzen außerdem Fähigkeiten. Ein Truppentransporter kann beispielsweise eine TOW-Rakete abfeuern, um leichte Panzer zu beschädigen, während Fußsoldaten sprinten, dafür aber dann nicht schießen können. Jede Einheit ist somit nützlich. Fußsoldaten können sich in Häusern verstecken und einen ordentlichen Bonus auf Verteidigung erhalten oder in Wäldern verstecken, leichte Panzer bewegen sich im Vergleich zu schweren Panzern schneller, halten dafür aber nicht soviel aus und können auch nicht soviel Schaden anrichten, und Truppentransporter können neben der Logistik auch feindliche Fußsoldaten schnell ausschalten.

Und der Mehrspielermodus?

Wer sich World in Conflict für den Mehrspielermodus kaufen will, wird enttäuscht. Denn der Mehrspielermodus existiert nicht mehr, die Server wurden geschlossen, somit kann ich auch nichts dazu sagen. Skirmishes sind versteckt, man findet sie im Mehrspielermodus und muss dann auf LAN wechseln und dort Bots einschalten. Das ist zwar blöd gemacht, aber kein allzu großes Problem. Im Skirmish gibt es vier Rollen, die man auswählen kann. Diese Rollen sind Schwerpunkte auf einen bestimmten Truppentypen. Es gibt Infanterie, Panzer, Unterstützung und Helikopter. Nehme man bspw. Panzer, darf man schwere Panzer anfordern, dafür kann man von den restlichen Truppentypen nicht die stärksten Versionen holen. So wird dann auch mehr Teamplay ermöglicht, wenn jemand mit Helikopter ausspäht und der Unterstützer dann mit Artillerie dem Feind zusetzt.

Die Karten von World in Conflict sind abwechslungsreich gestaltet. Mal kämpfen wir in einem kleinen Dorf an der Küste, mal in Seattle, oder in Gebirgen.

Alles bestens, auch die KI?

World in Conflict hat eine gute Steuerung und ist für Neulinge als auch Veteranen der Echtzeitstrategie schnell erlernt. Für ein Spiel von 2007 sieht das Spiel ordentlich aus und läuft auch auf jedem Rechner recht gut, ohne viel FPS zu fressen. Soldaten sehen recht detailliert aus, besonders die Weitsicht besticht. Nur in der Nähe oder in Zwischensequenzen merkt man die matschigen Texturen an. Die zerstörbare Umgebung ist besonders gelungen. Es lässt sich so gut wie alles zerstören, ich habe mich oft dabei erwischt, wie ich statt der Beendigung des Missionsziels lieber mit den taktischen Hilfen irgendwelche Häuser zerstört habe, weil die Effekte erstens toll aussehen und die allgemeine Zerstörung Spaß macht. Die deutsche Vertonung ist außerdem gelungen. Die Musik ist außerdem gut gelungen. Die Funksprüche klingen gut, Explosionsgeräusche und Waffenfeuer klingen meist mächtig. Das Sorgenkind vieler Strategiespiele ist die KI, doch bis auf die Wegfindungsprobleme ist die KI von World in Conflict gut. Wollen wir beispielsweise mit einigen Einheiten durch eine Gasse, fahren diese lieber durch die Straße rechts durch. Mit Verbündeten oder feindlichen Einheiten im Gepäck wird das ein Einheitensalat. Ansonsten agiert die feindliche KI gut, sie nimmt Kontrollpunkte ein, wenn wir uns gerade nicht um diese kümmern, sie nutzt ihre taktischen Hilfen gut und ist oft aggressiv oder zieht sich zurück, wenn wir zu stark sind.

Fazit

World in Conflict hat einige wenige Macken, ja. Aber die wenigen können nicht drüber hinwegtäuschen, das World in Conflict ein großartiges Echtzeitstrategiespiel ist. Es gibt zwar nur eine Kampagne als Amerikaner, aber diese ist lang, jederzeit spannend und die Charaktere sind interessant. Dazu kommt ein gutes, ausbalanciertes Gameplay und eine tolle Atmosphäre. World in Conflict kann ich jedem Echtzeitstrategiespieler ans Herz legen, egal ob Neuling oder Veteran.


Wertung
Pro und Kontra
  • Handlung: Gut erzählt
  • Handlung: Interessante, sympathische Charaktere
  • Handlung: Schöne Zwischensequenzen
  • Gameplay: Stets ausbalanciert
  • Gameplay: Jeder Truppentyp ist nützlich
  • Gameplay: Taktische Hilfen sorgen für zusätzliche Tiefe
  • Gameplay: Abwechslungsreiche Missionsziele
  • Technik: Läuft auch auf alten Rechnern gut
  • Technik: Gute Synchronsprecher
  • Technik: Detaillierte Soldaten
  • Technik: KI-Wegfindungsprobleme
  • Technik: Aus der Nähe matschige Texturen
  • Technik: Verstecker Skirmish-Modus

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(2)
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