So schnell wieder ein neuer Test?! Ja wir müssen doch den Mangel vom letzten Jahr kompensieren! Viel Spaß beim Lesen!
Anger Foot - Wenn Fußfetisch und Gewaltorgie aufeinandertreffen
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Vor etwa zwei Jahren veröffentlichte „Broforce“-Entwickler Free Lives Games den ersten Trailer zu Anger Foot und präsentierten einen kompromisslosen Shooter, welcher aus drei wesentlichen Dingen bestand: Dinge kaputtschießen, Dinge kaputttreten und dabei fetten Hardstyle aus den Boxen ballern. Mit knalligen Farben und jeder Menge Gen-Z-Lifestyle. Ich war sofort gehooked und konnte den Release kaum noch abwarten. Das dauerte zwar noch eine ganze Weile, doch im Juli erschien das Spiel endlich und ich griff wenige Tage nach Release und den ersten positiven Berichten zu.
Einige Stunden habe ich nun mit Anger Foot verbracht und mich dabei köstlich amüsiert. Es ist mir jedoch sehr schwer gefallen, dem Spiel eine wirklich passende Wertung zu geben, denn Anger Foot polarisiert. Was genau das bedeutet und wie sich das bemerkbar macht, erfahrt ihr nun im Test.
Was ein Markenopfer!
Shit City ist das größte Drecksloch, welches man sich vorstellen kann. Denn Kriminalität ist hier nicht nur erwünscht, sondern gar per Gesetz vorgeschrieben. Mit dem ominösen Crime Minister an der Spitze wird die Stadt von vier Gangs regiert: der Violence Gang, Pollution Gang, Business Gang und Debauchery Gang.
Ich, der Protagonist Anger Foot, will von alldem jedoch nichts wissen. Ich will nur meine coolen Promo-Sneaker besorgen! So beginnt das Spiel mit einer kurzen Sequenz, in welcher ich ein nagelneues Paar der besonderen Schuhe erwerbe. Die anschließende Filmnacht mit meiner Freundin fällt jedoch schnell ins Wasser, denn die Violence Gang zerstört meine Bude und nimmt all meine Sneaker mit. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen – und so starte ich einen Rachefeldzug, nicht nur um meine Sneaker wiederzubekommen, sondern auch, um es den Gangs mal so richtig zu zeigen. Doch es sind größere Mächte im Spiel als zuerst gedacht…
Eigentlich wollte ich doch nur die Filmnacht mit meiner Freundin genießen. Stattdessen darf ich mich nun durch Nachtclubs prügeln. [1]
Klingt ziemlich flach? Ist es auch! Anger Foot misst seiner Story wenig Bedeutung bei und macht keinen großen Hehl daraus. Letztendlich besteht der Plot daraus, sich von einer Gang zur nächsten durchzuprügelntreten, solange, bis ich alle Gangleader erledigt habe. Es gibt keine erwähnenswerten Charaktere oder Wendungen. Alle paar Level gibts lediglich ein paar Momente, in welchen ich Gespräche mit NPCs führen kann, diese Dialoge sind jedoch kaum der Rede wert.
Aber ganz ehrlich, eine tiefere Handlung hätte ohnehin nicht zum Grundprinzip des Spiels gepasst. Sie ist dafür da, mir mit platten Dialogen oder dummem Humor den ein paar Lacher aufs Gesicht zu zaubern, ansonsten hält sie sich angenehm im Hintergrund. Und mehr brauchts auch gar nicht.
Never Skip Leg Day
Ran ans Eingemachte. Anger Foot ist ein Shooter (oder Treter? Ach, egal), und zwar ein rasend schneller. Das Grundprinzip ist schnell erklärt: Renne durch Schlauchlevel und versuche, das Ende so schnell wie möglich zu erreichen. Solch ein Level ist in zwei, maximal drei Minuten abgeschlossen. Dabei nutze ich meine Füße und Knarren, also trete zu oder Türen kaputt und ballere feuchfröhlich vor mich her.
