Auf Umwegen bis nach Sizilien

Von belerad · 13. August 2022 · ·
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  1. Wer nach zwei Monaten gedacht hat, ich hätte den Blog auf GameStar vergessen, dem muss ich Recht geben. Neben den ganzen Social Media Gedöns, den ganzen Büchern für die ich jetzt endlich Zeit habe, sowie dem eigentlichen Radeln an sich, ist der GameStarBlog irgendwie in Vergessenheit geraten. In den vergangenen zwei Monaten bin ich viel geradelt, hab jetzt fast 7.000km und 60.000hm auf dem Tacho, aber nur einen wirklichen Blogeintrag, darum wird es Zeit etwas nachzubessern.



    Die letzten Tage in Österreich

    Beim treffen mit der Verwandtschaft in Kabrun, ging es zu Fuß nochmal hoch zum Maiskogel, sowie am nächsten Tag zur Pingauer Hütte. Zusammen mit den anstrengenden Tagen zuvor in Wald i. Pinzgau, waren meine Beine eigentlich zu schwer um die nächsten Tage nochmal Höhenmeter zu fahren. So war am nächsten Tag der eigentliche Plan, über den nächsten Pass per Zug zu fahren.
    Aber am Ende kommt es nie so wie man plant. Da der Weg zum nächsten Bahnhof an Bruck vorbeigeführt hat und das Wetter, sowie das Panorama so verführerisch ausgeschaut hat, konnte ich nicht anders, als mich doch auf dem Weg zur Großglockner-Hochalpenstraße zu machen.

    Der Aufstieg war so schön wie grauenvoll. Ich war immer noch nicht so ganz an das Gewicht des Rads, inklusive des kompletten Gepäcks gewöhnt, so das die Fahrt eine wahre Qual war, die aber dennoch Spaß gemacht hat - Vergleiche mit Dark Souls wären angebracht. Nicht nur war die Aussicht grandios und auch das Wetter hat mitgespielt, sondern auch das Gefühl dem Pass immer näher zu kommen und das aus eigener Kraft, war einfach super.
    Am Ende war ich körperlich so erschöpft, dass ich wahrlich in Tränen ausgebrochen bin als ich am Pass auf 2504hm angekommen bin, so glücklich war ich, dass ich es wirklich geschafft hatte.

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    Nach der Überquerung vom Pass war es das erst einmal mit dem schönen Wetter gewesen, denn schon bei der Abfahrt nach Heiligenblut hat es das Regnen und Gewittern angefangen. Zum Glück wurde ich dort in einer Wirtschaft, wo es erstmal eine Suppe zum aufwärmen gab, vom Kellner zu ihm nach Hause eingeladen.

    Um von Österreich schließlich nach Slowenien zu kommen hab ich mich für den kürzesten Weg entschieden. Dabei hätte ich mich vielleicht doch erstmal über den Pass besser informieren sollen. Zwar war der Wurzenpass nicht nur der kürzeste Weg mit den geringsten Höhenmeter, sonder eben auch der steilste. Eben zu diesem Tag kam anstatt Regen auch nochmal ordentlich die Sonne raus, so dass wahrscheinlich einen höheren Verbrauch an Flüssigkeit hatte, wie ein Porsche, der den Berg in Vollgas hochfährt.

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    Regenzeit in Slowenien und Langeweile in Kroatien

    In Slowenien ging es schließlich mit dem Regen weiter und es hörte auch nicht mehr auf, wozu sich auch noch ein kräftiger Gegenwind gesellt hat, der mir das Wasser auch direkt ins Gesicht gedrückt hat.

    Ein weiteres Problem war der Mangel an Plätzen die zum Wildcampen taugten. Auch wenn ich Heute sagen muss, dass ich da wahrscheinlich noch zu zimperlich war. Letztendlich hab ich einen Platz mitten im Wald gefunden, wo ich das Zelt aufgebaut hab und kurze Zeit später auch direkt eingeschlafen bin. Nicht einmal zwei Seiten von Stephen Kings “The Stand” habe ich geschafft, als ich schon weg war.
    Mitten in der Nacht wachte ich schließlich pitschnass auf. Der erste Gedanke war, dass das Zelt undicht war, aber dem war nicht so. Ich habe den Schlafsack komplett nass geschwitzt und hatte auch gehörig Fieber. Schlau wäre es jetzt gewesen, sich den nassen Sachen zu erledigen und anstatt den Schlafsack, sich in die warmen Winterklamotten zu kleiden, um am nächsten Tag erst einmal einen Ruhetag einzulegen und sich zu erholen.
    Aber was hab ich stattdessen in meinem Delirium gemacht? Mich meiner nassen Sachen erledigt und komplett Nackt geschlafen, an Wintersachen hatte ich in dem Zustand nicht gedacht. Auch bin ich am nächsten Tag auch gleich weiter gefahren, ohne auch nur an Pause zu denken.
    Glücklicherweise hatte es keine schlimmen Folgen, da ich mir am darauffolgenden Tag schon wieder weitaus besser ging.

