Battlefield 4 versus Interaktivität

Von Bastius · 31. März 2013 · Aktualisiert am 18. April 2013 ·
Kategorien:
  1. Actionkino zum Erleben oder auch Actionkino zum Durchleben, Battlefield 4 versucht vor allem durch lineare, völlig interaktionsbefreite Spielsequenzen Dramatik und Spannung aufzubauen, scheitert dabei aber phänomenal, zumindest bei mir und das auch noch ausgerechnet beim Anschauen der ersten 17 Minuten Singleplayer-Gameplay. Ich werde nun versuchen, diesen ersten Eindruck, den Dice bei mir vielleicht so nicht wecken wollte, auseinanderzunehmen. Mir ist bewusst, dass es unglaublich unfair ist, Gameplay zu beurteilen, ohne selbst zu spielen. Ich hoffe, das reicht als Warnung.


    Zum Auftakt wird dem Spieler eine Waffe in die Hand gedrückt, für die er aber besser keine Munition bekommt. Er soll hier schleichen und bloß nicht auf blöde Ideen kommen. Der Level gleicht einem Schlauch, langsam tastet sich der Spieler durch enge Gänge und Räume. Der Vorspieler öffnet langsam und bedächtig die Türen, so als könnte hinter ihnen eine Gefahr lauern. Aber wie sollte diese den Spieler überraschen? Er darf ja sowieso nicht schießen.
    Und dann gehts los: Feinde stürmen auf das Gebäude zu, diese sind leider so doof, dass der Spieler ganz vergisst, dass in der Etage unter ihm noch Feinde umherschleichen. Kein Problem, die Macher haben selbst daran gedacht.

    Nachdem der fehlende Teamkollege gerettet wurde, darf man diesem auch gleich hinterherlaufen. Natürlich nicht lang, denn ein etwa 30m breiter, völlig ungedeckter Streifen ebener Fläche soll dem Trupp zum Verhängnis werden. Sie werden von einem Jeep unter Beschuss genommen, der Spieler könnte nun einfach aufstehen und den Bordschützen aus den Latschen schießen. Aber das Terrain ist zum Teil zerstörbar und so offenbart sich dann doch ein wenig Interaktivität in Form eines alternativen Weges oder eigentlich wäre der Weg geradeaus alternativ, denn das Spiel gibt vor, den Feind zu flankieren. Immerhin spart es präzise Wegbeschreibungen und gibt dem Spieler stattdessen sogar ein wirklich taktisches Element: Er kann Unterdrückungsfeuer anfordern. Das klingt spektakulärer als es ist, denn zu jedem Zeitpunkt gibt es nur genau eine Gegnergruppe, die aus nur genau einer Richtung angreift. Moment, spektakulär wird das eigentlich schon, später dazu mehr, die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen, genauso wie die Explosionen.

    Der Spieler kann einen Jeep kapern. Für diese Gattung Spiele ist das tatsächlich unüblich, denn er kann ihn sogar fahren. Die KI Kameraden sind leider nicht in der Lage auf solche Spieleraktionen zu reagieren und bemannen das Fahrzeug nicht.
    Inzwischen fliegt der Transporthubschrauber in selbstmörderischem und völlig nutzlosen Tiefflug durch die heiß umgekämpfe Zone, das wirbelt ordentlich Staub auf. Der natürlich phantastisch aussieht, wie eigentlich alles, aber leider offenbart er auch, dass nichts davon so angelegt wurde, dass die Aktionen des Spielers einen Einfluss auf das Geschehen machen. Natürlich halten alle Skripts an, wenn der Spieler nicht weiterläuft. Aber wenn ein Hubschrauber durch den dichten schwarzen Rauch eines ausbrenneden LKWs fliegt, dann fehlt der zur Seite gepresste oder sogar zu Röhren gewirbelte Qualm.
    Dass sowohl die Gegner-KI als auch die eigenen Teamkameraden nur dafür da sind, Gefechtslärm zu simulieren, passt daher ins Bild, und wo bliebe sonst auch die Herausforderung.

    Obwohl die Sichtweite sehr hoch ist, finden die Gefechte selbst nur auf eine sehr kurze Distanz statt. Das erübrigt natürlich überlegtes Vorgehen, unabhängig vom Leveldesign reagiert die KI einfach nicht auf entfernte Gegner. Oder der Spieler, eigentlich beide, ein genaues Bild kann man sich von diesem Verhalten natürlich nicht, ohne selbst zu spielen, machen.

    Inzwischen hat sich der Trupp auf dem Dach der Bauruine verschanzt. Die Situation scheint aussichtslos, deshalb kann der Spieler nun auch den Hubschrauber zur Unterstützung rufen, der wartet artig im Himmel direkt über den Feinden schwebend nur darauf.
    Seine Bordkanone jagt dem Feind todbringende und in Explosionen mündende Salven entgegen. Weitere Explosionen folgen und der Weg zur Fabrik ist frei. Hier soll der Trupp abgeholt werden und warum ausgerechnet dort und nicht in der umliegenden Wüste, wird sich auch gleich klären. Gebaut wird auf der Baustelle scheinbar schon lange nicht mehr. Auch wenn die Wände anderes vermuten lassen, funktioniert der Aufzug noch. Dummerweise, wie sich herausstellt: Ein feindlicher Kampfhubschrauber entdeckt den Trupp und eröffnet sofort das Feuer. Glücklicherweise scheint der Copilot sich aus dem Fenster zu lehnen und lediglich mit seiner Pistole zu feuern.
    Für mehr Durchschlagskraft, die effektvoll die bereits fertiggestellte Fassade pulverisiert, wird auf die Bordkanone gewechselt.

