Der Ärger über die eigene Dummheit
Ach ja, mal wieder seufze ich, während ich versuche, die richtigen Worte für den Einstieg zu finden. Gerade bei diesem Thema. Da will man doch irgendwie in Textform verständlich machen, was es eigentlich heißt, von einem Spiel oder einem Entwickler enttäuscht zu werden. Denn für mich steckt da viel mehr hinter, als einfach nur eine falsche Kaufentscheidung getroffen zu haben. Wir alle sind irgendwann schon einmal, auf irgendetwas oder irgendjemanden reingefallen und haben uns danach furchtbar schlecht gefühlt. Ob jemand nur einen harmlosen Scherz mit einem getrieben hat oder uns jemand zwielichtiges irgendeinen Schrott für teures Geld verkauft hat. Manchmal macht man einen Fehler und am Ende ärgert man sich meist über seine eigene Dummheit.
Tja, man lernt daraus. Man wird älter, speichert diese schlechten Erfahrungen ab, um dann in ähnlichen Situationen darauf zurückgreifen zu können. Und hoffentlich nicht noch einmal den gleichen Fehler zu machen. Und ich muss zugeben: Ja, es klappt. Mit dem Alter kommt die Reife, das Selbstbewusstsein, auch ein Stück weit die Geduld. Umso mehr ärgert es einen, wenn es dann doch wieder passiert: Wieder einmal hat man sich blenden lassen, wieder einmal hat man blind vertraut. Und noch schlimmer als die vermeintlich böswillige Absicht des Anderen fühlt sich wieder einmal nur eins an: Die eigene Dummheit.
Ja, ich bin erwachsen, ich bin mündig. Ich bin längst nicht mehr jung und naiv und wenn es dann doch jemand schafft, mir mein Geld für Schrott aus der Tasche zu locken, fühlt sich das wirklich nicht gut an. Da habe ich dann das Gefühl, das bei mir eine sehr persönliche Grenze überschritten wurde. Ich fühle mich ein Stück weit nicht mehr sicher. Wieder einmal wird einem bewusst, dass es da draußen Menschen gibt, die einfach nur an dein Geld wollen. Manchmal offensichtlich skrupellos, manchmal wirklich haarscharf an der Grenze der Legalität vorbei. Jüngstes Beispiel: No Man's Sky. Und um den bösen Mann auch klar beim Namen zu nennen: Sean Murray.
No Man's Sky – Ein trauriges Beispiel der letzten Zeit
Nein, No Man's Sky ist nicht der erwartete Hit geworden. Vielleicht konnte es das auch gar nicht werden. Hier geht es nicht darum, dass ein Spiel gehyped wurde und man daraufhin mit viel zu hohen Erwartungen an dieses Spiel herangegangen ist. Hier geht es auch nicht darum, dass das Gameplay vielleicht zu monoton und eintönig ist, dass das Spiel zu wenig Inhalt bietet. Für all diese Themen gibt es ja mittlerweile genügend Tests und dementsprechende Wertungen. Nein, mir geht es tatsächlich nur darum, belogen worden zu sein. Auf Reddit gibt es mittlerweile scheinbar endlos lange Listen, auf denen konkret Punkte genannt werden, die im Spiel nicht enthalten sind, aber nachweislich angekündigt und versprochen wurden. Und diese Nachweise habe ich mir angeschaut. Und ich war fassungslos.