    Nachdem ich in in Pruj noch eine leckere Currywurst mit Pommes beim Alex gegessen hab, ging es im klatschenden Regen endlich über die Grenze nach Kroatien.

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    Man mag es jetzt kaum für möglich halten, oder denken dass ich das etwas sehr ausschmücke, aber in Kroatien angekommen, gab es noch einen kurzen Regenschauer und das war der letzte Tropfen Regen bis nach Griechenland. Dennoch war es in Kroatien, zumindest auf meiner Route nicht schön. Wenn man amerikanische Strecken, die durchgehend geradeaus gehen, am besten noch ohne Höhenmeter mag, hat man am Drauradweg sicherlich seine Freude. Für mich persönlich war es schrecklich.
    Dennoch bin ich nach ein paar Tagen in Slatina, bei meinem Arbeitskollegen angekommen, wo ich ein paar schöne Tage verbracht hatte und schon ging es wieder weiter, es waren schließlich nur noch gut 100km bis nach Serbien.

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    Über Irrwege durch Serbien

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    Wer mich kennt weiß, dass ich mich normalerweise davon fernhalte mich navigieren zu lassen und viel lieber frei nach Schnauze fahre. Serbien hat einen großen Beitrag dazu geleistet, dass ich nun zumindest Kompromisse eingehe und mir vor der Abfahrt erstmal einige Touren vorschlagen lasse, die ich dann dennoch weiterhin ohne Navi abfahre. Der Grund dafür ist, dass ich Serbien so oft in Sackgassen oder (beinahe) unbefahrbaren Wegen herausgekommen bin. Aber eins nach dem anderen…

    Die ersten Kilometer in Serbien hatten sich erstmal nicht sehr von Kroatien unterschieden, schließlich fuhr ich weiterhin im Drautal entlang. Das hielt sich aber nicht lange und ich schwenkte südlich der Hauptstraße entlang ins Gebirge und Richtung Kosovo.
    Die Berge die mir eigentlich sehr gefallen sind mir aber plötzlich immer schwerer gefallen, da neben den Höhenmetern, auch die Temperatur immer weiter in die Höhe geschossen ist. Noch schlimmer war der Verehr auf den Hauptstraßen. Nicht nur war schon seit Kroatien, an Radwegen gar nicht mehr zu denken, sondern die Straßen waren auch enger und im schlechteren Zustand als noch zuvor. So wurde jeder LKW der vorbei wollte eine Art “russischen Roulettes”.
    Die übliche Lösung für mich hieß wie immer, ab auf die Landstraßen mit weniger Verkehr und weitaus schöneren Strecken und Landschaften. Nur leider klappte das in Serbien nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte. Die meisten der Straßen die ich versucht hatte blind zu fahren gingen nicht weiter, und wenn, dann nur auf wirklich sehr schlecht befahrbaren Wegen.

    Dennoch hat es mir in Serbien sehr gut gefallen, gerade im Süden, wo die Landschaft nochmal richtig aufgeblüht ist. Aber schließlich kam ich im Kosovo an.

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    Goldener Kosovo

    Kaum im Land angekommen und noch keinen Kilometer gefahren musste ich schon eine Schildkröte retten, die mitten auf der Straße die Orientierung verloren hatte. Als Dank dafür hat sie mich auch ganz freundlich angepinkelt.

    Kurze Zeit später stand ich an einer Ampel und wartete gemütlich auf ein grünes Licht, als plötzlich ein Autofahrer, ein Stückchen hinter mir aus dem Auto ausstieg und auf mich zukam.

    “Ich soll doch bitte vorsichtig fahren und auf die Autofahrer aufpassen, da sie im Kosovo nicht viel Rücksicht auf Radfahrer nehmen.”

    Ich muss zwar sagen das ich dem nicht zustimme und es da weitaus schlimmere Länder gibt, aber dennoch fand ich das voll nett.