    Währenddessen darf man beobachten, dass die KI-Kameraden hockend auf den Spieler warten, bis dieser den Sprung über den sich aufzulösen drohenden Boden meistert. Da vergisst man fast, dass der Spieler kurz die Chance hatte, selbst den Kampfhubschrauber anzugreifen. Wir kennen alle den Trailer, ein Granatwerfer wird dem Kampfhubschrauber noch zum Verhängnis werden, doch der Spieler wechselt nicht darauf, sondern schießt stattdessen für die Kamera ein paar Salven einfach in den Himmel. Alles andere würde aber auch alles durcheinander bringen. Genauso wie die Tatsache, dass es wohl eher eine schlechte Idee sein könnte, sich gegen einen Kampfhubschrauber ausgerechnet auf das Dach zu flüchten. Aber dort wird gerade die wohl spektakulärste Abholung aus einer heißen Landezone vollführt, die sich sowohl Dice als auch Infinity Ward bisher ausdenken konnten. Und es wäre fast geglückt, ich zitiere aus dem Trailer: "Er dreht ab! Dunn, schaff alle in den Helikopter! Sofort!"
    Die Spannung gipfelt hier: Wenn erstmal alle drin sind, wird schon alles gut. Dass das eine irrsinnige Idee ist, ist auch Dice bewusst. Wie aus dem Nichts taucht der feindliche Kampfhubschrauber auf. Wären wir hier beim Film, würde nun dramatische Musik erklingen. Sind wir aber nicht, noch nicht. Zumindest wird der Hubschrauber von der Rettung nun zum beinahe enthauptenden Ungeheuer, das in der wohl bis heute schönsten Rauchwolke der Videospielgeschichte aufgeht und dennoch noch viel bedeutender werden soll.

    Jetzt kommt der Moment, in dem Battlefield 4 zeigt, was es eigentlich will, und der alles davor Stattgefundene als unpassend und absurd bloßstellt. Man kann nicht genau feststellen, ob der Spieler hier tatsächlich die Kontrolle hat oder nicht, der Spieler aber zumindest versucht sich als Kameramann. Plötzlich scheint es von trashiger-over-the-top-action umzuschwenken zu dramatischen und vor allem emotionalen Bildern. Leider gelingt den Battlefieldmachern wieder nicht ihrem Anspruch gerecht zu werden. Einem Soldaten muss das Bein amputiert werden, das klingt schrecklich, ist aber scheinbar Tageswerk, der Betroffene bittet den Spieler sogar darum. Dabei haben die drei Soldaten noch nicht einmal versucht, die Betonplatte, die das Bein zerquetschte, mit geeinten Kräften anzuheben.

    Was zum Höhepunkt werden sollte, verkommt zum absoluten Tiefpunkt des Trailers: Anstatt die Verzweiflung und Ratlosigkeit der Soldaten darzustellen und schlussendlich ihre schwierige Entscheidung, es müsse nun das Bein entfernt werden (wenn denn so eine Szene unbedingt ins Spiel rein muss), zu inszenieren, wird das Bein in einer halben Sekunde einfach durchtrennt. Hier fleht der Betroffene nicht um sein Bein, er zappelt nicht, es sind keine mühsamen Prozeduren nötig. Um dieser Szene die gebührende Emotionalität zukommen zu lassen, bräuchte sie mehr Zeit: Vielleicht müsste der Spieler erst mit einer Schere die Hose aufschneiden und so die Amputationsstelle freilegen. Immerhin wird dem Spieler eine präzise Darstellung erspart. Es wird auf das Gesicht zentriert, doch das zeigt leider trotz ungeheuer echt wirkender Animationen, keine Emotionen.

    Der Spieler schleicht nun fast zum Fahrersitz: Warum sie nun ausgerechnet geradeaus durch das Feuer fahren statt rückwärts dort entlang, woher das Fahrzeug kam, bleibt dem Spiel vorbehalten. Ich vermute: Man kann in dieser Szene nur W drücken. Aber es soll die richtige Richtung direkt ins Finale sein. Und hier zeigt sich nochmal, wie sehr das Spiel darauf angewiesen ist, die eigenen Sequenzen erst zu Ende zu führen, bevor der Spieler etwas tun darf. Denn obwohl der Granatwerfer längst den Helikopter anvisiert, ist das HUD noch ausgeblendet und der Spieler muss darauf warten, dass der Hubschrauber noch einige Raketen abschießt, bevor er ihn endlich angreifen darf.

    Damit endet dann auch der Trailer mit einem seltsamen gesprochenen Dialog, der auch inhaltlich eher sonderbar ist.

    Battlefield 4 scheint zu viel zu wollen und zu wenig davon zu beherrschen: Sie wollen absurde Action, strenge, cineastische Inszenierung und eine ernste Handlung mit glaubwürdigen Protagonisten. Leider gelingt es ihnen im Trailer nicht zu beweisen, dass soetwas funktionieren kann.

    Aber eine Gewissheit bleibt trotz allem erhalten: Richtige Interaktivität gibts dafür im Multiplayermodus und davon sicherlich nicht zu wenig.

Kommentare

Um einen Kommentar zu schreiben, melde dich einfach an und werde Mitglied!
Top