Anger Foot vertieft dieses simple Prinzip jedoch. So kann ich mich barfuß durch die Level bewegen oder bestimmte Sneaker tragen. Diese geben mir diverse Spezialeffekte – beispielsweise ermöglichen sie mir einen Slide Kick, lassen Türen explodieren oder geben mir nach dem Eintreten einer Tür einen Aggro-Boost. Der wichtige Punkt ist, dass ich diese Sneaker erst erspielen muss. Manche erhalte ich nach Bosskämpfen (dazu gleich mehr), die allermeisten Sneaker schalte ich jedoch durch Sterne frei.
Geschwindigkeit ist das A und O. Habe ich Gegner nicht blitzschnell erledigt, bin ich selbst dran. [2]
Diese Sterne erhalte ich, indem ich Herausforderungen in Leveln meistere. Für jedes Level gibts maximal drei Sterne zu erspielen. Einen Stern erhalte ich, wenn ich das Level erfolgreich durchgespielt habe. Die anderen Sterne erhalte ich durch das Bewältigen von Herausforderungen. Beispielsweise muss ich eine bestimmte Gegneranzahl mit Kopfschüssen erledigen oder den Level in einer bestimmten Zeit absolvieren. Habe ich fünf Sterne beisammen, schalte ich neue Sneaker frei.
Neben meinen Schuhen kann ich auch Schusswaffen einsetzen. Die Shootermechanik ist im Vergleich zu AAA-Titeln á la Call of Duty sehr simpel – ich schnappe mir eine Knarre, ballere das Magazin leer und werfe sie anschließend wieder weg. Es gibt keine Möglichkeit zum Anvisieren oder gar Nachladen. Dafür gibts jedoch eine Masse an Schießprügeln. Pistolen, Schrotflinten, Sturmgewehre, sogar eine Armbrust gibts später. Das Gunplay kann sich dabei zwar nicht mit einem Doom Eternal oder Wolfenstein messen, ist aber für das Prinzip ok.
Die meisten Waffen muss ich Gegnern entreißen. Hier wartet Anger Foot mit einer ganzen Palette an Widersachern auf. Das beginnt mit Brechstangen-Krokodilen, Typen mit Pistolen, Typen mit explodierenden Köpfen oder Typen mit Schrotflinten und Stinkefingern als Visage. Viele verschiedene Typen, gefährlich sind sie alle. Zwar habe ich die meisten Gegner mit einem einzigen Schuss erledigt, doch ich selbst verkrafte kaum mehr. Ein gut platzierter Treffer aus der Schrotflinte oder mit der Brechstange eins drübergezogen und schon darf ich das Level von vorn beginnen. Zwischenspeichern ist nicht. Dafür kann ich sofort nach dem Ableben neustarten.
Standard. [3]
Man spielt also einen solchen Level schnell durch, doch diese kurze Zeit ist umso intensiver. Ich stürme los, trete und ballere wie bekloppt, dazu feuert der Hardcore-lastige Soundtrack unnachgiebig aus allen Rohren. In Kombination mit manchen Herausforderungen wird es noch intensiver. Wenn ich versuche, so schnell wie möglich durchzukommen oder einen Level abzuschließen, ohne einen einzigen Gegner zu killen (glaubt mir, das ist VERDAMMT schwierig) steigt der Puls noch weiter an. Und ständig, wirklich ständig beiße ich ins Gras. Doch immer wieder fange ich von vorn an, weil es pures Adrenalin gibt, weil ich einfach die Sterne haben will und weil es solche Laune macht. Die Herausforderungen sind, bis auf ein paar Ausnahmen, derart motivierend, dass es mir nichts ausmacht, dasselbe Level manchmal dreimal durchzuspielen, bis ich alle Sterne habe. Auch cool ist, dass Anger Foot mir bis in die späten Level hinein immer wieder neue Gegner und Waffen entgegenwirft, dass es also ständig Neues zu entdecken gibt.
Und doch gibt es ein Problemchen: So viele Sneaker man freischalten kann, so nutzlos sind die meisten hiervon. Was will ich mit Schuhen, mit welchem Waffen nur noch lähmen, aber nicht mehr töten? Oder mit Sneakern, die zwar die Gegner, aber auch mich stockbesoffen machen? Es ist nicht so, dass ich die Grundideen blöd finde, in der Realität macht es jedoch einfach keinen Spaß, diese Sneaker zu benutzen. Man probiert sie einmal aus und benutzt sie dann nie wieder, es sei denn, man muss sie für eine spezifische Herausforderung einsetzen.