    In Mitrovica angekommen wollte ich mal wieder einen leckeren Burek essen. Das letzte Mal war noch 2005. In einem kleinen Imbiss bin ich, aufgrund meines voll beladenen Rads, auch gleich wieder ins Gespräch mit dem Wirt gekommen. Kurze Zeit später hatte ich Burek, Tee, Wasser und eine Coke umsonst und weiter ging die fahrt Richtung Prizren.

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    Auf dem Weg dorthin wurde ich so oft angehalten und darauf angesprochen was ich mache und viel Glück gewünscht. Mir wurde Wasser, Bier und Obst geschenkt und ich konnte nicht einmal ablehnen.

    Schließlich kam ich in Prizren an, ebenfalls einer der Ziele in meiner Reise, da ich hier im Jahr 2005, im Rahmen von KFOR stationiert war. Darum hatte es mich sehr interessiert wie sich die Stadt im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat. Vergleiche ich jetzt Damals mit Heute, hat Prizren einen riesensprung gemacht. Viele der damals zerbombten Gebäude wurden wieder aufgebaut oder neue errichtet. Die damals beinah leere Fußgängerzone war voll mit Cafés, Bars, Restaurants und vor allem Dingen Touristen. Auch im Gespräch mit den Leuten konnte ich von vielen hören, wie zufrieden sie mit der Arbeit von KFOR sind, aber auch dass es viele Ressentiments, vor allem von Menschen außerhalb der Städten gibt, die von den Vorteilen des Wachstums nicht viel mitbekommen (wollen).

    Aber auch das bisher schönste Land der Reise hat einmal ein Ende und weiter ging es nach Albanien, und das auf der Autobahn.

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    Ein Abenteuer zu zweit in Albanien

    Fuhr ich auf der Seite des Kosovos noch auf der Bundesstraße, war es auf Seiten von Albanien eine Autobahn. Es gab zwar zwei weitere Wege, aber die führten entweder 100km außenrum, oder über einen Berg mit 2000hm, Flussüberquerungen und Geröllwegen. Aber da auch die Grenzposten nichts sagten als ich die Grenze mit dem Fahrrad passierte, fühlte ich mich auf der sicheren Seite.

    Im Gegensatz zum Kosovo, konnte ich mich hier nicht vor den Bergen drücken. Wie gesagt, eigentlich mag ich Berge, aber bei über 30C° ist für mich eine Grenze erreicht.

    Kaum ging es die ersten Höhenmeter hoch, hatte ich auch schon keine Lust mehr und wollte eigentlich schon nach einem Platz für die Nacht schauen, als ich plötzlich von hinten Rufe hörte. Da stand auf einmal ein Radfahrer, fast genauso beladen wie ich hinter mir. Nach einem kurzen Gespräch stellte sich heraus, dass er Österreicher ist und auf dem Weg nach Georgien, in Albanien aber mit Tirana das gleiche Ziel wie ich hatte. So machten ich mich dann mit dem Hans zusammen auf dem Weg, musste aber dennoch heute noch den Berg nach oben.

    Dort angekommen schlugen wir aber endlich unser Lager auf und unterhielten uns noch bis spät in die Nacht. Am nächsten Morgen, ich war schon länger wach und nähte gerade meine Hose und schrieb an meinem Tagebuch, als wir plötzlich von einer Schafherde und Hirtenhunden inklusive Hirten überrascht wurden.

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    Anstatt nach dem Frühstück der eigentlichen Hauptstraße weiter zu fahren, ließ ich mich dazu überreden den Feldweg mit zu fahren. Nach meinen Erfahrungen in Serbien war ich eigentlich dagegen. Aber ich hatte es nicht bereut. Zwar war der Weg teilweise wirklich anstrengend aber auch unglaublich schön.
    Das einzige Problem war, der Weg schien nicht aufzuhören und zog sich immer weiter in de Länge und uns beiden ist nach und nach das Essen ausgegangen. Am späten Abend kamen wir dann in einer kleinen Ortschaft an, wo der Minimarkt aber schon geschlossen war, also gingen wir völlig verhungert in eine Wirtschaft.

    Kurz gesagt, ein Berg an Essen. Der Kellner, ein junger Bursche von 15 Jahre war mit der Bestellung überfordert, ebenso mit der Menge an Getränken die wir ständig nachbestellten. Dennoch zahlten wir beide zusammen knapp 23€, was super billig war.

