Menschen vs. Aliens: Runde 2

Anno 2012 erschien das Reboot der altehrwürdigen Rundenstrategiereihe XCOM, welches den Untertitel Enemy Unknown trug. Ich habe es leider verpasst, den...

von ModuGames am: 12.07.2018

Anno 2012 erschien das Reboot der altehrwürdigen Rundenstrategiereihe XCOM, welches den Untertitel Enemy Unknown trug. Ich habe es leider verpasst, den Titel zur Veröffentlichung zu spielen. Einige Jahre später erfolgte dann das Nachholen dieses hochgelobten Spiels und es entwickelte sich in Verbindung mit seinen Erweiterungspaketen rückwirkend zu meinem Lieblingsspiel des Jahres 2012. Meine Erwartungen an XCOM 2, den Nachfolger aus dem Jahr 2016, waren dementsprechend hoch und wurden, um das schon einmal vorwegzunehmen, nicht enttäuscht. In dieser Rezension möchte ich noch einmal mit etwas Abstand auf das Hauptspiel (ohne DLCs) zurückblicken.

XCOM: Episode 2 — Die Aliens schlagen zurück

Im Vorgänger schien es so, als hätte die XCOM-Gruppierung die Alien-Invasoren besiegt. Doch weit gefehlt! Das muss jedenfalls der Commander, unsere Spielfigur bemerken, als er weit in der Zukunft von einem XCOM-Trupp gerettet wird. Die Aliens kontrollieren die Welt, sie inszenieren sich als Retter der Menschheit und sind in der Öffentlichkeit durch durch die Organisation ADVENT überall präsent. Wie sich im Laufe des Spiels herausstellt, ist der Teil mit dem "Retter der Menschheit" (Überraschung) eine komplette Lüge. Ohne viel zu spoilern zu wollen, kann ich doch mit Fug und Recht behaupten, dass die Entwickler absolut kein Interesse gehabt hatten, einen moralisch ambivalenten (oder auch nur interessanten) Gegenspieler zu entwerfen. Das ist zwar in erster Linie kein großes Problem, da das erste XCOM ebenfalls nach diesem Prinzip funktionierte, aber das schreit für mich ganz gewaltig nach einer ungenutzten Chance. Aber zurück zum Commander:



Eine der größten Neuerung in XCOM 2 ist das Flugzeug "Avenger", welche als mobile Basis dient. Mit diesem fliegenden Untersatz bewegt sich der Spieler über die Weltkarte und fliegt zu Einsatzorten. In dieser Hinsicht sei noch erwähnt, dass die Map in Sektoren eingeteilt ist, zu denen erst Kontakt hergestellt werden muss, ansonsten gibt es kein Weiterkommen. Außerdem tauchen im Laufe des Spiels Hotspots auf der Karte auf, die das Einsammeln von Vorräten (der Währung im Spiel) oder unter anderem auch Soldaten ermögligen. Um diese einsammeln zu können, wird ein Scanvorgang eingeleitet, der meist mehrere Tage in Anspruch nimmt. Davon einmal abgesehen bliebt jedoch alles erstmal beim alten. Auf dem Flieger gibt es jeweils eine Forschungs- und Technikabteilung, aber auch der Ausbau der Basis ist wieder möglich. Wurden im ersten Teil noch Aushubarbeiten unter der Erde durchgeführt, werden nun Kammern im Inneren des Schiffs freigeräumt. Auf mich wirkt dies aber wie der leicht feilgeschlagene (wenn auch mechanisch einwandfrei funktionierende) Versuch, Basisbau und Flugzeug zu vereinen. An dieser Stelle wäre eine wirklich innovative Idee von Vorteil gewesen.

Taktischer, schöner – aber auch altbewährt

Doch kommen wir zum Herzstück des Spiels: den taktischen Rundengefechten. Wie schon im Vorgänger stürmen wir mit einem Trupp aus bis zu sechs Soldaten in Einsätze, die unter anderem aus Sabotageakten, Evakuierungen oder UFO-Untersuchungen bestehen können. Was jedoch kräftig überarbeitet wurde, sind die Soldatenklassen, welche sich nun viel unterschiedlicher spielen. Scharfschützen wollen natürlich auf große Distanzen und mit höchster Präzision eingesetzt werden, weiterhin verfügen sie als einzige Klasse über eine Pistole für den Nahkampf. Spezialisten sind mit ihren Gremlin-Drohnen darauf ausgerichtet, ihnen Teamkameraden zu helfen. Wer massig Feuerkraft braucht, übernimmt die Kontrolle über einen Grenadier, welcher mit einem Granatenwerfer ausgestattet ist. Und zu guter letzt gibt es noch den Ranger (mein persönlicher Liebling), der den Gegnern im Nahkampf mit Schrotflinte und Schwert einheizt. Insgesamt bin ich ein großer Fan dieser Abänderung, da sie viel mehr taktisches Vorgehen erfordert – zumal das Balancing der Klassen sehr gut gelungen ist, auch wenn ich den Ranger persönlich am effektivsten fand.



