Abschied aus Europa

Von belerad · 3. Dezember 2022 ·
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  1. Am nächsten Tag bin ich dann auch in Nordmazedonien, am Dojransee angekommen. Der eigentliche Plan war, direkt am Ufer mein Zelt aufzubauen, was auch sogleich ins Wasser gefallen ist. Zwar gab es schon genug andere Menschen, die sich am Ufer bereits breit gemacht hatten und auch der Duft von frisch gegrillten Fisch und Fleisch umspielt eine Nase, aber ebenfalls ein massives Summen. Beim Versuch, ein Bild vom See aufzunehmen, wurde ich von einem Schwarm Moskitos begleitet, so dass ich fluchend ziemlich schnell wieder reißaus genommen hab.

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    Die Bilder in MKD musste ich leider extrem nachbearbeiten, da Feuchtigkeit ins Objektiv gekommen ist.

    Das war auch nicht das einzige, was zu Beginn von Nordmazedonien schief gelaufen ist. Natürlich war ich nicht so schlau, bereit in Griechenland, mit den noch vorhandenen Euros, Vorräte für einen Tag einzukaufen, weshalb ich noch schnell etwas mazedonisches Geld abheben wollte. Nur hab ich mich am Geldautomaten leicht verdrückt, und anstatt 10€ plötzlich 100€ in nordmazedonischen Denaren abgehoben. Nicht so schlimm, kann man ja wechseln. Da es aber schon Abends war und ich Dojran keine Wechselstuben fand, wollte ich mir das für den nächsten Tag in Strumica aufheben.

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    Dort am nächsten Morgen angekommen, wurde mir erstmal gewahr, es ist Sonntag und alle Banken und Wechselstuben waren geschlossen. Faul wie ich an dem Tag war, machte ich es mir im örtlichen Stadtpark bequem und las noch bis in die Nacht an “The wandering Inn” weiter.
    Nach einem erfolgreichen Geldwechsel erreichte ich am nächsten Morgen schließlich den EuroVelo 13, der mich durch Bulgarien und bis in die Türkei führen sollte.

    Ja, der EuroVelo 13. In meiner Vorstellung waren diese offiziellen Fernradwege, für Rentner und gemütlichen Fahrern ausgezeichnete Wege, auf denen man gemächlich an schönen, idyllischen Orten vorbeigeführt wird und Oh Man hab ich mich hier in die Nesseln gesetzt.


    In Bulgarien führte der Weg erstmal, gemütlich wie ich es mir vorgestellt hatte, bis nach Petrovo weiter. Ab hier wurde ich langsam stutzig. Nicht dass die Straße unbequem wurde, sondern ich wurde beim Einkaufen von einem Einheimischen gefragt, wo ich denn hin wollte. Auf meine Antwort schaut er mich komisch an und fragte, ob ich das ernst meinte? Ich lächelte freundlich die Antwort ab, schließlich war das ja ein EuroVelo.

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    Ein paar Kilometer weiter verstand ich dann plötzlich, warum der Mann so komisch reagierte. Aus der schönen Teerstraße wurde ein Schotterweg, der mich dann durch ein geisterhaftes Dörfchen führte. Ab dort ging es dann auf einem Weg weiter, der sich eher als steiler und missglückter Pflasterweg aus übergroßen halbrunden Steinen bezeichnen lässt. Hier war fahren schon ein Kunstwerk. Es wurde aber noch besser, als es Richtung Pass schließlich weiter steil durch den Wald ging und der Weg ein vom Regen völlig ausgewaschener Schotter und Erdweg war, mit 40 cm tiefen Gräben. Und während ich schiebend, schwitzend und fluchend dachte, das kann nicht mehr schlimmer werden, änderte sich der Straßenbelag nochmal zu feinem Sand.
    Die Fahrradreifen sanken beim Schieben, bis über die Felge in den Weg ein und es wurde Meter für Meter eine pure Qual. Was ich dabei noch nicht erwähnt habe, sind die Mengen an Kühen, Bullen, Kälbern und vereinzelten Hunden, die sich auf und um den Weg herum breit gemacht hatten und denen ich dabei auch noch versuchte auszuweichen.

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    Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie froh ich war, als ich endlich am Bergrücken ankam und es bergab ging. Aber auch hier war an Fahren nicht zu denken und es hieß weiter schieben, auch bergab.


    Am Ende des Tages gab es aber doch noch einen positiven Ausgleich. Nachdem ich die ersten paar Kilometer wieder auf geteerten Wegen weiter ging, hielt ein Auto direkt neben mir an und der Typ aus Petrovo saß am Steuer, lachte mich aus und drückte mir zwei eiskalte Flaschen Bier in die Hand, die ich dann auf einem abgelegenen Zeltplatz mit wunderbarer Aussicht verdient und genossen hab.

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    Im schönsten Wetter und guter Laune ging es dann am nächsten Tag auch weiter. An einem der vielen Rastplätze in Bulgarien, kurz vor Dospat, wusch ich auch erst mal wieder meine Wäsche. Ich muss zugeben, das wurde auch Zeit!