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    Das Wetter wurde schließlich immer heißer und wir nutzen jede Gelegenheit, wie Wasserquellen und Flüsse um uns abzukühlen. Dennoch änderte das nichts an den Höhenmetern die wir zu bewältigen hatten und auch auf der restlichen Strecke fuhren wir immer weiter auf Landstraßen und Geröllwegen, wo es nur ging, bis wir schließlich in der Hauptstadt von Albanien angekommen sind, wo sich nach fünf Tagen unsere Wege wieder getrennt hatten. Das war wirklich schade, da wir uns auf anhieb verstanden und uns auch wirklich sehr gut ergänzt haben. Für mich ging es dann weiter nach Italien.

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    Grausames Süditalien und wunderschönes Sizilien

    Italien war es einmal ein richtiger Schlag ins Gesicht. Das Wetter war unglaublich heiß, es war sautrocken, es gab keine Flüsse zum abkühlen und egal wo man hinschaut wachsen Monokulturen von Olivenbäumen. Sehr häufig gab es entweder keine Straßen von Ort zu Ort, die für Radfahrer freigegeben waren, da die Bundesstraße gerne als Autobahn umfunktioniert wurde, oder die Landstraße gesperrt war und der einzige Weg außenrum entweder Autobahn oder 50km inklusive 800hm Umweg hieß. Die Autofahrer waren die bisher schlimmsten auf der Reise, deren Meinung war, dass Radfahrer anscheinend keinen Platz benötigen und die man auch gerne schneiden kann. Dann war fast alles entweder Privat und umzäunt und die Suche nach einem Schlafplatz hat sich fast jeden Tag zu einem endlosen Krampf entwickelt. Dazu kamen unendliche Mengen an Müll und Glasscherben am Straßenrand, so dass man fast wahnsinnig vor Unverständniss wird, dass Menschen ihre Umwelt so schänden können.

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    Es gab zwar schöne Momente, wie in Montegiordano, ein kleines wunderschönes Dorf in den Bergen, Scilla ein kleines Dörfchen am Meer und einige schöne Aussichten auf die Küsten und Berge und viele freundliche Menschen die einem immer geholfen oder gar etwas geschenkt hatten.

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    Ich konnte Süditalien also nicht wirklich vollends genießen, war häufig genervt und unendlich froh, als ich auf der Fähre nach Messina saß, in der Hoffnung das es in Sizilien besser wird.

    Sizilien war wunderschön. Zwar sind viele der angesprochenen Probleme geblieben, aber Sizilien macht vieles davon, allein durch die Landschaft mehr als weg. Dafür waren hier weitaus mehr Feuer unterwegs als noch auf dem Festland.

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    In Porto Empedocle besuchte ich dann für eine Woche meine Verwandtschaft, wobei Corona auf Seiten meiner Verwandtschaft die Zeit sehr gedrückt hatte. Auch mich hat es gesundheitlich erwischt und ich lag kurze Zeit mit Fieber im Bett, auch wenn es kein Corona war, sondern eher von den ungewohnten Nächten mit Klimaanlage herrührte. Das eigentliche Symptom, neben dem Fieber, waren höllische Kopfschmerzen, die auch noch anhielten als es wieder weiterging.

    Auch wenn wieder zurück nach Italien ging und ich die restliche Zeit auf dem Weg über Palermo sehr genossen hab, hatte ich es jetzt wirklich sehr eilig. Italien ist ein teures Pflaster und drückte sehr stark auf meine Reisekasse. Besonders als ich wieder auf dem Festland angekommen bin, bin ich fast blind durchgeradelt und bin anstatt der Umwege und Umleitungen, einfach jedesmal auf die Autobahn gefahren. Ich hatte Glück und bin durchgekommen und war unendlich froh, als ich endlich wieder auf der Fähre nach Albanien saß.

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    * Ich hoffe das alles so funktioniert wie ich denke. Da ich den Blogeintrag gerade mit dem Handy erstelle ist es echt ein Kraus alles so hinzubekommen wie man es möchte

    Über den Autor

    belerad
    Baujahr 1982, 30 Jahre Videospielgeschichte und jetzt Abstinent, gehe ich auf Weltreise und versuche Menschen mitzunehmen, die neben dem Zocken, auch auf wirkliches Abenteuer Interesse haben.
    Shieky, Matt Gore und manfred4281 gefällt das.

Kommentare

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  1. Shieky
    Einfach nur der Wahnsinn, vielen dank für diesen tollen Blogpost!
      belerad gefällt das.
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