Doch die Soldaten sind keineswegs nur auf ihre Klassen beschränkt. Bei jedem Levelaufstieg besteht die Wahl zwischen zwei Fähigkeiten, welche in Gefechten oftmals spielentscheidend sein können. Wer einen Ranger mit der Fähigkeit Klingensturm, welche dem Soldaten einen automatischen Nahkampfangriff gewährt, falls sich ein Gegner zu nahe an ihn heran wagt, besitzt, weiß vielleicht, was ich mit "spielentscheidend" meine. Weiterhin lassen sich nun auch Verbesserungen (welche man auf dem Schlachtfeld von getöteten Feinden erhält) direkt an den Waffen anbringen. Insgesamt lässt sich sagen, dass das Progressionssystem von XCOM 2 sehr motivierend ist, zumal neben der Forschungsabteilung nun auch der Technikbereich neue Ausrüstungsgegenstände für die Soldaten bereit hält. Von Exo-Anzügen mit Raketenwerfer über Westen, die immun gegen Gift machen, bis hin zu Flammenwerfern steht alles zur Verfügung. Auch das rein optische Individualisierungssystem ist wieder an Bord. Wer sich also gerne seine eigenen Soldaten zusammenstellt, wird hier vollkommen auf seine Kosten kommen.

Und eben jene individualisierten Soldaten sehen auch noch wirklich gut aus. Klar, XCOM 2 ist keine grafische Meisterleistung, aber das Spiel sieht – gerade für sein Genre, dem im AAA-Bereich nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt wird – sehr gut aus. Seien es die detaillierten Zwischensequenzen, die Lichtreflexionen auf den Rüstungen oder schlicht die zerstörbare Umgebung, die ganz herrlich auseinanderfliegt, wenn man gerne mit Explosivstoffen arbeitet. Auch die Soundgestaltung konnte mich vollends überzeugen, so hören sich die Waffen unglaublich druckvoll an und vermitteln ein Gefühl von Kraft, welches sogar das vieler Shooter übertrifft. Und die musikalische Untermalung beim Ausrücken der Soldaten macht dies zu einem schlichtweg epischen Moment.

Von Avataren und Zeitlimits

XCOM 2 hat eine Vorliebe dafür, den Spieler unter Zugzwang zu setzen. Sei es in den einzelnen Missionen mit einem Rundentimer oder in ganz großem Stil mit dem mysteriösen AVATAR-Projekt: Stress findet man an allen Ecken und Enden. Gleichzeitig muss ich jedoch konstatieren, dass die Zeitlimits insgesamt alle fair gesetzt sind (diese sind aber auch per Mod abschaltbar, was in meine Bewertung natürlich nicht mit einfließt). Klar, oft wird man vermutlich über den gnadenlosen Rundentimer fluchen, aber genau das ist ja auch dessen Ziel: Den Spieler in die Rolle eines Widerstandskämpfers zu versetzen, der nunmal nicht die Zeit hat, alle Angriffe bis ins kleinste Detail auszuarbeiten.



Dafür besitzt XCOM einen ganz entscheidenden Vorteil: Die Soldaten sind zu Beginn der Einsätze (meistens) verborgen und können somit den Überraschungsmoment benutzen, um selbst überlegene Feinde auszuschalten. Zum Thema überlegene Feinde: XCOM 2 ist in dieser Hinsicht wohl noch fieser als der erste Teil. Nehmen wir zum Beispiel einmal den Gegnertyp Andromedon, der nach seinem Tod einmal wieder aufsteht und weiterkämpft. Oder die riesigen Sektopoden, die einen ganzen Trupp auseinandernehmen können, wenn man nicht aufpasst. Und, und, und... XCOM 2 ist für Einsteiger und zum Teil selbst für Fortgeschrittene (zu denen ich mich halbwegs zähle) eine frustrierende Erfahrung. Aber gleichzeitig ist das Spiel auch extrem belohnend.

Fazit

Die taktischen Gefechte und das hervorragende Progressionssystem haben es mir wirklich angetan. Um erneut den Bogen zur Einleitung zu schlagen: XCOM 2 ist für mich das Strategiespiel des Jahres 2016. Viele Leute scheinen dies ähnlich zu sehen, erreichte es doch bei den GameStars 2016 Platz #2 und verlor damit nur gegen Civilization VI. Allerdings muss ich gegen Ende doch noch einmal größere Kritik anbringen. Der Grund, weshalb ich mich einem 90er verweigere und der Titel "Meisterwerk" aus meiner Sicht unangebracht ist, liegt darin begründet, dass die Einsätze – vor allem im Midgame – zu stark in Richtung Routine ausarten und für mich damit schlichtweg langweilig werden. Das mussten auch die geneigten Spieler in Enemy Unknown erleben und ich fürchte, es handelt sich um ein Problem, das bei dieser Art Spiel fast schon notwendigerweise auftritt. Dennoch halte ich XCOM 2 insgesamt nur für ein sehr gutes, aber leider nicht grandioses Spiel.



Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(0)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.