Dennoch, es bockt, und zwar so richtig. Der Gameplayloop ist ausgefeilt und richtig gut durchdacht. So muss es gehen!
Er steht wieder auf!
Jede der vier Gangs wird von einem Boss angeführt. Diesen Boss muss ich irgendwann schlagen.
Gegen ne Katze im Kampfanzug hilft leider nur ne Kalaschnikov. [4]
Die Bosskämpfe spielen sich ziemlich unterschiedlich, bei manchen bin ich auf meine Füße beschränkt, bei manchen gibts Schusswaffen zur Hilfe. Gemeinsam haben sie jedoch alle, nämlich dass sie in drei Phasen verlaufen. Keine Phase gleicht der anderen, ich muss jedes Mal eine neue Strategie entwickeln, um die aktuelle Phase zu bezwingen. So gesehen habe ich pro Boss drei verschiedene Kämpfe. Falls ich jedoch ins Gras beiße, muss ich ganz von vorn beginnen.
Da die Bossareale in aller Regel wie Arenen aufgebaut sind, gibt es keine wirkliche Progression wie in den Standardleveln. Schlimm fand ich das jedoch nicht, ganz im Gegenteil, in meinen Augen sind die Bosskämpfe eine sehr schöne Abwechslung zum Hauptgameplay. Jeder Boss wurde gut designt, die Kämpfe warten mit ihren eigenen Kniffen und Herausforderungen auf, ohne jedoch allzu frustrierend zu werden.
Die Gen-Z-Gewaltorgie
Noch Fragen? [5]
Wir haben also harte Action und hart viel Bass. Die dritte Zutat im Topf ist Humor. Toilettenwitze noch nöcher, Gegner, welche über meiner Leiche twerken, fiese und gemeine Dialoge, zwischen einem kurzen Schmunzeln und jeder Menge Fäkalhumor ist alles drin. Ob man das mag, ist Geschmackssache. Ich fand den Humor ganz ok, es wurde nichts mit dem Holzhammer aufgedrückt und wenn mir doch einmal etwas auf die Nerven geht, kann ich es getrost ignorieren und mich einfach weiter ins Getümmel stürzen.
Wirft man alles in einen Topf, erhält man ein einzigartiges Gericht aus kompromissloser Brutalität, quietschbunter Optik und Gen-Z-Lifestyle. Mit moderner Fashion und Energydrink und Vape auf Anschlag stürze ich mich ins Getümmel, die Mucke dreht sofort auf Anschlag, die Gewaltorgie kann beginnen. Nach wenigen Minuten ist es schon wieder vorbei, es gibt eine kurze Missionszusammenfassung und dann geht es wieder von vorn los.
Zu viele Explosionen
Getestet wurde das Spiel auf einem PC mit folgendem System:
i7-6700K, 16 GB DDR4-RAM, Geforce GTX 1070
Anger Foot setzt Comicgrafik. Es gibt eine knallige Farbpalette, überzeichnete Charaktermodelle und viele an 2D anmutende Grafikeffekte. Knackscharfe Texturen oder hochrealistische Partikeleffekte sind dafür nicht zu erwarten. Dafür ist die Beleuchtung stimmig und trägt zur Atmosphäre bei.
Der Typ in der Mitte explodiert gleich. Und seine Krokokumpels gleich mit. [6]
Der Artstyle ist Geschmacksfrage, mir hat er sehr gut gefallen. Und, ein großer Pluspunkt: Die optische Abwechslung ist hoch. Egal ob Apartments, Häuserdächer, Kanalisation, Reichenviertel oder Nachtclubs, Anger Foot serviert mir eine ordentliche Auswahl an verschiedensten Leveldesigns und optischen Stilen. Nie wird es langweilig, ich bleibe stets gespannt, was mich im nächsten Level erwarten wird.