Da wird Sean Murray ganz klar und eindeutig gefragt: „Kann man auf Asteroiden landen?“ Und er sagt: „Ja, momentan kann man auf Asteroiden landen.“ „Essen sich die Tiere gegenseitig?“ „Ja, das tun sie.“ „Wird man mit Freunden zusammenspielen können?“ „Ja, kann man.“ „Kannst du andere Spieler [betrügen]?“ (Anmerkung: to grieve) „Ja, kann man.“ „Kann man das Aussehen seines Charakters anpassen.“ „Ja, gewissermaßen.“
Und dies ist nur ein kleiner Auszug, nur ein paar wenige Beispiele. Jetzt stellt sich mir als aller erstes die Frage: Wieso? Wie kann so etwas passieren? Vielleicht war die Aufmerksamkeit um No Man's Sky einfach zu groß, vielleicht konnte das kleine Indie-Studio Hello Games, allen voran Gründer Sean Murray, nicht mit dem großen Interesse der Spieler und der Presse umgehen. In einem Interview sagt Herr Murray:
„Ich habe Angst, jemanden zu enttäuschen. Vielleicht erwarten die Leute Dinge, die nicht im Spiel sind.“
Eine leider kaum verständliche Sorge, wenn man doch bedenkt, welche Erwartungen Sean Murray selbst geweckt hat. Oft liest man in Kommentaren und in Foren Sätze wie: „Leute, No Man's Sky ist genau das, was uns versprochen wurde. Wer mehr erwartet hat, ist selber Schuld.“ Ja, ich bin auch jemand, der versucht ruhig und sachlich zu bleiben, jemand der sich eben nicht an jedem Shitstorm beteiligen will. Aber dieses Mal fällt es mir schwer. Dieses Mal bin ich selbst betroffen. Ich bin nicht gehyped gewesen, ich habe mich auf das bezogen und verlassen, was mir in Interviews vom Chef-Entwickler persönlich versprochen und immer wieder mit einem freundlichen Lächeln bestätigt wurde.
Von Lämmern und Wölfen
Und jetzt stellt sich letztlich nur noch die Frage: PR-Desaster eines kleinen, unbehelligten Studios oder böswillige Absicht eines gierigen Firmenchefs? Die Wahrheit liegt wohl wie so oft irgendwo in der Mitte. Was für mich auf lange Sicht unbegreiflich bleiben wird, ist die Tatsache, dass Hello Games genau um den Stand des Spiels Bescheid wusste. Aber man ist nie zurückgerudert, man hat nie angefangen, klar zustellen. Im Gegenteil: Das was man sich für No Man's Sky wünschte, aber leider nicht umsetzen konnte, wurde immer und immer wieder angekündigt und bestätigt. Was nun unabhängig von der Schuldfrage definitiv klar sein sollte: Sean Murray ist der Community Rede, Antwort & Entschuldigung schuldig. Monatelang ist man belogen worden und nun zu schweigen, setzt genau das falsche Zeichen. Offenheit und Ehrlichkeit sind nun gefragt, man muss erklären können, wie es dazu kommen konnte. Ob dies jemals geschehen wird? Ich wünschte es mir aber meine Erfahrungen haben mich anderes gelehrt.
Was genau bedeutet es also für mich, von einem Spiel enttäuscht zu werden? Ich habe nicht einfach nur einen Fehlkauf getätigt, das passiert hin und wieder. Nein, in diesem Fall wurde ich nicht von reinem, stupiden Gameplay-Mechaniken enttäuscht. Ich wurde von einem vermeintlich sehr sympathischen Entwickler hinters Licht geführt. Letztlich fühle ich mich wie ein Lamm, dass dem großen, bösen Wolf bereitwillig zwischen die scharfen Zähne gesprungen ist. Ja, ich fühle mich betrogen, ich habe gedacht, ich hätte etwas gelernt. Ich habe sogar geglaubt, mich auszukennen, Gut und Böse voneinander unterscheiden zu können. Vielleicht bin ich zu eitel gewesen, aber ich dachte: „In der Gaming-Branche, da kenne ich mich aus!“. Was bleibt also am Ende des Tages? Ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, das Wissen niemandem trauen zu können, der ewige Ärger über die eigene Dummheit und ein riesiger Haufen Pessimismus mit dem ich für den Rest meines Lebens auf zukünftige Releases blicken werde, denn ja, solche Aktionen färben die Welt ein klein wenig dunkler.
Über die Bedeutung von enttäuschenden Videospielen
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