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    In Dospat wurde es noch einmal so richtig steil. Da es aber schon spät wurde, machte ich noch schnell ein paar Besorgungen und schlug kurz nach der Ortschaft, auf einer Wiese hinter einem Rastplatz, mein Zeltlager auf. Eigentlich richtig toll gelegen, wurde die Nacht dennoch ziemlich unruhig, da die benachbarten Hunde richtige Konzertfans waren und die Nacht durchgefeiert haben…


    Nach einem gemütlichen Frühstück, mit mehrpfötiger Begleitung, ging es am nächsten Morgen weiter. Der Morgen und die Strecke dehnten sich gewaltig, auch, weil das Wetter einfach nicht aufklären wollte. Am nächsten Pass angekommen, hatte ich nochmal kurz Aussicht auf die in den Bergen liegende Ortschaft Devin, vor der ich aber in eine andere Richtung abbiegen werde. Mein Weg führte mich stattdessen in das historische und touristisch stark erschlossene Dörfchen Shiroka Laka und von dort aus auf den Weg zum nächsten Pass, um weiter nach Smolyan zu kommen.

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    In Serpentinen ging es wieder bergab, begleitet von, mit quietschenden Reifen überholende Autos, die erst lange Zeit hinter einem her fahren und nachdem sie das Kunstmanöver des Überholens endlich geschafft haben, einem ständig vor der Nase herumkriechen. Das ist ein echter Nervfaktor, so dass selbst eine tolle Bergabstrecke zur Tortur wird.


    Als es wieder bergauf ging, wurde es schon langsam dunkel und ein Platz fürs Zelt war angesagt, aber so wie es auf der einen Seite der Straße steil bergauf ging, ging es auf der anderen Seite bergab. So ging es dann noch lange weiter, bis ich schließlich ein eingefallenes Haus am Straßenrand bemerkte, wo nur noch die Außenmauern standen Auch wenn sich ein leichter Geruch von Ammoniak bemerkbar gemacht hat, schlug ich hier mein Zelt auf und blieb auch für die Nacht.


    Aufwachen bei klarem Himmel, mit toller Aussicht auf einen unter einem liegenden Nebel und leichten Ammoniak-Düften in der Nase, was gibt es schöneres. Ohne Schmarrn, aber nach einem, vom Wetter her durchwachsenen Tag, gibt einem eine solche Sicht am nächsten Morgen ein echt tolles Gefühl in der Magengegend. Das einzig beunruhigende war, die kommende Route führte mich hinunter in den Nebel, dabei war es auch so schon ziemlich frisch.

    Die Angst war aber unbegründet, der morgendliche Nebel war schön anzuschauen und löste sich kurze Zeit darauf auch gleich wieder auf.

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    So ging es dann von Rudozem, am Fluss entlang weiter Richtung Madan und den nächsten Berg mit leerem Magen hinauf. Glücklicherweise war laut Karte ein Restaurant genau an der Bergkuppe und dort wollte ich mein Verlangen stillen. Dummerweise öffnete das Restaurant erst genau zwei Stunden später. Solange wollte ich aber nicht warten, machte aber zumindest eine kurze Pause mit schöner Aussicht.


    Viel mehr ist in Bulgarien auch nicht passiert. An diesem Abend wurde ich noch von einem Schwarm Bremsen von meinem Schlafplatz verjagt und am nächsten Tag musste ich, aufgrund von Straßensperren, auf der geraden und öden Bundesstraße, weiter bis nach Momchilgrad fahren, was mir mal gar nicht gefiel. Von dort aus ging es dann weiter bis nach Krumovgrad, wo ich auch mein letztes Nachtlager in Bulgarien aufbaute. Was mir noch auffiel war, wie sich die Landschaft seit Krumovgrad verändert hat. Statt saftig grünen Wiesen und Wäldern, war alles plötzlich steppenhafter und nur wenig bewachsen, aber es gab wieder mehr Obstbäume, wo ich mich auch gleich bedient habe.

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    Anschließend stand noch ein kurzer Abschnitt Griechenland vor mir, bis es weiter in die Türkei ging. In Rizia wollte ich mich nun endlich von meinem letzten europäischen Münzgeld verabschieden, weshalb es erst mal lecker Essen im Imbiss ΧΟΝΤΡΟΣ ΚΑΙ ΛΙΓΝΟΣ, wo ich natürlich letztendlich eingeladen wurde und mit genauso viel Kleingeld hinaus, wie auch schon hinein ging.

    Letztendlich hielt ich noch in einem kleinen Markt und da ich schon einen vollen Magen und noch volle Taschen mit Obst und Gemüse hatte, verwöhnte mich hier mit Bier, Cola, Eiscreme und Schokolade

    Über den Autor

    belerad
    Baujahr 1982, 30 Jahre Videospielgeschichte und jetzt Abstinent, gehe ich auf Weltreise und versuche Menschen mitzunehmen, die neben dem Zocken, auch auf wirkliches Abenteuer Interesse haben.

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