Doch trotz der vergleichsweise simplen Grafik gab es immer wieder Performanceprobleme. Gerade in Arealen mit vielen Gegnern oder bei vielen Explosionen ist die Performance teilweise eingebrochen und es kam zu Rucklern. Klar, ich besitze keine wirklich aktuelle Hardware mehr, doch habe ich schon Titel mit wesentlich besserer Grafik gespielt, welche eine deutlich bessere Performance boten. Obendrein bin ich, insbesondere dann, wenn ich so schnell wie möglich vorwärtskommen wollte, öfter durchs Level geclippt – sehr nervig!
Mittlerweile sind Updates für das Spiel erschienen, welche die Performance verbessert und ein paar Bugs beseitigt haben. Dennoch sind manche dieser Probleme weiterhin bei mir vorhanden, sodass es eine kleine Abwertung geben wird.
Fazit
Anger Foot spielt sich kurz, aber dafür umso intensiver. Es ist laut, überdreht, gnadenlos und atmet den modernen Zeitgeist. Es hat sich ganz anders für mich gespielt als ich es von vielen, vielen vorherigen Shootern kannte.
Und genau das ist es, was Anger Foot so schwierig zu bewerten macht. Das Spiel weiß ganz genau, was es sein will und was nicht, wen es damit ansprechen möchte – und wen nicht. Klar gibt es Dinge, welche man positiv bewerten kann, wie die krachende, überdrehte Action, den Hardcore-Soundtrack, die vielen Gegner und Waffen. Auch gibt es Dinge, die man negativ betrachten kann, beispielsweise die vielen sinnlosen Sneaker oder (mittlerweile nicht mehr ganz so schlimmen) Performanceprobleme.
Und doch polarisiert das Gesamtprodukt. Entweder wird man Anger Foot wirklich mögen – oder man wird dem Spiel überhaupt nichts abgewinnen können.
Ich gehöre zur ersten Gruppe, hat mich das Spiel doch vom ersten Trailer an gecatcht. Mit 80 Punkten ist die Endwertung in meinen Augen angemessen. Anger Foot macht Spaß für sechs, sieben Stunden, in dieser Zeit gehts richtig ab und man wird jene Stunden noch einige Zeit in Erinnerung behalten. Doch danach hat man genug gesehen und kann das Spiel dann getrost zur Seite legen. Features, welche mehr Spielzeit bieten, (z.B. ein Mehrspielermodus oder weitere Schwierigkeitsgrade) gibt es nämlich nicht.
Endwertung: 80/100 Punkten
Pluspunkte:
+ Satte und blitzschnelle Action
+ Immer wieder neue Gegner und Waffen, bis zum Ende des Spiels
+ Gut designte und spannende Bosskämpfe
+ Herausforderungen motivieren, Level immer wieder zu spielen
+ Geiler Soundtrack
+ Cooler Artstyle
Minuspunkte:
- Die meisten Sneaker sind nutzlos
- Performanceprobleme
- Manche Herausforderungen zu frustrierend
Sonstige Infos:
Spieldauer: Circa sechs bis sieben Stunden pro Durchlauf, für das Erreichen aller Sterne noch ein bis zwei zusätzliche Stunden
Schwierigkeitsgrad: Genau richtig
Bilder:
[1] https://static1.srcdn.com/wordpress...024/07/anger-foot-review-grenade-launcher.jpg
[2] https://www.gameshub.com/wp-content/uploads/sites/5/2024/07/anger-foot-run.jpg?resize=1200,675
[3] https://www.well-played.com.au/wp-content/uploads/2024/07/Anger-Foot-Review-Image.png
[4] https://www.newgamenetwork.com/images/uploads/gallery/AngerFoot/af_07.jpg
[5] https://assetsio.gnwcdn.com/anger-f...00&fit=bounds&quality=70&format=jpg&auto=webp
[6] https://mp1st.com/wp-content/uploads/2024/07/Anger-Foot-Review-4.jpg.webpÜber den Autor
Moinsen, ich bin der Bakefish und Community-Moderator. Abgesehen davon fleißiger Rezensent und Typ mit privatem Leben, über das ich garantiert nix in dieser Angabe schreiben werde.
Diese Angabe ist sowieso sinnlos und auch optional. Insofern hätte ich den oberen Absatz nicht schreiben müssen. Und das hier auch nicht. Lest ihr das immer noch? Hört auf damit und lest meine Blogbeiträge!11elf!
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